« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Ulm Alpeck bis Jungingen »
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B.


Orts-Beschreibung.


1. Ulm mit Böfingen, Oberthalfingen, Örlingen und Ruhethal.


1. Ulm, Kreis- und Oberamtsstadt und eine der sogen. guten Städte des Königreichs mit 15.173 ortsanwesenden Einwohnern, 236/10 Stunden von Stuttgart, unter 27° 39′ 40″ Länge und 48° 23′ 45″ nördl. Breite, 1432 Par. oder 1623 Würt. Fuß über dem mittelländischen Meer, auf dem linken Ufer der Donau am Fuße der Alp s. u. Die Stadt ist der Sitz des K. Gerichtshofs, der K. Regierung und der K. Finanzkammer für den Donaukreis, der oberamtlichen Behörden, einer evangel. General-Superintendenz, eines evangel. und eines kathol. Dekanats, eines K. Cameralamts, eines Haupt-Zoll-Amts und eines Ober-Postamts, sie ist ferner einer der Waffenplätze des Königreichs mit einem Gouverneur und Stadt-Commandanten, 1 Reiter- und 2 Infanterie-Regimentern.

Die Donau, welche hart an der Stadtmauer vorbeifließt, bildet die Grenze zwischen Würtemberg und Bayern, so daß der Grenzstein mitten auf der Donaubrücke steht, und ungefähr 5/12 der Markung auf bayerischem Gebiete liegen. Die Stadt selber wird von der Blau bewässert (s. S. 13), welche alle Mühlen und Werke der Stadt treibt, und ihrem Gewerbe überhaupt sehr förderlich ist. Um die Stadt her liegen viele einzelne Gebäude und Wohnsitze, auf die wir unten noch zurückkommen werden; eine eigentliche Vorstadt ist nicht vorhanden. Von der Stadt gehen 7 Landstraßen aus, s. u.

| Die Stadt hat eine eiförmige Gestalt, ihre Lage ist ziemlich eben, doch erhebt sie sich gegen die Mitte und senkt sich besonders stark gegen die Donau. Ihr Flächeninhalt beträgt innerhalb der Mauern, nach einer ältern Messung 192 Morgen, nach der neuern Aufnahme aber, mit Einschluß einiger in unmittelbarem Zusammenhange stehenden Gebäude und Räume 2181/4 Morgen, und das Areal der Gebäude und Hofräume allein 1651/7 M. Ihr Umfang beträgt 12.800 Fuß, also nahe an 1 Stunde. Vor 1802 hatte Ulm beträchtliche Festungswerke, jetzt ist es noch mit Mauer und Graben umgeben, und hat 5 Thore und einen sogen. Einlaß, und zwar:

1. Das Donauthor, oder (Herbel-) Heerdbrucker- an der Donaubrücke. Es war, wie alle andere, mit einem Thurme versehen, der bei Erbauung der neuen Brücke abgebrochen wurde. Durch dieses Thor führen die Straßen über die Donau nach Günzburg, nach Memmingen etc. Den Namen Heerdbrucker- oder Herbelthor hat es davon, weil es ursprünglich nur zum Viehtriebe bestimmt war.

2. Das Göcklinger Thor, auf der westlichen Seite der Stadt; durch dasselbe führen die Straßen nach Ehingen, und über Göcklingen nach Biberach und nach Leutkirch.

3. Das Neue Thor, durch welches die Straße nach Blaubeuren führt. Als das „Neue Thor“ kommt es schon in einer Urkunde von 1357 vor.

4. Das Frauenthor, das auf die Straße von Stuttgart und Nürnberg führt. Es hat seinen Namen von der alten Pfarrkirche zu U. L. Fr., die vor demselben stand, von einer Kapelle, die dabei stand, hieß es auch das Leonhardsthor.

5. Das Gänsthor, am östlichen Ende der Stadt; früher hieß es das Griesthor (von Gries, Sand), und Schmid hält den jetzigen Namen nur für eine Verstümmelung. Das Thor ist mit einem sehr hohen Thurme versehen, der mehrmals, zuletzt 1823 neu hergestellt worden ist, nachdem er am 25. Sept. 1796 bei dem Rückzuge des Generals Moreau, als die Stadt von den Österreichern beschossen wurde, mit 10 Privat- und einigen öffentlichen Gebäuden abgebrannt war.

| Der Einlaß, eine kleine Pforte, die 1480 in die Stadtmauer gemacht worden, und durch welche, so lange Ulm eine Festung war, die Fremden bei Nacht eingelassen werden konnten; sie dient gegenwärtig nur bei Tag den Schiffleuten zur Überfahrt auf ihren am jenseitigen Ufer der Donau gelegenen Schiffs-Zimmerplatz. Auch ein paar andere Pforten auf der Donauseite bei der Wilhelmshöhe, vormals Luginsland genannt, und bei der Dreifaltigkeitskirche stehen bei Tag offen. Die Stadtthore sind zwar des Nachts geschlossen, sie werden aber zu jeder Stunde gegen eine kleine Abgabe geöffnet.

Das Aussehen der Stadt ist gut, obgleich ihre Anlage, wie bei allen älteren Städten, unregelmäßig ist, die Straßen meistens eng und die Häuser im Allgemeinen nicht von ausgezeichneter Beschaffenheit sind. Die Straßen sind gepflastert, größtentheils mit Donau- und Illergerölle, in neuester Zeit aber mit einem trefflichen Süßwasserkalk, bei Böfingen gebrochen s. u.

Die bedeutendste und regelmäßigste Straße oder Gasse ist die Frauengasse; im Ganzen zählt die Stadt 92 Gassen. Zu den öffentlichen Plätzen gehören: der Münsterplatz (Kirchhof), der Marktplatz, der Weinhof, der Judenhof und der grüne Hof. Über die Blau führen innerhalb der Stadt 3 steinerne und 2 hölzerne Brücken nebst 4 Fußstegen. Die schönste davon ist die 1818 erbaute steinerne Brücke, die nach dem Göcklinger Thore führt.

Die Hauptbrücke aber ist die Donaubrücke. Sie steht auf derselben Stelle, auf der schon 1140 eine hölzerne Brücke angelegt und 1570 eine steinerne erbaut worden war, welche letztere als schadhaft 1827 und 1828 abgebrochen wurde und der jetzigen Platz machte. Die neue Brücke, welche im Jahr 1832 vollendet wurde, besteht aus 3 Bogen, wovon jeder 60′ weit ist, und zeichnet sich insbesondere durch Solidität aus. Im Ganzen ist sie 230′ lang und 361/2 breit. Die Erbauung geschah unter der Leitung des K. Würt. Kreisbauraths Bühler, auf gemeinschaftliche Kosten der Kronen Würtemberg und Bayern; die Brücke wird daher auch die Wilhelm-Ludwigs-Brücke | genannt. Sie erforderte einen Aufwand von 196.311 fl. einschließlich des der Maschinen.

In polizeilicher Hinsicht ist die Stadt in vier Viertel und jedes derselben in 8 Distrikte getheilt. Von Michaelis bis Ostern werden die Straßen mit Hängelaternen beleuchtet. Die Zahl sämmtlicher Gebäude beläuft sich auf 2194, worunter 63 öffentliche, 1777 Haupt- und 354 Nebengebäude sich befinden, und zwar 24, welche dem Staat, und 39, welche der Stadt, den Stiftungen und andern Körperschaften gehören, darunter 3 Kirchen. Die Häuser, größtentheils von Holz gebaut, mit hohen Giebeldächern. Eine regelmäßige Eintheilung war noch vor 30 Jahren selten in den Häusern zu finden. Einen großen Theil nahm der Hausöhrn, hier Laube genannt, ein, der mit gerötheten Ziegelplatten belegt und nicht selten mit guten Gemälden ausgestattet war. Häufig sieht man auch noch Erker und vorstehende Fenster, Guckenhäuslein und nicht selten auch sogen. Guckenhütlein, ein für die Aussicht auf dem Dachgrate angebrachtes Gemach.

Die merkwürdigsten Gebäude der Stadt sind:

Das Münster, die Haupt- und erste Pfarrkirche und eines der vollkommensten Denkmäler alter deutscher Baukunst. Es steht mitten in der Stadt, auf einem rundum freien mit Linden besetzten Platze, und fällt durch seine ansehnliche Höhe und Größe schon in weiter Ferne ins Auge. Auf der Vorderseite über dem Haupteingang erhebt sich der majestätische Thurm. Die Kirche ist von Backsteinen, der Thurm von Sandstein, beide im schönsten gothischen Style, gebaut. Die Kirche ist die größte und höchste in Deutschland. Ihre Länge beträgt einschließlich des Chors nach Innen 416, nach Außen 485 Fuß, ihre Breite nach Innen 166, nach Außen 200′, die innere Höhe 141 Fuß und die des Chors 90′. Das Straßburger Münster ist 355′ lang, 132′ breit, 72′ hoch; die Stephanskirche in Wien 342′ lang und 144′ breit, 86′ hoch. Diese Maße sind noch nach dem vormaligen Ulmer Fuß angegeben, der aber dem Würtembergischen beinahe gleich ist, | indem sich der Ulmer wie 128:144, der Würtembergische aber wie 127:144 gegen den Par. Fuß verhält.

In die Kirche führen 6 Eingänge. Den Haupteingang bildet das Portal unter dem Thurme auf der schmalen Seite, dem Chor gegenüber. Sämmtliche Eingänge, vorzüglich aber das herrliche Hauptportal, sind mit bewundernswerthen Kunstarbeiten geziert. Bei dem obern Eingang auf der Südseite befindet sich ein Denkmal in Stein gehauen, mit einer Inschrift über die Grundsteinlegung. Es stellt das ganze Kirchengebäude mit drei Thürmen vor, wie es von dem Bürgermeister Ludwig oder Luz Krafft U. L. Frauen geweiht wird. Das Innere der Kirche ist bei allem Umfange leicht und hell. Das Schiff theilt sich in drei auf Säulen ruhende Gewölbe, wovon das mittlere das höchste ist. Der schöne Chor, welcher eine Tiefe von 100′ hat, zeichnet sich insbesondere durch treffliche Glasmalereien aus, welche das Feierliche, Erhebende und Heilige des Tempels nicht wenig verstärken. Früher hatten alle Fenster der Kirche gemalte Scheiben. Auf beiden Seiten des Chors, im Grundstock von zwei Thürmen, welche sich hier erheben sollten, schließen sich zwei Kapellen an: die Neidhardtische Kapelle, von Heinrich Neidhardt gestiftet und 1450 geweiht, die Bessererische Kapelle, von Heinrich Besserer 1414 gestiftet. Eine dritte Kapelle, die Rothische, welche an die Kirche angebaut war, wurde als baufällig abgebrochen. Die Kapellen sowohl als die Kirche selbst sind mit mancherlei sehenswerthen Denkmälern und Kunstwerken geziert. Vor dem Chor steht der Hauptaltar mit einem schönen Altarblatte, die Einsetzung des Abendmahls vorstellend, von Hans Scheuffele. In dem Chore selbst steht ein prächtiger und kunstreicher Altar, welcher 1808 aus der Barfüßer Kirche hieher gebracht und an die Stelle eines ältern gesetzt worden ist, an welchem letztern K. Karl V. am 14. Aug. 1548 das heil. Abendmahl in beiderlei Gestalt empfing. Die Altargemälde sind ein Werk des Martin Schaffner von 1521, die vergoldeten Bilder sind von Daniel Meth geschnitzt. Zur Seite vor dem Chor steht das Sakramenthäuschen, ein zierliches | und feines Bildwerk in Gestalt einer hohen Pyramide, wie vermuthet wird von Jörg Sürlen d. ä. im J. 1469 gefertigt. Von eben diesem Meister sind auch die schönen Chorstühle aus Eichenholz, das vortreffliche Christusbild in der Vorhalle des Hauptportals u. a. Werke. Mehrere Kunstwerke sind während der Reformation weggeschafft worden, mit ihnen auch alle Altäre, deren die Kirche 52 hatte, alle reich dotirt. Erst zur Zeit des Interims wurden die zwei gegenwärtigen wieder hergestellt. Einigen Ersatz für den Verlust, den die Kirche durch die Reformation erlitten, erhielt sie aus Veranlassung des Reformations-Jubiläum i. J. 1817, wo ihr Inneres sehr zweckmäßig erneuert und verbessert worden ist. Bemerkenswerth sind auch die Orgel, welche 1596 von dem blinden Orgelmacher Conrad Schott aus Stuttgart gebaut wurde, und 45 Register mit 3240 Pfeifen hat; ferner die Kanzel mit ihrem aus Lindenholz von Jörg Sürlen d. j. geschnitzten Deckel; der Taufstein; mehrere Gemälde, namentlich eins von Rothenhammer, die Geburt Christi, in der Sakristei, die Gemälde auf beiden Seiten des Eingangs in den Chor, sodann die Bildsäulen der beiden Kaiser Lothar und Konrad, die ehemals auf dem Gänsthor gestanden hatten, das Modell des Münsters von dem Ulmer Schreiner Conrad Metzger, 1813 mit vieler Kunst gefertigt und in der Neidhartischen Kapelle aufgestellt.

So merkwürdig und großartig die Kirche ist, eben so sehr und noch mehr ist es

der Thurm der Kirche. Wie schon berührt worden, sollte die Kirche drei Thürme bekommen, es kam aber nur der Hauptthurm und auch dieser kaum zur Hälfte zur Ausführung. Denn nach dem ursprünglichen Plane sollte er noch zwei Abtheilungen erhalten, wovon die eine ein Achteck, die andere aber ein spitzsäuliges durchbrochenes Dach bilden und mit einem 12′ hohen vergoldeten Marienbild enden sollte. Dadurch hätte der Thurm eine Höhe von mehr als 500 Fuß erhalten. Aber schon die zweite Abtheilung wurde nur noch auf eine Höhe von 15′ ausgeführt. Gleichwohl steht der Thurm auch so, | wie er ist, als ein bewundernswürdiges Werk da. Seine jetzige Höhe beträgt 337′. Bis auf eine Höhe von 237′ bildet er eine viereckige, künstlich durchbrochene Säule, wovon jede Seite 69 Fuß breit ist. Auf diese folgt dann der ebenerwähnte Anfang der zweiten Abtheilung, worauf dann das Ganze mit der Bedeckung und einer Glockenlaterne endet, welche an die Stelle der Fortsetzung getreten ist. Der Anblick des Thurms erregt ebenso sehr durch die Zierlichkeit und Mannichfaltigkeit der einzelnen Theile, als durch die Größe und Erhabenheit des Werks im Ganzen, und durch die Leichtigkeit, womit er sich erhebt, Bewunderung. Auf seiner Höhe hat man eine herrliche Aussicht, welche bis an den Säntis und Arlsberg reicht. K. Maximilian I., der nach einer Inschrift den Thurm 1492 bestiegen hat, soll sich an den Rand des Kranzes, der noch keine Einfassung hatte, gestellt und den einen Fuß in die freie Luft hinaus gehalten haben.

Das ganze riesenmäßige Gebäude wurde in der Absicht, es zur Pfarrkirche zu bestimmen, aufgeführt. Die ältere Pfarrkirche zu U. L. Fr. oder Allerheiligen stand vor dem Frauenthor, s. o. Der Weg dahin war für manchen Einwohner sehr weit, in den damaligen kriegerischen Zeiten öfters gefährlich und die Kirche überdieß für die vermehrte Einwohnerzahl nicht mehr geräumig genug. Man beschloß daher eine besser gelegene und geräumigere Pfarrkirche zu erbauen. Nachdem der Abt von Reichenau, als Patron der Kirche, 1376 seine Einwilligung dazu gegeben hatte, wurde ans Werk geschritten und am letzten Juni 1377 der Grund auf einen Rost von Ulmenbäumen gelegt. Aber erst zu Anfang des 16. Jahrhunderts, nach ungefähr 130 Jahren, ward der Bau bis auf seinen jetzigen Stand gebracht. Es geschah übrigens ohne irgend eine fremde Beisteuer. Wer der erste Baumeister gewesen, ist unbekannt. Es ist auch wohl vergeblich, nach demselben zu forschen. Nach einem Aufsatze, den der verstorbene Pfarrer Weyermann dem Herausgeber dieser Hefte darüber mitgetheilt hat (s. Würtemb. Jahrbücher, Jg. 1834. H. 1), verhielt es sich damit folgendermaßen. Schon im 13ten Jahrhundert bildete sich eine | s. g. „Steinmetz-Hütte“ (Loge) in Ulm, d. h. eine Zunft von Baumeistern, Malern und Bildhauern. Im J. 1292 kommt ein Conrad Krafft als Obermeister derselben — Magister lapicidarum – vor. Von ihrem Versammlungsorte auf dem Münsterplatze hatte bis auf unsere Zeiten ein Haus daselbst – jetzt Schulhaus – den Namen Hütte. Diese Bruderschaft, nicht ein Einzelner, war es, welche den Plan zu dem großen Werke entwarf. Erst 13 Jahre nach der Grundsteinlegung 1390, wurde von dem Magistrat mit Ulrich von Ensingen, bei Freyburg in der Schweiz, ein Vertrag abgeschlossen, wonach dieser den Bau zu führen hatte. Er starb 1429. Nach seinem Tode wurde sein Sohn Kaspar als Kirchenmeister in Bestallung genommen, ihm folgte später sein Bruder Matthäus und diesem 1465 Moritz, der Sohn des letztern. Moritz führte das Werk bis an seinen Tod, 1480, fort, und brachte die Kirche beinahe zur Vollendung. Nach ihm wurde Matthäus Böblinger von Eßlingen als Kirchenmeister angenommen, der den Bau des Thurms fortsetzte, bis im Jahr 1492, an einem Sonntag, während des Gottesdienstes (der schon seit längerer Zeit darin statt fand) Steine von dem Kirchengewölbe herabfielen und der Grund des Thurmes wich. Jetzt mußte Böblinger die Stadt verlassen, und um der drohenden Gefahr zu begegnen, ließ der Stadtrath von allen Orten her Baumeister berufen. Burkhard Engelberg von Hornberg[1] unternahm es, durch Unterbauen den Thurm gegen den Einsturz zu sichern und führte sein Werk von 1494 bis 1502 aus. Aber nun getraute man sich nicht mehr, den Thurm weiter fortzusetzen, und begnügte sich mit der jetzigen, möglichst einfachen Bedeckung. Auch in der Kirche selbst wurden zur Sicherung des Gebäudes manche Vorkehrungen getroffen, namentlich wurden die Seitengewölbe des Schiffes durch eine Reihe von Säulen unterstützt, und so jedes derselben in 2 Theile getheilt. Die Aufführung der beiden Seitenthürme unterblieb um so mehr, | als, wie es scheint, auch andere Ursachen außer der befürchteten Gefahr die Ausführung des ganzen riesenmäßigen Plans hemmten. Da der Thurm mehrmals vom Blitz getroffen worden, so wurde das ganze Gebäude 1789 mit einem Blitzableiter versehen.

