Das Mahl zu Heidelberg (Badisches Sagen-Buch)
Von Würtemberg und Baden
Die Herren zogen aus;
Von Metz des Bischofs Gnaden
Vergaß das Gotteshaus:
Wohl in die Pfalz am Rhein;[1]
Sie sahen da sie liegen
Im Sommersonnenschein.
Umsonst die Rebenblüthe
Umsonst des Himmels Güte
Aus Aehrenfeldern ruft:
Sie brannten Hof und Scheuer,
Daß heulte Groß und Klein;
Der Neckar und der Rhein.
Mit Gram von seinem Schlosse
Sieht es der Pfälzer Fritz,
Heißt springen auf die Rosse,
Mit enggedrängtem Volke
Sprengt er durch Feld und Wald,
Doch ward die kleine Wolke
Zum Wetterhimmel bald.[2]
Da sind sie schon umringt,
Und über ihren Rotten
Sein Schwert der Sieger schwingt.
Vom Hügel sieht man prangen
Dahin führt er gefangen
Die Fürsten sammt dem Troß.
Zu hinterst an der Mauer,
Da ragt ein Thurm so fest:
Der Schlang’ und Eule Nest.
Dort sollen sie ihm büßen
Im Kerker trüb und kalt;
Es gähnt zu ihren Füßen
Hier lernt vom Grimme rasten
Der Würtemberger Utz;
Der Bischof hält ein Fasten,
Der Markgraf läßt vom Trutz.
Um Leib und Leben seyn:
Da trat am andern Morgen
Der stolze Pfälzer ein.
„Herauf, ihr Herrn, gestiegen
Ihr sollt nicht fürder liegen
In Finsterniß und Qual.
Ein Mahl ist euch gerüstet,
Die Tafel ist gedeckt:
Versucht, ob es euch schmeckt!“
Sie lauschen mit Gefallen,
Wie er so lächelnd spricht;
Sie wandeln durch die Hallen
Und in dem Saale winket
Ein herrliches Gelag:
Es dampfet und es blinket,
Was nur das Land vermag.
Da mocht’ es seltsam seyn:
Sie hungern und sie dürsten
Beim Braten und beim Wein.
„Nun, will’s euch nicht behagen?
Worüber ist zu klagen?
An was, ihr Herrn, gebrichts?
Es schickt zu meinem Tische
Der Odenwald das Schwein,
Den edlen Trank der Rhein.
Ihr habe ja sonst erfahren,
Was meine Pfalz bescheert:
Was wollt ihr heute sparen,
Die Fürsten sahn verlegen
Den andern Jeder an;
Am Ende doch verwegen
Der Ulrich da begann:
Doch Eines thut ihm Noth,
Das mag kein Knecht vermissen:
Wo ließest du das Brot?“
„Wo ich das Brot gelassen?“
Er traf, die bei ihm saßen,
Mit seiner Augen Blitz;
Er that die Fensterpforten
Weit auf im hohen Saal:
In’s offne Neckarthal.
Sie sprangen von den Stühlen
Und blickten in das Land:
Da rauchten alle Mühlen
Kein Hof ist da zu schauen,
Wo nicht die Scheune dampft;
Von Rosses Huf’ und Klauen
Ist alles Feld zerstampft.
Ist so mein Mahl bestellt?
Ihr müßt euch wohl gedulden,
Bis ihr besät mein Feld,
Bis in des Sommers Schwüle
Und bis mir in der Mühle
Sich wieder dreht ein Rad.
„Ihr seht, der Westwind fächelt
In Stoppeln und Gesträuch;
Sie wartet nur auf euch.
Drum sendet flugs die Schlüssel
Und öffnet euren Schatz:[3]
So findet bei der Schüssel
- ↑ [513] „Wohl in die Pfalz am Rhein“ etc.
Graf Ulrich von Würtemberg, Karl I., Markgraf von Baden, Schwager des Kaisers Friedrich III., und sein Bruder Georg, Bischof von Metz, zogen als Bundesgenossen Adolf’s von Nassau aus, um Diesem das dem Grafen Diether von Isenburg durch den Papst abgesprochene Kurfürstenthum Mainz zu erobern. Diether fand aber an Friedrich dem Sieghaften, Kurfürsten und Pfalzgrafen am Rhein, eine kräftige Hülfe.
- ↑ [513] „Zum Wetterhimmel bald“ etc.
Friedrich hatte 800 Mann zu Pferd und 200 zu Fuß. Vor dem Schwezinger Wald stieß noch Diether und der Graf von Katzenellenbogen mit 300 Reitern zu ihm.
- ↑ „Und öffnet euren Schatz.“Georg mußte sich mit 50,000, Ulrich und Karl, nach dreizehnmonatlicher Gefangenschaft, Jeder mit 100,000 Gulden lösen; bis zur völligen Abzahlung wurden ihre Ländereien verpfändet. Die Walstatt Seckenheim bezeichnet ein steinernes Crucifix mit einer Inschrift. Diether blieb Kurfürst, und verpfändete (1463) die Bergstraße an Friedrich für 100,000 fl. Der unternehmende Friedrich mag somit der Pfalzgraf seyn, der, nach der Sage, vergebliche Anstalten machte, die Riesensäule vom Felsberg wegzuschaffen.