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Maccabäer.

Die kriegerischen Bücher der Maccabäer sind von grosser typischer Wichtigkeit für die christliche Geschichte. Die darin vorkommenden Helden und Begebenheiten sind nämlich durchgängig Vorbilder der spätern Bedrängnisse der Kirche durch die weltliche Macht. Zugleich sind jene maccabäischen Helden gleichsam die bewaffneten Schutzengel des mosaischen Gesetzes und der messianischen Verheissung gewesen. Ohne sie wäre das Judenthum schon vor Christi Geburt untergegangen und aus der Reihe der welthistorischen Erscheinungen verschwunden.

Es handelt sich um die Schicksale des gelobten Landes unter den Herrschern aus Alexanders Nachfolge. Nach der Sage bei Josephus wollte Alexander der Grosse Jerusalem zerstören, weil es an Persien hing; als ihm aber der Hohepriester Jaddu mit den Leviten in feierlichem Zug entgegenkam und er in dem ehrwürdigen Greis denselben in derselben Tracht wiedererkannte, den er vorher im Traum gesehen, verschonte er die Stadt. Ueberhaupt lag es in seiner Politik, Alle zu schonen, die sich ihm unterwarfen, und [50] insbesondere alle Culte gewähren zu lassen, die dem persischen widersprachen. Die Begegnung zwischen dem Priester und Könige ist übrigens typisch für die spätere christliche Legende, denn sie wiederholt sich in der Art, wie Papst Leo der Grosse dem Attila entgegentrat.

Palästina war nun dem grossen Reiche Alexanders einverleibt und kam nach seinem Tode unter die Herrschaft der Seleuciden, während andrerseits auch die Ptolemäer in Aegypten immer einen Anhang unter den Juden hatten, die in sehr grosser Zahl zu Alexandria wohnten und daselbst durch 72 Dollmetscher das ganze alte Testament in’s Griechische übersetzen liessen, so zwar, dass durch Gottes Fügung Alle, ohne von einander zu wissen, buchstäblich das Nämliche schrieben. Anfangs wurden die Juden gut behandelt und kamen wieder in grossen Flor.

Nach dem 2. Buch der Maccabäer Kap. 3. (das nur eine andere Redaction des ersten ist und dieselben, ja noch frühere Geschichten enthält) wollte König Seleucus Philopator, der übrigens von Josephus ein grosser Gönner der Juden genannt wird (Arch. 12. 4. etc.), den im Tempel zu Jerusalem schon wieder angehäuften Schatz rauben lassen und schickte zu diesem Behuf seinen Kämmerer Heliodorus hin. Aber als er an den Gotteskasten trat, siehe da sprengte plötzlich ein schrecklicher Reiter auf schön geschmücktem Ross gegen ihn an und des Rosses Vorderhufe stürzten ihn zu Boden. Er lag nun todt, und nur das Gebet des frommen Hohenpriesters Onias konnte ihn wieder erwecken. Der König, über das Wunder erstaunt, verlangte nicht mehr nach dem Tempelschatz. — Der Reiter war ein Engel. In goldner Rüstung edel zürnend hat ihn Raphael in dem berühmten Bilde der Stanzen gemalt, dazu einen Blitz, der den Frevler niederwirft, zwei Engel zu Fuss mit Strafruthen, und im Hintergrunde seltsamerweise den Papst Julius II., auf dessen Befehl Raphael das Bild malte.

Heliodor ist typisch für die spätere christliche Kirche und wurde sein Beispiel stets den Kaisern und Fürsten [51] entgegengehalten, die sich an den Schätzen und Gütern der Kirche vergreifen wollten.

Vom frommen Onias heisst es weiter, er sey durch Jason, der dem König viel Geld zahlte, und dieser wieder durch Menelaos, der noch mehr zahlte, vom Hohenpriesterthum verdrängt und im neuen Asyl, in das er sich geflüchtet, trotz der Heiligkeit des Orts ermordet worden. Auch das ist typisch für den spätern Cäsareopapismus in der christlichen Kirche, wenn Priester der Habsucht der Könige das Heilige zum Opfer bringen, um für ihre Personen Kirchenämter zu erlangen. — Sehr bezeichnend heisst es 2. Maccab. 5, 19: Gott habe diese Schändungen seines Tempels zugelassen, um das Volk für seine Sünden zu strafen; Gott habe das Volk nicht auserwählt um der Stätte willen, sondern die Stätte um des Volkes willen.

