Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Brot zu Stein geworden
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aus: Deutsche Sagen, Band 1, S. 326 - 327
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1816
Verlag: Nicolai
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Erscheinungsort: Berlin
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Quelle: Google, Commons
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[326]
240.
Brot zu Stein geworden.

Melissantes Handb. f. Bürger u. Bauern. Fft. u. Lpg. 1744 S. 128.
Ernst Gemüthsergötzlichkeit S. 946.
Rheinischer Antiquar. S. 864.
Mündliche Sage aus Landshut
Aus Danzig in Mart. Zeiler’s Handbuch von allerlei nützl. Sachen
     und Denkwürdigkeiten. Ulm 1655. S. 27

Man hat an viel Orten, namentlich in Westphalen, die Sagen, daß zur Zeit großer Theuerung eine hartherzige Schwester ihre arme Schwester, die für sich und ihre Kindlein Brot gebeten, mit den Worten abgewiesen: „und wenn ich Brot hätte, wollte ich, daß es zu Stein würde!“ – worauf sich ihr Brotvorrath alsbald in Stein verwandelt. Zu Leiden in Holland hebt man in der großen Peterskirche ein solches Steinbrot auf und zeigt es den Leuten zur Bewährung der Geschichte.

Im Jahr 1579 hatte ein dortmunder Becker in der Hungersnoth viel Korn aufgekauft und freute sich, damit recht zu wuchern. Als er aber mitten in diesem Geschäft war, ist ihm sein Brot im ganzen Hause eines Tages zu Stein worden und wie er einen Laib ergriffen und mit dem Messer aufschneiden wollen, Blut daraus geflossen. Darüber hat er sich alsbald in seiner Kammer erhängt.

In der dem heiligen Kastulus geweihten Hauptkirche zu Landshut hängt mit silberner Einfassung ein [327] runder Stein in Gestalt eines Brotes, in dessen Oberfläche sich vier kleine Höhlungen befinden. Davon geht folgende Sage. Kurz vor seinem Tode kam der heil. Kastulus als ein armer Mann zu einer Wittwe in der Stadt und bat um ein Almosen. Die Frau hieß ihre Tochter, das einzige Brot, das sie noch übrig hatten, dem Dürftigen reichen. Die Tochter, die es ungern weggab, wollte vorher noch eilig einige Stücke abbrechen, aber in dem Augenblick verwandelte sich das, dem Heiligen schon eigene, Brot in Stein und man erblickt noch jetzt darin die eingedrückten Finger deutlich.

Zur Zeit einer großen Theurung ging ein armes Weib, ein Kind auf dem Arm, eins neben, sich herlaufend und nach Brot laut schreiend, durch eine Straße der Stadt Danzig. Da begegnete ihr ein Mönch aus dem Kloster Oliva, den sie flehentlich um ein Bischen Brot für ihre Kinder bat. Der Mönch aber sagte: „ich habe keins.“ Die Frau sprach: „ach ich sehe, daß ihr in euerm Busen Brot stecken habt.“ „Ei, das ist nur ein Stein, die Hunde damit zu werfen,“ antwortete der Mönch und ging fort. Nach einer Weile wollte er sein Brot holen und essen, aber er fand, daß es sich wirklich in Stein verwandelt hatte. Er erschrack, bekannte seine Sünde und gab den Stein ab, der noch jetzt in der Klosterkirche dort hängt.