Textdaten
Autor: Johann Wolfgang von Goethe
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Titel: Das Göttliche
Untertitel:
aus: Johann Wolfgang von Goethe: Goethes Schriften. Achter Band, G. J. Göschen. 1789. Seite 215–218
Herausgeber:
Auflage:
Entstehungsdatum: 1783
Erscheinungsdatum: 1789
Verlag: G. J. Göschen
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Übersetzer:
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google Scans auf commons.
Kurzbeschreibung: Gedicht über das Göttliche im Menschen und den Menschen als Vorbild der Götter (Gottesbild aus dem eigenen Vorbild).
Offizieller Erstdruck. Friedrich Heinrich Jacobi veröffentlichte das Werk bereits 1785 ohne Goethes Wissen.
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[215]

 Das Göttliche.


     Edel sey der Mensch,
Hülfreich und gut!
Denn das allein
Unterscheidet ihn,

5
Von allen Wesen,

Die wir kennen.

     Heil den unbekannten
Höhern Wesen,
Die wir ahnden!

10
Sein Beyspiel lehr’ uns

Jene glauben.

     Denn unfühlend
Ist die Natur:
Es leuchtet die Sonne

15
Über Bös’ und Gute,

Und dem Verbrecher
[216] Glänzen wie dem Besten
Der Mond und die Sterne.

     Wind und Ströme,

20
Donner und Hagel

Rauschen ihren Weg,
Und ergreifen,
Vorüber eilend,
Einen um den andern.

25
     Auch so das Glück

Tappt unter die Menge,
Faßt bald des Knaben
Lockige Unschuld,
Bald auch den kahlen

30
Schuldigen Scheitel.


     Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen,
Müssen wir alle
Unseres Daseyns

35
Kreise vollenden.


     [217] Nur allein der Mensch
Vermag das Unmögliche:
Er unterscheidet,
Wählet und richtet;

40
Er kann dem Augenblick

Dauer verleihen.

     Er allein darf
Den Guten lohnen,
Den Bösen strafen;

45
Heilen und retten

Alles Irrende, Schweifende
Nützlich verbinden.

     Und wir verehren
Die Unsterblichen,

50
Als wären sie Menschen,

Thäten im Großen,
Was der Beste im Kleinen
Thut oder möchte.

     [218] Der edle Mensch

55
Sey hülfreich und gut!

Unermüdlich schaff’ er
Das Nützliche, Rechte,
Sey uns ein Vorbild
Jener geahndeten Wesen!