Besondere Beschreibungen des Münsters erschienen 1717 und 1731, 4. mit K., von Elias Frick senior und wieder 1766, 4., herausgegeben von Conrector Hafner, sodann von M. Dieterich, 1825. 8. m. K. Eine genaue Darstellung nach der noch vorhandenen Originalzeichnung in Kupfer gestochen, befindet sich in Mollers Denkmäler der deutschen Baukunst. IV. Heft. Darmstadt 1815. Der Original-Grundriß des Münsters, den der verst. Prälat von Schmid aus Straßburg erhielt, wohin er sich verirrt hatte, wird in der Sakristei aufbewahrt.

Die Dreifaltigkeits-Kirche, auch die Neue-Kirche genannt, die zweite evang. Pfarrkirche. Sie wurde von 1617 bis 1621 auf dem Platze des ehemaligen Prediger- oder Dominikaner-Klosters gebaut. Das Schiff ist 131′ l., 67′ br. und 48′ h. Der Chor ist ein Überrest der alten Klosterkirche. Hinter dem Altar befindet sich ein steinernes Denkmal von 1298, das dem Stifter des Klosters zu Ehren, errichtet wurde, s. u.

Die St. Michaelis-Kirche, ehemals die Kirche des 1803 aufgelösten Wengenklosters, nun die katholische Pfarrkirche. Sie hat einen schönen Altar von Jörg Sürlen, d. j., schätzbare Deckstücke von Kuen, eine vortreffliche Orgel von Holzheu, und einige Bildhauerarbeiten von Verhelst. An dieselbe stößt das ehemalige Wengenkloster an, das nun in eine Kaserne verwandelt ist.

Das Rathhaus. Es ist ein zum Theil sehr altes Gebäude, das schon 1360 unter dem Namen Kaufhaus vorkommt, 1370 und nachher vergrößert wurde, übrigens sich weder in seinem Äußern noch in seinem Innern besonders auszeichnet. Auf der Morgenseite befindet sich eine künstliche Uhr von dem Straßburger Uhrmacher Isak Habrecht 1580 | verfertigt, oder eigentlich wieder hergestellt. Sie zeigt außer den Stunden die Bewegungen der Erde und des Mondes. In den verschiedenen Zimmern sind manche schätzbare Gemälde aufgehängt, darunter in dem Rathszimmer das Brustbild des Königs Gustav Adolph von Schweden, und seit dem 7. April 1835 das lebensgroße Bildniß Sr. Maj. des Königs Wilhelm, von Stirnbrand gemalt, welches die Offiziere des vormals hier in Garnison gelegenen 7. u. 8. Infanterie-Regimentes der Stadt verehrten; in dem des Rathsschreibers eine Abbildung der Stadt mit ihren Befestigungswerken, wie sie 1552 von Albrecht von Brandenburg belagert worden; in der ehemaligen Handwerksstube die Stadt Geißlingen mit dem 1552 zerstörten Schlosse Helfenstein u. s. w. In dem Rathszimmer wurden ehemals die Sitzungen der Schwäbischen Kreisstände gehalten. Unter demselben befindet sich in einem großen Gewölbe das städtische Archiv mit einem reichen Inhalt von Dokumenten und mit vielen Rissen und Abbildungen der Stadt. In diesem Gewölbe steht auch Kepplers metallener Kessel, der als Normalmaß für Ulm 1626 verfertigt, alle Arten von Maß in sich begreift. Merkwürdig sind die unterirdischen Gewölbe unter einem Nebengebäude des Rathhauses, die Veste genannt, deren schauerliche Einrichtung viele Ähnlichkeit mit den Gewölben unter dem Schlosse zu Baden-Baden hat. Sie dienten in älterer Zeit zu Gefängnissen.

Das Deutsche Haus, jetzt Sitz der K. Kreis-Regierung und Finanzkammer. Es ist das regelmäßigste und schönste Gebäude der Stadt, und wurde 1712 bis 1718 von dem deutschen Orden, der hier einen Commenthurei-Sitz hatte, (s. u.) an die Stelle eines ältern gebaut. Kurz vorher, 1700 war auch die alte 1347 gebaute Kirche abgebrochen und neu gebaut worden, die aber 1818 mit dem Thurm auch wieder weggeschafft wurde.

Der Neue Bau, Sitz des Königl. Cameral-Amt, ein weitläufiges, massives Gebäude an der Blau, übrigens nichts weniger als neu. Sein Name „Nyhus“ kommt schon 1356 vor. Es steht auf der Stelle der alten Kaiserlichen | Pfalz und diente nach dieser zum Aufenthalt der Kaiser und Könige, weßwegen es lange der Kaiser- oder Königshof hieß. In der Nähe stand auch die K. Kapelle zum Heiligen Kreuz. Vor Zeiten hielt im neuen Bau der Magistrat während der Kreisversammlungen seine Sitzungen. Einige Zimmer dienten zu Staatsgefängnissen. Im obern Theile ist der cameralamtliche Fruchtkasten eingerichtet.

Das Steuerhaus, das seinen Namen von seiner frühern Bestimmung hat. Es steht auf dem Weinhofe und wurde 1491 erbaut. Unter Bayern war ein Theil desselben dem Gymnasium gewidmet, jetzt dient es zum Sitz des Oberamtsgerichts und zu andern Zwecken.

Der Gerichtshof, vormals das Schwörhaus. In ältern Zeiten stand hier die Kapelle zum h. Kreuz. Sie wurde 1610 abgebrochen, und auf ihrem Platze ein schönes großes Gebäude erbaut, das bis 1803 zur jährlichen Huldigungsfeierlichkeit bestimmt war. Am 15. October 1785 brannte das Gebäude ab und es wurde dafür 1789 das jetzige aufgeführt. Im Erdgeschoß befindet sich der Weinstadel; im ersten Stock war ein großer offener Saal, worin sich das Patriciat am Schwörtage versammelte; unten auf dem Weinhofe legte die Bürgerschaft den Huldigungseid ab. In diesem Gebäude war früher auch die Stadtbibliothek aufgestellt.

Das Gymnasium, ein ehemaliges Franciskaner Mönchs-Kloster, das 1531 seine jetzige Bestimmung erhielt. Es ist ein weitläufiges Gebäude, und für sämmtliche lateinische und Real-Schulen, auch zur Wohnung des Rectors eingerichtet.

Das evang. Dekanat, sonst die Sammlung genannt. Vormals ein Francisk. Nonnenkloster, erhielt es nach der Reformation die Bestimmung eines evangel. Fräuleinstifts, das aber 1809 aufgelöst wurde, s. u. Jetzt dient es dem evang. Dekan und dem Stiftsverwalter zur Wohnung.

Die Oberamtei, in der Frauenstraße, ein geräumiges Gebäude; es war ehemals der Hof des Klosters Kaisersheim, und erhielt 1811 seine jetzige Bestimmung.

| Das Ober-Postamt, der vormalige Salmansweilische Hof; das Gebäude wurde 1794 neu aufgeführt.

Das Schauspielhaus, ein massives Gebäude, das 1782 nach dem Vorbild des abgebrannten Stuttgarter Theaters gebaut wurde, und gut eingerichtet ist. Ein stehendes Theater hatte übrigens die Stadt nie.

Das Zeughaus, jetzt eine Kaserne, ein weitläufiges Gebäude mit einem großen Hofe. Seinen Namen hat es von seiner früheren Bestimmung.

Das Herzogliche Palais, der Dreifaltigkeitskirche gegenüber, ein neues schönes weitläufiges Gebäude. Es wurde 1772 neu aufgeführt, dem Eigenthümer 1808 von der Stadt für 13.000 fl. abgekauft, und 1810 im Nov. als K. Würt. Eigenthum übernommen. Unter Königl. Bayerischer Regierung war es der Sitz des General-Commissairs, unter Würtembergischer der eines Landvogts und nachher des Königl. Regierungs-Präsidenten, jetzt dient es S. H. dem Herzog Heinrich v. Würtemberg zur Wohnung.

Unter den merkwürdigern Privathäusern führen wir theils wegen seiner Lage an der Donau und der schönen Aussicht, theils wegen seiner historischen Bedeutung an:

Den Gasthof zum Schwarzen Ochsen bei der Donau-Brücke. Er war in ältern Zeiten der Hof des Klosters Reichenau und kam im 15ten Jahrhundert in Privathände. In der Mitte des 16ten Jahrhunderts besaß ihn Hans Ulrich Ehinger, bei dem K. Karl V. mehrmals sein Quartier nahm, wie insbesondere i. J. 1548, als der Kaiser in der Stadt das Interim einführen wollte, so wie 1547, als er sich mit dem Herzog Ulrich von Würtemberg nach dem Schmalkaldischen Krieg aussöhnte, und der Herzog in Folge des Heilbronner Vertrags dem Kaiser den bekannten Fußfall zu Pferd that. 1787 wurden die Gebäude für 7000 fl. verkauft und zu einem Gasthofe eingerichtet; der Platz dabei heißt der grüne Hof; die Reichenauer Mönche hatten hier ihren Garten. Ausserdem hat aber die Stadt noch manche andere bemerkenswerthe Gebäude, auf die wir zum Theil nachher | kommen werden, als der Spital, die Halle (Gräth), das Kornhaus, das Polizeihaus, ehemals städtische Waisenhaus, die obere Stube etc. Sodann sind noch mehrere Kirchen und Kapellen, Klöster und Klosterhöfe vorhanden, welche zu andern Zwecken bestimmt worden sind. Nach Weyermann hatte Ulm ehemals 15 Kirchen, gegen 40 Kapellen, 4 Mannsklöster, 8 Frauenklöster, 13 Klosterhöfe – aber wohl nicht zu gleicher Zeit! Im 14. Jahrhundert allein wurden 6 Kapellen auf öffentliche Kosten gebaut. Herr Pfarrer Dieterich führt in seiner Beschreibung von Ulm ausser den drei bestehenden noch 10 weitere Kirchen und 29 Kapellen namentlich auf. Die Kirchen, die übrigens größtentheils auch bloße Kapellen waren, sind:
1) Die Barfüßerkirche, seit 1808 zur Halle gehörig, s. u.
2) Die Deutschehaus-Kirche, s. o.
3) Die Spitalkirche, s. Spital.
4) Das Dreikönigskirchlein, in der Frauenstraße, vormals ein Eigenthum der Krafftischen Familie und von dieser 1332 erbaut, nun Privat-Magazin und Bierkeller.
5) Die St. Jakobskirche, dem Rathhaus gegenüber, 1281 erbaut und 1535 abgebrochen.
6) Die Heiligkreuzkirche, auf dem Weinhofe, wo auch die alte K. Kapelle gestanden hat, 1315 erbaut und mit ihrem hohen Thurme „Lug ins Land" genannt, 1610 abgebrochen.
7) Die St. Peter- und Paulskirche des Klosters Salmansweil, in der Frauenstraße, 1581 abgebrochen.
8) Die Kirche zu U. Herrn Ruhe, an ihrer Stelle wurde 1407 das Kornhaus erbaut.
9) Die St. Sebastianskirche, in der Hahnengasse, 1536 verkauft und anders verwendet.
10) Die St. Johannis Kirche, ebenfalls nicht mehr vorhanden.

Von den Kapellen bemerken wir hier nur die St. Görgen-Kapelle des Klosters Bebenhausen, welche von dem Herzog Ulrich von Würtemberg 1536 dem Bürgermeister Besserer geschenkt und dann abgebrochen wurde.

Die Klöster werden wir unten noch abhandeln.

Die Klosterhöfe, welche sich bis auf unsere Zeiten erhalten haben, waren:

1) Der Salmansweiler Hof (Post); 2) der Kaiserheimer | Hof (O.Amtei); 3) der Wiblinger Hof; 4) der Urspringer Hof; 5) der Elchinger Hof und 6) der Roggenburger Hof.

Von andern Gebäuden verdienen wegen ihrer eigenthümlichen niedlichen Einrichtung die s. g. Grabenhäuslein erwähnt zu werden, 177 einstöckige Häuschen, welche zusammenhängend gebaut auf dem Graben stehen und 2/3 der Stadt umgeben. Ihr Bau wurde 1666, nach einer andern Angabe aber schon 1608 angefangen und 1666 nur anders eingerichtet. Sie dienten bis zur Auflösung der reichsstädtischen Verfassung den Garnisonssoldaten der Stadt zur freien Wohnung. Unter Bayerischer Herrschaft wurden sie an Einwohner der Stadt verkauft.

Die Einwohner und ihr Nahrungsstand.

Die Zahl der ortsanwesenden Einwohner betrug wie oben schon angegeben worden, im J. 1834 – 15.173, und die Zahl der Ortsangehörigen in demselben Jahre – 12.934. Im J. 1832 betrug letztere 12.077, davon waren abwesend 570, dagegen Fremde in der Stadt – 3050. Dieser Stand der Bevölkerung ist so ziemlich derselbe wie er seit 200 Jahren war. Nur in noch ältern Zeiten scheint die Stadt eine stärkere Bevölkerung gehabt zu haben, wenn es nämlich richtig ist, daß die Zahl der Geburten im 16. Jahrhundert auf 800 bis 900 sich belief. Diese Zahl wurde nach den jetzt herrschenden Verhältnissen zwar nicht auf eine Bevölkerung von „wenigstens 25.000,“ aber doch von 18.000 Einwohner schließen lassen; allein auch dieser Schluß ist darum nicht ganz richtig, weil damals noch mehrere umliegende Dörfer in die Stadt eingepfarrt waren. Im J. 1796 zählte Ulm 11.468, 1811 – 11.809 und 1822 – 11.665 Einwohner ohne Fremde.

Unter der jetzigen Anzahl der Ortsangehörigen von 12.934 sind:

Männlich 6117, weiblich 6817. Evang. 12.281. Kath. 640. Juden 13.
Die Zahl der Familien beträgt 2891.
Die Zahl der Ehen 2261.
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Die Zahl der Geburten beträgt im Durchschnitt jährlich 550.
Die der Todesfälle 520.
Die Zahl der Gebornen verhält sich also zu der der Lebenden wie 1:22. Die der Gestorbenen mit 1:22,3.

Wie der Oberamtsbezirk überhaupt, so zeichnet sich insbesondere auch die Stadt durch eine große Anzahl von unehelichen Geburten aus; sie verhalten sich zu den ehelichen wie 1:4,2; besonders auffallend aber ist die große Sterblichkeit in der Stadt, wie in dem Amte. So groß auch die Fruchtbarkeit ist, so werden im Durchschnitte doch kaum so viele Menschen geboren als sterben. Nach Schmid sind allein in den 4 Jahren 1796 bis 1800 – 768 M. mehr gestorben als geboren wurden. Es wäre der Mühe werth, dieser Erscheinung gründlich nachzuforschen; allein dazu sind die neuern Bevölkerungslisten zu mangelhaft und die alten sind größtentheils bei keiner Behörde mehr zu finden. Soviel sich jedoch aus einzelnen noch vorhandenen Listen abnehmen läßt, so liegt der Grund des ungünstigen Verhältnisses auch hier, wie auf dem Lande und in andern Donau- und oberschwäbischen Bezirken wieder in dem ersten Lebensjahre. Denn auch in Ulm stirbt jährlich beinahe die Hälfte der Gebornen wieder im ersten Lebensjahre. Vergl. vorn S. 32.

Die Einwohner Ulms sind nach der Schilderung des Herrn Pfarrers Dieterich (dessen Beschreib. der Stadt Ulm S. 106 u. f.) im Allgemeinen biedere und thätige Leute, gutmüthig, gesellschaftlich und lebenslustig. In den Sitten, Gebräuchen und in der Kleidung hat sich freilich bei den Ulmern seit den großen politischen Umwälzungen manches geändert. Die alte Ulmertracht, mit den kostbaren Perlenkränzen, weißen und auch silbernen und goldenen Hauben, silbernen, mit goldenen Buckeln gezierten Gürteln und Preisketten, welche sonst die Frauen vom höhern und Mittelstande trugen, sieht man nur noch an Portraits; an ihre Stelle ist in den höhern und niedern Ständen die allgemein herrschende Mode getreten. In den Häusern findet man allenthalben große Reinlichkeit und im Allgemeinen vielen Wohlstand. Was man auch über den Luxus unserer Zeit sagen mag, so war er doch | in Ulm ehemals viel größer und viel kostbarer als er jetzt ist. Man vgl. darüber Schmid in den Würt. Jahrb. 1822. S. 341 u. ff. Daß die Stadt auch viele ausgezeichnete Männer hervorbrachte, davon liefern Weyermanns Nachrichten von Ulmischen Gelehrten und Künstlern, 1r Thl. Ulm 1798. 2r Thl. Ulm 1829, den Beweis.

