3. Die Kongruenzen nach Idealen.
§ 7. Die Norm eines Ideals und ihre Eigenschaften.
Die in Kapitel 2 entwickelte Theorie der Zerlegung der Ideale eines Körpers gestattet es, die elementaren Sätze der Theorie der rationalen Zahlen auf die Zahlen eines algebraischen Zahlkörpers zu übertragen. Wir stellen folgende allgemeine Begriffe und Sätze voran.
Die Anzahl aller nach einem Ideal
einander inkongruenten ganzen Zahlen des Körpers heißt die Norm des Ideals
: in Zeichen
.
Satz 17. Die Norm eines Primideals
ist eine Potenz der durch
teilbaren
rationalen Primzahl
.
Beweis: Es seien die
ganzen Zahlen
, …,
einer Basis des Körpers in dem Sinne voneinander unabhängig, daß[WS 1] keine Kongruenz von der Gestalt
|
|
besteht, wo
, …,
ganze, nicht sämtlich durch
teilbare Zahlen bedeuten, und es möge überdies jede der anderen
Zahlen der Körperbasis einem Ausdruck von der Gestalt
nach
kongruent sein; dann
kann dieser Ausdruck jeder Zahl nach
kongruent werden, und es beträgt
die Anzahl der einander inkongruenten Zahlen nach
offenbar
.
Der Exponent
heißt der Grad des Primideals
.
Satz 18. Die Norm des Produktes zweier Ideale
ist gleich dem Produkt
ihrer Normen.
Beweis: Es sei
eine nach Satz 12 gewählte durch
teilbare Zahl von
der Art, daß
ein zu
primes Ideal ist. Durchläuft dann
ein System von
nach
einander inkongruenten Zahlen und
ein System von
nach
zueinander inkongruenten Zahlen, so stellt der Ausdruck
ein volles
System nach
einander inkongruenten Zahlen dar; ein solches System umfaßt mithin
Zahlen.
Satz 19. Ist
|
|
eine Basis des Ideals
, so ist seine Norm
gleich dem absoluten Betrage
der Determinante der Koeffizienten
.
Beweis. Legen wir die Basis des Ideals in der ursprünglich beim Beweise
des Satzes 6 gefundenen Gestalt zugrunde, wo die Koeffizienten
für
sämtlich
und die
sind, so ist die Determinante jener Koeffizienten
gleich dem Produkt
. Andererseits stellt der Ausdruck
|
|
für
|
|
ein vollständiges System nach
einander inkongruenter Zahlen dar. Damit
ist Satz 19 bewiesen. Zugleich leuchtet die Umkehrung dieses Satzes ein.
Der Zusammenhang mit der Kroneckerschen Formentheorie erhellt aus
dem Satze:
Satz 20. Ist
eine Form mit dem Inhalte
, so ist die Norm der Form
gleich der Norm des Ideals
, d. h.
. Insbesondere ist die Norm
einer ganzen Zahl
dem absoluten Betrage nach stets gleich der Norm des
Hauptideals
.
Beweis: Ist
eine Basis des Ideals
, so bilde man die Form
|
|
dann ist
|
|
wo
![{\displaystyle l_{11}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/e09bdcdd68618fd822d5a7ad1ee52360b0bf49c9)
, …,
![{\displaystyle l_{mm}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/d33f7c61dcef61ce1cb87644f377be662d2aa475)
lineare Formen von
![{\displaystyle u_{1}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/69b0c788a124a32684f109737f7cfab7611d6a58)
, …,
![{\displaystyle u_{m}}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/2386eb991562d2a692a08e9bde848d0033268af0)
mit ganzen rationalen Koeffizienten sind. Wir beweisen zunächst, daß die Determinante
![{\displaystyle |l_{rs}|}](https://wikimedia.org/api/rest_v1/media/math/render/svg/07d80544d3ded02145fe6ba0bc5afb5d61f1ea3e)
der Formen
, …,
eine rationale Einheitsform ist. In der Tat, wären im Gegenteil
die Koeffizienten der Determinante
sämtlich durch eine Primzahl
teilbar,
so müßten notwendig
Formen
, …,
existieren, deren Koeffizienten
ganze rationale, nicht sämtlich durch
teilbare Zahlen sind, und welche den
Bedingungen
|
|
genügen. Hieraus würde
|
|
folgen, d. h. das Produkt
ist durch
teilbar, wobei
den Inhalt der Form
bezeichnet. Mithin wäre
durch
teilbar, was nicht der
Fall sein kann, da eine Zahl von der Gestalt
, wo
, …,
ganze rationale Zahlen bedeuten, nur dann durch
teilbar ist, sobald die
Koeffizienten
, …,
sämtlich durch
teilbar sind.
