« 27. Vortrag Wilhelm Löhe
David und Salomo
Reklame »
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XXVIII.
2. Chron. 9, 13–17; 18–22; 23–31.


1.
 Wie ein Magnet das Eisen anzieht, so zieht Salomo alles Silber und Gold der Welt an sich. 660 Centner| Goldes war seine regelmäßige Jahreseinnahme, gering angeschlagen 17 Mill. Thaler. Er hatte aber auch Krämer und Kaufleute genug im Land, von denen er durch Auflagen oder sonstwie noch mehr Geld zu erheben berechtigt war. Dazu ist Arabien, dessen Könige und Herren ihm zinsbar waren, ein Goldland. Es floß also Gold und Silber und anderes, das man gar nicht rechnete, in solcher Menge nach Jerusalem, daß Salomo gar nicht weiß, was er damit anfangen soll. Er baut ohn Unterlaß innerhalb und außerhalb Palästinas, aber des Geldes wird kein Ende. Da macht er Schilde und Tartschen von Holz mit Gold überzogen, und zwar läßt er sie nicht blos mit dünnem Goldblech überziehen sondern dick belegen, denn es heißt, daß man zu einem Schild 600 Stück Golds verwendete. Diese läßt er in sein Cedernhaus hängen, und wenn er einherzog, so giengen seine Trabanten voraus mit den strahlenden goldenen Schildern. Man hätte denken sollen, ein solcher prachtliebender König müßte sein Volk drücken; aber nein, nur gegen Ende seiner Regierung lag ein Druck auf dem Volke, im Ganzen war dieselbe eine durchaus glückliche zu nennen. Seine Unterthanen hatten keine schwere Arbeit, sie durften nur den Boden bauen und waren freie Leute, die Sklaven waren Fremde. Salomos Zeit war eine Zeit allgemeinen Glücks, das goldene Zeitalter für das Volk Israel. So reich war Salomo, daß er oft sein weises Haupt in die Hand nehmen und sich besinnen mußte, was er mit all dem Reichthum anfangen sollte, den ihm Gott gegeben. Das war Salomos Glück, und wer’s nicht hat, meint: wenn es ihm bescheert wäre, wie wollte er’s trinken mit tiefen Zügen. Salomo aber, wenn er alt wird, schreibt ein Buch, Koheleth, und in demselben sagt er: das Auge sieht sich nimmer satt und das Ohr hört sich nimmer satt und es wird kein Mensch glücklicher als der andere.| Wenn man an das Ende des Lebens gekommen ist, wer ist da im Grunde glücklicher gewesen: der der des Lebens Mühsal trug oder der das Gold im Ueberfluß hatte? So groß der Reichthum Salomos war, so ist er doch so geschildert, daß man merkt: der Mann ist dadurch nicht glücklich geworden, sein Reichthum war ihm mehr eine Sorge und Bürde als ein Glück. Es schirmt ihn doch keine Tartsche und kein Schild vor dem Schicksal, das seiner wartet.


2.

 Der HErr spricht: der Himmel ist mein Stuhl und die Erde ist meiner Füße Schemel. Das klingt allerdings anders als wenn es in unsrer Lection heißt: Salomo machte einen großen elfenbeinernen Stuhl. Aber immerhin ist der elfenbeinerne Stuhl doch mit einbegriffen in das Vorbildliche, das in Salomos Leben liegt. Er ist ein Vorbild des ewigen Stuhls, den der HErr Seinem Knecht David geben wollte. Offenbar liegt dem Stuhl der Gedanke zu Grunde, daß Jehovah den König Israels auf Seinen Stuhl gesetzt hat: und sonach ist der Stuhl sogar ein Abbild des göttlichen Throns; darum muß er auch aus so herrlichen Stoffen erbaut und so prächtig sein. Stufen führen zu dem Thronsitz empor, die auf das höhere und vollkommnere Leben jener Welt hindeuten; Löwen stehen auf den Stufen, anzudeuten, daß dem König Israels auch die Gewaltigen dienen müßen, und zu weissagen auf die Zeit, wo alle Creatur Den anbeten wird, der auf dem Stuhle sitzt. So dient also der Stuhl nicht etwa blos der Eitelkeit Salomos; man sieht, daß er dabei tiefere Gedanken gehabt und seinen Reichthum doch irgendwie auch zum Sinnbild göttlicher Dinge zu verwenden gewußt hat.

 So reich aber Salomo war, so sorgt er doch immer| noch für Vermehrung des Reichthums. In Ezeongeber am rothen Meer ist ein trefflicher Hafen, während Israels Land keinen nennenswerten Hafen hat, denn der Hafen von Joppe hat nicht viel zu bedeuten. Da vereinigt sich denn Salomo mit seinem Freund Hiram und Israel nimmt nun mit Phönizien theil am Welthandel. Von Ezeongeber gehen die Tarsusschiffe des Königs nach Ophir. Freilich wissen wir nicht, wo dies Ophir lag – ob in Ostindien, ob auf der Ostseite von Africa oder in Westafrica. Auch nach Tartessus in Spanien giengen die Schiffe des Königs. Wenn die Schiffe aber wieder kamen, brachten sie nicht blos Goldes und Silbers die Menge mit heim – denn Tartessus war das reichste Silberland der alten Welt –, sondern auch Affen und Pfauen und die Seltsamkeiten der ganzen Welt, die dann, wie Jes. 60, 6 zu lesen ist, auf Kameelen nach Jerusalem befördert wurden. Wie war doch Israel damals so groß! Wie verschauten sich die Juden an dem Reichthum ihres Königs, der kein Ende nehmen wollte. Sein Stuhl ist ein Bild seines Königreiches, seine Schiffe sind ein Bild seiner großen auch in die Ferne reichenden Herrschaft. Seines Gleichen war nicht in allen Landen.