Die Einwohner nähren sich hauptsächlich vom Gewerbe und Handel, zum Theil auch vom Feldbau. Die Markung ist nicht unbedeutend; zu dem Flächenraum, den die angeschlossene Tabelle angibt, kommen noch auf bayerischem Gebiet nach einer ältern Aufnahme 5286 Morgen; immerhin aber ist das Verhältniß der Markung zu dem der Bevölkerung gering, zumal da ein großer Theil der Markung in ungebautem Ried besteht, und bloß als Weide theils für das einheimische Rindvieh, theils für die benachbarten Orte dient. Es gehört namentlich ausser dem jenseits der Donau auf Bayerischem Gebiete gelegenen „Ulmer Ried,“ auch das Göcklinger Ried dazu. Alle Bemühungen der städtischen Behörden, den Weidgang aufzuheben, sind bis jetzt fruchtlos geblieben. Im Übrigen aber wird der Feldbau mit Fleiß und Zweckmäßigkeit betrieben, besonders hoch gesteigert ist der Gartenbau, s. S. 44. Daß Ulm ehemals auch Weinbau gehabt habe, ist schon vorn S. 45 gezeigt worden. Nicht unwichtig sind für die Stadt auch die Torfstiche, welche sie auf dem Göcklinger Ried schon seit dem Jahre 1616 unter mancherlei Unterbrechungen betreibt. Die Stadt hat auch einen schönen Viehstand, worunter sich der der beiden Bleichinhaber Kiderlen und Heinrich, und des Langmüllers Wieland besonders auszeichnet. Daß auch die Viehmastung stark betrieben wird, ist schon vorn bemerkt worden.

Die auf dem Grund-Eigenthum haftenden Lasten betragen 688 fl. in Geld und 1233 fl. in Naturalien. Davon kommen der Armenstiftungs-Verwaltung 1131 fl., dem Staat 548 fl. zu, das Übrige vertheilt sich unter die Stadtpflege, die Kirchen- und Schulstiftung u. a. Die Zehnten, groß und klein, hat der Spital, mit Ausnahme des s. g. Meßner-Zehnten | im Örlinger Thal, den die Kirchenstiftung hat. Die Gewerbs-Industrie steht zwar nicht auf der Höhe, auf der man sie in Ulm erwarten sollte, immer aber ist sie nicht unbedeutend. Die Stadt hat mehrere Fabriken, 1044 selbstständige Handwerksmeister mit 803 Gehülfen, 177 Kaufleute u. Krämer, ferner 4 Apotheken, 4 Buch- und Kunsthandlungen, 6 Buchdruckereien, 6 Lithographien, 63 Schildwirthschaften, 20 Speisewirthschaften und Kaffeehäuser nebst 4 Billard, 1 Badeinrichtung, 34 Brauereien, welche vorzügliches, das bekannte Ulmer Bier liefern, 4 Essigsiedereien und 64 Branntweinbrennereien, 2 große Bleichen, eine städtische Kalk- und Ziegelbrennerei, wozu neuerlich noch eine zweite von einer Privat-Gesellschaft gekommen ist, und 20 Mühlen und Werke, s. vorn die Liste. Die oben angeführten 10 Fabriken sind:

Die Messingfabrik von J. F. Wieland, welche in sehr gutem und wachsendem Betrieb steht, und Messingblech und Messingwaaren aller Art liefert.

4 Tabaksfabriken, wovon die von den Gebrüdern Wechsler, welche über 300 Arbeiter beschäftigt, die bedeutendste ist.

1 Papierfabrik.

2 Tabakpfeifen-Fabriken, von J. u. M. Leibinger. Sie verfertigen die bekannten Ulmer Pfeifenköpfe und andere Gegenstände aus Maserholz, womit sich ausser den beiden Fabriken noch 10 Meister mit 11 Gehülfen beschäftigen, in frühern Zeiten aber viermal so viel sich beschäftigt haben, so lange die hölzernen Pfeifenköpfe noch mehr im Gebrauch waren. Das sehr gute Gewerbe wurde 1733 von dem Ulmer Weber Jak. Glöcklen gegründet, dessen Pfeifenköpfe sehr gesucht wurden.

2 Zunderfabriken. Diese Fabriken und noch 10 andere Zundermacher verfertigen eine Menge von Zunder, wozu der Schwamm hauptsächlich aus Illyrien kommt.[2]

| Sehr stark wurde in Ulm von jeher die Leinenweberei betrieben, noch jetzt zählt die Stadt 68 Leinenwebermeister mit 41 Gehülfen; aber 1787 soll sie 223, und 1530 sogar 470 Meister gehabt haben. Die Hauptblüthezeit war die vom 14. bis ins 17te Jahrhundert. In dieser Zeit war Ulm der erste Platz der Leinenweberei und die Hauptniederlage des Schwäbischen Leinwandhandels. Noch jetzt heißt die Schwäbische Leinwand in der Handelswelt „Ulmer Leinwand,“ während die Schweizer „Constanzer Leinwand“ genannt wird. Die Ulmer Leinwand stand früher hoch über jeder andern Leinwand; selbst der Schlesischen Leinwand wurde der Ulmer Stempel aufgedrückt, um sie für Ulmer auszugeben. Besonders berühmt waren ehemals auch die „Ulmer Schecken,“ eine buntfarbige Leinwand. Noch in dem Zeitraum von 1776–1780 sollen jährlich 23.000 Stück gebleichte und 32.000 St. ungebleichte Leinwand von Ulm versendet worden seyn; jetzt schlägt man den Verkehr im Ganzen noch zu 3 bis 4000 St. an, obgleich die Fabrikation selbst noch immer lebhaft betrieben wird. Vergl. S. 54 und 56. Neben der Leinwand lief als ein sehr lebhaft betriebener Gewerbs- und Handels-Gegenstand, die Barchentweberei, die jetzt ganz unbedeutend ist. Im 16ten Jahrhundert sollen jährlich 40.000 bis 50.000 Stück Barchent, die in und um Ulm verfertigt wurden, versendet worden seyn. Mauthen und auswärtige Concurenz, wodurch insbesondere der frühere Absatz nach Italien vernichtet worden ist, haben beiderlei Gewerben den Stoß gegeben. Die Arten von Leinwand, welche jetzt hauptsächlich bereitet werden, sind die gewöhnlich glatte Leinwand (Loden), Kölsch (aus rohem oder gebleichtem und blau gefärbtem Leinengarn), farbige Leinwand, Federritte (auf der einen Seite haarig) und Sacktücher, letztere jedoch meist von Baumwolle.[3]

Die Wollenweberei beschäftigt sich zunächst nur mit gröbern Wollenwaaren, Friesen, Flanellen etc. und ist von | keiner besondern Bedeutung. In ältern Zeiten aber machten auch hierin die Ulmer Marner, Loderer oder Grautuchner, wie man die Weber in gröbern Wollenwaaren zu Ulm nennt, bedeutende Geschäfte.

Eines der stärkern Gewerbe ist auch das der Gerber, hauptsächlich Rothgerber. Eine gute Seidenfärberei, die einzige, welche bis jetzt mit Glück und Geschick in Würtemberg unternommen worden ist, von Fr. Ed. Rueß, und eine Papierfärberei, verdienen ebenfalls bemerkt zu werden. Außerdem zeichnen sich der Uhrmacher Stoß in Verfertigung von Thurmuhren nach neuer und eigenthümlicher Einrichtung, und neuerlich der Mechanikus Otto Autenrieth in ihrem Fache aus. Ein von alten Zeiten her lebhaft betriebenes Gewerbe ist auch das der Bäcker, welche nicht nur die so gen. Geigen oder Mutscheln, die weit versendet werden, sondern von denen auch einige das Zuckerbrod, unter dem Namen „Ulmerbrod“ allgemein bekannt, liefern. S. vorn S. 57.

Einen Beweis von der Vollkommenheit, worin ehemals viele Gegenstände von den Ulmer Gewerben geliefert wurden und zum Theil noch geliefert werden, gibt die Zubenennung derselben von der Stadt: Ulmer-Leinwand, Ulmer-Köpfe, Ulmer-Bier, Ulmer-Brod, Ulmer-Gerste, Ulmer–Mehl etc. Die Ulmer-Gerste (Kochgerste) wurde übrigens meist außerhalb Ulm verfertigt, und das Ulmer-Mehl hat neuerlich erst wieder durch die Söflinger Kunstmühle Credit erhalten. Unter die vorzüglich bedeutenden Gewerbe gehört auch noch das Schiffergewerbe. Die Stadt zählt 62 Schiffermeister. Ungefähr die Hälfte davon beschäftigt sich mit der Schifffahrt, 6 mit der Fischerei und 24 mit dem Schiffbau, die letztern werden Schopper genannt. Seit neuerer Zeit treibt ein großer Theil der Schiffmeister auch einen ausgedehnten Holzhandel. Die Schifffahrt geht auf der Donau von Ulm bis Wien. Die Wintermonate abgerechnet, geht wöchentlich ein Ordinari-Schiff dahin ab, wenn es nöthig ist, geht auch noch ein Extra-Schiff. Die Schiffe führen Waaren und Reisende, und brauchen gewöhnlich 8–10 Tage zu ihrer Fahrt. In | voriger Zeit sollen sie jährlich 70–80.000 Ctr. hinabgeführt haben; in den letzten Jahren waren es im Durchschnitt jährlich 16–17.000 Ctr. und 300 Reisende, auf 51 Schiffen. Die Schiffe kehren nicht zurück, sondern werden in Wien verkauft. Die Donau herauf kommen jährlich nur ungefähr 12 Regensburger Schiffe, zusammen mit einer Ladung von etwa 1500 Ctr., die in Stahl, Terpentinöl, Wachs, auch Wolle etc. besteht, sodann noch 4 Deggendorfer Schiffe mit Glas.

Der Ladungs- und Landungsplatz befindet sich auffallend genug immer noch auf der Insel, der Schwal genannt, und somit auf Bayerischem Gebiete, obgleich derselbe füglich zunächst der Stadt hergestellt werden könnte.

Die Ulmer Schiffe sind sehr einfach gebaut, weil sie die Fahrt nie zurück machen. Sie theilen sich in Hauptschiffe und Blätten. Ein Hauptschiff ist 72′ l. 12 bis 14′ br. und 3′ tief und ladet, je nach dem Wasserstande, 3 bis 600 Ctr. Eine Blätte ist 58′ lang und 11′ breit und ladet 200–300 Ctr. Sie unterscheidet sich von einem Hauptschiffe in der Bauart dadurch, daß das Hintertheil abgestumpft ist, während jenes vorn und hinten sich zuspitzt. Beiderlei Schiffe sind mit einer in 2 Theile getrennten Cajüte versehen, wovon die eine, heizbare Hälfte zur Aufnahme der Reisenden dient. Ein Hauptschiff kommt auf 300 fl. zu stehen, in Wien wird es zu 40 bis 60 fl. verkauft. Ausser diesen beiden Schiffsgattungen gibt es auch noch eine dritte kleinere Gattung, Schiffszillen genannt, welche nur 48′ l. und 10′ br. sind und 100–150 Ctr. laden. Die Zahl der Schiffe, welche jährlich gebaut werden, beläuft sich auf 40–50, und wenn die Schifffahrt lebhaft ist, auch auf mehr.

Die regelmäßige Wochenfahrt nach Wien soll erst seit 1712 bestehen. Es gingen aber schon lange vorher Schiffe nach Wien und selbst bis Ofen und Pesth. Bis 1571 soll die Fahrt auf Flößen gemacht worden seyn, aber die Schiffmacher oder Schopper bildeten längst vorher eine eigene Innung; nach einer Ordnung vom Jahr 1475 durften sie | kein Schiff länger als 75 und nicht breiter als 91/2 Fuß machen. Das ganze Gewerbe wird von der Schifferzunft gemeinschaftlich betrieben.

Die Mühlen und Werke der Stadt bestehen in 11 Mahlmühlen, 3 Sägemühlen, 1 Schleifmühle, 1 Lohmühle, 2 Öl- und Gypsmühlen, 1 Walkmühle, 1 Kupferhammer, wozu dann noch die Papiermühle und 7 Brunnenwerke kommen. Sie werden, wie schon bemerkt worden, sämmtlich von der Blau getrieben. Eine im Jahr 1833 erst erbaute Sägemühle ist eine Windmühle, die sehr gut eingerichtet ist, leider aber unter der häufig eintretenden Windstille leidet.

Der Handel ist neben den Gewerben eine Hauptnahrungsquelle der Stadt, obgleich auch er nicht in der Ausdehnung betrieben wird, die er nach den örtlichen Verhältnissen haben könnte. Die Hauptgegenstände sind außer dem innern Verkehr meist Gegenstände des Aktivhandels, und zwar landwirthschaftliche Erzeugnisse, darunter hauptsächlich Sämereien, Spargeln und Spargel-Setzlinge, Holz, Öl, Kochgerste, Mehl, sodann Ulmerbrod, Bier, Zunder, Tabak, Leder, Leinen-, Wollen- und Baumwollen-Waaren, Pfeifenköpfe, Bücher, ferner Wein und Eisenwaaren nebst Salz, vormals Hauptartikel des Ulmer Handels, s. o. Gewerbe. Nicht unwichtig war sonst auch der Colonialwaaren-Handel, in neuerer Zeit aber hat sich derselbe durch die benachbarte auf bayerischem Gebiete entstandene Zucker-Raffinerie in Reuti, welche auch im Kleinen verkauft, sehr vermindert. Der Holzhandel wird durch die Illerflößerei begünstigt; er besteht in Bauholz und Schnittwaaren, welche ihren Absatz theils im Auslande theils in den benachbarten Oberämtern haben. Durch die Betriebsamkeit des Canstatter Handelshauses Keller und Fischer hat sich in neuerer Zeit insbesondere ein bedeutender Handel mit Brettern gebildet, welche die Iller herab aus den Oberämtern Wiblingen und Leutkirch, hauptsächlich aber aus der Gegend von Kempten kommen, von Ulm nach Canstatt auf der Axe und von da den Neckar und Rhein hinabgehen. Minder bedeutend ist der Holzhandel auf der Donau, er erstreckt sich blos bis Lauingen | und Dillingen, wohin wöchentlich etwa zwei Flöße gehen. Außerdem werden auf der Donau jährlich eine Menge Schnecken ausgeführt, wenn gleich nicht mehr so viele wie früher, wo jährlich 400 bis 500 Tonnen, je zu 10.000 Stück, also 4 bis 5 Millionen Stück, versendet wurden. Der Speditionshandel ist zwar nicht unbedeutend, aber doch nicht das, was er seyn könnte. In den letzten 3 Jahren wurden im Durchschnitt jährlich 25.000 Ctr. spedirt, und zwar 8000 Ctr. zu Land und 17.000 Ctr. zu Wasser auf der Donau s. o. Der Speditionshandel umfaßt hauptsächlich den Verkehr von Frankreich nach Österreich mit Krapp und franz. Weinen, sodann Käse und Fettwaaren, welche aus Oberschwaben, der Schweiz und Vorarlberg ebenfalls nach Österreich gehen. Dem Handelsverkehr zu Wasser stehen unter andern Hindernissen nicht nur die bedeutenden städtischen Wasserzölle an der Donau hinab, sondern auch der hemmende Zunftzwang bei den Schiffern in Ulm entgegen.

Der Ulmer Handelsstand theilte sich früher in die Zunft der Kaufleute und in die Krämerzunft; zu der erstern gehörten nur die Großhändler. Auf die frühere Bedeutung des Ulmer Handels werden wir bei der Geschichte der Stadt zurückkommen.

Die Stadt hat 2 Messen, 5 Roßmärkte, 2 Rindvieh- und Schafmärkte, worunter die Roßmärkte insbesondere stark besucht sind, sodann sehr lebhafte Wochenmärkte mit einem bedeutenden Fruchtmarkt. Auf letzterem wurden 1833 86.741 Scheffel Früchte für 697.753 fl. verkauft, wovon über die Hälfte ins Ausland ging.

Das Gemeindewesen der Stadt ist in Ordnung. Die Stadt ist schuldenfrei, besitzt ein nicht unbedeutendes Grundeigenthum nebst einem verzinslichen Capital-Vermögen von 80.000 fl. Die städtischen Einkünfte belaufen sich auf 57.000 fl., und sind mehr als hinreichend, die Ausgaben zu decken. Siehe die Tabelle.[4] Dazu kommt noch ein sehr bedeutendes, theils | öffentliches, theils Privat-Stiftungs-Vermögen, mit einem jährlichen Ertrag von 175.000 fl. s. u.

Das Wappen der Stadt ist ein getheilter Schild, dessen oberes Feld schwarz, das untere weiß ist. In den ältesten Zeiten bestand das Wappen in einem einfachen Adler mit ausgebreiteten Flügeln ohne einen Schild. Zum Abzeichen von andern Städten, die den Kais. Adler führten, ward darein noch eine Lilie und ein Stern gesetzt; erstern soll zum Zeichen gedient haben, daß Ulm schon unter den fränkischen Königen eine Villa regia war, letzterer soll unter K. Rudolph von Habsburg dazu gekommen seyn. Später, im 14. Jahrhundert, findet man den Adler auf einem Schilde, dem jetzigen Ulmer Schild stehend, der an die Stelle der beiden Abzeichen getreten zu seyn scheint.

Die kirchlichen Verhältnisse betreffend ist die Stadt seit 1809 in 2 evangelische Pfarrsprengel getheilt, und hat seit 1805 auch eine kathol. Pfarrei. Zu diesen drei Pfarreien kommt noch 1 evangel. und 1 kathol. Garnisons-Pfarrei, jedoch ohne eigene Kirchen und ohne eigene Geistliche. Die evangelischen Pfarreien sind: 1) die Münsterpfarrei, 2) die Dreifaltigkeitspfarrei. In die Münsterkirche sind 2/3 mit Ruhethal, in die Dreifaltigkeitskirche 1/3 der evangelischen Einwohner mit Böfingen, Örlingen und Oberthalfingen eingepfarrt. An jener sind 4 Geistliche, ein erster Prediger, zwei Stadtpfarrer und ein Helfer; an dieser 2, ein Stadtpfarrer und ein Helfer, angestellt. Die erste Predigerstelle am Münster ist mit der eines General-Superintendenten verbunden, der aber seinen Sitz dermalen in Stuttgart hat. Der erste Stadtpfarrer ist zugleich Dekan, ein Helfer Garnisonspfarrer. Die kathol. Pfarrei ist mit einem Stadtpfarrer, der zugleich kathol. Dekan und Garnisonspfarrer ist, und mit 2 Vikarien besetzt. Die katholische Pfarrkirche ist die St. Michaels- ehemalige Wengen-Kirche. Das Patronatrecht der Kirchenstellen hat die Krone.

