« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Waldsee Kapitel A 7 »
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VI. Gesellschaftlicher Zustand.


1. Grundherrliche Verhältnisse.
A. Grundherren.
Die grundherrlichen Rechte sind zwischen der Krone und den drei Standesherrschaften getheilt. Der Antheil der Krone ist übrigens gering. Ritterschaftliche Grundherren gibt es, seit der Staat mit der Herrschaft Warthausen die Grundherrschaft zu Hochdorf erworben hat, keine; dagegen ist der Fürst von Thurn und Taxis in der Parzelle Mösmühle, sowie theilweise zu Hagnaufurt, ferner der Graf v. Erbach W. R. theilweise zu Molpertshaus Grundherr, jedoch in der Art, daß in Gemäßheit der unten genannten K. Declarationen und der über die staatsrechtlichen Verhältnisse des fürstlichen Hauses Thurn und Taxis vom 12. Juni 1823, die Parzelle Molpertshaus dem standesherrschaftlichen Bezirke Waldburg-Wolfegg zugetheilt, wegen der andern aber noch eine Bestimmung zu erwarten ist. Ebenso ist die Stadt Waldsee mit ihrem Spital Grundherr zu Graben und Dinnenried. Sodann gibt es viele Lehens- und Gefälle-Berechtigte, worunter der Graf von Erbach-Wartemberg-Roth, der Fürst v. Salm-Reifferscheid-Dyck| zu Baindt, die Universität Freiburg, kraft ihrer Patronatsrechte, der Spital Biberach und durch Kauf Wartemberg-Rothischer Gefälle der Direktor Betzenberger (vorher Hofrath Cordier in Frankfurt) die bedeutendsten sind, und wozu dann noch der größte Theil der Stiftungspflegen des Oberamts kommt. Die Besitzungen der oben erwähnten drei Standes-Herrschaften, nämlich:
1) des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-Waldsee,
2) der gräfl. Sternbergischen Standesherrschaft,
3) des Grafen von Königsegg-Aulendorf,

enthalten einschließlich des unerheblichen fürstl. Thurn- und Taxischen Antheils nach der aufgeführten Ordnung:[1]

  Dörfer. Weiler. Höfe. Einz. Wohnh. Fläche. Einwohner.
1)
 
13.
 
108.
 
59.
 
54.
 
83.841 Mrg.
(oder 48/10 Q.-Ml.)
10.045.
 
2)
 
6.
 
25.
 
8.
 
3.
 
32.0365/8 Mrg.
(oder 18/10 Q.-Ml.)
2.806.
 
3)
 
2.
 
4.
 
5.
 
4.
dazu Taxis
1.
99353/8 Mrg.
(oder 6/10 Q.-Ml.)
1.571.
 
_______________________________________________________________________________
Zus.
 
21.
 
137.
 
72.
 
62.
 
125.813
(oder 72/10 Q.-Ml.)
14.422.
 
