Textdaten
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Autor: Maximilian I. Joseph (Bayern)
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Titel: Constitution vom 1. Mai 1808
Untertitel:
aus: Die Constitutionen der europäischen Staaten seit den letzten 25 Jahren, Band 2, S. 132–142
Herausgeber: Karl Heinrich Ludwig Pölitz
Auflage:
Entstehungsdatum: 1808
Erscheinungsdatum: 1817
Verlag: F. A. Brockhaus
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Erscheinungsort: Leipzig und Altenburg
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Quelle: Google = Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: 4144218-0
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[132]
a) Constitution vom 1. Mai 1808.

Maximilian Joseph, von Gottes Gnaden König von Bayern. Von der Ueberzeugung geleitet, daß der Staat, so lange er ein bloßes Aggregat verschiedenartiger Bestandtheile bleibt, weder zur Erreichung der vollen Gesammtkraft, die in seinen Mitteln liegt, gelangen, noch den einzelnen Gliedern desselben alle Vortheile der bürgerlichen Vereinigung, in dem Maaße, wie es diese bezweckt, gewähren kann, haben Wir bereits durch mehrere Verordnungen die Verschiedenheit der Verwaltungsformen in Unserm Reiche, so weit es vor der Hand möglich war, zu heben, für die directen Auflagen sowohl, als für die indirecten ein gleichförmigeres System zu gründen, und die wichtigsten öffentlichen Anstalten dem Gemeinsamen ihrer Bestimmung durch Einrichtungen, die zugleich ihre besondern [133] sichern, entsprechender zu machen gesucht. Ferner haben Wir, um Unsern gesammten Staaten den Vortheil angemessener gleicher bürgerlicher und peinlicher Gesetze zu verschaffen, auch die hiezu nöthigen Vorarbeiten angeordnet, die zum Theil schon wirklich vollendet sind. Da aber diese einzelnen Ausbildungen besonderer Theile der Staatseinrichtung nur unvollkommen zum Zwecke führen, und Lücken zurücklassen, deren Ausfüllung ein wesentliches Bedürfniß der nothwendigen Einheit des Ganzen ist; so haben Wir beschlossen, sämmtlichen Bestandtheilen der Gesetzgebung und Verwaltung Unsers Reiches, mit Rücksicht auf die äußern und innern Verhältnisse desselben, durch organische Gesetze einen vollständigen Zusammenhang zu geben, und hiezu den Grund durch gegenwärtige Constitutionsurkunde zu legen, die zur Absicht hat, durch entsprechende Anordnungen und Bestimmungen den gerechten, im allgemeinen Staatszwecke gegründeten, Forderungen des Staates an seine einzelnen Glieder, so wie der einzelnen Glieder an den Staat, die Gewährleistung ihrer Erfüllung, dem Ganzen feste Haltung und Verbindung, und jedem Theile der Staatsgewalt die ihm angemessene Wirkungskraft nach den Bedürfnissen des Gesammtwohls zu verschaffen. Wir bestimmen und verordnen demnach, wie folgt:

Erster Titel.
Hauptbestimmungen.

§. 1. Das Königreich Baiern bildet einen Theil der rheinischen Föderation.

§. 2. Alle besondere Verfassungen, Privilegien, Erbämter und landschaftliche Corporationen der einzelnen Provinzen sind aufgehoben. Das ganze Königreich wird durch eine Nationalrepräsentation vertreten, nach gleichen Gesetzen gerichtet und nach gleichen Grundsätzen verwaltet; dem zu Folge soll ein und dasselbe Steuersystem für das ganze Königreich seyn. Die Grundsteuer kann den fünften Theil der Einkünfte nicht übersteigen.

§. 3. Die Leibeigenschaft wird da, wo sie noch besteht, aufgehoben.

[134] §. 4. Ohne Rücksicht auf die bis daher bestandene Eintheilung in Provinzen, wird das ganze Königreich in möglichst gleiche Kreise, und, so viel thunlich, nach natürlichen Grenzen getheilt.

§. 5. Der Adel behält seine Titel und, wie jeder Gutseigenthümer, seine gutsherrlichen Rechte nach den gesetzlichen Bestimmungen; übrigens aber wird er in Rücksicht auf die Staatslasten, wie sie dermal bestehen oder noch eingeführt werden mögen, den übrigen Staatsbürgern ganz gleich behandelt. Er bildet auch keinen besondern Theil der Nationalrepräsentation, sondern nimmt mit den übrigen ganz freien Landeseigenthümern einen verhältnißmäßigen Antheil daran. Eben so wenig wird ihm ein ausschließliches Recht auf Staatsämter, Staatswürden, Staatspfründen zugestanden. Die gesammten Statuten der noch bestehenden Corporationen müssen nach diesen Grundsätzen abgeändert, oder seiner Zeit eingerichtet werden.

