De vulgari eloquentia/I. Buch – Drittes Kapitel

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aus: De vulgari eloquentia
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Drittes Kapitel.
Daß für den Menschen der Austausch der Rede nothwendig war.

Da nun der Mensch nicht durch den Naturtrieb, sondern durch die Vernunft bewegt wird und die Vernunft selbst theils in dem Unterscheidungsvermögen, theils im Urtheil, theils in der Wahl bei den Einzelnen abweichend ist, sodaß fast jeder sich seiner eigenen Art zu erfreuen scheint, sind wir der Meinung, daß an den eigenen Thätigkeiten oder Zuständen Niemand gleich dem vernunftlosen Thiere den Andern verstehe; noch geschieht es auch, daß gleich dem Engel durch geistige Anschauung Einer in den Andern eingehe, da durch die Grobheit und Dichtigkeit des sterblichen Körpers der menschliche Geist gehalten wird. [99] Es mußte also das menschliche Geschlecht zur Mittheilung seiner Vorstellungen untereinander ein vernünftiges Zeichen und ein sinnliches haben, weil, wenn etwas da war von der Vernunft anzunehmen und der Vernunft zu übergeben, es vernünftig sein mußte, wenn aber von einer Vernunft zur andern nichts übertragen werden konnte als durch ein sinnliches Mittel, es sinnlich sein mußte; weil, wenn es blos vernünftig war, es nicht übergehen konnte, wenn aber blos sinnlich, es weder von der Vernunft etwas annehmen, noch bei der Vernunft hätte niederlegen können. Dies ist nun ein Zeichen, daß eben der Gegenstand, von welchem wir sprechen, edel ist, daß er von Natur zwar sinnlich sei, soweit er Ton ist, vernünftig aber, sofern er etwas zu bedeuten scheint nach Gefallen.