| Die staatsrechtlichen Verhältnisse des fürstlichen Hauses Waldburg-Wolfegg-Waldsee sind durch die königl. Declaration vom 10. Febr. 1831, die des Grafen v. Königsegg-Aulendorf durch die königl. Declaration vom 6. Aug. 1828 und die königl. Verordnung vom 2. März 1832 geordnet.
B. Lehens- und Leibeigenschaftswesen.
Schon von alten Zeiten her, besonders aber seit dem 14. und 15ten Jahrhundert, war Grund und Boden größtentheils Eigenthum des Adels, der Kirchen und Klöster. Die Bauern, welche sie von ihnen in falllehenbarem Besitze hatten, waren zugleich ihre Leibeignen. So ist es in der Hauptsache auch noch jetzt. Nur die Stadt Waldsee, wo aller Grundbesitz freies Eigenthum ist, und Winterstettenstadt machten eine Ausnahme, sowie die Gemeinden im ältern Sinne, meistens kleine Dörfer und Weiler, welche noch einiges Gemeinde-Eigenthum erhalten haben. Die Formen des Lehenwesens haben sich aber schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts sehr gemildert. Steigerungen der sehr mäßigen Lehensabgaben oder Schmälerungen der lehensherrlichen Gegenleistungen fanden vor der Staats-Veränderung schon längst nicht mehr statt. Den Kindern wurden die Lehen der Eltern nie entzogen. Selbst die Abtretung der Lehen an Fremde erhielt leicht und ohne besondere Gebühren-Anrechnung die Lehensherrliche Einwilligung, nur in einigen Bezirken war für den letztgenannten Fall der doppelte Erdschatz festgesetzt. Auch die ungemessenen Frohnen und die Leibeigenschafts-Abgaben waren größern Theils schon lange fixirt und normirt. Hierin ging besonders Österreich mit gutem Beispiel voran, und wirkte vorzüglich auch dadurch sehr wohlthätig, daß in seinem Gebiete keine neue Belehnung vorgehen| durfte, ohne daß der neue Lehenbrief dem kaiserl. Oberamte vorgelegt wurde, welches solchen genau mit den ältern verglich, und erst, wenn keine schädliche Neuerung darin gefunden wurde, den gewöhnlichen Lehens-Revers ausstellen ließ.

Die Leibeigenschafts-Abgaben sind nicht bedeutend, sie bestehen fast durchgängig nur in einer Abgabe für den Wegzug (manumission) und beim Absterben des leibpflichtigen Mortuar. S. Schussenried. Auch nur die Jagdfrohnen bestehen noch nach den Ansichten der Gutsherrschaften als ungemessene; sie werden aber von den Pflichtigen nicht als solche anerkannt. Jährliche Leibsteuern als Ausflüsse der Leibeigenschaft finden sich im ganzen Oberamt keine.

Die Lehenslasten sind sich im Oberamtsbezirk ziemlich gleich; die schwersten sind in den Sternberg’schen Orten, sie bestehen in Frucht- und Geldgülten, Hand- und Fahrfrohnen, dem Fall und Erdschatze, sind übrigens durchaus vertragsmäßig. Die Güter sind zwar unzertrennbar, doch gestattet man von Seiten der Lehensherrschaften einzelne Veräußerungen, wenn sie zum entschiedenen Nutzen der Lehensbesitzer gereichen; auch Verpfändungen werden zugegeben. Vortheilhaften Kultur-Veränderungen und dem Austausch von Grundstücken, sofern der Nutzen es erheischt, kommt man ebenfalls fördernd entgegen. Die vielfältigen Erfahrungen der Lehensleute, daß sie in Verlegenheit und Unglücksfällen bei ihren Lehensherren Theilnahme, und Unterstützung finden, der durch den Lehens-Verband mehr gesicherte Wohlstand und eine milde Verabreichung der lehensherrlichen Gegenleistungen sind dem Allodifications-System im Allgemeinen minder günstig, abgesehen davon, daß von Seiten der Standesherrschaften die Willfährigkeit hiezu nicht eben groß ist. An den vom Staat abhängigen Lehen sind dagegen schon viele allodificirt, namentlich in den Gemeinden Bergatreute und Hochdorf; auch manche von Stiftungslehen. Vergl. die Ortsbeschreibung bei Wolfegg.

Die Grundlasten des Oberamts betrugen bei der Aufnahme des provis. Katasters – 62.188 fl. und zwar Geldgefälle – 33.178 fl, zu Geld berechnete Naturalgefälle 29.010 fl. Seit| jener Zeit haben sie sich wenig verändert. Die Vertheilung ist aus der Tabelle IV. zu ersehen, wo sie jedoch mit Abzug von 1/5 eingetragen sind.

Die Zehnten des Staats sind meist auf 18 Jahre verpachtet, die der Grundherren werden jährlich verliehen.


