« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 5 »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).
|
4. Gemeinde Birkmannsweiler
mit Buchenbachhof, Burkhardshof und Neumühle, 710 ev. Einw.


Dieselbe liegt theils in dem Thale, durch welchen der Buchenbach fließt, und theils auf den rechten und linken Seiten des gedachten Thälchens. Sie gehört der III. Classe der Gemeinden und dem Forstamte Reichenberg an. Der Gemeindebezirk ist reich an Quellen, die gesundes, frisches Wasser führen. Lage und Boden des Gemeindebezirkes sind gesund. Die Einwohner sind sehr fleißig und genügsam; der Nahrungsstand kann jedoch im Allgemeinen kaum als mittelmäßig bezeichnet werden. Der Gemeindebezirk gehört nebst den Zehentrechten in das Hofcameralamt Winnenden, welches wegen der Pflicht zur Faselviehhaltung der Gemeinde jährlich 180 fl. bezahlt. Der Capitalbetrag der seit 1818 der Hofdomainenkammer abgekauften Gefälle und Frohnen ist 1048 fl. 13 kr.

a) Das Pfarrdorf Birkmannsweiler liegt in dem zuvor erwähnten Thale, an der von Winnenden nach Schorndorf führenden Vicinalstraße, nordöstlich 31/2 Stunden von Waiblingen und 1 Stunde von Winnenden. Die königl. Hofdomainenkammer hat noch jährlich 51 fl. 44 kr. an Geld, 5 Sch. 5 S. Dinkel, 3 Sch. 4 S. Haber und 2 Eimer 14 Imi Bodenwein zu erheben.

Das Dörfchen ist der Länge nach gebaut und hat 112 meist unscheinbare Häuser. Die ganze Gemeinde zählt 103 Haupt- und 130 Neben-Gebäude. Die am nördlichen Ende des Ortes stehende Kirche von Stein scheint früher eine Capelle gewesen zu seyn und ist von höherem Alter (wird schon 1524 so genannt), der Thurm aber viel jünger. Sie ist zu klein und hat weder Taufstein noch Orgel. Die Baulast liegt, unter Beihilfe der Gemeinde, der Stiftungspflege ob; der 1840 angelegte Begräbnißplatz liegt außerhalb des Ortes. Ein Pfarrhaus ist noch nicht vorhanden. Im obern Stockwerke des Schulhauses befindet sich die Rathsstube. An Baufeld kommt kaum 1 Morgen auf einen Einwohner. Der Boden ist überdieß nicht besonders fruchtbar, da einestheils Sand und anderntheils Lehm vorherrschen und er nicht tief geht. Die Wiesen und selbst mehrere Äcker sind naß und sumpfig. Dinkel, Weizen und Haber geben einen mittelmäßigen Ertrag. Einer besseren Benützung steht der Mangel an Streumaterialien entgegen. Der Brabanter Pflug wird hauptsächlich nur auf dem Buchenbacher Hof angewendet. Die Wiesen sind zwar zweimähdig, können aber nicht gewassert werden und geben theilweise saures Futter. An Futterkräutern hat der ewige Klee besonders Eingang gefunden. Die Weinberge liegen an den Bergen und liefern einen | ordentlichen Wein. Der Ertrag ist der Frühlingsfröste wegen unsicher und mittelmäßig. Die Reben, deren etwa 2400 auf einen Morgen kommen, werden bezogen. Sylvaner und Elbinge herrschen vor. Obst wird viel gezogen. Ein Morgen Acker wird zu 100 bis 400 fl., Wiesen oder Weinberge zu 200–400 fl. verkauft. Auf dem Buchenbacher Hof ist ein schöner Rindviehstand. Dort wird auch allein die Schafzucht betrieben und ist noch Schafweide. Hühner, Gänse und Enten werden aufgezogen und theilweise auswärts verkauft. An Gewerben sind außer der Neumühle einige Weber, einige auswärts arbeitende Maurer und Zimmerleute, etwas Handel mit Obst, etwas Frucht und andern Viktualien, und die Verfertigung von Frauenzimmerhauben für Landleute zu erwähnen, die in der Umgebung Absatz finden. Die Gemeinde hat nur wenig Vermögen. Der kleine Gemeindewald ist noch jung. Auch die Stiftungspflege ist arm. Der Heilige wird schon 1537 genannt.