Sämmtliche evangel. Einwohner zusammen haben einen gemeinschaftlichen Gottesacker vor dem Frauenthor, wovon der östliche Theil seit 1805 der Begräbnißplatz der Katholiken | ist. Die evangel. Cultkosten einschließlich der Baulast von Kirchen und von Wohnungen und Besoldung der Geistlichen werden von den städtischen Kirchen-Stiftungen getragen, die katholischen von dem Staat. Das Kirchengut der Stadt ist sehr bedeutend, es beläuft sich auf 731.900 fl., einschließlich 267.000 fl. grundherrlicher Vermögenstheile.

Schulden sind nicht vorhanden; die jährlichen Einkünfte betragen 43.000 fl. Aus denselben werden auch sämmtliche Schulanstalten einschließlich des Gymnasiums unterhalten. Die Verwaltung wird von einer besondern Stelle, die Kirchen- und Schul-Stiftungsverwaltung, früher Pfarrkirchenbau-Pflegamt genannt, geführt.

Die Schulanstalten der Stadt sind:

1. Ein Gymnasium, das aus 2 obern und 4 mittlern und untern Klassen nebst einer Elementarklasse besteht, und mit einem Rektor, 4 Professoren, 1 Oberpräceptor und 3 Präceptoren besetzt ist. Die Anstalt besteht schon seit der Reformation unter mancherlei Veränderungen.

2. Eine Real-Anstalt, 1809 und 1811 eingerichtet mit 5 Klassen, 5 ordentlichen und mehreren außerordentlichen Lehrern.

3. 13 evangel. Elementar- oder deutsche Schulen, darunter 2 sogen. Armenschulen mit 11 Schulmeistern und 3 Provisoren, sodann 1 kathol. Schule mit 1 Lehrer, 1 Klein-Kinderschule seit 1835 und 2 weitere Schulen in dem Catharinenstift, wovon unten die Rede seyn wird. Die Stiftungs-Kasse bezahlt für alle in diesen Schulen befindlichen Kinder das Schulgeld theils ganz, theils hälftig.

4. Eine Industrie-Schule, worin Unterricht in weiblichen und andern Handarbeiten, auch in Baumzucht und in Gartenarbeiten ertheilt wird, s. u. Erziehungs-Anstalt.

5. Eine Sonntags-Gewerbs-Schule für Gesellen und Lehrjungen, welche seit 1826 besteht, gegenwärtig über 400 Schüler zählt, von den städtischen Behörden rühmlichst unterstützt wird, und unter der jetzigen sehr thätigen Leitung des Professors Haßler in blühendem Zustand ist.

| 6. Eine Privat-Töchterschule, mit 4 Lehrern und 3 Lehrerinnen, welche unter der Leitung des Helfers Scholl steht und 60 Schülerinnen, Töchter der Honoratioren, zählt.

Die Stadtbibliothek, eine öffentliche Bibliothek. Sie ist auf dem vormaligen Schuhhause aufgestellt. Schon 1518 wurde auf die sogen. „Zimmerhütte“ eine Liberei auf gemeine Kosten gesetzt. Die Sammlung vermehrte sich durch die Bibliotheken von Klöstern, welche durch die Reformation aufgehoben wurden, durch Vermächtnisse und Ankäufe bedeutend, erlitt aber 1785 durch den Brand des Schwörhauses, in dem sie seit 1636 gestanden hatte, einen großen Verlust. Einen reichen Zuwachs von mehr als 7000 Bänden erhielt sie dagegen 1826 durch die Erhardt v. Schadische Bibliothek, womit sie jetzt über 16.000 Bände nebst vielen schätzbaren Handschriften enthält, worunter sich auch ein Theil des literarischen Nachlasses von dem verstorbenen Prälaten von Schmid und dem Pfarrer Weyermann befinden, welche der Stadtrath gekauft hat. Zur Vermehrung der Bibliothek sind die Zinsen aus einem 1788 dafür ausgesetzten Capital bestimmt. Einer der Stadtgeistlichen ist gegenwärtig Bibliothekar.

Wohlthätige Anstalten.
Das Spital (zum h. Geist). Dasselbe steht unfern der Dreifaltigkeitskirche und des Gänsethors, und ist ein altes, aus mehreren Theilen bestehendes weitläufiges Gebäude, worin die Hospitaliten und die bei der Anstalt Angestellten, sowie die dazu gehörigen Hofbauern wohnen. Die Anstalt ist sehr alt; daß sie aber 1183 auf dem Michelsberge gestiftet, und nachher herabgesetzt werden sey, ist eine Verwechslung mit einer ganz andern Anstalt, aus der das Wengenkloster hervorgegangen ist. Im Jahr 1240 nahm König Conrad, der Sohn Kaisers Friedrich II., „das Spital, das die Bürger von Ulm bei der obern Brücke über den Ufern der Donau zu Ehren des h. Geistes errichtet haben,“ in seinen Schutz. Sein Vater, der Kaiser, that dasselbe 1241 und 1243, und von dieser Zeit an wuchs die Anstalt durch Stiftungen aller Art zusehends, | obgleich ein unglücklicher Brand 1306 das ganze Gebäude in Asche legte. Die Anstalt besitzt ein Vermögen, das ihr jährlich 70 bis 80.000 fl. Einkünfte gewährt. Das Vermögen besteht in Grundeigenthum, (2100 M.), Gefällen an vielen Orten, und in einem schuldenfreien Capital-Vermögen von 349.210 fl.

Es werden 200 bis 300 Hospitaliten theils ganz umsonst, theils als Pfründner gegen ein eingebrachtes Capital in der Anstalt verpflegt. Auch für die Aufnahme von kranken Dienstboten und Handwerksburschen ist in der Anstalt gesorgt.

Zweige der Anstalt waren vormals und sind es zum Theil noch jetzt: „das fallende Haus“ (für Epileptische), „das unsinnige Haus“ (für Geisteskranke), „das Kindbetterstüblein,“ „die Zuchtstube“ (für Ungeordnete). Die Anstalt hat ihren eigenen Haushalt, die Verköstigung ist jedoch verpachtet, ebenso auch die Bewirthschaftung der eigenthümlichen Güter. Die Verwaltung wird unter der Aufsicht des Stiftungsraths und des gemeinschaftlichen Oberamts von dem Hospitalpfleger, Spital-Verwalter, ehemals auch „Hofmeister,“ und so lange die Anstalt noch eine halbgeistliche Einrichtung hatte, blos „Meister“ genannt, besorgt. Das Spital hat von alten Zeiten her sein eigenes Siegel, eine Taube, als Symbol des h. Geistes. Ehemals hatte die Anstalt auch ihre eigene Kirche, die Heiliggeist-Kirche oder Spitalkirche. Sie stand im Hofe des Spitals, wo sie 1372 von einem Roth erbaut wurde. Der Gottesdienst darin hörte auf, nachdem die Dreifaltigkeitskirche 1621 erbaut war, und 1819 wurde sie ganz abgebrochen.

Die Siechenhäuser, deren die Stadt ehemals mehrere hatte, sind längst eingegangen; eines davon, vor dem Frauenthor, ist in ein Militär-Spital verwandelt.

Armenkasten. Er entstand, wie in andern Städten, zur Zeit der Reformation durch Zuweisung von gewissen Spenden. Seine Bestimmung ist, theils bürgerliche, theils fremde Arme mit wöchentlichen Almosen und auf andere Weise zu unterstützen; er wurde daher auch in „den bürgerlichen Almosenkasten“ und den „Fremd-Almosenkasten“ getheilt, und ist | jetzt in die Armenkasse verwandelt, mit welcher der Wohlthätigkeits-Verein verbunden ist. Von derselben werden ausser andern Unterstützungen jährlich 11 bis 12.000 fl. an wöchentlichen Almosen vertheilt. Die Verwaltung führt unter der Aufsicht des Kirchen-Convents eine eigene Armen-Commission. Die Zahl der Stadtarmen, welche Unterstützung erhalten, beläuft sich dermalen im Ganzen auf 400 bis 500.

Das Erziehungshaus, auch Catharinenstift, gemeiniglich Institut genannt. In dieser sehr wohlthätigen Anstalt, welche durch die Zeit der Noth 1817 ins Leben gerufen worden ist, werden dermalen 122 arme Kinder beiderlei Geschlechts erzogen und unterrichtet. 43 davon sind sogen. Instituts-Kinder, welche ganz in die Anstalt aufgenommen sind, die übrigen befinden sich nur den Tag über darin, erhalten aber außer dem Unterricht auch Kost und größtentheils auch Kleidung von der Anstalt. In der Anstalt wird sämmtlichen Kindern auch Anweisung in Handarbeiten ertheilt, sie ist daher zugleich eine Industrieschule s. o. Die Anstalt wird mit einem jährlichen Aufwand von 7 bis 8000 fl. unterhalten, woran das Spital dermalen ungefähr 7300 fl. trägt, das Übrige von Privatstiftungen und Privatbeiträgen bestritten wird. Sie steht unter der Leitung des Wohlthätigkeits-Vereins, der in Ulm, wie in andern Städten, durch gleiche Veranlassung, wie die Anstalt selber entstanden ist, und unter der sehr eifrigen Theilnahme des verstorb. Oberamtmanns, Regierungsraths v. Muff, von seiner Entstehung an sehr wohlthätig gewirkt hat. Die Anstalt selber ersetzt zugleich eine Lücke, welche durch Aufhebung des Waisenhauses, das die Stadt für sich, und ihr ehemaliges Gebiet von 1553 an hatte, bis dasselbe 1812, als überflüssig neben den allgemeinen Waisenhäusern, aufgehoben wurde.

Die Wittwen- und Waisen-Anstalten a) der geistlichen, b) der weltlichen Diener. Jene wurde 1702, diese 1740 für Stadt und Land errichtet. Beide beruhten auf Einlagen und Beiträgen der Angestellten. Die geistliche wurde 1811 mit der allgemeinen geistlichen Wittwenkasse, jedoch bis | zu ihrem allmähligen Erlöschen unter besonderer Verwaltung, vereinigt; die andere besteht noch jetzt. Eine geistliche Wittwe erhält dermalen 90 fl., eine weltliche 80 fl. Die gleiche Summe geht auch auf die Waisen nach dem Tode der Wittwe, und zwar bei den geistlichen auf 8 Jahre, bei den weltlichen auf 25 Jahre über.

Die Privatstiftungen der Stadt sind nicht minder bedeutend als die öffentlichen; es sind ihrer nicht weniger als 156, welche zusammen ein jährliches Einkommen von 52.397 fl. und neben vielen Gefällen ein Stiftungs-Vermögen von 702.840 fl. Capitalien haben. Sie stehen zum Theil unter dem Stiftungsrath, zum größten Theil aber haben sie ihre eigenen von dem K. Oberamte beaufsichtigten Verwalter. Die meisten dieser Stiftungen sind zu Stipendien für Studirende gemacht. Die größten sind: die von Besserer’sche Stiftung mit 209.236 fl. neben vielen Gefällen, von Hans von Besserer 1528, und später von seinen Nachkommen zu Stipendien und zur Unterstützung von Familiengliedern, so wie auch für das Spital gemacht; sie gewährt dermalen einen Ertrag von 15.063 fl.; die Gassoldische Stiftung, mit 74.742 fl. und einigen Gefällen, von Ulrich Peter und Prominius Gassold 1543 zum Besten der Familie gestiftet; die Kargische Stiftung mit 69.887 fl., zum Besten der Familien Schad, Kraft und Roth; die allgemeine v. Kraftische Stiftung mit 35.435 fl. von 1375 an, außer mehreren einzelnen Stiftungen von den Kraftischen zum Besten der Familie gestiftet.

Von dem Sammlungsstift und andern Anstalten, welche Ulm ehemals hatte, dem Findelhaus, den Frauenhäusern, den Klöstern wird unten in dem geschichtlichen Abschnitte die Rede seyn.

Polizeiliche und andere Anstalten.
Das Polizeihaus, eine der Straf-Anstalten des Königreichs, für Sträflinge, welche zu mehr als 4 Wochen und weniger als 3 Monat Freiheitsstrafe verurtheilt sind. Die Anstalt befindet sich seit 1818 in dem ehemaligen Waisenhause. | In reichsstädtischen Zeiten hatte Ulm sein eigenes Zucht- und Arbeitshaus.

Die Post- und Boten-Anstalt. Ulm ist eines der 4 Hauptpostämter des Königreichs, es hat tägliche, sowohl fahrende als Briefpost-Curse. In ältern Zeiten ging der (von Karl V. zuerst eingerichtete) Postenlauf von Günzburg über Elchingen und Westerstetten; erst 1690 wurde in Ulm ein ordentliches Postamt errichtet. Bis dahin wurde die Verbindung mit Elchingen durch die Mezger, sogen. Postreiter, unterhalten, welche auch die Reisenden führten. Außer den Posten gehen regelmäßig wöchentlich mehrere Boten oder Frachtfahrer nach bestimmten Plätzen ab, s. S. 63.

Die Halle. Sie befindet sich mit dem Hauptzollamte in dem alten Wag- und Lagerhaus, sonst auch die Gräth genannt. Zweige davon sind: das sogen. Kirchlein, ehemals Barfüßer Kirche, der Weinstadel und noch eine vierte Niederlage. Der Märkte ist oben S. 64 erwähnt.

Straßen und Brücken. Die Straßen der Stadt, welche ehemals mit Gerölle (Kieseln) gepflastert waren, werden in neuerer Zeit allmählig mit breiten Pflastersteinen versehen. Von der Stadt gehen 7 Haupt-Landstraßen aus: die Stuttgarter, die Nürnberger, die Augsburger, die Memminger, die Biberacher, die Ehinger, die Blaubeurer. Die Brücken der Stadt sind schon oben S. 81 abgehandelt.

Die Beleuchtung der Straßen wurde schon 1795 in der langen Straße, sodann 1804 in den Hauptstraßen eingeführt, später aber auch auf weitere Straßen ausgedehnt. Sie geschieht auf Kosten der Stadt durch Hängelaternen.

Die Brunnen-Anstalten sind vorzüglich, wenn gleich keine ausgezeichnete Brunnen vorhanden sind. Durch 7 mechanische Brunnenwerke, welche mit einem jährlichen Kosten von mehr als 4000 fl. von der Stadt unterhalten werden, wird das beste Quellwasser, das sich größtentheils in der Stadt selber befindet, nach allen Richtungen und in jedes bedeutendere Haus vertheilt. Das älteste dieser Werke, das bei dem deutschen Haus, ist von 1528. Sehenswerth sind insbesondere | die Werke beim Frauenthor, wovon das eine kürzlich eine neue, sehr vereinfachte Einrichtung von dem geschickten Fabrikanten Wieland erhalten hat. Die Werke sind insbesondere auch auf die, in Ulm überhaupt musterhaft eingerichteten, Feuerlösch-Anstalten berechnet.

Eine Bade-Anstalt, das Griesbad genannt, befindet sich in der untern Stadt; sie ist gut eingerichtet und wird von den Einwohnern fleißig besucht. Den Sommer über sind auch an der Donau mehrere Badehäuschen aufgeschlagen. In ältern Zeiten hatte Ulm eine große Menge von Badstuben.

Das Bürgermilitär. Ulm hatte, wie wir nachher sehen werden, von alten Zeiten her ein regulirtes Bürgermilitär. Unter bayerischer Herrschaft wurde es aufgehoben, und dafür die bayerische Nationalgarde 1807 auch in Ulm eingeführt. Unter Würtemb. Herrschaft wurde diese Garde 1811 wieder aufgehoben, dagegen wurde 1829, wie in manchen andern Städten, auf höhere Veranlassung eine freiwillige Bürgergarde gebildet, welche aus einem Jäger-Corps zu Fuß und einem Reiter-Corps, Ehrengarde genannt, besteht.

Anstalten zur Unterhaltung und zum geselligen Vergnügen.

Das Theater. Ein stehendes Theater hat Ulm nicht, wohl aber ein gut gebautes Schauspielhaus, s. o. In demselben werden jährlich einige Monate lang von fremden Schauspieler-Gesellschaften Vorstellungen gegeben. In Ermanglung derselben füllt auch eine Liebbaber-Theater-Gesellschaft die Lücke aus. Schon 1641 war in Ulm ein Theater für die Schüler des Gymnasiums erbaut worden. Das jetzige wurde, wie oben schon bemerkt worden, 1782 erbaut.

Das Museum, auch „die obere Stube“ genannt. Die Gesellschaft besteht aus mehr als 300 Mitgliedern; ihr nächster Zweck ist der einer Lesegesellschaft. Der Name: „die obere Stube,“ ist der Name des Gebäudes, worin sich die Gesellschaft seit 1817 befindet. Es war dies das Gesellschafts-Gebäude | der Patrizier. Zu den Vorrechten der Ulmer Patrizier gehörte, daß sie von allen Zunftinnungen frei waren. Dagegen hatten sie bis 1815, wo das Haus verkauft wurde, ihren Vereinigungspunkt in einem eigenen Hause, das „die obere Stube“, auch „die Burgerstube“ genannt wurde, weil die Patrizier ehemals vorzugsweise Burger oder Bürger hießen. Im Gegensatz gegen die obere Stube gab es auch eine „untere Stube,“ welche das Gesellschaftshaus der gleichfalls vor andern Zünften bevorzugten Krämer- und Kaufleute-Zunft war.[5]

Vergnügungs-Plätze der Ulmer sind außerhalb der Stadt: die Friedrichsau, ein Wäldchen an dem linken Donauufer, 1/2 Stunde unterhalb der Stadt, das 1811 in einen angenehmen Park mit niedlichen Anlagen und Lusthäuschen umgeschaffen wurde, und seinen jetzigen Namen erhielt.

Der Blumenschein, im Blauthale, eine berühmte Ulmer Gastwirthschaft, die seit 1704 besteht.