2. Staats-und kirchliche Einrichtung.
A. Eintheilung und Ämter.
a. Weltliche.

Der Oberamtsbezirk Waldsee gehört zum Donaukreise; er ist in 30 bürgerliche Gemeinden oder Schultheißereien eingetheilt. Unter diesen Gemeinden sind 6 IIter Klasse und 24 IIIter Klasse. Mit Ausnahme von Hochdorf sind alle aus mehreren Orten und zum Theil aus sehr vielen Parzellen zusammengesetzt. Eine große Anzahl hat – obgleich sie nur Theile einer bürgerlichen Gemeinde sind, wieder ihre eigene innere Gemeinde-Verwaltung, was hauptsächlich von Real-Gemeinde-Gerechtigkeiten, die fast überall sich finden und aus welchen dem Herkommen gemäß besondere Gemeinde- oder Ortslasten ruhen, herrührt. So finden insbesondere zu Michelwinnenden, Hagnaufurt, Bergatreute, Heisterkirch, Osterhofen, Hittelkofen, Steinhausen, Schweinhausen, Ziegelbach, Altthann, Reichenbach, Reute, Stafflangen etc. besondere Verrechnungen Statt.

Die 30 Gemeinden theilen sich hinsichtlich der öffentlichen Verwaltung in 28 unmittelbare und 2 mittelbare. Unter den erstern sind die fürstlich Waldburg-Wolfeggischen (17) und die gräflich Sternbergischen (5) begriffen, welche bis jetzt noch keine eigene polizeiliche und gerichtliche Verwaltung haben. Die unmittelbaren sind die gräflich Königsegg-Aulendorf’schen Gemeinden Aulendorf und Thannhausen, welche letztere jedoch auch unter dem königl. Oberamtsgerichte stehen, nachdem der Graf auf die Ausübung der Gerichtsbarkeit Verzicht geleistet hat. Zu ihrer Verwaltung bestehen folgende Ämter:

1. Polizei und Justiz-Ämter mit den Notariats-Bezirken Waldsee und Schussenried
a) das Oberamt und Oberamts-Gericht mit den übrigen oberamtlichen Stellen zu Waldsee und einem Unteramts-Arzt zu Schussenried.| b) Das k. gräflich Königseggische Amt Aulendorf für die Gemeinden Aulendorf und Thannhausen, jedoch wie oben bemerkt, ohne eigene Rechtspflege.
2. Cameral- und Rentämter.

a) Das königl. Cameralamt Waldsee für den ganzen Oberamts-Bezirk, sodann

b) die standesherrlichen Rentämter zu Waldsee und Wolfegg, zu Schussenried und Aulendorf.

3. Forstämter und Forstverwaltungen.

a) Das königl. Forstamt Altdorf.

b) Das Forstamt Ochsenhausen.

c) Die gräflich Königseggsche Forstverwaltung Königseggwald mit der Forstgerichtsbarkeits-Beamtung zu Aulendorf, wozu dann noch die standesh. Forst-Verwaltungen zu Wolfegg, Waldsee und Schussenried kommen.

b. Kirchliche.

Das Oberamt enthält 27 kath. Pfarreien. Sämmtliche Pfarreien stehen unter dem Dekanatamt Waldsee. Mehrere Filialien gehören zu auswärtigen Pfarreien und Dekanaten, wogegen mehrere auswärtige Filialorte zu diesseitigen Pfarreien und zu dem Dekanat Waldsee gehören, s. h.

