Textdaten
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Titel: Das Haus Fritz Reuters
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aus: Die Gartenlaube, Heft 28, S. 483–484
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1894
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[483] Das Haus Fritz Reuters. Fast zwanzig Jahre nach ihrem Gatten ist am 9. Juni Luise Reuter, die Witwe Fritz Reuters, zur ewigen Ruhe eingegangen. „Sie hat im Leben Liebe gesät, sie soll im Tode Liebe ernten“, so lautet die Grabschrift, die ihr Fritz Reuter selbst einmal in schmerzlich bewegter Stunde bestimmte, und schöner hätte ihres Daseins Inhalt nicht umschrieben werden können. Wie sie zu Lebzeiten ihres Mannes dessen treueste und hingebendste Pflegerin war, so blieb sie nach seinem Tod die edle nimmermüde Wohlthäterin der Armen und Bedrückten. Ein hochherziger und zugleich überaus sinniger Gedanke war es, daß sie ihr Haus testamentarisch der Deutschen Schillerstiftung überwies. Das Heim, das eines Dichters Feder gegründet, sollte für alle Zeiten Deutschlands Dichtern gehören, das ist die schöne Bedeutung dieses Vermächtnisses.

Für Fritz Reuter war es eine große Freude, daß die Erfolge seiner Schriften ihm den Bau dieses Hauses ermöglichten. Die „Gartenlaube“ hat vor einigen Jahren (1890) Briefe des Dichters veröffentlicht, aus denen hervorgeht, mit welcher Wärme und innerer Genugthuung er den Bau seines Hauses in Eisenach betrieb. „Wir träumen hier allerlei Idyllen,“ schreibt er am 11. September 1866 an seinen vertrauten Freund Fritz Peters, „denn unser Hausbau hat insofern begonnen, als wir dabei sind, die Felsen, die im Wege liegen, zu sprengen, was viel Arbeit, aber auch Baumaterial schafft. Den Plan zu dem Hause habe ich mir von dem Professor Bohnstedt, einem Architekten aus Petersburg, machen lassen, sehr zur Zufriedenheit.“ In ausführlicher Schilderung entwickelt er dem Freunde dann diesen Plan bis in die kleinsten Einzelheiten hinein, um befriedigt zu dem Schlusse zu kommen: „Du siehst, es kann hübsch werden, und da ich – Gott sei Dank – noch immer Glück mit meiner Schreiberei habe, so werde ich auch mit dem Kostenpunkt fertig werden, ohne genötigt zu sein, von meinen angelegten Geldern etwas aufzunehmen.“ Freilich, auch die Leiden und Sorgen eines Bauherrn blieben Reuter nicht erspart, und gerade die Kostenfrage stellte sich nicht so glatt, wie er es anfangs geglaubt. [484] Anderthalb Monate später, am 28. Oktober 1866, klagt er: „Mit dem erneuten und erhöhten Kostenanschlage unseres künftigen Hauses hat der Teufel uns ein neues Basiliskenei ins Nest gelegt. Das geht mir denn doch etwas über den Kreidstock! Aber was thun? Die nötigen Sprengarbeiten sind gemacht, die Grundmauern sind fertig, der Großherzog hat infolge der Einsicht in den Plan und in die Fassade mir das Versprechen der Anlage eines schönen Weges zu meinem Hause gegeben: soll ich nun die ganze Geschichte umstoßen, anders bauen? schlechter? kleiner? – Schlecht will ich nicht bauen, es soll nicht heißen, daß ich ein liederlich Gebäude nach meinem Tode in der Welt zurückgelassen habe, kleiner auch nicht, ich will nicht wieder in solchem kleinen Kasten mich halbtot räuchern. Also es wird nichts helfen, ich werde in den sauren Apfel beißen müssen.“

Nun, die siegreiche Gewalt von Reuters Dichtergenius hat dafür gesorgt, daß das Opfer nicht allzu schwer wurde; als ein stattlicher und doch behaglicher Bau ist die „Villa Reuter“ vollendet worden. In welcher Weise die „Deutsche Schillerstiftung“ das ihr zugefallene Vermächtnis praktisch verwerten wird, ist zur Stunde noch nicht bekannt. Am schönsten wäre es, wenn Fritz Reuters Haus auch für die Zukunft ein „Dichterheim“ bleiben dürfte.