§. 6. Dieselben Bestimmungen treten auch bei der Geistlichkeit ein. Uebrigens wird allen Religionstheilen, ohne Ausnahme, der ausschließliche und vollkommene Besitz der Pfarr-, Schul- und Kirchengüter, wie sie nach der Verordnung vom 1. Oct. 1807 unter die 3 Rubriken: des Kultus, des Unterrichts und der Wohlthätigkeit in Einer Administration vereinigt sind, bestätigt. Diese Besitzungen können weder unter irgend einem Vorwande eingezogen, noch zu einem fremden Zwecke veräußert werden. Dasselbe gilt auch von den Gütern, welche seiner Zeit zu den errichtenden Bisthümern und Capiteln zur Dotation angewiesen werden sollen.

§. 7. Der Staat gewährt allen Staatsbürgern Sicherheit der Personen und des Eigenthums – vollkommene Gewissensfreiheit – Preßfreiheit nach dem Zensuredikt vom 13. Juni 1803 und den wegen der politischen Zeitschriften am 6. Sept. 1799 und 17. Febr. 1806 erlassenen Verordnungen. Nur Eingeborne, oder im Staate Begüterte, können Staatsämter bekleiden. Das Indigenat kann nur durch eine königliche Erklärung oder ein Gesetz ertheilt werden.

[135] §. 8. Ein jeder Staatsbürger, der das 21. Jahr zurückgelegt hat, ist schuldig, vor der Verwaltung seines Kreises einen Eid abzulegen, daß er der Constitution und den Gesetzen gehorchen – dem Könige treu seyn wolle. Niemand kann ohne ausdrückliche Erlaubniß des Monarchen auswandern, in das Ausland gehen oder in fremde Dienste übergehen, noch von einer auswärtigen Macht Gehalte oder Ehrenzeichen annehmen, bei Verlust aller bürgerlichen Rechte. Alle jene, welche außer den durch Herkommen oder Verträge bestimmten Fällen, eine fremde Gerichtsbarkeit über sich erkennen, verfallen in dieselbe Strafe, und können nach Umständen mit einer noch schärfern belegt werden.

Zweiter Titel.
Von dem königlichen Hause.

§. 1. Die Krone ist erblich in dem Mannsstamme des regierenden Hauses, nach dem Rechte der Erstgeburt und der agnatisch-linealischen Erbfolge.

§. 2. Die Prinzessinnen sind auf immer von der Regierung ausgeschlossen, und bleiben es von der Erbfolge in so lange, als noch ein männlicher Sprosse des regierenden Hauses vorhanden ist.

§. 3. Nach gänzlicher Erlöschung des Mannsstammes fällt die Erbschaft auf die Töchter und ihre männliche Nachkommenschaft.

§. 4. Ein besonderes Familiengesetz wird die Art, wie diese Erbfolge eintreten soll, bestimmen; jedoch mit Vorbehalt der im §. 34 der rheinischen Föderationsacte erwähnten erblichen Ansprüche, in so weit sie anerkannt und bestimmt sind. Der Letztlebende vom königlichen Hause wird durch zweckmäßige Maaßregeln die Ruhe und Selbstständigkeit des Reichs[WS 1] zu erhalten suchen.

§. 5. Die nachgebohrnen Prinzen erhalten keine liegende Güter, sondern eine jährliche Appanagialrente von höchstens 100,000 Gulden aus der königlichen Schatzkammer in monatlichen Raten ausbezahlt, die nach Abgang ihrer männlichen Erben dahin zurückfällt.

[136] §. 6. Zweimal Hundert Tausend Gulden jährliche Einkünfte nebst einer anständigen Residenz sind als Maximum für das Witthum der regierenden Königin bestimmt; das Heirathgut einer Prinzessin ist auf 100,000 Gulden festgesetzt.

§. 7. Alle Glieder des königlichen Hauses stehen unter Gerichtsbarkeit des Monarchen, und können bei Verlust ihres Erbfolgerechts nur mit dessen Einwilligung zur Ehe schreiten.

§. 8. Die Volljährigkeit der königlichen Prinzen tritt mit dem zurückgelegten 18. Jahre ein.

