Das Wiedersehen am Brunnen (Erk, Variante 2)

Textdaten
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Titel: Das Wiedersehen am Brunnen
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aus: Deutscher Liederhort,
S. 303
Herausgeber: Ludwig Erk
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Th. Chr. Fr. Enslin
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google und Wikimedia Commons
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[303]
135a. Das Wiedersehen am Brunnen.


Mäßig. Mündlich, aus der Gegend von Meiningen und dem Coburgischen.
Noten
Noten


1.
|: Ein junger Knab gassaten gieng

wol um der Jungfern willen. :|
|: Er gieng vor ihr Schlafkämmerlein:
„Steh auf, mein Schatz, und laß mich ein
ich hab schon lang gestanden.“ :|

2.
‚‚‚Hast du schon lang gestanden hier,

rein darf ich dich nicht lassen;
doch schwörest du mir sieben Eid,
daß dich Niemand gesehen hat,
so will ich rein dich lassen.‘‘‘

3.
„Die sieben Eid die schwör ich nicht,

sie sind mir viel zu schwere;
s dürft Einer in der Ecke stahn
und mich und dich gesehen han,
wir Beide wärn verrathen.“ –

4.
Frau Nachtigall am Laden saß,

sie sang mit heller Stimme:
Wer jetzt bei seim Feinsliebchen leit,
der steh nur auf, s ist hohe Zeit,
der Tag kommt angegangen.

5.
Früh Morgens da der Tag anbrach,

das Mägdlein holte Wasser;
sie gieng wol über ein schmalen Steg,
da begegnet ihr des Jägers Knecht:
„Feinslieb, wie hast geschlafen?“

6.
‚‚‚Und wie ich heut geschlafen hab,

das darf ich dir wol sagen:
Ich hab geschlafn in Liebes-Arm,
ich hab geschlafn, daß Gott erbarm!
mein Ehr hab ich verschlafen.‘‘‘

7.
„Ei, hab ich dirs nicht gestern gsagt,

du sollst dich meiner halten;
hättst du dein Kämmerlein zugeschlossn
und hättst den Knabn nicht eingelassn,
dein Ehr hättst du behalten.

8.
„Dein Ehr hast du verloren jetzt,

die mein hab ich behalten;
denn vor gethan und nach bedacht,
hat Manchen in groß Leid gebracht:
man hats gehört von Alten.“

(Mehrfach mündlich und nach einem flieg. Bl. um 1790. „Hier neue weltliche Lieder. [Das 4.] Gedruckt in diesem Jahr Da der Mertz vorm April war.“ etc. – Vgl. im Frankf. „Lieder-Büchlein“ vom J. 1582 u. 1584. Nr. 204: „Es war einmal ein junger Knab“ etc. und „Des Knaben Wunderhorn.“ [1806.] I, 317. – Vgl. auch L. Erk, „Die deutschen Volkslieder.“ B. I, H. 5, S. 62, Nr. 56.)

1. Gassaten, kassaden, volksthümlich für gassatim, in der Abenddämmerung spazierend. – 3, 3. s dürft Einer in der Ecke stehn und dich und mich beisammen sehn. – 5, 1. Und als es nun der Tag anbrach.