Die Wilhelmshöhe, sonst „Lug ins Land“ genannt, auf der südwestlichen Seite der Stadt, ein besonders schön gelegener und neuerlich stark besuchter Platz, mit einem neu gebauten großartigen Gebäude und vortrefflichem Bierkeller. Man genießt hier die schönste Aussicht ins Donau- und Blauthal.

| Das Schießhaus, auch die Schützen genannt. Es ist das Schießhaus der Ulmer Schützen-Gesellschaft und mit angenehmen Anlagen, zu welchen schöne Alleen führen, und mit einer Wirthschafts-Einrichtung verbunden. Es liegt jenseits der Donau auf bayerischem Gebiete, 1/4 Stunde südlich von der Stadt. Ebenfalls auf bayerischem Gebiete, abwärts an der Donau, liegt auch ein anderer alter Vergnügungsplatz, das Steinhäule.

Trotz der Verwüstungen während der Kriegszeiten finden sich um die Stadt selber mancherlei schöne Spaziergänge, worunter sich die Promenade vom Gänsthor an der nördlichen Seite der Stadt vorbei bis zum Göcklinger Thor auszeichnet.

Ein eigenthümliches und altherkömmliches Vergnügen war für Ulm das Fischerstechen, ein Wasserturnier, das zu reichsstädtischen Zeiten alle 2 Jahre gegeben wurde, in neuern Zeiten aber seltener geworden ist.

Ein landwirthschaftlicher Verein besteht schon seit 1817 in der Stadt, seine Thätigkeit ist besonders durch den verstorbenen Oberamtmann, Regierungsrath v. Muff, sehr belebt worden.

Offentliche Blätter erscheinen in Ulm:

1) Ulmisches Intelligenzblatt, ein Wochenblatt, das schon seit 1752 herauskommt;
2) der allgemeine Anzeiger für den Donaukreis. Er erscheint seit 1819 und ist zugleich offizielles Blatt;
3) der Ulmer Landbote, ein politisches Blatt, seit ungefähr 50 Jahren;
4) Kronik der Kreishauptstadt Ulm, zum Theil politisches Blatt, seit 16. Oct. 1830.
5) Sonntagsblatt zur Belehrung und Unterhaltung für die Jugend, seit 1834. Die Ulmer Zeitung hörte 1834 auf.
Zugehörungen und Umgebung der Stadt.

Die Stadt ist ganz mit zerstreuten Wohnsitzen umgeben, die zu der Stadt gezählt zu werden pflegen; sie bildeten zum Theil einzelne Gruppen zusammen; wir bemerken:

| Ziegelstadel, eine kleine Viertelstunde südwestlich von der Stadt über der Donau, eine sehr bedeutende Ziegel- und Kalkbrennerei mit mehreren Gebäuden. Sie ist ein Eigenthum der Stadt. Unterhalb desselben liegt die Ziegellände mit der Niederlage von Brettern und Bauholz von den Illerflößen. Es befindet sich hier eine Überfahrt über die Donau. Ein anderer Ziegelstadel, Privateigenthum, steht westlich von jenem, rechts an der Straße, zwischen dem Kuh- und Galgenberge.

Der Blumenschein, eine Wirthschaft (s. o.) und nahe dabei „die obere Bleiche“ mit dem Kupfer- und Eisenhammer und andern Werken, im Blauthal, ebenfalls eine kleine Viertelstunde von der Stadt. Wie überhaupt die um die Stadt her gelegenen Gebäude, so wurden auch die obere und die untere Bleiche in Kriegszeiten mehr als einmal, einige Nebengebäude aber zuletzt noch 1800 zerstört. Abwärts liegen noch:

die untere Bleiche, 1/4 Stunde von der Stadt;

die Papiermühle und der Niederländerhof, vormals das Brechhaus, nun des Scharfrichters Wohnung, und endlich 3/8 Stunden von der Stadt

die Friedrichsau, s. o.

Auf eine weitere alte Zugehörung der Stadt, Ruhethal, werden wir weiter unten kommen.

Der Stadt unmittelbar gegenüber und nur durch die Donau getrennt, auf der alten Stadtmarkung, liegt Neu-Ulm, eine K. Bayerische Ansiedlung, welche erst entstanden ist, seitdem Ulm an Würtemberg gekommen ist.

An den die Stadt begrenzenden Bergen und Anhöhen zeichnen sich die vielen „Gartenhüterhäuschen“ aus, welche mit den übrigen umliegenden Wohnsitzen den Anblick der Stadt und Gegend ausnehmend beleben. Überhaupt kann man die Gegend von Ulm zu den schönern rechnen; nur Schade, daß sie so häufig mit Nebeln bedeckt ist! Wie oben schon bemerkt worden, lehnt sich die Stadt an den Fuß der Alp an, die hier ziemlich steil, und in bedeutenden Höhen abfällt, während auf der andern Seite, jenseits der Donau, | eine weite Ebene sich ausbreitet. Die Ausgezeichnetsten der Berge sind

Der Michelsberg, der seinen Namen von dem Kloster und der Kirche St. Michael hat, die hier gestanden haben, s. Wengenkloster. Er liegt nördlich von der Stadt, zwischen dem Ruhethal und dem Örlinger Thälchen, und erhebt sich 366 P. F. über die Donau und 1822 P. F. über die Meeresfläche. An dem Berg führt die s. g. Frauensteige, oder die Straße nach Stuttgart hinauf. Auf der Höhe hat man eine sehr schöne und weite Aussicht, und die beste Übersicht über die Stadt. Der Michelsberg ist insbesondere in den letzten Kriegen als ein Hauptvorwerk der Festung Ulm berühmt geworden, s. o. Der untere westliche Theil des Berges heißt der „Kienlensberg oder Kühnlensberg“. Auf dem Felsenvorsprung an demselben hatte Napoleon seinen Standpunkt genommen, als er 1805 die in Ulm gefangen genommene Öster. Armee unter Mack vorbei marschiren und das Gewehr strecken ließ.

Der Kuhberg, südwestlich von der Stadt, ein von dem Hochsträß herziehender Rücken, der in den untern und den obern Kuhberg getheilt wird, und die gleiche Höhe wie der Michelsberg hat. In seiner letzten Abstufung gegen die Ulmer Ziegelhütte heißt er der Galgenberg. Über diesen und an dem untern Kuhberge vorüber zieht die Straße nach Ehingen und in die Schweiz. Über die naturhist. Verhältnisse, die Erdrutschen an dem Kuhberge, s. o. S. 17.

Der Safranberg, der sich östlich an dem Michelsberg anreiht und seinen Namen von dem Safranbau haben soll, der früher neben dem Weinbau daran statt fand. An demselben führt die Alpecker Steige hinauf. In einem Gartenhüterhäuschen an dieser Steige hatte Napoleon am 16. Oct. 1805 eingekehrt, um die Stadt und Gegend zu recognosciren.

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Geschichte der Stadt.
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Ursprung und Ausbildung der Stadt und deren Einwohner.

Ulm ist eine sehr alte Stadt; wann es aber gegründet worden und ob es schon zu den Zeiten der Römer oder vielleicht gar noch früher seinen Anfang genommen habe, darüber fehlt es gänzlich an sichern Nachrichten. Eben so ungewiß, als der Ursprung der Stadt, bleibt der Ursprung ihres Namens. Die meiste Wahrscheinlichkeit hat die Meinung Schmids für sich, daß der Name von dem altdeutschen Worte Holm, Olm – wasserreiche, sumpfige Gegend, abzuleiten seyn dürfte. Noch im 15ten Jahrh. führen Ulmer Münzen die Umschrift: Moneta Olomorensis.

Die unzweifelhaften urkundlichen Nachrichten über Ulm beginnen mit dem J. 854. Aus ihnen geht hervor, daß Ulm eine königliche Villa, d. h. ein königl. Hofgut mit einem kön. Pallaste, Pfalz war, wo die Könige und Kaiser sich sehr viel aufgehalten haben.[7]

| Wer die Villa erbaut habe, ist ebenfalls ungewiß. Gemeiniglich wird ihre Gründung K. Karl d. Gr. zugeschrieben; es ist aber mehr als wahrscheinlich, daß sie schon vor ihm vorhanden war. Schon sehr frühe findet man neben den Königen noch einen zweiten Besitzer von Ulm und seinem Bezirke. Es war dieser das Kloster Reichenau. Nach einer Urkunde von 813 schenkte K. Karl d. Gr. dem Kloster die K. Villa Ulm. Die Urkunde, welche häufig, auch bei Crusius, abgedruckt ist, wird zwar mit guten Gründen für unächt gehalten, deßwegen kann aber ihr Inhalt in der Hauptsache doch richtig seyn, wie das häufig bei unächten Urkunden der Fall ist. Daß eine Schenkung an das Kloster vorgegangen, und daß dieselbe wahrscheinlich von Karl dem Großen gemacht worden ist, beweist der Besitzstand des Klosters und der Umstand, daß man von einer spätern Schenkung nichts weiß.[8]

Da jedoch die Könige und Kaiser auch nach der Schenkung das Palatium und die dazu gehörigen Güter besaßen, und noch in einer Urkunde von 1241 von einem Königl. Gutsverwalter die Rede ist: so muß man annehmen, daß die dem Kloster geschenkte Villa nur ein Theil von Ulm gewesen sey, und zwar derjenige Theil, womit die Kirche verbunden war. Wie weit sich das K. Kammergut in der Gegend erstreckt habe, läßt sich aus den noch vorhandenen Nachrichten durchaus nicht mehr genau ermitteln. Der Besitzstand des Klosters erstreckte sich zunächst über den Sprengel der Kirche zu Ulm.

Aus der Königlichen und des Klosters Villa Ulm entstand allmählig die Stadt Ulm. Sehr wahrscheinlich ward Ulm schon im 10. Jahrhundert, aus Veranlassung der Einfälle durch die Ungarn, ummauert worden, bestimmt aber wird | Ulms als eines befestigten Orts (oppidum) im Jahr 1027 erwähnt. Sein ursprünglicher Umfang war jedoch nicht groß; wie sich aus Schriften und einigen noch vorhandenen Überresten von Mauern und Thürmen nachweisen läßt, umfaßte er nur denjenigen Theil der jetzigen Stadt, welcher vom Lautenberg oder dem neuen Bau an, innerhalb der sogenannten Mehlwage die Hasengasse hinab bis zur Sammlung, und von da über den grünen Hof (b. schwarzen Ochsen) bis zur Donau, und an derselben aufwärts bis zur Schapfenmühle und unten am Weinhof vorbei bis wieder zum Lautenberg liegt. Wo der neue Bau ist, stand die Königliche Pfalz, der Kaiser- oder Königshof; auf dem Weinhofe war die K. Kapelle zum h. Kreuz. Die Stadt hatte 3 Thore, das Löwenthor bei der Mehlwage, das Leonhards-, nachher Frauenthor bei der Sammlung und das Armbrusterthor an der Donau. Ein kleines, nun abgebrochenes Thor, das Trinkthörlein genannt, führte unten am Weinhofberge an die Blau. Um die Stadt her befanden sich die nicht unbedeutenden Vorstädte Schweighofen, Westerlingen und die Löwen-Vorstadt. Die erstere lag jenseits der Donau, durch eine Brücke mit der Stadt verbunden, und war ursprünglich der Königliche Meierhof. Sie stand noch 1372; denn in diesem Jahre verbietet der Stadtrath aus Rücksichten der Vertheidigung, neue Häuser in Schweighofen zu bauen und neue Bürger daselbst anzunehmen.

In dem Kriege, welchen K. Lothar mit Conrad und Friedrich von Hohenstaufen um die Kaiserkrone führte, wurde Ulm, da es mit letztern hielt, 1134 von Herzog Heinrich von Bayern, Lothars Schwiegersohn, zerstört. Nachdem Lothar selbst seinen Tod 1137 gefunden hatte, und Conrad Kaiser geworden war, nahm sich dieser Ulms an; die entflohenen Einwohner kehrten zurück und bald stand eine größere und schönere Stadt da, deren Umfang bis auf den heutigen Tag so ziemlich derselbe blieb. Im J. 1300 wurde die Stadt mit einem tiefen Graben umgeben, 1331 und nachher mit einer 8 bis 10′ dicken Mauer mit Thürmen und | andern Bollwerken versehen, wovon noch 2 Thürme an der Donauseite stehen. Neue Befestigungen erhielt die Stadt in dem Zeitraum von 1480 bis 1582, sodann zu Anfang des 30jähr. Kriegs und in dem Span. Erbfolgekrieg. Sie bestanden außer der gewöhnlichen Stadtmauer und dem Stadtgraben aus einem hohen mit Backsteinen untermauerten Walle mit 10 Bastionen, einem breiten Wassergraben und einigen Aussenwerken. Eine Hauptfestung aber wollte Österreich zu Ende des vorigen Jahrhunderts aus Ulm machen. Der General Mack kam zu dem Ende in Begleitung des Majors von Dedowich, der den Bau leitete, am 14. März 1797 selbst nach Ulm. Aus ganz Schwaben wurden Arbeiter zu dem Werke aufgeboten, und es wurden nun nicht nur die alten Werke verbessert, sondern auch noch viele neue an den Ufern der Donau und Blau und auf den die Stadt beherrschenden Höhen – dem Galgenberg, Michelsberg und Geißenberg, angelegt. Aber kaum hatte man sich dem Ziele genähert, als die Franzosen neuerdings über den Rhein brachen und ein mit Östreich abgeschlossener Waffenstillstand ihnen die Schleifung von Ulm, Philippsburg und Ingolstadt einräumte. Am 17. Oct. 1800 wurde mit der Demolirung angefangen, und damit so eifrig fortgefahren, daß innerhalb eines Jahrs schon der größte Theil dem Boden gleich gemacht war. Bei dem Wiederausbruche des Kriegs 1805 wurden zwar die noch vorhandenen Festungswerke, insbesondere das Fort auf dem Michelsberg auf Anordnen Macks, so gut es in der Eile seyn konnte, neuerdings wieder hergestellt, aber es geschah nur, um nach der Einnahme von Ulm durch die Franzosen sie vollends ganz zu zerstören, und den Ruhm des österr. Feldherrn unter ihren Trümmern begraben zu sehen. Von nun an hörte Ulm auf eine Festung zu seyn; ein späterer Plan, es zu einer Bundesfestung zu machen, wurde glücklicher Weise wieder aufgegeben.

Die Einwohner Ulms theilten sich schon frühe außer den Königl. Dienstleuten, welche bald allmählig verschwanden, in zwei Klassen: die Patricier und die | Handwerker. Die Patricier bestanden aus denjenigen Einwohnern, deren Voreltern freie Grundeigenthümer des Landes, Land-Edelleute waren, und wegen der immerwährenden Fehden und Kriege des Mittelalters hinter den Mauern der Stadt Schutz und Sicherheit gesucht, und sich da häuslich niedergelassen hatten. Sie bewohnten vorzugsweise das alte Oppidum Ulm, und hießen auch vorzugsweise Burger oder Bürger, bis diese Benennung allmählig auch auf andere Einwohner übergegangen war, worauf sie den Namen „Geschlechter“ führten, was hauptsächlich von 1372 an geschah. Ihrer Abkunft nach gehörten also die Patricier dem Adel an, durch ihren Wohnsitz und ihre Beschäftigung, die meisten nahmen an Handel und Gewerbe Theil, näherten sie sich dem Bürgerstande, genossen aber in der Gemeinde mancherlei Vorrechte. Um ihren halberloschenen Adel zu erneuern, wurde ihnen in späterer Zeit von K. Karl V., 29 Oktober 1552, auf ihre Bitten ein gemeinschaftlicher Adelsbrief ertheilt. Die 17 Geschlechter, welchen diese Ehre wiederfuhr, waren: die Baldinger, Besserer, Ehinger, Geßler, Günzburger, Krafft, Lieber, Löw, Neidhardt, Rehm, Rehling, Roth, Schad, Schermar, Stammler, Strölin, Ungelter. Andere Geschlechter waren bereits verschwunden, dagegen kamen neue hinzu. Im J. 1802 waren es folgende Geschlechter, aus welchen das Ulmer Patriciat bestand: Baldinger, Besserer, Frick, Heilbronner, Krafft, Neubronner, Schad, Schermar, Seutter, Strauß, Welser, Wölkern.

Die Handwerker bildeten die zweite Klasse des Bürgerstandes. Das gewerbliche Bedürfniß hatte sie, wie anderwärts, schon frühzeitig in Innungen und Zünfte vereinigt, welche dann bald auch eine politische Bedeutung erhielten. Die Zahl der Zünfte stellte sich allmählig auf 21. Jeder, der nicht zu den Geschlechtern gehörte, welche in gewisser Art ihre eigene Zunft, die Herrenzunft, bildeten, mußte eine Zunft annehmen; auch die Gelehrten waren nicht ausgenommen.

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Ulm, eine zwischen dem König und dem Kloster Reichenau getheilte Gemeinde, wird eine Königliche Munizipalstadt, und diese eine freie Reichsstadt.

Der getheilte Besitz von Ulm scheint die Folge gehabt zu haben, daß die Einwohner anfänglich auch in zwei Gemeinden getheilt waren, eine Königliche und eine Reichenauische. Die letztere stand unter ihrem eigenen Klostervogt mit eigener Gerichtsbarkeit. Auf dem grünen Hofe wohnten einige Kloster-Conventualen, welche die Verwaltung leiteten und beaufsichtigten, und zugleich die Kirche besorgten. Es fehlte nicht an dem guten Willen des Abtes von Reichenau, seine Herrschaft über ganz Ulm auszudehnen; aber die schlechte Lebensweise seiner Mönche daselbst und die politischen Verhältnisse bewirkten, daß jene, statt zu wachsen, immer mehr herabsank, und sich allmählig in und außer Ulm auf die einer bloßen Patronats- und Gefälle-Herrschaft beschränkte. So flossen beide Gemeinden schon frühzeitig in Eine zusammen, und der König oder Kaiser war allein Herr in Ulm und in dessen Gebiete.