§. 9. Einem jeden Monarchen steht es frei, unter den volljährigen Prinzen des Hauses den Reichsverweser während der Minderjährigkeit seines Nachfolgers zu wählen. In Ermangelung einer solchen Bestimmung gebührt sie dem nächsten volljährigen Agnaten. Der weiter Entfernte, welcher wegen Unmündigkeit eines nähern die Verwaltung übernommen hat, setzt sie bis zur Volljährigkeit des Monarchen fort. Die Regierung wird im Namen des Minderjährigen geführt; alle Aemter, mit Ausnahme der Justizstellen, können während der Regentschaft nur provisorisch vergeben werden. Der Reichsverweser kann weder Krongüter veräußern, noch neue Aemter schaffen. In Ermangelung eines volljährigen Agnaten verwaltet der erste Kronbeamte das Reich. Einer verwittweten Königin kann die Erziehung ihrer Kinder unter Aufsicht des Reichsverwesers, nie aber die Verwaltung des Reichs übertragen werden.

§. 10. Es sollen 4 Kronämter des Reiches errichtet werden. Ein Kron-Obersthofmeister – ein Kron-Oberstkämmerer – ein Kron-Oberstmarschall – ein Kron-Oberstpostmeister, die den Sitzungen des geheimen Rathes beiwohnen. Alle wirklich dirigirende geheime Staatsminister genießen alle mit der Kronämterwürde verbundenen Ehren und Vorzüge.

§. 11. Die am 20. Oct. 1804 wegen Unveräußerlichkeit der Staatsgüter erlassene Pragmatik wird bestätigt, jedoch soll es dem Könige frei stehen, zur Belohnung großer und bestimmter, dem Staate geleisteter Dienste, vorzüglich die künftig heimfallenden Lehen oder neu erworbene [137] Staatsdomainen dazu zu verwenden, die sodann die Eigenschaft von Mannslehen der Krone annehmen, und worüber keine Anwartschaft ertheilt werden kann.

Dritter Titel.
Von der Verwaltung des Reiches.

§. 1. Das Ministerium theilt sich in 5 Departements; jenes der auswärtigen Verhältnisse, der Justiz, der Finanzen, des Innern und des Kriegswesens. Die Geschäftssphäre eines jeden ist und bleibt durch die Verordnungen vom 26. Mai 1801, 29. Oct. 1806, und 9. März 1807 bestimmt. Mehrere Ministerien können in Einer Person vereinigt werden. Das Staatssecretariat wird von einem jeden Minister für sein Departement versehen; daher müssen alle königl. Decrete von demselben unterzeichnet werden, und nur mit dieser Formalität werden sie als rechtskräftig angesehen. Die Minister sind für die genaue Vollziehung der königl. Befehle sowohl, als für jede Verletzung der Constitution, welche auf ihre Veranlassung oder ihre Mitwirkung Statt findet, dem Könige verantwortlich. Sie erstatten jährlich dem Monarchen einen ausführlichen Bericht über den Zustand ihres Departements.

§. 2. Zur Berathschlagung über die wichtigsten innern Angelegenheiten des Reiches wird ein geheimer Rath angeordnet, der neben den Ministern aus 12 oder höchstens 16 Gliedern besteht. Die geheimen Räthe werden von dem Könige anfänglich auf Ein Jahr ernannt, und nicht eher als nach 6jährigem Dienste als permanent angesehen. Der König und der Kronerbe wohnen den Sitzungen des geheimen Rathes bei; in beider Abwesenheit präsidirt der älteste der anwesenden Staatsminister. Der geheime Rath entwirft und discutirt alle Gesetze und Hauptverordnungen nach den Grundzügen, welche ihm von dem Könige durch die einschlägigen Ministerien zugetheilt werden, besonders das Gesetz über die Auflagen, oder das Finanzgesetz. Er entscheidet alle Competenzstreitigkeiten der Gerichtsstellen und Verwaltungen, wie auch die Frage: ob ein Verwaltungsbeamter vor Gericht gestellt werden könne oder solle? Zur Führung der Geschäfte wird der geheime Rath in drei [138] Sectionen getheilt: jene der bürgerlichen und peinlichen Gesetzgebung, der Finanzen und der innern Verwaltung. Eine jede Section besteht wenigstens aus 3 Mitgliedern, und bereitet die Geschäfte zum Vortrage im versammelten Rathe vor.

§. 3. Der geheime Rath hat in Ausübung seiner Attributen nur eine berathende Stimme.

§. 4. An der Spitze eines jeden Kreises steht ein königl. Generalcommissair, dem wenigstens 3, höchstens 5 Kreisräthe untergeordnet sind; ferner besteht in einem jeden Kreise

a) eine allgemeine Versammlung, und
b) eine Deputation.