B. Anstalten.
a. Schulen.

Das Oberamt hat eine lateinische Schule zu Waldsee, welche von dem Stadtkaplan versehen wird, und 38 deutsche Schulen, wovon dermalen einige durch Provisoren versehen werden. Industrieschulen, worin Kinder beiderlei Geschlechts im Nähen, Stricken, Sticken, Spitzenklöppeln etc. Unterricht erhalten, bestehen zu Waldsee, Wolfegg und Aulendorf; ebendaselbst befinden sich auch Zeichenschulen.

b. Wohlthätige Anstalten.
welche nicht bloß eine örtliche Bestimmung haben, sind: der Spital zu Neuthann und das Krankenhaus in Schussenried; sodann der Schul-Studien und Armenfond zu Wolfegg. Über alle diese wohlthätigen Anstalten ist das Nähere in den Ortsbeschreibungen zu finden.|
c. Anstalten für Handel und Verkehr.
1. Posten:

befinden sich zu Waldsee und Wolfegg, sowohl fahrende für Postwagen und Extraposten als Briefposten. In Waldsee kommen und gehen wöchentlich 4 Eil- und Packwagen und 7 Briefposten, während über Wolfegg der gewöhnliche Postwagen von Ravensburg nach Memmingen und Leutkirch seinen Weg nimmt.

2. Straßen und Brücken.
a) Landstraßen.

1) Die Ravensburger Straße von Ulm über Biberach nach Ravensburg;

2) die Ravensburg–Leutkircher und Memminger-Straße, von Ravensburg über Wolfegg nach Einthürnen, von wo aus ein Arm sich über Arnach nach Leutkirch, der andere nach Wurzach und Memmingen zieht;

3) die Biberach–Buchauer Straße von Biberach über Stafflangen nach Buchau und von da über Figels nach Saulgau;

4) die Biberach–Ostracher Straße von Biberach und der Iller über Steinhausen, Reichenbach und Bierstetten nach Saulgau und Ostrach;

5) die Sigmaringer Straße von Waldsee nach Aulendorf, Saulgau, Mengen nach Simaringen;

6) die Ostracher Straße von Waldsee über Aulendorf nach Altshausen, Hoßkirch und Ostrach;

7) die Memminger Straße von Saulgau oder Ostrach über Aulendorf–Waldsee und Wurzach nach Memmingen. Von diesen Straßen sind die beiden ersten Haupt- und Handelsstraßen und werden daher auch auf Staatskosten, die übrigen alle auf Gemeindekosten unterhalten. Die einen wie die andern werden aber auch als Poststraßen benützt und sind sehr gut unterhalten. Weniger kann dies von der Ravensburger Staatsstraße gesagt werden; sie ist fortwährend in einem minder guten Zustande.

b) Vicinal-Straßen.
Das ganze Oberamt ist von Vicinal-Straßen durchschnitten, welche sämmtlich in gutem Zustande sich befinden und von| den Gemeinden unterhalten werden. Das Material zur Unterhaltung ist lediglich Kies, woran es nirgends fehlt. Die gangbarsten sind:

1) die Roth- und Illerthalstraße, welche von Waldsee über Heisterkirch und Eggmannsried und von da einer Seits nach Ochsenhausen anderer Seits nach Unterschwarzach etc. führt;

2) die Wolfegger Straße von Waldsee über Gaishaus nach Wolfegg und von da über Röthenbach nach Wangen;

3) die Winterstetter Straße von Waldsee über Michelwinnenden, beide Winterstetten nach Ingoldingen und Stafflangen;

4) die Zeller Straße von Schussenried, Winterstettenstadt, Ober-Essendorf nach Eberhardszell und Ochsenhausen;

5) die Biberach–Wurzacher Straße von Fischbach über Eberhardszell, Schwarzach, Dietmanns nach Wurzach;

6) die Straße von Bergatreute über den Roßberg, Menisweiler und Zwings nach Wurzach;

7) die Straße nach Leutkirch über Molpertshaus nach Einthürnen;

8) die Ravensburg–Buchauer und die Waldsee–Buchauer Straße, wovon die eine über Zollenreute, Aulendorf und Schussenried nach Buchau, die andere von Waldsee über Schussenried dahin führt. Beide werden, wiewohl selten, auch als Poststraßen gebraucht.

c) Brücken

machen die vielen Bäche und Flüßchen, die das Oberamt durchkreuzen, auch viele nothwendig; es ist aber keine derselben bemerkenswerth, etwa die steinerne Brücke über die Riß bei Appendorf ausgenommen. Weg- und Brückengelder werden nirgends erhoben, Pflastergeld nur zu Waldsee.