3.
 Es ist also alles ganz anders worden als unter dem alten David. David hatte ein gewaltiges Heer und mit demselben hat er die feindlichen Völker überwunden, aber er hatte keine Reiter. Salomo aber hatte 4000 Raufen, in denen 12 000 Pferde standen; aber das war blos sein Marstall; nach andren Stellen war die Zahl seiner Pferde noch viel größer (über 100 000?) Seine königlichen Caravanen brachten ganze Züge aus Aegypten, dem Land der Pferde, und sie wurden theuer gekauft, ein Stück um 66 pr. Thaler. Wie| ist das Alpenland Israels, das keine Pferde verträgt, auf einmal ein Land der Pferde und der prächtigen Reiterei geworden! Was hat der Mann doch alles! Zu seinen Zeiten, heißt es, achtete man das Silber gleich wie die Steine zu Jerusalem. Dazu hat er 700 Weiber und 300 Kebsweiber aus allen Nationen und Eine darunter, die Aegyptierin, ist die Sultanin. Er bringt alle Schönheiten der ganzen Welt zusammen, eine ganze Stadt könnte er mit seinen Weibern bevölkern. Was muß der Mann für Platz gehabt haben! In seines Vaters Haus hat er diese Weiber nicht gebracht, nicht einmal seine königliche Gemahlin; er mochte es wol für unpassend halten, daß eine Aegyptierin da wohne, wo einst die Lade des HErrn gestanden hatte; so führte er denn einen eignen Bau für sie auf. Was für eine Colonie von Ausländerinnen, was für eine morgenländische Pracht! Wahrlich da wird man an 5. Mos. 17, 14 ff. erinnert. Da heißt es: der König Israels soll nicht viele Rosse halten, nicht viele Weiber nehmen, nicht viel Silber und Gold sammeln. Nun das Silber und Gold hat freilich Gott dem Salomo gegeben, aber nicht, um es zu sammeln. Fand er denn keinen Weg es sonstwie segensreich zu verwenden? Aber warum nimmt er so viel Weiber und übertritt damit Gottes Gebot? Warum hält er so viele Rosse? Hätte er gelesen was 5. Mos. 17, 17 steht, so hätte er dort sein eignes Schicksal gelesen, daß nämlich die Weiber sein Herz von Gott abwenden würden. Wenn er auch geblieben ist bei dem Gott seiner Väter, so hat er doch des Wortes vergessen: Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. Der König Israels sollte unabhängig sein von Macht, Besitz und Weibern, er sollte gottselig sein d. h. an seinem Gott genug haben. – Es ist ein wunderbares Buch: der Prediger Salomo. Niemand kann es lesen, ohne trüb gestimmt zu werden. Es ist die Weisheit derer, die von einem langen Leben nichts übrig behalten als Ueberdruß und Sattheit und allenfalls noch einen Satz von der Furcht des| HErrn. Dem David schimmerte sein Reich im Morgen eines kommenden Glücks, bei Salomo ist’s anders. Schon hat Ahia von Silo ihm gesagt, daß sein Reich ihm bis auf 2 Stämme genommen werden soll, schon hat Jerobeam die Verheißung, alles ist bereit um abwärts zu gehen. Hadad, Reson, Jerobeam sind schon da, der Unwille des Volks grollt schon und der große König gibt all seinen Nachkommen ein Beispiel, wie man’s anfangen müße, um die Herzen eines Volks seinem Herrn zu stehlen. Das Ende Salomos ist sehr traurig. Wer seinen Lebenslauf überschaut, bleibt unbefriedigt. Wenn man den „Prediger“ auch für ein Bekenntniß seiner Buße halten dürfte, so ist die Buße Salomos doch keine Buße wie die Davids, sondern eine satte, müde Buße, die jämmerlich klagt und sich dann zum Sterben hinlegt. Auch erreicht Salomo das Alter seines Vaters nicht: der viele Reichthum, die vielen Weiber, die vielen herrlichen Speisen, der üppige Lebensgenuß verkürzt sein Leben. Er entschläft und man begräbt ihn bei seinem Vater in der Stadt Davids. Beide gehören zusammen, beide haben trotz ihrer Fehler menschlich Den vorgebildet, der da kommen soll. Aber David gewinnt mit seinen Fehlern, während man bei Salomo zweifeln kann, ob er überhaupt selig geworden ist. Man sieht: gute Tage verlangen, um getragen zu werden, starke Beine, wie sie auch Salomo nicht hatte. Man sieht, daß das Glück nicht ist bei den vielen Rossen, bei Silber und Gold und bei den Weibern. Aber das ist ein hoher König wie ihn Moses Deut. 17 beschreibt. Wenn wir Ihn sehen, der David und Salomo zugleich ist, dann wird unsre Seele sich freuen. Ihm sei Ehre in Ewigkeit.





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