Das Tonnenabschlagen auf dem Darß

Textdaten
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Autor: Jodocus Donatus Hubertus Temme
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Titel: Das Tonnenabschlagen auf dem Darß
Untertitel:
aus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. S. 351–352
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1840
Verlag: Nicolaische Buchhandlung
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Erscheinungsort: Berlin
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google und Commons
Kurzbeschreibung:
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Das Tonnenabschlagen auf dem Darß.

Auf dem Darß hat man noch heut zu Tage ein altes Volksfest, das aus der heidnischen Wendenzeit herrührt, und dessen frühere religiöse Bedeutung man jetzt nicht mehr kennt. Es wird alljährlich zu einer gewissen Zeit gefeiert. Auf einem Anger in der Nähe des Dorfes werden alsdann zwei Pfähle aufgerichtet, in deren Mitte wird eine Pech- oder Theertonne, welche mit Birkenzweigen umwunden ist, aufgehangen, gerade so hoch, daß ein Reiter darunter herjagen kann. Das Fest, zu welchem das ganze Dorf zusammenkommt, beginnt damit, daß die unverheiratheten Burschen des Dorfes in der Versammlung langsam, im Paradeschritt, umherreiten. Voran gehen einige Musikanten. Dann reitet zuerst der vorjährige Tonnenkönig. Die Andere reiten, wie das Loos die Reihenfolge bestimmt hat. Reiter und Pferde sind mit Bändern, Federn, Knittergold, Blumen etc. bunt geschmückt.

Wenn sie so einige Male herumgezogen sind, begeben sie sich an das Ende der abgesteckten Rennbahn, und von hier aus jagt Jeder von ihnen, einzeln, Einer nach dem Andern, in derselben Reihe, in der sie vorhin geritten waren, im vollen Galop unter der Tonne weg, und schlägt [352] mit einem Knittel an dieselbe. Dies dauert, da sie mehrere Pausen machen, oft mehrere Stunden, bis ein Stück der Tonne nach dem anderen heruntergefallen ist, und zuletzt nur noch ihr oberer Boden hängen bleibt, durch welchen der Strick geht, mit dem sie aufgehangen ist. Wer das letzte Stück von der Tonne abschlägt, der ist Tonnenkönig.

Dieser muß nun geschwinde machen, daß er fortkommt; denn wenn er nicht zuerst im Kruge ankommt, sondern einer von den übrigen Tonnenreitern ihn vorher einholt und einfängt, so muß er die ganze Gesellschaft freihalten. Er jagt daher im vollsten Galop hin, sobald er den glücklichen Schlag gethan hat, und es ist lustig anzusehen, wie alle seine Kameraden hinter ihm her jagen, und jeder ihn zu erreichen sucht, und wie alles Volk schreiend und lärmend hinterdrein rennt. Im Kruge kommt darauf Alles wieder zusammen. Er ist von außen und von innen mit Birkenzweigen und Schiffsflaggen geschmückt, und es wird darin, nachdem der König sich eine Königin gewählt hat, gezecht und getanzt bis zum zweiten Morgen.

Gewöhnlich wird dies Fest um die Johanneszeit gehalten. Mehrere benachbarte Dörfer feiern es nach einander, indem sie sich gegenseitig dabei besuchen.

Aehnliche Tonnenfeste, jedoch mit einigen Abweichungen, werden im Lüneburgischen und auf der Dänischen Insel Amak gefeiert.

Der Darß und der Zingst, von A.v. Wehrs, S. 89-93.