Circuli Suevici succincta descriptio: Ravenspurg
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Ravenspurg /
Diese Stadt Ravenspurg im Algöw / so ein Theil von Schwabenland / ist eine [368] Reichs-Stadt / ligt an dem Fluß Schuß in einem lustigen Thal / der mit Weinbergen umgeben. Soll anfänglich von dem alten Flecken Gravenau (daraus sie zur Stadt worden) Gravenspurg geheissen / mit der Zeit aber das G. verlohren haben / und im Jahr 1100. mit einer Mauer umgeben worden seyn. Der Grösse nach / wird sie mit Reutlingen (deren Umkreiß auf die 2600. Schritt geschätzet ist) verglichen. Ausserhalb der Stadt auf einem Hügel ligt ein Schloß oder Land-Haus / dem Haus Oesterreich zugehörig / gegen welchem über ein gar hoher und alter Thurn / der Meelsack genahmet / zu sehen. In der Stadt hats feine Kirchen / als zu Unser Frauen / St. Jodoco / und der Evangelischen / (dann die Stadt ist beeder Religionen zugethan / nur daß der Raht meistentheils aus Römisch-Catholischen Religions-Verwandten besetzt ist / ) wie auch ein Carmeliter- und St. Claren-Closter : Der Capuciner Closter ligt vor der Stadt / wie auch noch andere kleine Kichen / als zu St. Leonhard / St. Christinen und St. Georgen. [369] Nechst diesen hats in der Stadt auch ein stattliches Spital zum Heiligen Geist / Allmos-Kasten / Lazareth und Pestilentz-Haus.
Von weltlichen und gemeinen Stadt-Gebäuen ist allhie ein wohl-gebauetes Rahthaus / Kauff- und Waag-Haus / Speicher und Zeughaus / zu sehen / und mitten in der Stadt ein hoher Thurn / der Bläser-Thurn genannt / den Anno 1552. der Wind umgeworffen / und vom neuen wieder erbauet worden : Daran diese Reimen zu lesen:
Zu einem Wunder allhier steht geschrieben /
Daß der Blaser lebendig ist geblieben.
Er / der Blaser / zwar ist bey dem Einfall des Thurns unversehrt blieben / aber desselben sein Sohn von 16. Jahren / und schwangers Weib / welche drey Tage nach dem Fall gestorben ist / haben mit dem Leben bezahlen müssen. Es hat diese Stadt / was Krieg vor Ungemach nach sich ziehe / in dem nechsten teutschen Krieg [370] wol erfahren. Anno 1646. muste Ravenspurg vom General Wrangel eine Schwedische Besatzung einnehmen / und weil sie zuvor sich widersetzet / wurde ihr zwar von gedachtem General Versicherung des Lebens / aber nicht am Gut / zugesagt. Hierauf ist das Volck wieder eingelassen / aber von der Bürger Waaren / so gar auch zienernen Geschirren im Haus / nichts übrig gelassen worden. So haben die Schweden und Frantzosen dieser Orten auch sonst gar übel und gottlos mit Männern und Weibs-Personen gehauset. Anno 1647. den 5. (15.) August. ward die Stadt / darinnen der Schwedische Major Johann Nachtigall / mit etlichen Officirern / Reutern und Musquetierern damals lag / von denen Kayserlichen / unter dem General von Enkfort / und Obristen Casparn berennet / und das obgedachte auf dem Berg liegende Schloß (wider die von Ih. Gräfl. Gn. Landvogten / bemeldetem Majoren gegebene Parole / daß nemlich einiger Kayserl. Mann oder Soldat darauf nicht kommen solle) besetzet / darauf [371] frühe Morgens etlich 1000. Schüsse aus Musqueten in die Stadt gethan : Freytag Nachts aber gegen 9. Uhr / vermittelst dreyer Feld-Stücklein / in 30. und etliche glühende Kugeln von 2. bis 7. Pfund schwehr dahinein geworffen. Welche / ob sie zwar keinen Brand verursachet / dannoch theils Häuser übel zugerichtet. Den 7. (17.) dieses frühe / ward aus denen drey Stücklein abermals starck auf die Stadt gespielet / wiederum über 40. glüende Kugeln eingeschossen / die zwar etliche Häuser zerschmettert / sonsten aber ohne Feuer abgangen. Den 8. (18.) aber / wurde die Stadt von denen Belägerern verlassen / und die völlige Belagerung aufgehoben. Den 10. (20.) dieses / ist obermeldtes Oesterreichisches Schloß auf dem Berg vor der Stadt / (unwissend durch wen) in Brand gesteckt worden. Die Schwedische Besatzung in Ravenspurg hat noch selbiges Jahrs den 21. (31.) Augusti auf empfangene Ordre / die Stadt gar verlassen / und ist nach Uberlingen ausdahingegen wenig Tage hernach der [372] mehr-erwähnte Kayserliche Obriste Caspar mit seinem Regiment daselbst eingezogen. Das folgende Jahr um die Helffte des Hornungs / quittirten die Kayserlich-Baierische (welche an statt des vorgenannten Obristen Caspars Regiment waren eingeleget worden) Ravenspurg gäntzlich / musten es aber den 19. aus Befehl des Churfürsten / wieder ocupiren. Gleichwol muß sie wieder in Schwedische Gewalt gerathen seyn / weil im Theatro Europæo Tomo 6. pag. 525. gesaget wird / daß um den September dieses sechzehenhundert acht und viertzigsten Jahrs die Lindauer und Bregenzer / welche Städte am Bodensee mit Kayserlichen damals besetzt gewesen / in 700. Mann starck / mit in 100. Sturm-Leitern einen Anschlag auf Ravenspurg gemacht hätten. Weil aber damahls allzu starcke Gegenwehr geschehen / waren sie / mit Hinterlassung der Laitern / wieder zurück gezogen.