Das Denkmal der Brüder Grimm in Hanau
[755] Das Denkmal der Brüder Grimm in Hanau. (Zu dem Bilde S. 741.) Als der hundertjährige Geburtstag Jakob Grimms, der 4. Januar 1885, in weiten Kreisen des Vaterlands zum festlichen Anlaß wurde, sich der nationalen Bedeutung seines Wirkens wie des seines Bruders Wilhelm zu erinnern, fand die begeisterungsvolle Dankbarkeit ihren Ausdruck in dem Beschlusse, den beiden Bahnbrechern der deutschen Altertumsforschung, den Wiederbelebern der deutschen Volkspoesie, ihrer Märchen und Sagen ein gemeinsames Denkmal zu setzen. Ist doch die Gemeinsamkeit ihres Forschens eine so innige gewesen, daß sie ihre Sammlung der deutschen Volksmärchen geradezu als das Werk der „Brüder Grimm“ der Nation übergaben, in deren Bewußtsein diese Brüder seitdem eine litterarische Einheit bilden, aus welcher die Verdienste des einen nicht loszulösen sind von den Verdiensten des anderen. Und in dieser idealen Eintracht der Geister und der Gemüter ist es auch dem Künstler, der dann siegreich aus der Konkurrenz um den besten Denkmalsentwurf hervorging, dem Münchener Bildhauer Professor Eberle, gelungen, das kerndeutsche Gelehrtenpaar darzustellen. Das nunmehr in ihrer Vaterstadt
Hanau enthüllte Denkmal zeigt den jüngeren der Brüder, Wilhelm, sitzend, mit einem Buch auf dem Schoß, während Jakob stehend die Linke auf die Lehne des Stuhls stützt und nachdenklich über die Schulter des Bruders auf die Blätter herabschaut, in denen dieser forschend liest. Die feine Sinnigkeit Wilhelms, die energischere Geisteskraft Jakobs ist in den Gesichtern gar lebensvoll charakterisiert. In die vorzügliche Ausführung der Figuren in Bronzeguß haben sich die Ruppsche und die Millersche Erzgießerei in München geteilt. Das schöne Bildwerk, das sich jetzt hochragend auf dem Hanauer Marktplatz erhebt, ruht auf einem Stufenunterbau von schwarzem Granit. Auf der Stirnseite desselben stellt ein Bronzerelief eine reizende Gruppe dar, ein Mütterchen, das der Jugend Märchen erzählt; demselben entspricht auf der Rückseite ein zweites Reliefbild: ein Gelehrter unterrichtet die Jugend. P.