Nach dem Multiplikationstheorem der Determinanten ist
|
|
und mithin folgt nach Weghebung des Faktors
|
|
die Beziehung
oder
. Der zweite Teil des
Satzes folgt, wenn wir
nehmen.
Wendet man auf die sämtlichen Zahlen
,
, … des Ideals
die Substitution
an, so heißt das dann entstehende Ideal
das durch
aus
entspringende oder zu
konjugierte Ideal. Betrachtet man den
aus
,
, …,
zusammengesetzten Körper, so lehren die Sätze 18 und 20,
daß das Produkt von
und allen zu
konjugierten Idealen eine ganze rationale
Zahl, nämlich
ist[1]. Aus diesem Umstande entspringt eine neue Definition
der Norm des Ideals
, welche der Definition der Norm einer Zahl
genau
entspricht und überdies einer wichtigen Verallgemeinerung fähig ist. Vgl. § 14.
Satz 21. In einem jeden Ideal
lassen sich stets zwei Zahlen finden, deren
Normen die Norm des Ideals
zum größten gemeinsamen Teiler haben.
Beweis. Man setze
und bestimme nach Satz 12 eine Zahl
in
derart, daß
prim zu
ausfällt. Dann wird, wenn
, …,
die zu
konjugierten Zahlen und
, …,
die zu
konjugierten Ideale bedeuten, auch
, …,
, und folglich
prim zu
,
d. h. es ist
.
§ 8.
Der Fermatsche Satz in der Idealtheorie und die Funktion
.
Auf Grund der nämlichen Schlüsse wie in der Theorie der rationalen Zahlen
ergibt sich die folgende, dem Fermatschen Lehrsatz entsprechende Tatsache:
[Dedekind (1[2])].
Satz 22. Ist
ein Primideal vom Grade
, so genügt jede ganze Zahl
des
Körpers
der Kongruenz
|
.
|
Auch der verallgemeinerte Fermatsche Lehrsatz ist leicht auf die Körpertheorie übertragbar. Man beweist ferner ohne Mühe die folgenden Sätze:
[Dedekind (1[2])].
Satz 23. Die Anzahl aller derjenigen nach einem Ideale
einander inkongruenten Zahlen, welche prim zu
sind, ist
|
,
|
wo
,
, …,
die sämtlichen in
aufgehenden und voneinander verschiedenen Primideale bedeuten. Für die Zahl
gelten die beiden Formeln
|
und ,
|
wo in der ersteren Formel
und
prim zueinander sind und in der letzteren
sich die Summation über alle Idealteiler
des Ideals
erstreckt.
Satz 24. Jede zu dem Ideal
prime ganze Zahl
genügt der Kongruenz
|
.
|
So genügt beispielsweise jede durch ein Primideal
vom Grade
nicht teilbare ganze Zahl
des Körpers
der Kongruenz
|
.
|
Es gelten ferner die Tatsachen:
Satz 25. Wenn
, …,
Ideale bedeuten, von denen stets je zwei zueinander prim sind, und wenn
, …,
beliebige ganze Zahlen sind, so gibt
es eine ganze Zahl
, die den Kongruenzen
|
, , …, ,
|
genügt.
Satz 26. Eine Kongruenz
-ten Grades nach dem Primideal
von der Gestalt
|
,
|
wo
,
, …,
ganze Zahlen in
sind und
nach
ist, besitzt höchstens
nach
einander inkongruente Wurzeln.