Die Gemeinde Bergatreute erhielt eine jährliche Weggelds-Entschädigung von 3 fl. 40 kr. vom Staat, welche 1832 mit einem Kapital von 73 fl. 20 kr. abgelöst wurde.|
3. Oberamts- und Gemeinde-Haushalt.
A. Oberamtspflege.

Am 1. Juli 1832 war der Stand folgender:

Vermögen     Schulden.  
Verzinsliche Kapit.     0. Verzinsliche und andere 4000 fl.
Steuer-Ausstände     0. Steuer-Rückstände 0.
Amtsschaden wurde umgelegt     3.850 fl.

Die Schulden rühren von dem Ankauf des Oberamts-Gerichts-Gebäudes (1830) her und werden in zwei Jahren vollends abbezahlt.

B. Gemeinde- und Stiftungspflegen.

Der Zustand derselben war am 1. Juli 1832 ohne Einrechnung des beweglichen Eigenthums nach der beiliegenden Tabelle folgender:

1) Vermögen:      
der Gemeinden, der Stiftungen.
a) verzinsliche Kapitalien 27.282 fl. 389.215 fl.
b) sonstige Forderungen     9.693 fl.         –  –   
  36.975 fl. 389.215 fl.
2) Schulden:
a) verzinsliche 137.635 fl. 6007 fl.
b) Sonstige         643 fl.         –  –   
  138.278 fl. 6007 fl.

Vergleicht man damit den Passivstand der Gemeinden vom 1. Juli 1823 im damaligen Betrag von 265.630 fl. und das damalige Deficit von 168.213 fl. mit dem gegenwärtigen von 101.303 fl., so ergibt sich, daß sich der Stand der Gemeinden um 66.910 fl. verbessert, die Schuldenmasse aber fast um die Hälfte vermindert hat; ein Resultat, welches vielen guten Willen und Regsamkeit zum Zweck der Verbesserung des ökonomischen Zustandes beurkundet und um so beachtenswerther erscheint, als die Verminderung des Passivstandes großentheils durch Umlagen bewirkt werden muß, und diese sich durch die Gemeindebedürfnisse bei dem Mangel von Einnahmsquellen ohnedies hochstellen.

Die Schulden der Landgemeinden sind großentheils Überbleibsel der aufgelösten Landschaften, ihre Ursache meistens| Kriegslasten, Militär-Ausgleichung und Verabsäumung der Umlagen zu gelegener Zeit. Die meisten Schulden hat die Oberamtsstadt; sie würden jedoch bei weitem niederer stehen, wenn nicht seit mehreren Jahren die städtischen Einkünfte zu höchst dringenden Bauwesen hätten verwendet werden müssen. Nach ihr kommen die Gemeinden Reute mit 14.562 fl.; Michelwinnenden mit 11.055 fl; Bergatreute 9.112 fl. und Eberhardszell 6225 fl.; Heisterkirch 6235 fl., bei welchen auch vorzüglich die angeführten Ursachen zu suchen sind. Keine Schulden haben die Gemeinden Aulendorf, Hummertsried, Ingoldingen, Thannhausen, Unter-Schwarzach und Winterstettenstadt.

Noch befriedigender könnte gewiß der Zustand genannt werden, wenn nicht ein großer Theil der Orts-Vorsteher ihre Stellen nur mit Zwang und Drang versehen und solche nicht selten schon nach 2 oder 3 Jahren abtreten würden; ein Nachtheil, der sich selbst durch das Verdoppeln der Gehalte nicht einmal würde verbessern lassen. Daher auch theilweise jene Kraftlosigkeit, die so schwer zu einem selbstständigen und festen Entschluß kommt, die sich immer hinter höhere Befehle stecken möchte, um sich für den Fall des baldigen Rückzugs vor Vorwürfen zu bewahren, und die daher eine stete Belästigung der Oberamts-Behörden, welche mehr als billig die Stelle der Orts-Vorsteher vertreten müssen, zur Folge hat.

