Das Füllen
Ein Füllen, das die schwere Bürde
Des stolzen Reuters nie gefühlt,
Den blanken Zaum für eine Würde
Der zugerittnen Pferde hielt;
Worauf es einen Mann erblickt,
Und wünschte, bald ein Roß zu werden,
Das Sattel, Zaum und Reuter schmückt.
Wie selten kennt die Ehrbegierde
Das Reutzeug, die gewünschte Zierde,
Wird diesem Füllen aufgelegt.
Man führt es streichelnd hin und wieder,
Daß es den Zwang gewohnen soll;
Und stolz gefällt sichs selber wohl.
Es kam mit prächtigen Geberden[1]
Zurück in den verlaßnen Stand,
Und machte wiehernd allen Pferden
Ach! sprach es zu dem nächsten Gaule,
Mich lobten alle, die mich sahn;
Ein rother Zaum lief aus dem Maule
Die schwarzen Mähnen stolz hinan.
Das Füllen kam betrübt zurück,
Und schwitzend sprach es: Welche Plage
Ist nicht mein eingebildet Glück!
Zwar dient der Zaum, mich auszuputzen;
Er ist zu meines Reuters Nutzen
Und meiner Sklaverey erdacht.
Was wünscht man sich bey jungen Tagen?
Ein Glück, das in die Augen fällt;
Das keiner doch zu spät erhält.
Man eilt vergnügt, es zu erreichen;
Und, seiner Freyheit ungetreu,
Eilt man nach stolzen Ehrenzeichen,
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Geberden = Gebärden