Satz 27. Bedeutet
ein in der rationalen Primzahl
aufgehendes Primideal, und ist
eine Wurzel der Kongruenz
|
, ,
|
wo
,
, …,
ganze rationale Zahlen bedeuten, so ist auch
eine Wurzel
dieser Kongruenz.
Beweis: Bezeichnen wir die linke Seite der obigen Kongruenz mit
,
so gilt nach dem Fermatschen Satze identisch in
die Kongruenz
nach
, und diese Tatsache bedingt die Richtigkeit der Behauptung.
§ 9. Die Primitivzahlen nach einem Primideal.
Eine ganze Zahl
des Körpers
heißt eine Primitivzahl nach dem Primideal
, wenn die
ersten Potenzen derselben sämtliche
einander
inkongruenten, zu
primen Zahlen nach
darstellen. Es wird wiederum
durch die entsprechenden Schlüsse wie in der Theorie der rationalen Zahlen
leicht der Nachweis für folgende Tatsache geführt:
Satz 28. Es gibt
Primitivzahlen für das Primideal
, wo
die Anzahl der einander inkongruenten, zu
primen rationalen Reste nach
bezeichnet.
Eine Theorie der Primitivzahlen für die Potenzen eines Primideals
ist
bisher noch nicht entwickelt worden; dagegen erkennt man ohne Mühe die
folgenden Tatsachen: [Dedekind (6[3])].
Satz 29. Ist
ein beliebig vorgelegtes Primideal des Körpers
, so kann
man stets in
eine Zahl
finden von der Art, daß jede andere ganze Zahl des
Körpers einer gewissen ganzen Funktion von
mit ganzen rationalen Koeffizienten kongruent ist nach einer beliebig hohen Potenz
des Primideals
.
Beweis. Ist
eine beliebige Primitivzahl für
, so sind offenbar alle
ganzen Zahlen in
kongruent gewissen ganzzahligen Funktionen von
nach
. Es sei
|
,
|
die Kongruenz niedrigsten Grades nach
mit ganzen rationalen Koeffizienten, welcher
genügt. Ist der Grad der Funktion
gleich
, so kann kein Ausdruck von der Gestalt
mit ganzzahligen Koeffizienten
,
, …,
nach
kongruent
sein; es sei denn, daß sämtliche Koeffizienten
,
, …,
kongruent
nach
sind. Da andererseits jede ganze Zahl des Körpers einem Ausdruck von der obigen Gestalt kongruent sein muß, so folgt
.
In dem Fall, daß
nach
ist, setze man
, wo
eine durch
, aber nicht durch
teilbare Zahl ist. Es ist dann, da nach Satz 27
nach
ist, notwendig
|
.
|
Die Zahl
ist eine Zahl von der verlangten Beschaffenheit. Durchlaufen nämlich
,
, …‚
alle Ausdrücke von der Gestalt
‚ wo
,
, …,
Zahlen aus der Reihe
,
, …,
bedeuten, so stellt, wie leicht ersichtlich, die Summe
|
|
lauter nach
einander inkongruente ganze Zahlen dar, und da hier
Zahlen vorliegen, so sind damit sämtliche nach
inkongruenten Reste erschöpft. Offenbar kommt die gleiche Eigenschaft auch jeder Zahl zu, welche der Zahl
nach
kongruent ist.
Den letzteren Umstand benutzen wir zu der folgenden Darstellung des Ideals
:
Satz 30. Wenn ein Primideal
vom
-ten Grade vorgelegt ist, so gibt es im Körper
stets eine ganze Zahl
von der im Satze 29 verlangten Eigenschaft und überdies von der Art, daß man
|
|
hat, wo
eine ganze Funktion
-ten Grades von
mit ganzen rationalen Koeffizienten ist.
Beweis: Es sei
, wo das Ideal
nicht durch
teilbar ist. Ferner sei
eine nicht durch
, wohl aber durch
teilbare ganze Zahl. Nach Satz 24 ist
nach
. Ersetzen wir nun die im vorigen Beweise gefundene Zahl
durch
‚ so behält diese neue Zahl
die frühere Eigenschaft; da ferner der letzte Koeffizient der Funktion
nicht durch
teilbar sein kann, so ist für die neue Zahl
notwendig
prim zu
, d. h.
.