Das Hündchen von Bretten (Simrock)

Textdaten
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Autor: Karl Simrock
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Titel: Das Hündchen von Bretten
Untertitel: Erste Sage
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 411–413
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[411]
Das Hündchen von Bretten.
Erste Sage.

Zu Bretten überm Stadtthor steht
Ein Hündchen ohne Schwanz,
Und über seinem Haupte weht
Ein hart verdienter Kranz.

5
Wer sich umsonst zu Tode zieht,

Vergnügt in schweren Ketten,
Dem sagt man: „Wahrlich, dir geschieht
Noch wie dem Hund von Bretten.“

Dem Hündchen ward, dem treuen Thier,

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Die Treue schlimm gelohnt,

Und sicher so ergeht es Dir,
Der sich im Dienst nicht schont.
Es war von seinem Herrn, wie Du,
Zu Manchem abgerichtet,

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Der ließ ihm keine Stunde Ruh’,

Die Chronik hats berichtet.

Wohl mochte kein geplagt’rer Gaul
Im ganzen Städtchen seyn;
Gab er ihm einen Korb in’s Maul,

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So lief’s und kauft’ ihm ein:

Beim Metzger Fleisch und Bratwurst gar,
Und Weißbrod bei dem Bäcker,
Im Korbe sagt’ ein Zettel klar,
Was nöthig war dem Schlecker.

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Das Hündchen lief von Haus zu Haus,

Und ließ sich nie verführen,
Nur einen Bißen von dem Schmaus
Des Herren anzurühren,
Wenn es ihn treulich heimgebracht;

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Doch war es schon zufrieden,

Ward ihm von seiner schweren Fracht
Ein Knöchlein nur beschieden.

[412]

Sein Herr, der evangelisch war,
Hielt wenig auf die Fasten,

35
Und ließ den Speisecommissar

An keinem Freitag rasten.
Der Hund, der täglich fasten muß,
Geht seinen Weg bescheiden,
Nicht kann er, wie ein Klerikus

40
Den Festtag unterscheiden.


Da führt ihn einst sein Mißgeschick
Zu einem Fleischer hin,
Der als ein echter Katholik
Streng hielt die Disciplin;

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Wie Der den Zettel nimmt und liest

Von einer Wurst geschrieben,
Ihn das Gelüste baß verdrießt,
Hätt’ es ihm gern vertrieben.

Im frommen Eifer hat er gleich

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Das arme Thier gepackt,

Ihm auf dem Block mit Einem Streich
Das Schwänzlein abgehackt;
Das legt’ er in den Korb dem Hund:
„Da hast du Fleisch, nun trolle,

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Und deinem Herren mache kund,

Daß ich’s ihm schenken wolle!“

Das Hündchen, bis zum Tode wund,
Lief doch, der Pflicht gedenk,
Und trug dem Herrn sogleich zur Stund’

60
Sein Schwänzlein zum Geschenk;

Legt’ ihm den Korb noch vor den Fuß
Und streckte sich daneben;
Das war sein letzter, stummer Gruß,
Dann haucht’ es aus sein Leben. –

65
Hier steht das Bild des armen Wichts;

Den Lohn erwarb er doch,

[413]

Weil er sein Leben lang um Nichts
Im sauern Dienste kroch.
Du mühe dich, nach seinem Brauch,

70
Im Joch des Undankbaren,

So mag Dir nach dem Tod wohl auch
Die Ehre wiederfahren.

K. Simrock.