Erstere wählt die Nationalrepräsentanten; letztere wird vom Könige aus der Mitte der Kreisversammlung gewählt, und bringt

1) die zur Bestreitung der Localausgaben nöthigen Auflagen in Vorschlag, welche gesondert in den jährlichen Finanzetat aufgenommen, von den Rent- und Steuerbeamten mit den Auflagen des Reiches erhoben, und ausschließlich zu dem Zwecke, wozu sie bestimmt sind, verwendet werden müssen.
2) Läßt sie die, die Verbesserung des Zustandes des Kreises betreffenden, Vorschläge und Wünsche durch das Ministerium des Innern an den König gelangen.

Die Stellen bei der allgemeinen Versammlung werden von dem Könige auf Lebenszeit vergeben; sie werden aus denjenigen 400 Landeseigenthümern, Kaufleuten oder Fabrikanten des Bezirks, welche die höchste Grundsteuer bezahlen, nach dem Verhältniß von 1 zu 1000 Einwohnern gewählt, und versammeln sich, so oft die Wahl eines Repräsentanten vorfällt, oder es der Monarch befiehlt. Ihre Versammlungen dauern höchstens 8 Tage. Der König ernennt den Präsidenten und die übrigen Officianten auf eine oder mehrere Sessionen; erstere Stelle kann auch dem Generalcommissair des Kreises übertragen werden. Die Kreisdeputation wird jährlich zu dem dritten Theile erneuert. Der König ernennt die Glieder derselben aus den Deputirten der allgemeinen Versammlung. Der Name der Austretenden wird durch das Loos bestimmt. Die Deputation [139] versammelt sich jährlich auf höchstens 3 Wochen. Zeit und Ort des Zusammentrittes werden von dem Monarchen bestimmt. Mit dem Vorstande und den Secretairen wird es so, wie bei der Generalversammlung gehalten.

§. 5. Die Landgerichte üben die Localpolizei unter der Aufsicht der Generalcommissariate aus, und erhalten zu diesem Behufe einen oder mehrere Polizeiactuarien. Für eine jede städtische und Ruralgemeinde wird eine Localverwaltung angeordnet werden.

§. 6. Die Gefälle, Steuern und Auflagen des Reiches werden, so wie die Local-Nebenbeischläge, durch die Rentämter und die übrigen zur Einnahme der Auflagen bestimmten Beamten erhoben.

§. 7. Alle Verwaltungsbeamte, von dem wirklichen Rathe an, unterliegen den Bestimmungen der Hauptverordnungen vom 1. Jan. 1805, und 8. Juni 1807; jedoch werden alle künftig Anzustellende nur dann als wirkliche Staatsbeamte angesehen, wenn sie ein Amt, welches dieses Recht mit sich bringt, 6 Jahre lang ununterbrochen verwaltet haben. Wegen der Unterstützungsbeiträge der übrigen königl. Diener und ihrer Wittwen wird eine eigene zweckmäßige Verordnung erlassen werden.

Vierter Titel.
Von der Nationalrepräsentation.

§. 1. In einem jeden Kreise werden aus denjenigen 200 Landeigenthümern, Kaufleuten oder Fabrikanten, welche die höchste Grundsteuer bezahlen, von den Wahlmännern sieben Mitglieder gewählt, welche zusammen die Reichsversammlung bilden.

§. 2. Der König ernennt einen Präsidenten und vier Secretaire aus den Mitgliedern der Versammlung auf eine oder mehrere Sitzungen.

§. 3. Die Dauer der Functionen der Deputirten wird auf sechs Jahre bestimmt; jedoch sind sie nach Verlauf dieser sechs Jahre wieder erwählbar.

§. 4. Die Nationalrepräsentation versammelt sich wenigstens einmal im Jahre auf die vom Könige erhaltene Zusammenberufung, welcher die Versammlung eröffnet und [140] schließt. Er kann sie auch vertagen oder auflösen; jedoch muß im letzten Falle wenigstens innerhalb zwei Monaten eine neue zusammenberufen werden.

§. 5. So oft die Wahl eines Deputirten oder auch der ganzen Reichsrepräsentation vorzunehmen ist, werden entweder alle oder die betheiligte Kreisversammlung durch königliche offene Briefe, welche der Minister des Innern expedirt, hierzu aufgefordert.

§. 6. Die Versammlung wählt unter sich Commissionen von drei, höchstens vier Mitgliedern; jene der Finanzen, der bürgerlichen und peinlichen Gesetzgebung, der innern Verwaltung und der Tilgung der Staatsschulden. Diese versammeln sich und correspondiren mit den einschlägigen Sectionen des geheimen Rathes über die Entwürfe der Gesetze und Hauptreglements sowohl, als den jährlichen Finanzetat, so oft es die Regierung von ihnen verlangt.