Des Seleucus Nachfolger Antiochus Epiphanes (seit 175 vor Christo) war ein ruchloser Mensch von Natur und hatte nicht einmal so viel politischen Verstand, die Juden zu schonen, um sie gegen Aegypten zu benützen. Gleich neuern orientalischen Despoten liess er nur Geld zusammenraffen, um seine Lüste zu befriedigen, und beging treulose Morde des Volks in Masse, um Revolutionen zuvorzukommen. So musste sein Feldherr Apollonius mit 22,000 Mann (2. Macc. 5, 24.) die Juden an einem Sabbath zu Jerusalem überfallen und ein furchtbares Blutbad unter ihnen anrichten, da ihr Gesetz ihnen nicht erlaubte, sich an dem Tage der Gottesruhe zu wehren. Darauf liess er den Tempel entweihen, Schweine darin schlachten, Weiber Unzucht darin treiben und weihte ihn dem heidnischen Gotte Zeus. Dasselbe geschah auch mit dem Aftertempel zu Garizim.

Der 90jährige Greis Eleazar, ein Schriftgelehrter, sollte gezwungen werden, Schweinefleisch zu essen, zog es aber vor, ehrlich zu sterben und wurde erschlagen. 2. Macc. 6.

Unter allen Greueln, die Antiochus beging, ist die Hinrichtung der Mutter mit sieben Söhnen (2. Macc. 7.) der schaudervollste. Im ganzen Gebiet der Geschichte kommt [52] nichts Entsetzlicheres und Rührenderes vor. Das Schreckliche wird aber hier überwogen von der Freudigkeit, mit der die standhafte Mutter und ihre treuen Kinder alle Martern erdulden um des Herrn willen, und um für ihn zu zeugen. Deshalb ist diese Geschichte des alten Testaments typisch für das ganze christliche Martyrium. Sie wurde zuerst poetisch umschrieben in einem lateinischen Gedicht des Victorinus, Fabricii thes. 445. abgedruckt. Die Mutter heisst Salomonis, bei Suidas s. v. Antiochus. Spätere nennen sie immer Salome. Die Marter ist als Trauerspiel behandelt von Houdart de la Motte. Eben so in Zacharias Werners berühmtem Trauerspiel, das zwar nach seiner Art etwas schwülstig und krampfhaft, doch reich an den edelsten Empfindungen ist. Ein älteres deutsches Schauspiel von Scharschmidt 1589 kenne ich nicht näher. — Die Marter wurde gemalt von van Dyck im Quirinal. Möglichst greuelhaft und henkermässig sind die Todesqualen der sieben Söhne in byzantinischen Miniaturen dargestellt (Waagen, Paris 213.) In Blainville’s Reise I. 90. wird eines seltsamen Bildes in der Maccabäerkirche zu Köln gedacht. Da sieht man die Mutter Salome, wie sie den Antiochus mit Füssen tritt, und unter ihrem langen Kleide ihre mit Lorbeeren bekrönten Söhne, vier auf einer, drei auf der andern Seite. Dort zeigt man auch die Köpfe der Maccabäer als Reliquien mit Kronen und Juwelen bedeckt.

Als nun Antiochus so wüthete, entfloh der greise Priester Matathias mit seinen Söhnen aus Jerusalem in die Wüste, um hier ungestört Gott dienen zu können; denn bei Todesstrafe war verboten worden, ferner noch den Jehovah statt des Zeus anzubeten, und bei Todesstrafe war befohlen, dass jeder Jude Schweinefleisch essen soll. Der alte Matathias aber hatte eine grosse Familie und viele Freunde, deshalb rieth man ihm, sich dem König zu unterwerfen, der es gewiss gut aufnehmen würde, wenn ein so angesehener Mann den übrigen Juden ein Beispiel gäbe. Aber Matathịas blieb beim Gesetz seiner Väter. Da wurde den in die Wüste geflohenen Juden nachgestellt und wiederum an einem Sabbath, wo sie [53] sich nicht wehren durften, wurden bei tausend Juden in einer Höhle umgebracht. Josephus bemerkt hiezu, die Mazedonier hätten Holz vor die Höhle geschleppt und die darin Versteckten durch den Rauch getödtet, was aber nicht in der Bibel steht (1. Macc. 2.).

Matathias war sehr alt, stellte sich aber dennoch an die Spitze eines streitbaren Haufens, zerstörte überall, wo er hinkam, die heidnischen Altäre und beschnitt die Kinder. Aber der Tod nahte ihm. Da verordnete er, sein tapferer Sohn Judas Maccabäus solle an seiner Statt den Befehl führen und „für das Gesetz eifern und sein Leben wagen für den Bund der Väter“.