Birkmannsweiler, ursprünglich, noch 1304 Berkamswiler geschrieben, mit Buchenbach, Burkhardshof und Neumühle waren schon 1570 nach Winnenden eingepfarrt und gehörten todt und lebendig dahin. Von 1834 an lagen die pfarramtlichen Verrichtungen ausschließlich dem dortigen Helfer ob. Nachdem jedoch die Gemeinde zu Herstellung der Kirche und des Pfarrhauses ein für allemal 1500 fl. angeboten, auch die Errichtung eines Begräbnißplatzes und die Baulast an der Kirche, so lange diese für die Gemeinde ausreiche, zu übernehmen sich bereit erklärt hatte, wurde am 17. Juni 1840 dieselbe unter Lostrennung von der Kirche Winnenden zu einer eigenen Pfarrverweserei erhoben und die Besoldung des vom königl. Consistorium zu ernennenden Pfarrverwesers auf das Cameralamt Waiblingen übernommen. Die politische Gemeinde entspricht daher ihrem Umfange nach ganz der Kirchengemeinde. An der für die ganze Gemeinde bestimmten Schule stehen ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe. Auch besteht, unter Beiträgen der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, eine Industrieschule.

Im Jahr 1524 besaß die Kellerei Winnenden 3 Höfe und 10 Lehen, und der Heilige zu Winnenden 2 Lehen. Im Jahr 1351 siegelt Hans der Holzwart von Birkmannsweiler.

Bei Birkmannsweiler, 1/8 Stunde nordöstlich, lag der abgegangene Ort Schnarrenberg.

b) Buchenbachhof, Hof, 1/4 Stunde [1] südöstlich von Birkmannsweiler gelegen.

| Die Einwohnerschaft besteht aus einem Pächter mit seiner Familie. Der Hof hat 5 Gebäude, ist zehentfrei und wird nach rationellen Grundsätzen bewirthschaftet. Er hat eine eigene Markung, welche 1696/8 M. groß ist. Bei dem Hofe liegt ein kleinerer See. Von einem größeren See ist noch der durchstochene Damm vorhanden.

Dieser Hof theilte sich früher in Ober- und Unter-Buchenbach. Er war ein adeliches Gut, welches ohne Zweifel ursprünglich von der Herrschaft Winnenden zu Lehen ging. Bei den Erwerbungen, welche der Deutschorden in dieser Herrschaft machte, kam auch der große und kleine und der Heu-Zehent in Buchenbach in seinen Besitz. Gegen die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts gehörte Buchenbach Georg von Bernhausen zu Buchenbach, † 1541, dessen Wittwe Maria, geborne Gaisberger, es 1584 an Melchior Jäger, württembergischen Geheimenrath, verkaufte; zu des letzteren Gunsten verzichtete im Jahr 1585 der Deutschorden auf die eben genannten Zehnten. (Sattler Herz. 5, 98.) Schon im Jahr 1587 kam der Ort von dem ebengenannten Besitzer auf Joh. Jak. Breuning, welcher den Abend eines, zum Theil weitesten Reisen – durch fast ganz Europa und den Orient – gewidmeten Lebens allhier in stiller Ruhe zubrachte, indeß noch im Jahr 1614 Obervogt zu Waiblingen wurde, als welcher er im Jahre 1616 verstarb. Seine Erben werden im Jahr 1620 wegen ihres Besitzes im Amte Winnenden als württembergische Vasallen aufgeführt. Am 3. Mai 1659 verkaufte Hans Ernst Imhof zu Kirchentellinsfurt, dessen Frau Maria Catharine, eine Breuning war, Schloß und Gut Buchenbach um 15.000 fl. an Johann Leonhard Breitschwert, worauf es dem Ritterkanton Kocher einverleibt wurde. (Johann Wilhelm und Johann Konrad von Breitschwert von Buchenbach, Vetter der Breitschwert von Ehningen. Johann Leonhard Breitschwert von Buchenbach 1684. Johann Wilhelm Breitschwert von Buchenbach, Hofgerichtsassessor zu Tübingen seit 1710). Von der letztgenannten Familie erwarb im Jahr 1711 das Gut Eberhard Friedrich Freiherr von Neipperg, kaiserl. Generalfeldmarschall, Gouverneur der Veste Philippsburg, Obrist eines Infanterieregiments und Direktor der Ritterschaft in Schwaben, Cantons Kreichgau, † 1725 August 10.; aber schon seine Erben, namentlich sein Sohn, Wilhelm Reinhard Graf von Neipperg, kaiserl. Geheimerath, Generalfeldmarschall etc. (geboren den 27. Mai 1684) verkaufte ihn den 10. September 1728 um 24.000 fl. an Carl Alexander, damaligen Prinzen, nachherigen Herzog von Württemberg, von welchem er dem Kammerschreibereigut einverleibt wurde.