Die Verwaltung wurde von der K. Pfalz aus theils von dem König persönlich, theils durch einen Stellvertreter besorgt. Diese Stellvertreter und Oberbeamten der K. Pfalz waren schon frühe, und wahrscheinlich schon unter den letzten Carolingern die Pfalzgrafen, und wir möchten glauben, daß die benachbarten Dynasten von Ruck, welche man später als Pfalzgrafen von Tübingen kennen lernt, zuerst das Pfalzgrafenamt bei der K. Pfalz Ulm bekleidet haben. In der folgenden Zeit und nach dem Wiederaufleben des Herzogthums waren die Herzoge die natürlichen Stellvertreter des Königs. Nachdem aber die Königliche und die Herzogliche Würde unter den Hohenstaufen vereinigt ward, findet man Kön. Reichsvögte an die Spitze der Verwaltung gesetzt. Es geschah wahrscheinlich in der Mitte des 12. Jahrhunderts, daß das Haus der Grafen von Dillingen mit der Reichsvogtei über Ulm belehnt wurde. Nach dem Tode des Grafen Hartmanns von Dillingen, der keine männliche Erben hinterlassen hatte, 1259, wurde die Reichsvogtei über Ulm mit dem Marschallen-Amt | in Schwaben und dem Gericht in der Pärs von Conradin oder vielmehr seinen Vormündern dem Grafen Ulrich von Würtemberg verliehen.

Der Reichsvogt war der K. Regierungs-Commissär für die Stadt sowohl als für das umliegende K. Gebiet; unter ihm stand der K. Reichsschultheiß. Als Landrichter hatte der Reichsvogt auch außerhalb der Stadt zu Gericht zu sitzen, s. o. S. 70.

Bald bekamen auch die Gemeinde-Angehörigen Theil an der Verwaltung; man findet schon frühzeitig das K. Stadt-Gericht nicht mehr blos mit K. Dienstleuten, sondern auch mit Beisitzern oder Schöffen aus den Vornehmern der Stadt, den edlen Geschlechtern besetzt. Die Erwerbung von Gemeinde-Eigenthum erzeugte bald auch das Bedürfniß einer verwaltenden Behörde: es traten zu den 12 Schöffen, aus welchen das Stadtgericht unter dem Vorsitze des Reichsvogts und des Reichs-Schultheißen bestand, auch noch 12 Rathmannen mit einem Bürgermeister hinzu, und es bildete sich so ein Stadtrath. Aber wie die Schöffen, so wurden auch die Rathmannen blos aus den Geschlechtern genommen. Indessen hatte die Stadt theils unter den Hohenstaufen und schon vorher, theils in den herrenlosen Zeiten des Zwischenreichs nicht nur auf Kosten des K. Kammerguts ihr Gemeinde-Eigenthum immer mehr zu vergrößern, sondern auch sich immer mehr Rechte und Freiheiten zu verschaffen gewußt. Einen Beweis davon liefert der Vertrag vom J. 1255 mit dem Reichsvogt, dem Grafen Albrecht von Dillingen, wodurch sie diesen und seine Nachkommen gleichsam aus eigener Machtvollkommenheit in dem Besitze der Schirmsvogtei bestätigte, und zugleich die ihr und ihrem Schultheißen gebührenden Rechte wahrte. S. die Urkunde in Schmids Mittelalter S. 726.

Kaiser Rudolph von Habsburg, der sich viel in Ulm aufhielt, bestätigte der Stadt nicht nur die alten Rechte und Freiheiten, sondern verlieh ihr auch neue, darunter namentlich durch Urkunde vom J. 1274 XVI. Kal. Maj. das Stadtrecht, und zwar das Stadtrecht von Eßlingen.

| Ob diese Verleihung eine ganz neue, oder nicht vielmehr, wie es wahrscheinlich ist, nur die Erneuerung eines längst erworbenen und ausgeübten Rechts war, wollen wir hier nicht untersuchen. Wichtig für Ulm war ein anderes Recht, das Rudolph der Stadt zu gleicher Zeit verlieh, nämlich das Recht, den Schultheißen selber zu wählen. Dadurch trat die Stadt vollends in die Stellung einer selbstständigen Municipalstadt ein, und bald war nun auch der Schritt zur völligen Unabhängigkeit vollends gemacht. Der Reichsvogt war mit dem Fall der Hohenstaufen so ziemlich verschwunden, das Landgericht in Abgang gekommen; durch Schenkungen, Verleihungen und Käufe ging nicht nur die K. Grundherrschaft vollends ganz in den Besitz der Stadt über, sondern es verschwanden auch die letzten Reste der K. Landeshoheit, Besteuerungsrecht, Floßrecht, Mühlrecht, Zölle, Judengefälle, Umgeld, Blutbann, Wildbann etc. Alles war zu Anfang des 14. Jahrhunderts an die Stadt übergegangen. Zwar hat König Ludwig der Bayer, durch die innere Unruhen in der Bürgerschaft veranlaßt, der Stadt noch einmal 1328 einen K. Reichsvogt in der Person des Grafen Bertholds von Graisbach, gen. v. Neuffen, gegeben, und König Karl IV. hat 1361 das K. Landgericht im Stadelhof wieder herzustellen versucht; aber alles dies konnte nicht hindern, daß der Stadtrath von Ulm die einzige und oberste frei und unabhängig sich bewegende Regierungs-Behörde war und blieb. Sowohl das Herkommen als eine Reihe von k. Urkunden, die wir hier nicht näher bezeichnen können, hatte die Stellung der Stadt als einer freien Reichsstadt mit landesherrlicher Gewalt unabänderlich festgestellt.

Nur das Münzrecht blieb noch längere Zeit K. Regal. Es war nämlich mit der K. Pfalz zu Ulm eine K. Münzstätte verbunden, und noch im J. 1356 war Ulm eine kais. Münzstätte, wie aus einem Befehle erhellt, den König Karl IV. in diesem Jahr an die Städte Nürnberg, Ulm etc. wegen Prägung von Hellern erlassen hat. Im J. 1383 verlieh König Wenzel der Stadt das Recht, Heller mit Hand und Kreuz zu schlagen, behielt sich aber den Schlagschatz vor. Dieses | Recht wurde von Wenzel 1398 ohne Vorbehalt des Schlagschatzes auf 10 Jahre erneuert. Dasselbe that K. Ruprecht 1404 und verlieh der Stadt noch das weitere Recht, auch größere Münzen, Schillinge zu 12 Hellern, zu schlagen. Endlich erhielt Ulm 1552 von K. Karl V. das Privilegium, alle Gattungen goldener und silberner Münzen zu schlagen, und es sah sich dadurch in den vollen Besitz des Münzrechts gesetzt, das es auch häufig ausübte; denn von dieser Zeit an kommen viele Münzen der Stadt Ulm, besonders Dukaten und Thaler vor. Die ältesten Ulmer Münzen, die man kennt, sind vom 11. Jahrhundert, 1087 kommen Sicli monetae Ulmensis, 1091 Solidi monetae Ulmensis vor. Ausführlichere Nachrichten hierüber finden sich in den Würtemb. Jahrbüchern Jahrg. 1834. H. 2.
Verfassung der Stadt.
Die Verfassung der Stadt, welche früher monarchisch, nachher monarchisch-aristokratisch war, wurde jetzt mehr demokratisch. Wie die Schöffen, so wurden anfänglich auch die Rathmannen und ebenso der Schultheiß allein aus den Geschlechtern gewählt, wurden auch alle bedeutenden Ämter nur mit Patriciern besetzt. Jemehr aber Handel und Gewerbe und mit ihnen das Gefühl der Gewerbetreibenden sich hoben, und jemehr man der Zünfte in Kriegszeiten bedurfte, desto stärker und begründeter wurde auch das Verlangen der letztern nach Antheil an der Verwaltung, und desto weniger konnte man dieses Verlangen ganz zurückweisen; schon ums J. 1290 erhielten 12 Zunftmeister Sitz und Stimme in dem Rathe, der sich nun in drei Bänke theilte: die der Schöffen unter dem Schultheißen, die der Rathmannen unter einem Bürgermeister und die der Zünfte unter dem Capitaneus oder Kriegshauptmann, dem Anführer der Zünfte in Kriegszeiten. Aber auch die Mitglieder der Zunftbank waren wenigstens zur Hälfte Patricier, weil sie aus Zunftmeistern bestand, wovon die Hälfte aus jenen gewählt werden mußte. Es konnte daher auch dieser Zustand den Anforderungen nicht genügen. Ein von einem Geschlechter, dem Ulrich Conzelmann, versuchter | Verrath, wodurch die Stadt 1316 in bayerische, nach Andern in österreichische Hände gespielt werden sollte, brachte die Unzufriedenheit zum vollen Ausbruch. K. Ludwig der Bayer kam zur Versöhnung und zur Befriedigung der Zünfte herbei. Er stiftete 1327 einen Vertrag, der erste Schwörbrief genannt, wodurch die bisherige Verfassung aufgehoben und eine neue an ihre Stelle gesetzt wurde. Der Stadtrath wurde in einen großen und einen kleinen Rath getheilt; in letzterem erhielten 15 von den Geschlechtern und 17 von den Zünften (so groß war ihre Anzahl), in ersterem 10 von den Geschlechtern und 30 von den Zünften Sitz. Die Bank der Schöffen wurde mit ihrem Vorstande, dem Stadtschultheißen, ausgeschieden und auf das Gerichtswesen allein beschränkt. Der Stadtschultheiß trat nun überhaupt in ein untergeordnetes Verhältniß zurück, und das Oberhaupt der Regierung ward jetzt der Bürgermeister. Der Schwörbrief, der durch einen zweiten vom J. 1545 bestätigt wurde, sprach zugleich völlige Gleichheit der Rechte und allgemeine Steuerpflichtigkeit aus.

Diese Verfassung behielt Ulm 200 Jahre lang. Kaiser Karl V., der einen Hauptgrund der Schwierigkeiten, auf die er bei Verfolgung seiner Absichten bei den Ulmern stieß, in der Verfassung der Stadt gefunden hatte, und in dieser Ansicht auch von den Patriciern bestärkt worden seyn mag; Karl V. löste die Verfassung auf und gab der Stadt am 18. August 1548 eine neue, wodurch die Aristokratie wieder die Oberhand erhielt. Statt des aus 72 Personen bestehenden großen und kleinen Raths wurde ein Rath von 31 Personen und zwar 21 aus den Geschlechtern und 10 aus den Zünften niedergesetzt, und alle wichtigen Ämter wurden wieder den Geschlechtern vorbehalten. Um jedoch die Unzufriedenheit und Erbitterung der Zünfte hierüber zu beschwichtigen, wurde der neu eingesetzte Rath noch mit 10 Gliedern, und zwar 2 aus den Geschlechtern und 8 aus der Gemeinde vermehrt, und am 22. August 1558 der Stadt ein neuer Schwörbrief, oder ihre neue Verfassungs-Urkunde gegeben, die dann auch bis zur Auflösung ihrer Unmittelbarkeit in Kraft blieb.

| Die Regierungs-Behörde war der Rath, in welchem sich die sämmtliche aus 41 Mitgliedern bestehende gesetzgebende Gewalten vereinigten. Die 2 Ersten des Raths, welche überall das Direktorium führten, hießen die Rathältern, die 3 nächsten Mitglieder waren die 3 Bürgermeister, welche wechselsweise je ein Jahr das Amt führten. Der amtsführende oder regierende Bürgermeister hatte den Vortrag im Rathe, bildete für sich wieder eine Amtsstelle in Schuld- und andern Sachen, und vollzog die richterlichen Erkenntnisse des Raths. Die beiden Alt-Bürgermeister besorgten die Verwaltung des Gebiets, und bildeten das sogen. Herrschafts-Pflegamt. Die genannten Regierungs-Glieder bildeten mit 3 weiteren Rathsherren den Geheimen-Rath, welcher die Verwaltung des Jagdwesens, die Pupillensachen der Geschlechter leitete, auch die auswärtigen Angelegenheiten besorgte. Dem Rath zur Seite stand ein Consulenten-Collegium, Collegium judicum, von dem sich der Rath in wichtigen Rechtsfällen Gutachten erstatten ließ. Der Rath wählte sich alljährlich selber. Er besetzte auch die Ämter meist wieder aus sich.

Die wichtigsten Ämter waren: die Stadtgerichte, und zwar a) das Obergericht, das unter dem Präsidium des Stadtammanns (vormals Stadtschultheiß) ganz mit Rathsgliedern besetzt war; b) das Untergericht, das aus Rathsherren vom Handelsstande bestand, und Schuld- und Gant-Sachen verhandelte; Criminal- und Civil-Prozesse wurden in dem Rathe selbst entschieden; c) das Ehegericht, bei dem auch der Senior der Geistlichkeit saß; d) das Einungsamt, eine Art von Friedensgericht und Polizeistelle. Von dem Obergericht fand keine Appellation statt, von den übrigen Ämtern aber konnte an den Rath, dagegen in Streitsachen, deren Werth über 600 fl. betrug, an das Reichsgericht appellirt werden.

Das Sublevationsamt, das eigentliche Finanz-Collegium, das jedoch nur beaufsichtigend und berathend war. Es wurde erst 1702, zur Zeit der durch den bayerischen Überfall entstandenen Noth, errichtet.

Das Steueramt, die Finanzverwaltungs-Behörde.

| Das Proviantamt, für Verwaltung der Natural-Gefälle.

Das Handwerksamt, das hauptsächlich über das Zunftwesen wachte.

Das obengenannte Herrschafts-Pflegamt, das Hospitalamt, das Religionsamt, das Pfarrkirchen-Bau-Pflegamt, die beiden letztern Ämter bildeten zusammen das Consistorium, das Kirchenbaupflegamt, welches das Kirchengut verwaltete. Es hieß früher auch das Hüttenamt s. o., weil es seinen Sitz in der Hütte beim Münster hatte.

Das Militär bestand aus dreierlei Klassen: 1) Bürgermilitär, 2) Stadtgarnison, 3) Kreis-Contingent. Jeder Bürger, der kein Amt hatte, war bis in sein 70. Jahr bürgermilitärpflichtig. Das Kreis-Contingent, wozu nöthigenfalls die 3 Garnisons-Compagnien verwendet wurden, bestand in 2 Comp. Infanterie vom Regiment Baden-Durlach à 75 M. und 1/2 Comp. Dragonern. In ältern Zeiten war das bürgerliche Heer nach Zünften eingetheilt, welche ein Hauptmann, Capitaneus, der zuleich Oberzunftmeister war, befehligte. Wurde die Stadt von Feinden bedroht, so mußte jeder Bürger zu den Waffen greifen und sie vertheidigen helfen. War ein Krieg auswärts zu führen, so wurde bestimmt, welche Mannschaft, wie viel Spieße und Pferde jede Geschlechter-Familie, wie viel jede Zunft zu stellen hatte. Es waren hauptsächlich die Familien Besserer, Ehinger und Neidhardt, welche die Stelle des Capitaneus bekleideten, und mehrere tapfere Anführer lieferten.

Das Gebiet und die Einkünfte der Stadt.
Das Gebiet der Stadt, das lange blos in den zur Pfarrkirche gehörigen Orten, und auch in diesen nur theilweise, bestand, vergrößerte sich ungemein schnell in dem letzten Viertel des 14. Jahrhunderts. In dieser Zeit kaufte die Stadt von den Grafen von Werdenberg 1377 die beiden Nawe (Langenau), 1383 die Stadt und Veste Alpeck mit allen diesseits des Lonthals gelegenen Orten, als Unter-Elchingen, | Göttingen, Hervelsingen, Wettingen, Setzingen, Neerenstetten und einigen Gütern in Öllingen und Bernstatt für 6830 fl. in Gold, und im J. 1385 alle noch übrige, jenseits des Lonthals gelegene Werdenbergische Orte, Altheim mit Seglingen und Zähringen, Ballendorf, Bissingen, Börslingen, Breitingen, Ettlenschieß, Holzkirch, Neenstetten, Sechstetten, Sinabronn, Weidenstetten und einige (jetzt nicht mehr vorhandene) Höfe für 10.000 fl. Von den Grafen von Helfenstein kaufte sie Geißlingen, die Orte Altenstadt, Amstetten, Kuchen mit Spitzenberg, ferner Güter in Bernstatt, Gingen, Jungingen, Hausen, Überkingen, Böhringen, Sießen, Stubersheim, Lonsee, Oppingen, Halzhausen, Reuti, Urspring, Weiler ob Helfenstein, Rorgensteig, Waldhausen, Türkheim, Schalkstetten, die Vogtei über das Kloster Elchingen u. a. Rechte für 123.439 fl. in Gold. Von den Grafen Ulrich und Conrad von Helfenstein kaufte sie im Jahr 1446 ihre Hälfte an den Zöllen und dem Geleit in der Herrschaft Heidenheim (in der Stadt Heidenheim, Hohenmemmingen, Nattheim und Itzelberg) für 24.000 fl. rhein. in Gold; von den Grafen Friedrich und Ludwig von Helfenstein 1482 verschiedene Güter in Aufhausen, Nellingen, Merklingen, Bermaringen u. s. w. für 24.000 fl. gut rhein.

Von den Grafen von Würtemberg kaufte Ulm im J. 1453 die Stadt und Burg Leipheim für 23.200 fl., eben daselbst von Hans Jerg Güß von Güssenberg zu Brenz und von Friedrich Güß 1581 verschiedene Stiftungen und Pfründen für 6000 fl.; von Lukas Rehms, eines Augsburgischen Patriciers Wittwe 1502 die Burg und das Dorf Riedheim für 8300 fl., von Hans und Heinrich von Bernstatt ihre Leut und Gut daselbst 1432 und 1438 für 4400 fl., von den Herren von Westerstetten 1442 das Dorf Luizhausen, von den von Rechberg 1543 Schloß und Herrschaft Ravenstein und Steinekirch für 8500 fl. in Münz und 1500 fl. rhein. in Gold, und 1563 den Hof Merstetten sammt einigen Feldlehen und Hölzern für 11.500 fl., sowie 1557 einen Wald bei Memmingen für 4000 fl., von den Grafen Fugger von | Babenhausen 1557 einen Wald bei Boos für 4000 fl., von den Herren von Wöllwart 1569 den Kollmannswald für 22.500 fl., vom Kloster Ochsenhausen 1571 die Herrschaft Wain für 65.500 fl., vom Kloster Urspring das Umgeld, Öschei-Amt, den Hirtenstab und einige Sölden in Bermaringen 1512 für 2800 fl. etc. Außerdem hatten die Geschlechter und auch andere Familien der Stadt, die Besserer, Ehinger, Schad, Greck, Krafft, Strölin, Neidhardt, Ungelter, Bitterlin, Gwärlich etc., sehr viele Güter diesseits und jenseits der Donau erworben, die zum Ulmischen Gebiet gezogen wurden.