§. 7. Die auf solche Art vorbereiteten Gesetze werden an die Repräsentation durch zwei, höchstens drei Mitglieder des geheimen Rathes gebracht; die Versammlung stimmt darüber durch den Weg des geheimen Scrutiniums nach der absoluten Mehrheit der Stimmen. Niemand ist befugt das Wort zu führen, als die königlichen Commissaire aus dem geheimen Rathe und die Glieder der einschlägigen Commission der Repräsentation.

Fünfter Titel.
Von der Justiz.

§. 1. Die Justiz wird durch die, in geeigneter Zahl bestimmten, Ober- und Untergerichte verwaltet. Für das ganze Reich besteht eine einzige oberste Justizstelle.

§. 2. Alle Gerichtsstellen sind verbunden, bei Endurtheilen die Entscheidungsgründe anzuführen.

§. 3. Die Glieder der Justizcollegien werden von dem Könige auf Lebenszeit ernannt, und können nur durch einen förmlichen Spruch ihre Stellen verlieren.

§. 4. Der König kann in Criminalsachen Gnade ertheilen, die Strafe erlassen oder mildern, aber in keinem Falle irgend eine anhängige Streitsache oder angefangene [141] Untersuchung hemmen, vielweniger eine Partei ihrem gesetzlichen Richter entziehen.

§. 5. Der königliche Fiscus wird in allen streitigen Privatrechtsverhältnissen bei den königlichen Gerichtshöfen Recht nehmen.

§. 6. Die Güterconfiscation hat in keinem Falle, den der Desertion ausgenommen, Statt; wohl aber können die Einkünfte während der Lebenszeit des Verbrechers sequestrirt und die Gerichtskosten damit bestritten werden.

§. 7. Es soll für das ganze Reich ein eignes bürgerliches und peinliches Gesetzbuch eingeführt werden.

Sechster Titel.
Von dem Militärstande.

§. 1. Zur Vertheidigung des Staates und zur Erfüllung der durch die rheinische Bundesacte eingegangenen Verbindlichkeiten, wird eine stehende Armee unterhalten.

§. 2. Die Truppen werden durch den Weg der allgemeinen Militärconscription ergänzt.

§. 3. Die Armee handelt nur gegen äußere Feinde; im Innern aber nur dann, wenn es der Monarch in einem besondern Falle ausdrücklich befiehlt, oder die Militärmacht von der Civilbehörde förmlich dazu aufgefordert wird.

§. 4. Die Militärpersonen stehen nur in Criminal- und Dienstsachen unter der Militärgerichtsbarkeit; in allen übrigen aber sind sie, wie jeder Staatsbürger, den einschlägigen Civilgerichten unterworfen.

§. 5. Die Bürgermiliz wird bestätigt. Zur Erhaltung der Ruhe in Kriegszeiten wird eine Nationalgarde, und zur Handhabung der Polizei eine Gensd’armerie errichtet werden.

Dies sind die Grundlagen der künftigen Verfassung Unsers Reichs. Ihre Einführung wird hiermit festgesetzt auf den 1. Oct. dieses Jahres. In der Zwischenzeit werden die hiernach zu entwerfenden Gesetzbücher, so wie die einzelnen organischen Gesetze, welche obigen Bestimmungen theils zur nähern Erläuterung dienen, theils die Art und Weise ihres Vollzugs vorzeichnen, nachfolgen. – Völker [142] Unsers Reiches! Die Befestigung eurer gemeinschaftlichen Wohlfahrt ist Unser Ziel. Je wichtiger euch dasselbe erscheint, und je durchdrungener ihr von der Erkenntniß seyd, daß kein besonderes Wohl sich anders, als in der engsten Verbindung mit dem allgemeinen dauerhaft erhalten kann; desto sicherer wird dieses Ziel erreicht, und Unsere Regentensorge belohnt werden. So gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt München, am ersten Tage des Monats Mai, im Eintausend Achthundert und Achten Jahre, Unsers Reiches im Dritten.

Maximilian Joseph.
Freih. v. Montgelas.   Graf Morawizky.   Freih. v. Hompesch.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Rechts
    Vgl. Der Rheinische Bund. Eine Zeitschrift historisch-politisch-statistisch-geographischen Inhalts. Herausgegeben von P. A. Winkopp. J. C. B. Mohr, Frankfurt a. M. 1808, Bd. 7. 19. Heft, S. 7 Google