Das unterirdische Gastmahl
Album der Poesien.
Das unterirdische Gastmahl.
Was schallt im Schooß des Berges für sonderlich Gebraus?
Was schimmert aus dem Schachte für helles Licht heraus?
Was singt und lärmt und jubelt heut’ in der Tiefe dort,
Wo still sonst bei der Blende der Bergmann steht vor Ort?
Und seine frohen Gäste, wohl hundert an der Zahl;
Die machen heut’ sich lustig tief in der Erde Bauch;
Denn oben nur zu schmausen, ist zu gemeiner Brauch.
Der reiche Herr von Theler ist aller Welt bekannt;
Die reichsten Silberzechen der Berge nennt er sein,
Und immer neue Gänge erschließt ihm das Gestein.
Die Schaar der Knappen mühet für ihn sich Tag und Nacht,
Wo in der dunkeln Tiefe die Silberader lacht;
Und ißt doch selbst in Kummer der Armuth karges Brot.
Die schweren Wagen führen sein Erz der Münze zu,
Und bringen Silbergulden zurück in seine Truh!
Die weiß er zu vergeuden nach reicher Herren Art; –
Von Gold und Silber funkelt sein Haus im lichten Strahl,
Mit harten Thalern pflastert er seinen Speisesaal,
Die Hufe seiner Rosse schmückt silberner Beschlag
Und herrlich und in Freuden lebt er jedweden Tag.
Wie keiner noch gewesen in eines Großen Haus:
Er lud die Herrn und Frauen zum festlichen Gelag
In seine Silbergrube, zu schmausen unter Tag.
Von tausend Lichtern flimmert der Höhlung weiter Raum’
Es ist als ob der Berggeist mit seiner Gnomen-Troß
Heut’ Festgelage hielte im unterird’schen Schloß.
An einer langen Tafel, aus Silbererz gehaun,
Sitzt dort in Prachtgewändern der Kreis der Herrn und Fraun
Wie das am seltnen Tische so trefflich Allen schmeckt!
Sie merken’s nicht, wie droben der Sommertag sich neigt,
Sehn nicht, wie über ihnen der arme Häuer schleicht.
Der geht auf öder Halde, das Antlitz bleich und fahl,
Wie Lazarus, der Arme, an jenes Reichen Thor,
Steht er am Mund des Schachtes, und blickt zu Gott empor,
Verzehrt mit stillem Danke den trocknen Bissen Brot,
Und wiegt das Haupt bedenklich ob solchem Gastgebot.
Und läßt sich fromm genügen an dem, was Gott bescheert;
Doch eisig überläuft’s ihn bei dieses Festes Schall,
Und heimwärts kehrend denkt er: „Hochmuth kommt vor dem Fall!“
Da unten aber kreiset der Becher lustig fort,
Und immer wilder sprudelt der übermüth’ge Scherz,
Und immer heißer glühet die Luft am Tisch von Erz.
Der reiche Herr von Theler, berauscht von Lust und Wein,
Schenkt sich den größten Humpen voll bis zum Rande ein,
„Wie mundet doch hier unten der kühle Wein so gut!“
„In einem bessern Festsaal, ich wage kühn die Wett’,
Gab nimmermehr den Gästen ein König sein Bankett!
Den Tisch, an dem wir sitzen, die Stühle um ihn her,
Doch zahlen sie die Zeche von unserm frohen Schmaus,
Und halten wohl noch lange zu manchem andern aus.
Bei solchem Hausgeräthe steht fest der sichre Grund
Des alten Hauses Theler; ich sag’s mit frohem Mund!“ –
Ruft laut der Schwarm der Gäste; – doch kaum verklang es noch,
Da mischt sich’s, dumpf erdröhnend, in ihren Jubelschall,
In’s Klirren ihrer Becher, wie ferner Donnerhall.
Und stärker rollt’s und grollt es hoch über ihrem Haupt,
Und lauter, immer lauter durchtönt’s der Felsen Grund,
Und schweigend vor Entsetzen erstarrt die Tafelrund!
Urplötzlich ist geendet das fröhliche Gelag,
Und Alles drängt zum Schachte, und ruft: „Zu Tag! Zu Tag!“ –
Was für ein schrecklich Tosen! Was für ein neuer Graus!
Im Wettersturm geborsten, bricht auf der Wolke Schooß,
Und läßt in Einem Sturze all’ seine Fluthen los;
Und durch des Schachtes Mündung schießt jäh der Strom hinab,
Gustav H.....r.