Curiöses Reim-Gedichte Von Olyben oder Holhipen
[1]
Uns durch ihren Nahmen an / daß wir seinen Urstand suchen /
Und besehen: ob man auch diese auffgerollte Kuchen
Eben recht HOLHIPEN nenne?
Ja / warumb sie so belegt?
Erstens halten wir: a)[1] OLYBE sey ein Niederländisch Wort.
Weil die Deutung einerley / die es mit OBLYE führet /
Und es aus Metathesi ohne Zweiffel hergerühret.
(Denn wie leichtlich setzt der Pöbel eines Wortes Lettern fort.)
Ja / gleichwie das Wort OBLYE auff ein süß Gebacknes weist /
Will OLYBE gleiches thun. Doch / woferne man gedächte:
Daß der Niederländer Wort gar nichts anders mit sich brächte /
Als was hier in Ober-Sachsen überall Oblate heißt.
Könte also mit OBLY - niemand auff OLYBEN zeigen.
So versetzen wir darauff: das kan unsern Satz nicht beugen.
Denn es pflegen solche Formen nicht essential zu seyn.
Zum Exempel: Mandeltorten sind offt mancherley Gestalt.
Dennoch aber werden sie immer eben so genennet /
Weil man an der Mafla nie einen Unterschied erkennet.
Nun ist in erwehnten Sachen auch der Taig nicht mannichfalt.
Daß daher das Wort OLYBE von OBLYE stammen kan.
Nachmahls / ob man solches Brod auch a)[2] HOLHIPEN nennen dürffe?
Daß nicht die Orthographie so-geschriebnes Wort verwürffe /
(Massen unsre erste Meinung allbereit genug gethan /
Ist aus der Anatomie dieses Wortes zuverstehen;
Wenn wir: HIPE / und hernach: HOL / insonderheit besehen.
HIPE ist seiner Deutung hier gantz general und schlecht.
Es notiret zwar dasselbe sonsten einen hagern Geiß;
Aber es kan auch so viel / als ein dürres corpus, gelten.
Wie der Schneider offt sich muß lassen eine HIPE schelten.
Weil gemeiniglich ein Schneider nur von Haut und Beinen weiß.
Dannenher dem Hol-Gebacknen / welches gleichfalls (a)[3] Dürre ist /
Eben nicht gar ungereymt auch der Nahme HIPE bleibet.
Doch / dieweilen HIPE hier bloß das Dürre Was beschreibet /
Und diß corpus so nichts in sich / wie ein Geiß und Schneider schlißt /
Muß es HOLE Hipe heissen. Das ist zwar weit hergebracht.
Aber / weil wir observirt / daß man unter klugen Leuten
Auch also: HOLHIPE / schreibt; mochten wir es gerne deuten.
Wem das Letzte nicht will klappen / der nimt jenes mehr in Acht.
- ↑ a) Vid. Hadriani Junii, Medici, Nomenclator septem diversis linguis omnium rerum nomina indicans, edit. 1591. in 8vo. qui in nomenclaturis ciborum p. 82. hæc exhibet: Crustulum, Horat. Pemmatium è farina, melle, (aut, ut nunc, saccharo) lacte, & similibus confectum opere pistorio. πεμμάτιον. AL. Offlaten. Belg. Oblaet / OBLYE / Waffele. Gal. OUBLIE, gauffre. WS: siehe Digitalisat dieser Stelle in einer Ausgabe des Nomenclator von 1606
- ↑ a) Georg Rudolff Widmann / in der Historie von D. Fausten, schreibet part. I. cap. 9. (da Faust seine resolution, auf die vom Teuffel fürgestellte 5. Articul, von sich giebt) folgende Fausti Worte: So wisse er wohl daß sie ihn auf der Cantzel und Predigstul werden ohne Zweiffel ausschreyen und HOLHIPEN. Da ist zwar da activum verbum holhipen gesetzt: alleine man kan doch leicht schliessen / daß das nomen auch so heisse: wie denn auch nachgehends aus der Corvini Lexico das Wort Hippen / pro crustulo genommen / gezeiget wird. WS: in der Ausgabe 1674 des Widmannschen Faust-Buchs ist davon nichts mehr zu finden (siehe Zeno.org bzw. HAAB); frühere Ausgaben bleiben zu prüfen
- ↑ (a) Corvinus in seinem Lexico hat hievon dieses: Crustum, vel crustulum, allerley DüRR Gebackens das man isset / Stück Kuchen / Pretzeln / ein Ranft-Brodt / Oblaten / HIPPEN / Eisen-Kuchen / etc.