1. Es haben uns die alten Griechen so manche Fertigkeit gelehrt,
von großen Dingen wunderlichen und Weisheit war ihr Kopf beschwert.
Doch in prudentia juris ihr Wissen lückig nur is; was Solon auch
geschrieben, ist ohne Frucht geblieben.
2. Da mußten erst die Römer kommen, als boni cives klug und
fein, die sich das jus gleich vorgenommen, es zu zerlegen kurz und klein.
Es gaben schon die reges so hin und wieder leges, damit nicht die
Quiriten sich auf dem Holzweg mühten.
3. Und als die reges nicht mehr waren, da schickt man in der
Welt herum, und alles, was man dort erfahren, schrieb man sogleich
zu leges um duodecim tabularum, drin fand sich wie und warum,
wer, wo, was der Juristik mit klüglicher Sophistik.
4. Praetores schufen rüstig weiter edicta ganz nach ihrem Sinn,
so ward das jus bald breit und breiter, ’s war auch schon mancher
Unsinn drin, den man auctoritate prudentium drin vertrate, das Volk
mit langen Ohren hat aber drauf geschworen.
5. Wie’s in der Kaiserzeit sollt gehen, rescriptum und novella
weiß, man schrieb, thät man’s auch nicht verstehen, mit Gottesfurcht
und war hübsch dreist; leider imperatores: viel jus und wenig mores,
z. B. war der Nero moralisch noch nur zero.
6. Da kam der Caius, Kronjuriste im lieben großen römschen
Reich, der baute auf das Grundgerüste des Römerrechts ganz ohne=
gleich. Drum lernen die tirones zuerst institutiones, sind froh wie
Waisenknaben, daß sie den Caius haben.
7. Und nun erhebt euch von den Sitzen, ich nenne euch Justinian,
die Spitze aller Weisheitsspitzen, der macht sich an das jus heran, schrieb
sitzend auf dem podex zusammen seinen codex, was los umher=
gebammelt, das ward da festgerammelt.
8. So ist das römsche Recht entstanden, das nun zum ewigen
Verdruß in allen europäischen Landen der arme Studio ochsen muß;
ja wenn doch die Pandekten was anders noch bezweckten, als daß man
drüber quasselt und durchs Examen rasselt.
K. Krafft.