Nun begann Judas seine Heldenlaufbahn und schlug mit seinen Getreuen ein Heer des Antiochus nach dem andern. Wir müssen hier auf 1. Macc. 3 ff. verweisen. Es kam so weit, dass die tapfern Brüder Jerusalem selbst wiedereroberten. Als sie den Tempel des Herrn so verwüstet und entheiligt sahen, zerrissen sie ihre Kleider und bestreuten sich mit Asche; dann reinigten sie das Heiligthum und errichteten dem Herrn einen neuen Altar. König Antiochus aber, mit dem persischen Krieg beschäftigt, starb vor Gram, als er die Niederlage seiner Heere im gelobten Lande erfuhr. Für seinen Sohn Antiochus Eupator belagerte Lysias die heilige Stadt Jerusalem, konnte sie aber nicht gewinnen. Der Jude Eleazar tödtete einen der grossen Königselephanten, die damals zum erstenmal den heiligen Boden betraten, indem er sich unter ihn schlich und ihn von unten erstach. Die Last des hinstürzenden Elephanten erdrückte ihn, aber er hatte seinen Landsleuten gezeigt, dass diese Thiere nicht zu fürchten seyen. 1. Macc. 6, 43.

Nach des Eupator Ermordung kam des Seleucus Sohn Demetrius Soter auf den Thron und traf ernste Anstalt, den jüdischen Aufruhr zu überwältigen. Dazu bediente er sich des treulosen Hohenpriesters Alcimus und des mächtigen Feldherrn Nicanor. Diesem nun gelang es, den Anhang der Maccabäer dermassen zu verringern, dass ihm zuletzt nur [54] 800 Mann blieben, mit denen sie sich ehrlich gegen die ungeheuere Uebermacht schlugen, bis in einem letzten Verzweiflungskampfe der tapfere Judas fiel.

Zu diesen Kämpfen mit Nicanor bemerkt das 2. Buch der Maccabäer 8, 11: Nicanor habe das ganze jüdische Volk in die Sklaverei zu verkaufen getrachtet, um mit dem Geld die damals schon mächtig vordringenden Römer zu beschwichtigen. 2. Macc. 14, 37 ff. wird ferner von einem gewissen Rhazis, Aeltesten in Jerusalem, erzählt, der sich, um Nicanors Henkern zu entgehen, von einer Mauer herabstürzte und, als er noch lebte, seine Gedärme sich selber aus dem Leibe riss und unter seine Verfolger warf, mit den Worten: „Gott wird sie mir wiedergeben!“ Uebrigens ist zu bemerken, dass 2. Macc. 15. Judas den Nicanor noch überlebt, indem Nicanor in der Schlacht fällt. Hier heisst es auch, der Prophet Jeremias sey dem Judas erschienen und habe ihm ein unüberwindliches Schwert dargereicht.

Judas Maccabäus wurde durch ein spanisches Volksbuch in Spanien ungemein populär, auch von Calderon auf die Bühne gebracht (v. Schack III. 181.) und von Silveira 1638 in ein Epos. Der spanischen Tapferkeit gefiel dieser Stoff um so mehr, als jahrhundertelang auch die christlichen Spanier mit den Sarazenen zu Gottes Ehre hatten streiten müssen.

Der Kampf war noch nicht zu Ende. An Judas Stelle trat sein tapferer Bruder Jonathan, unterstützt vom dritten Bruder Simon, und stellte die verlorne Sache wieder her, indem er auf’s Neue grossen Anhang fand, Jerusalem wieder gewann und zwischen den Ptolemäern und Seleuciden geschickt zu unterhandeln wusste, so dass beide ihm schmeichelten. Endlich aber verrieth ihn Tryphon, der Feldherr des jungen Antiochus Entheus, lud ihn gastlich ein und liess ihn umbringen. Simon regierte als Hoherpriester die Juden dennoch fort, erlitt aber gleiches Loos bei einem Gastmahl durch die treulosen Ptolemäer. Ihm folgte sein Sohn Johannes Hircanus, der die neue Königsdynastie der Juden gründete, deren [55] letzter Sprössling Mariamne zur Zeit Christi als Gattin des Herodes tragisch unterging.

Die Bibel verlässt uns hier. Nur aus Josephus erhellen die grossen Thaten des Johannes Hircanus, auf die wir hier nicht näher eingehen. Genug, es gelang, das jüdische Reich unter eignen Königen wiederherzustellen, die sich hauptsächlich durch die Gunst der Römer von der Herrschaft der Ptolemäer und Seleuciden losrissen, bald aber selbst unter die Obergewalt der Römer fielen.

So war es denn durch die wunderbare Lenkung Gottes dahin gediehen, dass das Gesetz Mosis sich im Sturm der Zeiten hatte erhalten können, trotz zweimaliger Verbannung und Gefangenschaft des Volkes in Aegypten und Babylon, trotz der Tempelschändungen und Zerstörungen, trotz der innern Corruption und dem Abfall zum Heidenthum. Der goldne Faden war nicht abgerissen, durch alle Gräuel des Heidenthums windet er sich hindurch, wie eine Wurzel durch die Finsterniss der Erde, um endlich die Wunderpflanze an’s Licht zu bringen, deren Keim in der dunkeln Wurzel verborgen lag.