Württemberg hatte übrigens schon früher hier Erwerbungen | gemacht, namentlich hatte im Jahr 1509 Herzog Ulrich von Württemberg von Paul Wild, Bürger zu Winnenden, 3131/2 Morgen Waldes bei Ober-Buchenbach für 650 Pf. Heller erworben.

Mit andern Gütern im Jahr 1807 in den Besitz der königl. Hofdomainenkammer übergegangen, wurde der Hof im Jahr 1830 als zehentfrei und bürgerliches Gut um 16.600 fl. verkauft. Sein gegenwärtiger Besitzer ist der gewesene Oberpostamtssekretär von Bär, welcher ihn verpachtet hat.

Auch in klösterlichen Händen befand sich vor Zeiten einiger hiesiger Besitz; wenigstens erkaufte das Kloster Bebenhausen im Jahr 1444 von Mya Schenkin von Winnenden mit Zustimmung ihres Gemahls, Hans von Höfingen, 50 Morgen Waldes ob dem Weiler für 200 fl.

c) Burkhardshof, Weiler mit 48 ev. Einwohnern, 1/4 Stunde südwestlich von Birkmannsweiler, auch früher Ell- und Ölhardsweiler genannt, Sitz eines Anwalts. Die königl. Hofdomainenkammer hat jährlich noch 2 fl. 21 kr. Geld und 1 Sch. 11/4 S. Haber zu erheben. Der Weiler hat 11 Gebäude und eine 1123/8 Morgen große eigene Markung, war aber noch 1542 ein in 2 Lehen getheilter, dem Kloster Lorch zuständiger Hof.

d) Neumühle, Mühle mit 4 evang. Einwohnern, südwestlich, 1/2 Stunde von Birkmannsweiler, unterhalb Buchenbach, am Buchenbach gelegen. Der Name rührt daher, weil früher auf dem Buchenbachhof eine nun eingegangene Mühle war. Jene hat 3 Mahlgänge und 1 Gerbgang.

Die Gemeinde gehörte zu dem äußeren Gerichte in Winnenden. Die Rechte der königl. Hofdomainenkammer rühren theils von der Erwerbung Winnenthals 1665, theils von dem Tausch mit der Staatsfinanzverwaltung 1807 her.


  1. Die Einwohnerzahl der Parzellen rührt von der Zählung im Jahr 1845, die der Gemeinden von 1847 her. Die erstere ist überall schon unter der letzteren begriffen, wird aber gleichwohl bei den Parzellen besonders ausgehoben.
« Kapitel B 3 Beschreibung des Oberamts Waiblingen Kapitel B 5 »
Für eine seitenweise Ansicht und den Vergleich mit den zugrundegelegten Scans, klicke bitte auf die entsprechende Seitenzahl (in eckigen Klammern).