Christliche Symbolik/Vögel
Sinnbilder 1) der Güte Gottes. „Sie säen und erndten nicht, und Gott nährt sie doch.“ Matth. 6, 26. Vgl. d. Art. Sperling. 2) Der Seelen. Nach Analogie der flügeltragenden Engel und Teufel dachte man auch die Seelen der Verstorbenen geflügelt, d. h. als leiblose Schemen schwebend und von dem Gesetze der Schwere frei. In diesem Sinne wurden sie auch ganz einfach und naiv als Vögel gedacht. Ein Baum mit singenden Vögeln darauf ist in den altdeutschen Dichtungen häufig Sinnbild des Paradieses mit den Seligen. In deutschen Sagen und Märchen erscheint die Seele eines Verstorbenen oft als Vogel. Auch in der christlichen Legende [527] sind es oft Tauben, in deren Gestalt die Seele eines Heiligen dem Körper entschwebt. Vgl. d. Artikel Taube. Nach der altdeutschen Legende vom heiligen Brandanus gelangte dieser die weiten Meere durchschiffende Heilige zu einer Insel voll lieblich singender Vögel und erkannte in denselben gefallene Geister, die hier alle Sonn- und Festtage sich versammelten, um Gottesdienst zu halten.
In vielen Legenden sammeln sich die wilden Vögel um einen heiligen Einsiedler, um seine Predigt anzuhören, um ihm zu dienen, oder um einen sterbenden Heiligen, um ihm lieblich zu singen. Das erklärt sich aus der Magie, welche die Heiligkeit auch auf die unvernünftigen Geschöpfe ausübt. Vgl. d. Art. Thier. St. Gutlach, ein englischer Einsiedler des 7ten Jahrhunderts, lebte mit den Vögeln so vertraut, dass sie ihn beständig in seiner Einsamkeit umgaben, alle zahm mit ihm spielten und ihre Nester dahin bauten, wo er wollte. 11. April. Eben so St. Baldomer, 27. Februar. Desgleichen St. Christina mirabilis, Jacobus de Stephano, der heilige Franciscus. Die Kirche des irischen Heiligen Beanus ist ein Asyl der Vögel. Giraldi Cambrensis topogr. Hiberniae c. 40. Auf das Grab der heiligen Katharina von Alexandrien auf dem Berge Karmel fliegen jährlich Vögel mit Oelzweigen und feiern ihren Todestag. St. Juetta, eine Recluse zu Huy in den Niederlanden im 11ten Jahrhundert, lebte sehr fromm, vertrieb einst den Teufel, der sich ihr in Gestalt eines furchtbaren Ungeheuers in den Weg stellte, durch das Zeichen des Kreuzes. Als sie starb, hatten sich unzählige Vögel um sie gesammelt und sangen ihr das Sterbelied. 13. Januar.