Critik der reinen Vernunft (1781)/Der Transscendentalen Analytik Zweytes Buch. Die Analytik der Grundsätze.
« Der Transscendentalen Analytik der Begriffe Zweites Hauptstück. Von der Deduction der reinen Verstandesbegriffe. | Immanuel Kant Critik der reinen Vernunft (1781) Inhalt |
Der Transscendentalen Doctrin der Urtheilskraft (oder Analytik der Grundsätze) Erstes Hauptstück. Von dem Schematismus der reinen Verstandesbegriffe. » | |||
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Da gedachte blos formale Logik von allem Inhalte der Erkentniß (ob sie rein oder empirisch sey) abstrahirt und sich blos mit der Form des Denkens (der discursiven Erkentniß) überhaupt beschäftigt: so kan sie in ihrem analytischen Theile auch den Canon vor die Vernunft mit befassen, deren Form ihre sichere Vorschrift hat, die, ohne die besondere Natur der dabey gebrauchten Erkentniß in Betracht zu ziehen, a priori, durch blosse Zergliederung der Vernunfthandlungen in ihre Momente eingesehen werden kan.
Die transscendentale Logik, da sie auf einen bestimten Inhalt, nemlich blos der reinen Erkentnisse a priori, eingeschränkt ist, kan es ihr in dieser Eintheilung nicht nachthun. Denn es zeigt sich: daß der transscendentale Gebrauch der Vernunft gar nicht obiectiv gültig sey, mithin nicht zur Logik der Wahrheit, d. i. der Analytik gehöre, sondern, als eine Logik des Scheins, einen besondern Theil des scholastischen Lehrgebäudes, unter dem Namen der transscendentalen Dialectik, erfodere.
Verstand und Urtheilskraft haben demnach ihren Canon des obiectiv gültigen, mithin wahren Gebrauchs, in der transscendentalen Logik, und gehören also in ihren analytischen Theil. Allein Vernunft in ihren Versuchen, über Gegenstände a priori etwas auszumachen, und das Erkentniß über die Grenzen möglicher Erfahrung zu erweitern,| ist ganz und gar dialectisch und ihre Scheinbehauptungen schicken sich durchaus nicht in einen Canon, dergleichen doch die Analytik enthalten soll.Die Analytik der Grundsätze wird demnach lediglich ein Canon vor die Urtheilskraft seyn, der sie lehrt, die Verstandesbegriffe, welche die Bedingung zu Regeln a priori enthalten, auf Erscheinungen anzuwenden. Aus dieser Ursache werde ich, indem ich die eigentlichen Grundsätze des Verstandes zum Thema nehme, mich der Benennung einer Doctrin der Urtheilskraft bedienen, wodurch dieses Geschäfte genauer bezeichnet wird.
Diese transscendentale Doctrin der Urtheilskraft wird nun zwey Hauptstücke enthalten: das erste, welches von der sinnlichen Bedingung handelt, unter welcher reine Verstandesbegriffe allein gebraucht werden können, d. i. von dem Schematismus des reinen Verstandes; das zweyte aber von denen synthetischen Urtheilen, welche aus reinen Verstandesbegriffen unter diesen Bedingungen a priori herfliessen, und allen übrigen Erkentnissen a priori zum Grunde liegen, d. i. von den Grundsätzen des reinen Verstandes.
- ↑ Der Mangel an Urtheilskraft ist eigentlich das, was man Dumheit nent, und einem solchen Gebrechen ist gar nicht abzuhelfen. Ein stumpfer oder eingeschränkter Kopf, dem es an nichts, als an gehörigem Grade des Verstandes und eigenen Begriffen desselben mangelt, ist durch Erlernung sehr wol, so gar bis zur Gelehrsamkeit, auszurüsten. Da es aber gemeiniglich alsdenn auch an ienem [134] (der secunda Petri) zu fehlen pflegt, so ist es nichts ungewöhnliches, sehr gelehrte Männer anzutreffen, die, im Gebrauche ihrer Wissenschaft, ienen nie zu bessernden Mangel häufig blicken lassen.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: Urtheien
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