Textdaten
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Autor: Alfred Brehm
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Titel: Brehm
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aus: Die Gartenlaube, Heft 1, S. 16
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1856
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Auszug aus Alfred Brehm: Reiseskizzen aus Nordost-Afrika ... Dritter Theil S. 245–247
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[15] Brehm, in seinem vortrefflichen „Reiseskizzen aus Nord-Ostafrika“ erzählt folgendes Abenteuer: „Eines Tages landeten wir bei der Birket mit den Nilpferden und Schlangenhalsvögeln. Wir jagten dort den ganzen Tag über und wollten mit Einbruch der Dunkelheit noch einige Pelekane, von denen eine zahlreiche Gesellschaft Nachmittags angekommen war, erlegen. Ich hatte zwei Stück geschossen, Tomboldo jagte auf der anderen Seite. Mein Nachhauseweg führte mich durch ein dorniges, schon wieder von dem Urwalde in Besitz genommenes Baumwollenfeld. Einer meiner Nubier begleitete mich und trug Büchse und Beute. Wir hatten fast das Ende der Birket erreicht, als mich der Nubier auf drei dunkle, hügelartige Gegenstände aufmerksam machte, welche ich bei Tage gesehen zu haben mich nicht erinnerte. Die Nacht war so dunkel, daß ich nur Umrisse erkennen konnte. Ich hielt sie für Erdhaufen und ging sorglos auf sie zu. Das Wuthbrüllen eines Hippopotamus belehrte mich über meinen Irrthum: drei aus dem Wasser herausgetretene Nilpferde, welche wir den ganzen Tag über gereizt hatten, standen in einer Entfernung von kaum fünfzig Schritten vor mir. „Hauen aaleïna ja rabb“[1] rief der Nubier schaudernd, „flieh Effendi, rette Dich, Du bist verloren, wenn du einen Augenblick länger weilst.“ Und weg warf er die erlegten Pelekane, die Büchse und die Jagdtasche und war mit einigen Sätzen im Gebüsch verschwunden. Daß uns die Ungethüme bemerkt hatten, war augenscheinlich. Sogleich nach dem ersten Gebrüll bewegten sie sich nach uns zu; der Nubier hatte recht, es blieb uns nur die Flucht übrig! Waffen besaß ich nicht, denn meine Gewehre waren keine Waffen und ohne Waffen ist der Mann kein Mann mehr. Ich stürzte dem Nubier auf dem Fuße nach. Die Dornen der Büsche zerfetzten mir die Kleider, zerkratzten mir die Haut, die stacheligen Zweige peitschten mich in’s Gesicht, der ganze Körper schmerzte, – ich achtete es nicht! Hinter mir her stürmte das wüthende Thier, es kam näher und näher, die Todesangst lieh mir Kräfte, aber wie lange noch? Verzweifelnd eilte ich in der eingeschlagenen Richtung weiter, es gab für mich keine Hindernisse, ich sprang durch die furchtbarsten Dornhecken ohne Bedenken hindurch. Meine Lage war schauderhaft. Vor mir dunkle Nacht, dicht hinter mir mein entsetzlicher Feind, ich wußte nicht mehr, wo ich mich befand, ich wußte Nichts mehr von mir selbst. Da, Himmel! – ich stürzte! Aber ich fiel weich, ich lag im Wasser! Gottlob, ich war im Strome und wenige hundert Schritte vor mir schimmerte das freundliche Feuer unseres Schiffes. Rasch durchschwamm ich die schmale Bucht, welche mich von der Halbinsel trennte, an der unsere Barke angelegt hatte, ich betrat sie und war gerettet! Oben an dem wohl zwanzig Fuß hohen Uferrande, über welchen ich herabgestürzt war, stand das brüllende Ungeheuer. An allen Gliedern zitternd und ganz entkräftet kam ich an der Barke an.

Tomboldo kehrte später zurück und war, achtlos seinen Weg verfolgend, noch näher als ich an ein Nilpferd herangekommen und von diesem ebenfalls verfolgt worden. Er hatte, vor ihm flüchtend, dieselbe Richtung eingeschlagen als wir, war dabei aber fast in noch größere Todesgefahr gerathen. Das Nilpferd ist ihm schon bis auf wenige Schritte nahe gekommen, da bleibt er mit einem Fuße in den Dornen hängen und fällt zu Boden. Sein Gewehr entladet sich, ohne ihn zu verletzen, die ihm nachjagende Bestie stutzt einen Augenblick, er rafft sich auf und erreicht ebenfalls das Ufer. Kopfüber stürzt er sich in die Fluthen und schwimmt nach der erwähnten Halbinsel herüber. Dort angelangt, fällt es ihm ein, daß er fast aus der Scylla in die Charybdis gekommen wäre: er hatte erst vor wenig Stunden drei Riesenkrokodile in derselben Bucht, durch welche er und ich eben geschwommen waren, gesehen. In höchster Aufregung kam er bei uns an. „Brüder“, rief er den Matrosen und übrigen Dienern zu, „betet heute zwei Rakaat[2]“ mehr, danket Gott mit mir für meine Errettung! Ich will Euch, wenn ich erst mit Hülfe des Barmherzigen in Charthum angekommen sein werde, einen großen Sack voll Datteln, „Karahme“, (zum Opfer) geben. La il laha il Allah, Mahammed rassuhl Allah! Der Arm des Todes griff nach mir – aber – èl hamdu lillabi – Allah heribm! Sallah el nebbi ja achuana – Preis’t den Propheten, meine Brüder – Allah kerihm! Gott ist barmherzig!“ –



  1. Zu Deutsch: „Hilf uns, o Herr!“
  2. Eigentlich Rakaaaht, Plural von „Rakaah“.