Brief von Georg Bell an Ernst Röhm vom 30. April 1932

Textdaten
Autor: Georg Bell
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Titel: Brief von Georg Bell an Ernst Röhm vom 30. April 1932
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Entstehungsdatum: 30. April 1932
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Quelle: Alexander Dimitrios: Weimar und der Kampf gegen «rechts». Eine politische Biographie, Bd. 3 (Dokumente), Ulm 2009, S. 273 und Commons
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Georg Bell

Krottenmühl, den 30. April 1932

Eilboten Einschreiben!

Sehr geehrter Herr Oberstleutnant!

In der Anlage gestatte ich mir einen Brief an Rosenberg zu senden, mit der Bitte um Kenntnisnahme, Rosenberg hat bei Hess wieder gegen mich zu intrigieren versucht und Hess wieder neuerdings gegen mich eingenommen. Ich glaube auch, dass Herr Hess meine Stellungnahme zum Fall Harwich sehr gelegen kommt. Ich lasse mir diese dauernden Verdächtigungen nicht mehr länger bieten und wenn ich einen öffentlichen Skandal daraus machen muss. Je mehr ich über die Undankbarkeit der Partei nachdenke, umso verbitterter werde ich und umsomehr komme ich zu der Überzeugung, dass ich ohne eine entsprechende Rechtfertigung meiner Tätigkeit für Sie und die Partei überhaupt nicht mehr arbeiten kann. Praktisch habe ich tatsächlich jetzt meinen ganzen politischen Kredit bei den gefährlichen und aufreibenden Spezialaufträgen restlos erschöpft. Ich kann es mir unmöglich leisten, heute nach getaner Arbeit spurlos in einer Versenkung zu verschwinden; denn ich bin weder ein Amateur noch ein kleiner Agent, der schon irgendwann und irgendwo unterkommen wird.

Es ist einfach unerhört, wenn man mich ohne jeden Beweis einer Schuld, ja ohne mich überhaupt nur einmal anzuhören, einfach zu verurteilen sucht. Ausgerechnet mich, der für die Partei mehr getan hat, wie 90 % des ganzen Braunen Hauses und ausgerechnet mich, der schon zu einer Zeit Nationalsozialist war, als die heutigen meisten Gehaltsempfänger der NSDAP überhaupt [noch nicht] gewusst haben, was und wer Hitler ist.

Sie werden meine Erregung verstehen und entschuldigen. Leider hat aber meine ‚Ruhe‘ in Krottenmühl nicht die gewünschten Wirkungen. Ich möchte Sie deshalb ganz offiziell bitten, mir eine Unterredung mit dem Führer zu ermöglichen, in der nicht nur ich mich rechtfertigen kann, sondern in der auch Adolf Hitler sich für die in seiner Partei gegen mich getriebene schamlose Hetze erklären soll.

Ich muss auf dieser Aussprache bestehen, denn es handelt sich diesmal um eine Existenzfrage für mich und ich stehe auch nicht an, zu erklären, dass ich im Weigerungsfalle des Führers oder ev. seines Sekretärs, Herrn Hess, diese Auseinandersetzung und meine Rechtfertigung erzwingen werde.

Sehr geehrter Herr Oberstleutnant! Verzeihen Sie, wenn ich Sie in dieser Angelegenheit auch noch belästigen muss, aber ich halte es für das Beste, wenn ich die Sache zuerst in Ihre Hände lege. Ich bin am Montag in Berlin und werde mir erlauben, Sie im Kaiserhof anzurufen.

Mit dem Ausdruck meiner vorzüglichsten Hochachtung bin ich, sehr geehrter Herr Oberstleutnant,

Ihr ganz ergebener