So war die Stadt in dem Besitze eines Gebiets, das, nach Abzug einiger später davon wieder veräußerten Theile, zuletzt einen Flächenraum von 15 ☐Meilen mit einer Bevölkerung von 37.000 Einwohner enthielt. Das Gebiet wurde in die obere und die untere Herrschaft eingetheilt. Zu der obern Herrschaft gehörten die Oberämter Langenau, Alpeck und (jenseits der Donau) Leipheim nebst mehreren Ämtern etc.; zu der untern das Oberamt Geißlingen und wieder mehrere Ämter. Jedes Pfarrort hatte sein Gericht mit einem Anwalt. Diejenigen Orte, welche jenseits der Donau um das Donau-Ried herumlagen und das Amt Pfuhl bildeten, hießen „die Riedzaun-Orte.“ Sie waren österreichisches Lehen.

Von dem Verhältnisse der Landbewohner zu der Stadt war oben S. 70 schon die Rede.

Die Einkünfte der Stadt wurden zuletzt auf 500.000 fl. geschätzt. Sie flossen aus Grundeigenthum, Lehens- und andern Gefällen, direkten und indirekten Steuern etc. Die direkte Steuer der Bürger war eine Vermögenssteuer von Capitalien, Grundeigenthum und Gewerben. Die Capitalsteuer betrug 20 kr. v. H., die Grundsteuer 15 kr. v. H. In der Reichs- und Kreis-Matrikel war Ulm ziemlich hoch angelegt.

Kirchliche und Cultur-Geschichte.
1. Kirchliche Geschichte.
Ulm hatte von Anbeginn und bis auf unsere Zeiten nur Eine Pfarrkirche, dagegen bestanden neben ihr noch viele | Kapellen und mehrere Klöster mit ihren Kirchen. Wann die Pfarrei gestiftet worden, ist unbekannt, daß sie aber sehr alt ist, unterliegt keinem Zweifel. Mit der Karl d. Gr. zugeschriebenen Schenkung erhielt das Kloster Reichenau das Patronatrecht über die Pfarrkirche zu Ulm. Im J. 1395 vertauschte das Kloster dieses Recht an die Stadt Ulm gegen das Patronatrecht zu Dorndorf. Unter den Kapellen befand sich auch die der K. Pfalz, die Heiligkreuz-Kapelle, wovon die Könige und Kaiser das Patronatrecht für sich behalten hatten. K. Karl IV. schenkte es 1353 dem Kloster Anhausen, von dem es später ebenfalls in den Besitz der Stadt kam. In die Pfarrkirche waren alle umliegenden Orte eingepfarrt. Theils in der Pfarrkirche, theils in den vielen Kapellen waren eine Menge von Geistlichen angestellt. Die Münsterkirche allein hatte vor der Reformation 52 Altäre mit eigenen Pfründen. Alles dieß änderte sich mit der Reformation. Die Klöster wurden bis auf eines aufgehoben, die Zahl der Weltgeistlichen bedeutend vermindert, dagegen in den umliegenden Orten eigene Pfarreien errichtet, wo dieß nicht schon vorher geschehen war.

Die Reformation fand schon sehr frühe Eingang in Ulm; die Einwohner waren längst auf eine Verbesserung der kirchlichen Verhältnisse vorbereitet. Im J. 1519 kam Johannes Eberlin, ein Franziskaner, von Tübingen nach Ulm und brachte durch seine freimüthigen Vorträge, worin er von Andern, namentlich von Johannes Diepold, Priester an der Frauenkirche auf dem Gottesacker, von einem Joh. Jak. Wehr, Pfarrer im Städtchen Leipheim, und auch von Jost Höflich, einem Mönche, der auf dem nahen Geißenberge predigte, unterstützt wurde, eine solche Wirkung hervor, daß schon im J. 1524 einige Bürger den Magistrat um einen evang. Prediger baten. Ein solcher wurde ihnen auch, wiewohl nur sehr ungern, in der Person des Conrad Sam von Rothenacker, Pfarrers in Brackenheim, gegeben. Bald fand die neue Lehre auch in dem Magistrat Anhänger, und nun wurde von 1526 bis 1528 der Frohnleichnamstag, das Ausstellen | und Umtragen der Monstranz, die ewigen Lichter etc. abgeschafft, die deutsche Sprache bei dem Gottesdienst eingeführt, das Cölibat und die Klöster aufgehoben. Im J. 1529 nahm Ulm Antheil an der Protestation gegen den Speyerischen Reichstags-Abschied, und schloß sich von nun an fest an die Sache der evang. Stände an. Auf Betrieb des Bürgermeisters Bernhard Besserer wurden fremde Theologen, Ökolampad, Blarer, Frecht u. a. berufen, um das Werk der Kirchenverbesserung förmlich einzuführen. Die Messe wurde abgeschafft, und am 16. Juli 1531 zum ersten Mal das h. Abendmahl in beiderlei Gestalt gereicht. Die neuen Reformatoren bewirkten zugleich, daß, statt des Zwinglischen Lehrbegriffs, zu dem sich die Stadt bekannt hatte, die lutherische Abendmahlslehre angenommen wurde, und sicherten dadurch der Stadt den Beistand der Lutherischen gegen das benachbarte Bayern und den Kaiser. Im Jahr 1548 wurde das Interim verkündet, aber Geistliche und Bürgerschaft widersetzte sich demselben mit Muth und Standhaftigkeit, bis endlich der Nassauer Vertrag 1552 ihrer Sache den Sieg verschaffte.

Die Klöster, welche Ulm theils früher, theils bei der Reformation noch hatte, waren:

A. Mannsklöster.

1) das Reichenauische Kloster. Es stand auf dem grünen Hofe, war übrigens weniger ein eigentliches Kloster als eine Wohnung für Reichenauische Mönche, deren sich gemeiniglich 6–7 darin aufhielten. Sehr oft verweilte auch der Abt von Reichenau daselbst, s. o. Mit der Herrschaft des Klosters Reichenau in Ulm verschwanden auch seine Mönche schon im 14. Jahrh. aus der Stadt.

2) Das Bebenhäuser- oder St. Jörgen-Kloster. Es stand auf dem Platze des Schulhauses, war aber ebenfalls kein eigentliches Kloster, sondern nur ein Conventualenhaus mit einer Kirche, der St. Georgenkirche, für Bebenhäuser Mönche, welche 1281 zur Besorgung der Klostereinkünfte sich in Ulm ansiedelten, 1348 aber ihr Eigenthum an die Stadt | verkauften. In ihrem Keller trieben die Mönche einen bedeutenden Weinhandel.

3) Das St. Martin-, richtiger St. Marxen-Kloster, ein Karthäuser-Kloster, das 1290 mit Unterstützung der Ehingerischen Familie erbaut, aber wegen der unzüchtigen Lebensart seiner Mönche bald wieder aufgehoben und niedergerissen wurde.

4) das Franziskaner-Barfüßer-Kloster. Es wurde 1229 gebaut, und bestand bis zur Reformation. In Folge der letztern verließen die Mönche 1531 die Stadt, und das Klostergebäude wurde dem Gymnasium, die Kirche aber dem evang. Gottesdienst eingeräumt, bis sie 1808 in eine Mauthhalle verwandelt wurde.

5) Das Dominikaner- oder Prediger-Kloster. Dieses Kloster wurde mit Unterstützung der Krafftischen, Ehingerischen und Ungelterischen Familien 1281 (nach andern Angaben schon 1228) erbaut, und bestand ebenfalls bis zur Zeit der Reformation, wo die Mönche 1531 die Stadt verließen und nach Rottweil zogen, von wo aus sie 1538 ihr Eigenthum für 3000 fl. an das Spital verkauften. Die Klosterkirche wurde in demselben Jahre, das Kloster aber vollends 1613 abgebrochen. Auf dem Platze steht jetzt die Dreyfaltigkeitskirche. Mönche dieses Klosters waren Amandus, oder Heinrich Suso, gestorben 1365, und der nicht unberühmte Felix Faber, auch Fabri, der Verfasser einer Historia Suevorum etc., gestorben 1502. Ein Versuch einer Geschichte des ehemaligen Dominikaner-Klosters in Ulm, von Veesenmeyer, befindet sich in dessen Miscell. lit. und hist. Inhalts. Nürnberg 1812. Nr. XV u. XVI.

6) Das Wengenkloster, das einzige, das bis auf neuere Zeiten als kath. Kloster bestanden hat. Es wurde mit einer dem h. Michael gewidmeten Kirche 1183 von Wittegow von Albegge auf dem Michaelsberge, der davon den Namen erhielt, gestiftet. Der Zweck der Stiftung war der eines Hospitium für Pilgrime. Zu Anfang des 13ten Jahrhunderts, 1215, wurde es zu der Stadt auf die Blau-Insel | herabgesetzt, und von dieser Zeit an hieß es das Kloster „zu den Wengen, – ad Insulas Wengenses“, vermuthlich nach dem Platze, worauf es stand. Der Kirchthurm auf dem Michaelsberge wurde erst 1634 vollends abgebrochen. Von der Blauinsel wurde das Kloster, nachdem es dort in dem Städtekriege 1376 von den Ulmern selbst der Sicherheit wegen niedergerissen worden war, in die Stadt versetzt und dort 1399 eingeweiht. Es war ein regulirtes Chorherrenstift Augustiner-Ordens, das aber unter Ulmischer Hoheit stand. Der Abt, der früher das Kloster Reichenau nach dem Stiftungsbriefe zu bestätigen hatte, wurde von dem Stadtmagistrat bestätigt. Das Wengenkloster war, wie schon bemerkt worden, das einzige Kloster in Ulm, das sich auch durch die Reformation hindurch zu erhalten wußte. Erst unter Bayerischer Herrschaft 1803 wurde es aufgehoben. Seine Besitzungen bestanden in einigen Bauerhöfen, (bis 1652 auch in den Kirchensätzen zu Hervelsingen, Ballendorf und Holzkirch), in Zehnten und andern Gefällen. Nach seiner Aufhebung wurden die Kloster-Gebäude in eine Kaserne verwandelt, die Kirche aber zur katholischen Pfarrkirche gemacht. Der Abt Michael III. (Kuen 1754/64) gab eine Geschichte des Klosters in seiner Collectio scriptorum rerum historico-monastico ecclesiasticorum etc., G. A. Christmann eine Abhandlung über die Verhältnisse zwischen dem Chorherrnstift und der Reichsstadt Ulm. Ulm 1797, heraus.
B. Nonnenklöster.

1) Das Nonnenkloster St. Clara, auch St. Damian, oder der Elisabetherinnen auf dem Gries; über seine Stiftung und seine Verlegung nach Söflingen, s. Söflingen.

2) Das Kloster zu St. Afra oder zum h. Stern. Es wurde 1409, in der Heerdbrucker-Gasse, erbaut, und war ein adeliges Benediktiner-Nonnenkloster. Wegen ärgerlicher Lebensart der Nonnen wurde das Kloster bald aufgehoben.

3) Das Nonnenkloster in der Eich. Es war ein Beguinenkloster, deren Ulm auch noch andere gehabt zu haben scheint.

| 4) Das Brigitten-Kloster, Maria-Klösterlein, in der Kramgasse. Es wurde erst 1490 erbaut und bei der Reformation wieder aufgehoben.

5) Die Sammlung, oder das Franciskaner-Nonnenkloster der dritten Regel. Schon diese Ordens-Regel zeigt, daß es ebenfalls ursprünglich ein Beguinen-Kloster war. Die ersten Schwestern dieses Klosters sollen 1230 von Blaubeuren nach Ulm gekommen seyn und sich dort niedergelassen haben, sie wurden auch später noch in Urkunden „die Schwestern von Beuren“ genannt. Ihr Sitz befand sich auf dem Münsterplatze, wurde aber aus Veranlassung des Münsterbaues 1378 in die Frauengasse verlegt, in das Gebäude, wo jetzt der evangel. Dekan wohnt. Die Anstalt erhielt sich dadurch, daß die Schwestern bei der Reformation die evangelische Lehre annahmen. Nach der Reformation wurde das Kloster in ein Stift für 12 unverheirathete Frauenzimmer aus dem Patriciat und andern alten und angesehenen Familien verwandelt. Die Ordensschwestern, Sammlungsfrauen, oder wie sie sich später lieber nennen ließen, die Stiftsdamen, lebten zusammen unter einer Priorin, früher Meisterin genannt, konnten aber austreten und heirathen.

Die Sammlung hatte sich ein bedeutendes Vermögen und schöne Einkünfte erworben: sie besaß das Dorf Ersingen (O.A. Ehingen), den größern Theil von Asselfingen, mehrere Bauernhöfe, Zehnten u. a. Gefälle und hatte ihren eigenen Beamten, stand übrigens ganz unter Ulmischer Obrigkeit. Im November 1808 wurde das Stift von der K. Bayerischen Regierung aufgehoben und mit dem Damenstift St. Anna in München unter der Bestimmung verbunden, daß aus dessen Einkünften jährlich 8000 fl. dahin abgegeben, daraus aber 16 Präbenden, jede zu 500 fl. gebildet werden sollen. Am 12. Mai 1810, also sechs Tage vor der Abschließung des Pariser Staatsvertrags, wodurch Ulm an Würtemberg kam, fand sich die K. Bayerische Regierung bewogen, statt der jährlichen Rente, sich für das St. Annenstift ein Capital von 200.000 fl. geben zu lassen, welches aus den | Fonds des Sammlungsstifts und der übrigen Stiftungen geschossen werden sollte. Die Hospital-Verwaltung übernahm die Lieferung des Ganzen und erwarb damit das Vermögen des Sammlungsstifts. Im J. 1811 wurde zwar von Würtemberg dieses Vermögen incamerirt, im J. 1821 aber der Stadt zurückgegeben. S. Würt. Jahrbücher 1833. S. 394 u. ff.

Noch haben wir einer halbgeistlichen Anstalt zu erwähnen, es ist diese:

Das Deutsche Haus. Ulm war der Sitz einer Deutsch-Ordens-Commende. Die Zeit ihrer Stiftung war selbst dem Orden nicht mehr genau bekannt. Doch geht aus dessen Aufzeichnungen und den in dem Mergentheimer Archiv aufbewahrten Dokumenten noch so viel hervor, daß die Markgrafen Friedrich und Hermann von Baden, der Mgr. Heinrich von Burgau und ein Ritter von Söflingen seine ersten Stifter waren. Nach einer Urkunde des Mgr. Hermann von Baden stiftete dessen Bruder Friedrich auf einem Kreuzzuge dem Deutschen Haus in Jerusalem sein und seines Bruders Eigenthum in Ulm, es bestand dies hauptsächlich in dem sog. Södelhof (Söldhof). Hermann bestätigte nach des Bruders Tod dessen Stiftung. Die Urkunde ist ohne Datum; aber Friedrich hat den Kreuzzug 1217 von Ulm aus angetreten und ist bald darauf in Palästina gestorben. Auf seine Stiftung scheint die des Ritters Meginlochus oder Menlochus, wie er auch genannt ward, gefolgt zu seyn. Sie bestand in einem Hause und einer Kapelle zu Ulm. Der Mgr. Heinrich v. Burgau schenkte laut Urkunde v. J. 1226 „dem Gotteshaus der Deutschen Herren zu Ulm“ Äcker und in demselben Jahre die Mühle am untern Wasser daselbst, welche die von Winterstetten an ihn überlassen hatten. Die Besitzungen der Commende mehrten sich allmählig, sie bestanden zuletzt in dem Dorfe Bollingen, OA. Blaubeuren, sodann in Antheil an den Dörfern und Weilern Böttingen (OA. Blaub.) und Setzingen; ferner Themmenhausen, Bermaringen, Wippingen, Weidach, Dornstatt, Eggingen, U.Herrlingen – O.Amt Blaubeuren; Einsingen, Rammingen, Jungingen, | Dellmensingen, Göcklingen, Hüttisheim, endlich in Bayern Unterberg, Sonderbach, Denzingen; auch gehörte noch das nun Bayerische Amt Zöschingen zu der Commende; sodann die Pfarrsätze zu Bollingen, Tomerdingen, Herrlingen, Wippingen und Lautern, auch Zinse und Gülten zu Ulm. Die Besitzungen wurden von einem Obervogt verwaltet. Sie standen aber sämmtlich unter fremder Landeshoheit, mit Ausnahme von 2 Höfen in Einsingen. Die Einkünfte wurden auf 10.000 fl. geschätzt; nach einer Commenthurei-Rechnung von 1787 hätten sie jedoch in diesem Jahre rein nur 5534 fl. betragen. Die Besitzungen der Commende fielen 1806 an die Krone Bayern. Der letzte Commenthur war der Freiherr J. B. S. von Andlau. Die Commende selbst war übrigens schon 1789 mit der Balley Franken, wozu sie gehörte, gegen ein Deputat dem Deutschmeisterthum einverleibt worden, und von dieser Zeit an wohnte kein Commenthur mehr in Ulm.

Durch das Fortbestehen der Deutschenhaus-Kirche und durch die Erhaltung des Wengenklosters, hörte auch der kath. Gottesdienst in Ulm nie ganz auf. Dagegen wurden mit der Reformation alle übrigen Kirchen und Kapellen geschlossen, und es blieben nur noch die Münsterkirche, die Spital-, nachher Dreifaltigkeits-Kirche und die Barfüßer Kirche zum evang. Gottesdienst bestimmt. Bei der Münster- oder Pfarrkirche blieben gleichwohl noch 7 und bei der Dreifaltigkeits-Kirche noch 2 Geistliche angestellt, in der Barfüßer Kirche predigten Candidaten, bis sie 1808 auch aufgehoben wurde. Es wurden wöchentlich nicht weniger als 10 Predigten gehalten.