Als tüchtige Orts-Vorsteher zeichnen sich unter andern aus: der Stadtschultheiß Sailer zu Waldsee und die Schultheißen Knecht zu Aulendorf, Nold zu Bergatreute, Lemmle zu Winterstettenstadt und Giray zu Wolfegg, sowie der Schultheiß, Kanzleirath Gebel zu Schussenried, sofort die Gemeindepfleger Forderer zu Ziegelbach und Angel zu Schussenried, welche alle der Gemeinde – und zugleich der Stiftungs-Verwaltung besondere Aufmerksamkeit schenken.

Steuer-Rückstände zur Oberamtspflege gibt es gar keine, und nur in 7 Gemeinden die ganz unbedeutende Summe von 994 fl. Rückständen von Steuer-Contribuenten an die Gemeindepflegen.

Die Einkünfte der Gemeinden betragen im Ganzen 17.818 fl., die Ausgaben 36.122 fl. und eine Summe von 19.114 fl. muß durch Umlagen gedeckt werden.| Zu dem sehr bedeutenden Stiftungs-Vermögen von 389.000 fl. kommt noch außer einem beträchtlichen Vermögen an Grundeigenthum, Gebäuden und Gefällen ein Kapitalstock von ungefähr 36.000 fl. des Hospitals Neuthann. Das meiste Stiftungs-Vermögen haben die Gemeinden Waldsee, Aulendorf, Unter-Essendorf und Wolfegg.


4. Cataster und Steuern.

Das Cataster des Oberamtes mit Ausschluß der Grundherrschaften beträgt:

Von dem Grundeigenthum 372.193 fl. 50 kr.  
   "  den Gefällen 4.783 fl. 31/2 kr.
   "  den Gebäuden 2.397.806 fl. 30 kr.
   "  den Gewerben             3.510 fl. 50 kr.
2.778.294 fl. 131/2 kr.
Die direkte Steuer pro 1833/34 ist:
 Grundsteuer 40.542 fl.
 Gefällsteuer 4.452 fl.
 Gebäudesteuer 7.715 fl.
 Gewerbesteuer          3.782 fl.
56.491 fl.

Auf die Quadratmeile kommen demnach 6347 fl. Steuern und auf 1 Person 2 fl. 57 kr., an direkter Staatssteuer.

Das Oberamt Waldsee ist eines von denjenigen Oberämtern, wo die Ungleichheit in der frühern Besteuerung sich am stärksten herausstellte. Vor der Herstellung des provisorischen Steuer-Catasters bis 1822 betrug die ordentliche Jahressteuer des Oberamts an 2.400.000 fl., – 34.000 fl., nach derselben, an 2.600.000 fl., 62.400 fl. oder nach Abzug der Zulage wegen der allgemeinen Erhöhung um 200.000 fl. noch 57.600 fl., also mehr 23.200 fl. Durch die Revision des Catasters wurde zwar der Ansatz hauptsächlich in der Grundsteuer wieder ermäßigt, gleichwohl blieb noch eine Erhöhung von 17.745 fl., die sich durch ihre Wirkung auf die Zulage wegen der Steuererhöhung um 200.000 fl. bis auf 19.225 fl. vermehrte. Und dennoch ist die dem Provisorium zu Grund gelegte steuerbare Fläche um 12.3496/8 Morgen kleiner, als sie sich bei der Vermessung herausstellte.|
Das nicht unter dem Gemeinde-Cataster begriffene Cataster der Grund- und Gefällherrn beträgt:


Grund- und Gefällherren. Grund-
Cataster.
Gefälle-
Cataster.
Gebäude-
Cataster.
Gewerbe-
Cataster.
Grund-
Steuer.
Gefälle-
Steuer.
Gebäude-
Steuer.
Gewerbe-
Steuer.
Zusammen.
  fl.  kr.   fl.  kr. fl. kr. fl. kr.   fl.  kr.   fl.   kr.   fl.  kr.   fl.   kr.   fl.   kr.
Universität Freiburg 40   7 810  53 2200 4  24 89   1 6  34 99  44
F. Waldburg- Wolfegg-Waldsee 18.702  56 22.925  54 112.300 (296  4)
im Gde.-
Verbande.
2049  29 2521  10 333   5 4903  59
F. Waldburg-Wurzach 25  34 5  35 2  54 –  43 3  37
F. v.Thurn und Taxis 416  48 45  50 45  50
Graf v. Sternberg- Manderscheid 15.122  16 6409   1 51.908 9  36
u.52 fl, 42 kr.
im Gem.Verb
1657   7 704  48 151  52 10  19 2524   6
F. v. Salm-Dyk 179   1 629  40 19   6 69  24 88  30
Graf v. Königsegg- Aulendorf 3.862  31 2030  43 26.700 (107  8)
im Gde.-
Verbande.
423  16 223  14 78  37 725   7
Graf v. Erbach- Wartemberg-Roth 241  18 1520  31 10.325 26  37 167  12 29  11 223   –
Kammerdirektor Betzenberger 243  32 404  58 27   – 44  32 71  32
Summe 38.417  15 35.154   3 203.431 9  36 4209  53 3865  54 599  19 10  19 8685  25

Zu diesen Gefällen kommen noch die Gefälle einiger auswärtigen Gefällberechtigten, welche ebenfalls nicht in dem Gemeinde-Cataster, und auch nicht in der Tabelle IV. begriffen sind, im Betrage von 686 fl. 27 kr., wovon das Spital Biberach mit 426 fl. 57 kr. den größten Antheil hat.


  1. Zu den hier aufgeführten, im Oberamte Waldsee gelegenen Besitzungen kommen noch außerhalb des Oberamtes folgende:
    a. Des Fürsten von Waldburg-Wolfegg-Waldsee.
    1) Im Oberamte Ravensburg: die Gemeinde Waldburg mit 1 Dorf, 13 W. 23 H. 9 einz. Wohn. zus. 72933/8 M. und 1101 E.
    2) Im Oberamte Wangen: die Gemeinde Emelhofen, Immenried, Kißlegg und Praßberg mit 2 D. 45 W. 34 H. 5 einz. Whs. – 17.5103/8 M. und 2338 E.
    3) Im Oberamte Leutkirch: die Gemeinde Waltershofen mit 1 D. 5 W. 8 H. 1 einz. Whs – 31143/8 M. und 340 E. Es betragen also sämmtl. standesh. Besitzungen des Fürsten zusammen: 17 D. 171 W. 124 H. 69 einz. Whs. mit 111.760 M. oder 62/10 Q.-M. und 13.824 Einw.
    b. Des Grafen von Königsegg-Aulendorf.
    1) Im Oberamte Saulgau: 5 D. 13 W. 12 H. 6 einz. Whs. mit 18797 M. und 1940 E.
    2) im Oberamte Biberach: 1 D. mit 10423/8 M. und 111 E. Sämmtliche Besitzungen des Grafen zusammen betragen also: 8 D. 17 W. 17 H. 10 einz. Whs. mit 29.7746/8 Mrg. oder 17/10 Q.-M. und 3622 Einw.
    Die gräfl. Sternbergischen Besitzungen werden wir bei Ravensburg zusammenstellen. Hier bemerken wir noch, daß die obigen Berechnungen auf den purificirten Stand gegründet sind, wie solcher der k. Declaration, Reg. Bl. 1831. S. 142 u. f. angehängt ist.