Das Haydn-Denkmal in Wien
[352] Das Haydn-Denkmal in Wien. (Mit Illustration S. 337.) Am 31. Mai dieses Jahres, als dem Gedächtnißtage des Todes Haydn’s, soll auf dem Platze vor der Mariahilfkirche, dicht an der verkehrsreichen Mariahilferstraße, das Denkmal für den unsterblichen Komponisten der „Schöpfung“ und der herrlichen österreichischen Volkshymne enthüllt werden. Die Statue, ein von echt künstlerischem Geiste belebtes Werk des in Wien domicilirenden Tiroler Bildhauers Heinrich Natter, ist 81/2 Wiener Fuß hoch, aus tadellosem Carraramarmor geschaffen und erhebt sich auf einem stattlichen Porphyrsockel. Sie zeigt uns den Vater der Instrumentalmusik aufrecht stehend, das Haupt gehoben und den Blick emporgerichtet. Ueber dem scharfgeschnittenen ausdrucksvollen Gesicht, aus dessen Zügen feierlicher Ernst, aber auch sympathisch anmuthende Milde sprechen, ruht es wie der Hauch einer göttlichen Inspiration. In diesem Augenblicke ist dem Meister wohl eine seiner unsterblichen Melodien zugeflogen. Vielleicht ist es eben die unvergängliche Weise seines „Kaiserliedes“, die er für sein Bestes hielt und wenige Tage vor seinem Tode noch dreimal hinter einander spielte „mit einem Ausdruck, über den er sich selbst wunderte“, wie uns sein Biograph erzählt. Das Antlitz ist treu nach der vorhandenen Todtenmaske Haydn’s, die dessen Famulus Elsler, der Vater der berühmten Tänzerin Fanny Elsler, abnehmen ließ, gebildet. Die rechte Hand des Meisters hält den Griffel, die Linke einige Blätter Papier, auf die Haydn seine musikalischen Inspirationen niederschrieb. Das Kostüm ist selbstverständlich das der Haydn’schen Zeit, der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts: tressenbesetzter Frack, reiche lange Weste, aus der das feingefältelte Jabot hervorlugt, enganliegende Kniehosen, Strümpfe und Schnallenschuhe. Ueber die Schultern hängt dem großen Symphoniker, leicht übergeworfen, ein faltenreicher Mantel. Der charakteristische Kopf trägt die übliche wohlfrisirte und in ein zierliches Zöpfchen endigende Perücke.
Unstreitig wäre die Aufstellung des Monuments im Laubgrün des unfernen Eszterhazy-Parks, wo Haydn manche Muse- und Mußestunde verbrachte und wohl auch manche Anregung, manche Weise gefunden hatte, wirkungsvoller gewesen; denn der Schöpfer der „Jahreszeiten“, der Freund der Natur, wie Haydn es immer war, hätte sich gewiß im Reiche der grünen Baumwelt heimischer gefühlt als inmitten des Straßenlärms der Hauptstraße. Das Monument dankt sein Entstehen der Opferwilligkeit kunstsinniger Bürger Gumpendorfs, wo Haydn viele Jahre in dem ihm gehörigen Hause, Steingasse 73, wohnte und auch starb.