Textdaten
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Titel: Bestrittene Jagdbeute
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 20, S. 325, 340
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[325]

Bestrittene Jagdbeute.
Nach dem Gemälde von F. Jimenez.

[340] Bestrittene Jagdbeute. (Zu dem Bilde S. 325.) Schon öfters ist es mir auf der Jagd begegnet, daß ich, während meine Hunde suchend Rüben -oder Kartoffelbreiten nach Hühnern abrevierten, unerwartet Jagdgesellschaft bekam, indem ein Raubvogel in meiner Nähe kreiste, der auch wohl, wenn ein schlecht getroffenes Huhn schwerfällig mit plustrigem Gefieder fortstrich, blitzschnell dasselbe schlug und mit seinem Raube das Weite suchte.

Einst jagte ich in der Nähe der Weser und hatte schon stundenlang gesucht, aber nichts erlegt. Die Hühner hatten, wie der Weidmann sagt, das Wetter im Kopfe – sie hielten nicht, liefen rasch und standen so weit vor meiner Flinte auf, daß ich entweder nicht schießen konnte, oder, wenn ich auch ’mal hinhielt, um sie auseinander und dadurch zum Halten zu bringen, doch keins herunter holte – der Galgen an meiner Jagdtasche blieb leer. Endlich strich eine Kette nach einer größeren Rübenbreite hin und kaum hatte ich die Hühner in der Ferne verschwinden und dann noch einmal für eine Sekunde erscheinen sehen, als sie mit senkrecht gegen die Flugrichtung gestemmten Schwingen ihre Schnelligkeit stoppten. Da stand auch schon eine zweite Kette 80 Schritte vor mir auf und strich in derselben Richtung davon. Jetzt hatte ich Hoffnung, zu Schuß zu kommen, denn es war nicht ausgeschlossen, daß die Hühner in der guten Deckung vor dem Hunde auseinanderliefen und dann hielten. Mein Wunsch sollte erfüllt werden, und zwar mehr noch als es mir lieb war. Ebenso wie ich den Hühnern nachgeblickt, hatte es auch ein Konkurrent von mir gethan, den ich bislang nicht gesehen hatte – ein roter Milan, eine Gabelweihe, die es zwar nicht vermochte, die streichenden Hühner einzuholen, jetzt aber über den Rüben kreiste, damit sie vielleicht das eine oder andere unter den Blättern eräugte, wo es sich ängstlich fest an die Erde drückte, um den scharfen Sehern und Fängen des befiederten Räubers zu entgehen.

Bald war auch ich mit meinem Setter dort, der in rascher Zickzacksuche die Rübenbreite abrevierte und auch nach kurzer Zeit plötzlich, als hätte der Blitz vor ihm eingeschlagen, starr und unbeweglich, wie ein aus Erz gegossenes Bildnis – die Nase weit vorwärts in den Wind gestreckt – fest vorstand. Er hatte die Hühner – und zwanzig Fuß über ihm glitt durch die Lüfte der mächtige Vogel, raubgierig zur Erde spähend, und regelte mit dem tief gegabelten, breiten Stoß (Schwanz), wie mit einem Steuer, sein kreisendes Schweben.

Langsam ging ich zu meinem „Wild-Joke“ hin – als beachtete ich den befiederten Raubgesellen gar nicht – aber seine Kreise brachten ihn genau so rasch zurück als ich vorwärts kam – er kannte die Gefahr und blieb außer Schußweite. Ich liebelte meinen Hund: – „Vorwärts!“ Allein so weit er auch nachzog, so rasch und sicher er sich bemühte, die laufenden Hühner festzumachen – keines stand auf – sie wußten augenscheinlich, daß über ihnen ein gefiederter Feind Wache hielt. Endlich hatte sich aber doch eins fest gedrückt, der Hund stierte vor sich schräg zur Erde – ich „trat“ es heraus und unmittelbar über den Rüben strich es pfeilschnell dahin – da knallte mein Schuß und es war in den Rübenblättern verschwunden. Im selben Augenblicke fuhr auch schon der Milan schräg herab, um die Beute zu greifen – doch ein zweiter Schuß verhinderte ihn, mit dem Huhn in den Fängen das Weite zu suchen; ich hatte ihm die Schwingenspitze zerschossen.

Der englische Vorstehhund ist zu „weich“, um rücksichtslos einen Raubvogel zu packen, und gerade wie auf unserm Bilde der Setter und Pointer vor dem angeschossenen Rauchfußbussard, so war auch wenige Sekunden später mein irischer „Wild-Joke“ dicht beim Milan und drückte sich ebenso wie jene vorsichtig vor Fang- und Schnabelhieben des befiederten Räubers. Karl Brandt.