Das Königshaus in Ghazipore

CCCXVIII. Ofen und Pesth Meyer’s Universum, oder Abbildung und Beschreibung des Sehenswerthesten und Merkwürdigsten der Natur und Kunst auf der ganzen Erde. Siebenter Band (1840) von Joseph Meyer
CCCXIX. Das Königshaus in Ghazipore
CCCXX. Das Denkmal bei Abach
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GHAZIPORE

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CCCXIX. Das Königshaus in Ghazipore.




Wie in der Gluth der tropischen Sonne die Blume schneller welkt und alles Daseyn schneller vergeht, so ist auch zwischen den Wendekreisen im Staaten- und Völkerleben alles vergänglicher, flüchtiger, als in den kühlern Himmelsstrichen, und Leben und Tod, Bauen und Zerstören lösen dort viel schneller sich ab. Besonders ist in Indien dieser rasche Uebergang bemerklich. In einem Jahrhundert blühen dort Städte auf und verfallen wieder, und der Reisende eilt über mit Gras bewachsenen Schutt, wo er ein paar Jahrzehnte früher vor Palästen geweilt hat. Auch dieses kostbare Werk der indischen Baukunst, – Sahedul Ali’s, Königs von Lucknow, Feenpalast in Ghazipore, ist jetzt verlassen, und eilt mit so viel anderer Herrlichkeit der muselmännischen Herrscher Indiens seinem [116] Verfall entgegen. Die Politik der Britten läßt den mediatisirten Fürsten ihre Paläste; aber die Jahrgelder, welche jene genießen, reichen bei weitem nicht hin, solche unermeßliche Prachtgebäude anständig zu bewohnen, oder auch nur nothdürftig zu erhalten. So geschieht’s, daß die prächtigsten Königswohnungen verlassen werden, und manche derselben zur Ruine wird, ehe noch der Thronling selbst verschwindet.