Der erste Geistliche am Münster führte bis aufs Jahr 1706, unter dem Titel eines Superintendenten, von dieser Zeit an aber unter dem eines Seniors die Aufsicht über sämmtliche Stadt- und Land-Geistliche; die oberste Kirchenbehörde war das Religions- und Kirchenbau-Pflegamt, s. o. Unter Bayerischer Herrschaft, 1805, wurden die Gottesdienste vermindert und die Zahl der Geistlichen am Münster von 9 auf 6–4 am Münster, 2 an der Dreifaltigkeits-Kirche, | beschränkt; dagegen wurde in diesem Jahre eine kathol. Pfarrei errichtet. Die evangel. Pfarrei wurde 1809 in zwei Parochien getheilt. Unter würtemberg. Herrschaft 1810 erhielt die Stadt, an die Stelle des vormaligen Seniors, einen General-Superintendenten s. o., in dem folgenden Jahre wurde auch die Confirmation der Kinder eingeführt.

In ältern Zeiten hatte Ulm auch eine jüdische Gemeinde. Die Juden bewohnten eine eigene Gasse, hatten ihre Synagoge, und ihren eigenen Todtenhof, und sammelten sich wie überall große Reichthümer. Nach mancherlei Verfolgungen, welche der Religionshaß, die Erbitterung über ihren Wucher und wohl auch das Gelüsten nach ihren Schätzen und der Wunsch, von beschwerlichen Gläubigern los zu werden, über sie verhängt hatten, wurden sie endlich ganz ausgetrieben. Den Befehl dazu gab K. Maximilian I. 1499 den 6. August; er verkaufte ihre Häuser und Güter als eigene Kammergüter an die Stadt für 5000 fl. Noch im vorigen Jahrhundert durfte kein Jude in der Stadt sich aufhalten, ohne von jeder Stunde 2 kr., und an den Büttel, der ihn begleiten mußte, 20 kr. zu bezahlen. Erst zu Ende des letzten Jahrhunderts hörten dergleichen harte Beschränkungen auf, doch hat die Stadt auch gegenwärtig nicht mehr als 12 jüdische Einwohner.

2. Culturgeschichte.

Mit dem Wohlstande der Stadt mehrten sich wie immer auch die Bedürfnisse, und mit diesen hoben sich auch Künste und Wissenschaften und die Nothwendigkeit guter polizeilicher Einrichtungen.

Die Künste wurden insbesondere durch den Münsterbau geweckt und genährt. In der Malerkunst thaten sich mehrere Meister hervor, deren Werke noch jetzt Bewunderung finden, namentlich ein Martin Schaffner und ein Barthol. Zeitblom, beide zu Anfang des 16. Jahrhunderts; Hans Wild war einer der berühmtesten Glasmaler, er malte in | der Mitte des 15. Jahrhunderts.[9] Georg Syrlin, Vater und Sohn, gehörten zu den berühmtesten Bildhauern oder vielmehr Bildschnitzern (von 1460–1580); herrliche Werke von ihnen finden sich im Münster sowohl als anderwärts, namentlich zu Blaubeuren der Hochaltar u. a. Für die Baukunst bestand schon im 13. Jabrbundert die Steinmetzenhütte, worin auch der Plan zu dem Münsterbau entworfen wurde s. o. Wie auch in andern Fächern Ulm geschickte Künstler hervorgebracht hat, davon zeugt eine seit 1812 in der K. Privatbibliothek aufgestellte Uhr, 1626 verfertigt von einem Ulmer, Johannes Sailer, in Krünitz Encyklopädie unter dem Artikel: Perpetuum mobile genau beschrieben. Sie hat denselben Mechanismus (mit einer schiefen Fläche, worauf 2 Kugeln laufen), welchen eine in neuerer Zeit aus England gekommene und allgemein bewunderte Uhr hat.

Vorzüglich zeichnete sich Ulm durch seine Handels- und Gewerbs-Industrie aus. Welche Bedeutung der Ulmer Handel schon frühzeitig hatte, davon gibt der Umstand einen Beweis, daß der Herzog Ottokar von Steyermark 1191 und 1192 den Kaufleuten von Regensburg dieselben Rechte und Freiheiten zusicherte, wie sie die von Cöln und von Ulm von den Zeiten seines Vaters her hatten.

Die Ulmer Kaufleute hatten fast in allen bedeutenden Handelsstädten in England, Frankreich, Italien, und Spanien ihre eigenen Häuser, und trieben Handel in alle Weltgegenden. Außerordentlich lebhaft war insbesondere auch der Speditions-Handel, besonders so lange noch der Waarenzug aus dem Orient über Venedig ging. Die Haupthandels-Gegenstände waren Wein, Eisen, Salz und Ulmer Fabrikate, Leinwand, Barchent, Wollenwaaren etc., Spielkarten und Oblaten, die in Fässern nach Italien und Österreich verschickt wurden; besonders stark war der Weinhandel in Neckarweinen, welche in großer Menge die Donau hinab gingen.

| Daß Ulm und seine Einwohner auch in wissenschaftlicher Beziehung nicht zurückblieben, ist bereits früher bemerkt worden; besonders eifrig wurde schon frühe die Arzneikunde daselbst gepflegt, so daß die Stadt häufig von Fürsten und Herren um ihre Ärzte gebeten wurde. Doch scheinen die Ärzte auch hier noch zu Anfang des 15. Jahrhunderts selten gewesen zu seyn. 1409 kommt erstmals Jak. Engelin als Arzt der Stadt vor, und 1418 wurde ein Hans Resch, der in Wien studirt hatte, auf 10 Jahre in Bestallung genommen, mit einem Gehalte von 200 Goldgulden und einer standesmäßigen Behausung, oder statt deren – 15 fl. Hauszins. Eine Apotheke hatte schon 1327 „Herr Hans der Appentegker,“ und 1364 waren schon 2 Apotheken in Ulm, während das Herzogthum Würtemberg 100 Jahre später noch nur eine einzige in Stuttgart hatte.

Ulm war auch eine der ersten Städte in Schwaben, welche eine Buchdruckerei hatte. Schon 1473 wurden mehrere Werke in Ulm von Joh. Zainer aus Reutlingen gedruckt, und das Jahr vorher, 1472, hatte einer Namens Ludwig ein Buch, „Versuchung des Teufels“ etc, wovon die Worte in Holz geschnitten waren, gedruckt. Der Buchdruckerei folgte übrigens bald auch die Censur nach; 1509 befahl der Rath, kein Buch ohne seine Erlaubniß zu drucken. Später wurde eine eigene Censurstelle errichtet, zu der 1718 auch ein Politicus gezogen wurde, weil sich die Censur nicht mehr blos auf theologische, sondern auch auf politische und andere Schriften erstrecken sollte. Nach einer Raths-Verordnung von 1720 war insbesondere darüber zu wachen, „daß E. E. Rath durch den Druck von Büchern keine Ungelegenheit zuwachse.“

Unter den polizeilichen Anstalten früherer Zeit verdienen bemerkt zu werden:

Ein Findelhaus für ausgesetzte und verwaiste Kinder. Es war schon 1386 so gut dotirt, daß es zwei Pfleger hatte, welche der Rath setzte. Zu Anfang des 16. Jahrhunderts belief sich die Zahl der Findel- und Waisenkinder über 200.

| Die Frauenhäuser. Ulm hatte mehrere solcher der Venus geweihten Häuser. Unsern Begriffen von Sittlichkeit widersprechend, fand man sie in ältern Zeiten so wenig anstößig, daß selbst Kaiser Sigmund während seines Aufenthalts zu Ulm im J. 1434 sich nicht scheute, sie zu besuchen. Sie waren öffentliche Anstalten, standen unter obrigkeitlicher Aufsicht, und hatten ihre eigenen Ordnungen. Der Vorsteher eines solchen Hauses, der Frauenwirth genannt, wurde vom Magistrat angenommen und auf die Frauenhausordnung beeidigt; er hatte insbesondere zu geloben, daß er das Haus mit tauglichen, saubern und gesunden Frauen nach Nothdurft, zu keiner Zeit aber unter 14, versehen wolle. Der Eifer der Reformatoren gegen diese Häuser hatte endlich die Wirkung, daß sie durch einen Rathsbeschluß 1537 aufgehoben wurden. Übrigens hatten auch andere Städte, z. B. Stuttgart, Biberach ihre Frauenhäuser.
Blicke auf die Schicksale der Stadt, ihre Blüthezeit und Abnahme, Ende ihrer Reichsstandschaft.

Die Lage der Stadt, ihre militärische Wichtigkeit und ihre politische Bedeutung, setzten sie von den ältesten Zeiten her auch allem Kriegsungemach aus, und als feste Stadt und Festung hatte sie mehrere schwere Belagerungen auszuhalten.

In dem langen Kampfe zwischen Lothar und Conrad von Hohenstaufen, wurden von dem Tochtermann Lothars, dem Herzog Heinrich von Bayern, zuerst die Vorstädte von Ulm und die umliegenden Dörfer verheert, dann 3 Jahre später, 1134, die Stadt selbst gänzlich zerstört.

Im J. 1246 rückte der Gegenkönig Heinrich Raspo vor die Stadt, um in ihr den mit dem Banne belegten K. Friedrich II. zu bekämpfen. Die Einwohner leisteten kräftigen Widerstand, bis Friedrichs Sohn, Conrad, zum Entsatz herbeieilte, und der Gegenkönig, von dem Pfeile eines Ulmers getroffen, schnell abzog und darauf zu Eisenach starb. Schrecken und Angst verbreitete Graf Eberhard von Würtemberg, als er die Ulmer und das mit ihnen verbündete Heer 1372 bei Altheim schlug. Um Michaelis 1376 rückte K. Karl IV. | erzürnt über die Ulmer, weil sie seinen Geldforderungen nicht entsprachen, gegen die Stadt an, lagerte sich bei Elchingen, setzte der Stadt mehrere Wochen lang zu, richtete jedoch nichts gegen sie aus. „Die Ulmer sind böse Vögel,“ sagte die Kaiserin, die sich mit dem Sohn Wenzel in dem Lager ihres Gemahls befand, und um die Stadt näher zu sehen, von da aus unter Bedeckung über die Anhöhen weg auf den Michelsberg begeben hatte, dort aber von den Ulmer Büchsenschützen weggetrieben wurde.

Trotz allen diesen und andern Kriegsdrangsalen nahm die Stadt doch fortwährend zu. Der häufige Aufenthalt der Könige und Kaiser in der Stadt, die vielen Reichs- und Hoftage, die sie dort hielten, der Aufenthalt der Schwäbischen Herzoge, für die Ulm in gewisser Art die Hauptstadt war, wie es denn auch, mit seltener Ausnahme, von 1542 an bis zur Auflösung des deutschen Reichs der Sitz des Schwäbischen Kreis-Convents war, die häufigen Fürsten-Versammlungen und der große Zusammenfluß von Menschen überhaupt in der Stadt, dieß Alles und die günstige Lage für Handel und Gewerbe wirkte zusammen, die Stadt zu einer der blühendsten und wohlhabendsten zu machen, so daß es zum Sprichwort wurde: „Ulmer Geld regiert die ganze Welt.“ Ihre schönste Blüthezeit und die Zeit des größten Ansehens hatte sie vom 14. bis 16. Jahrhundert. In dieser Zeit geschah auch nichts von Bedeutung in Schwaben, woran Ulm nicht Theil genommen hätte, kein Bündniß kam zu Stande, dem es nicht beitrat, häufig war es das Haupt, an das sich Andere anschlossen, wohin es sich neigte, zum Krieg oder zum Frieden, gab es den Ausschlag. Mit dem Anfang des 16. Jahrhunderte trat der Wendepunkt seiner Größe ein. Neue Handels- und politische Verhältnisse, das Erwachen der Industrie in andern Ländern, innerer Zwiespalt, die abermalige Änderung der Verfassung und neue schwere Kriegszeiten trugen dazu bei, daß Ulm am Ende des vorigen Jahrhunderts kaum noch ein Schatten mehr von dem war, was es ehemals war. Schwer traf die Stadt insbesondere der unglückliche Ausgang des Schmalkaldischen Kriegs, | der auf einem Convent zu Ulm 1546 beschlossen worden war, und wozu die Stadt selbst 1000 Mann stellte.

Ulm mußte seine Aussöhnung mit Kaiser Karl V., 25. December 1546, mit 100.000 fl. und 12 Stück Geschütze und mit Aufnahme einer kaiserl. Besatzung, und die Aussöhnung mit dem röm. König Ferdinand, 5. Aug. 1547, ebenfalls mit 100.000 fl. bezahlen, sodann dem Bischof von Augsburg 18.000 fl. und dem Kloster Elchingen 17.000 fl. für erlittenen Schaden gewähren. Kaum war dieß geschehen, so hatte die Stadt auch schon wieder eine neue Belagerung auszustehen. Weil sie dem Fürstenbunde unter dem Churfürsten Moriz gegen den Kaiser nicht beitreten wollte, rückten die Verbündeten im April 1552 vor die Stadt, und fingen am 13. April an, sie von drei Seiten zu beschießen. Allein die Ulmer vertheidigten sich muthig, und die Fürsten sahen sich genöthigt, in der Nacht vom 19. auf den 20. die Belagerung aufzugeben, und sich mit bedeutendem Verlust zurückzuziehen. Schon zu Anfang des 17. Jahrhunderts stellten sich die Vorboten des 30jährigen Krieges ein. Ulm trat 1609 der evangel. Union bei, und brachte dieser Verbindung fortwährend die größten Opfer; 1616 stellte es 9658 Mann, davon die Stadt allein 4000 Mann zum Unions-Heere. Endlich brach der verheerende Krieg selbst aus, und verbreitete, wie überall, Noth und Elend aller Art.

Gustav Adolph erschien, und die Stadt schloß mit ihm 13. Februar 1632 ein besonderes Bündniß. Aber der 27 August 1634, die Nördlinger Schlacht, vereitelte alle Hoffnungen; die Kaiserlichen fielen verheerend über das Gebiet her, und die Stadt, wohin sich auch ein großer Theil der Landbewohner geflüchtet hatte, wurde von ihnen 10 Monate lang eingeschlossen gehalten. Hunger und Elend nahmen überhand, und innerhalb 8 Monaten starben 14 bis 15.000 Menschen an der Pest. Der Prager Friede von 1635 schaffte der Stadt wieder Luft. Gleichwohl hörten Rauben und Plündern nicht auf, bis endlich der westphälische Friede 1648 ein Ende machte. | Der Verlust der Stadt, d. h. wohl des städtischen Ärars, in diesem schauerlichen Kriege wurde auf 3.340.350 fl. berechnet.

Kurz war die Ruhe; die Einfälle der Franzosen und das Erscheinen Melac’s 1688 brachten die Stadt noch weiter zurück. Den Hauptschlag aber versetzte ihr der Spanische Successionskrieg, in Ulm unter dem Namen des „Bayerischen Einfalls“ bekannt, weil er die Stadt durch eine Überrumplung in Bayerische Hände brachte. In seinem unnatürlichen Bunde mit Frankreich gegen Kaiser und Reich war Bayern Alles an Ulm und der festen, militärischen Position, die es darbot, gelegen. Es beschloß daher, die Stadt durch einen Überfall zu gewinnen, und dieß war auch um so leichter, als die Stadt ihre Truppen an den Rhein geschickt hatte und von allem Kriegsbedarf entblößt war. Zur Ausführung des Plans ward der bayerische Oberstlieutenant Bechmann ausersehen; unter dem Vorwande, das Griesbad zu gebrauchen, begab sich dieser in die Stadt und spähte die schwächsten Punkte der Befestigung aus. Als ein solcher wurde von ihm das Gänsthor erkannt.

In der Nacht vom 7. Sept. 1702 setzte sich ein bayerisches Corps in dem benachbarten Gänshölzlein, der jetzigen Friedrichsau, in Hinterhalt. Etwa 40 Offiziere verkleideten sich als Bauern, und begaben sich mit Körben, worin sie Marktwaaren trugen, am frühen Morgen nach der Stadt, überfielen und tödteten die Wache am Gänsthore und besetzten die von Bechmann bezeichneten Punkte. Schnell eilte darauf ein bayerisches Dragoner-Regiment, wovon jeder Reiter einen Grenadier hinter sich auf dem Pferde hatte, aus dem Gänshölzlein herbei und drang in die Stadt ein, andere Truppen folgten nach.

Eine Schildwache der Stadt, welche den Verrath gewahrte, gab Feuer auf Bechmann, und schlug ihn, als er auf sie lossprang, zu Boden. Auf den Ruf Bechmanns, seinen Gegner, mit dem er rang, niederzuschießen, drückte ein bayerischer Offizier die Pistole nach ihm ab, tödtete aber Bechmann selber. Die Sturmglocke ertönte; aber aller Widerstand war vergeblich. | Die Bayern blieben im Besitze der Stadt, und am 11. Sept. rückte der Churfürst selber in dieselbe ein, Brandschatzungen aller Art waren nun das Loos der Stadt. Am 6. Juli 1703 rückten die Franzosen ein und die Plackereien fingen auf’s Neue an. Die Schlacht bei Hochstädt, am 14. August 1704, gab Hoffnung auf Erlösung; aber die zurückziehenden Bayern und Franzosen ließen eine Besatzung in der Stadt. Diese wurde nun von den Kaiserlichen eingeschlossen, und die Stadt vom 2. Sept. an beschossen, bis endlich die Besatzung capitulirte und am 13. Sept. abzog. Der Schaden, den das Gemeinwesen der Stadt in dieser kurzen Zeit erlitten hatte, betrug nach einem Schreiben des Magistrats an die Reichsversammlung vom 17. Sept. 1704: 1.545.000 fl., und mit Einschluß des Verlusts der Bürger 3.031.123 fl. Gleichwohl hatten die Drangsale der Stadt und noch mehr die des Landes noch kein Ende.

Ulm, das einst so reiche Ulm, war jetzt so tief herabgesunken, daß es sich der Schulden kaum zu erwehren wußte;[10] es glaubte sich am Ende nicht anders helfen zu können, als daß es zu Veräußerungen schritt. Schon 1693 hatte die Stadt ihren Antheil an Tomerdingen an das Kloster Elchingen für 14.000 fl., und den Antheil an Unterelchingen an das Kloster Salmannsweil für 10.900 fl. verkauft, 1773 veräußerte sie die Herrschaft Wain für 432.350 fl., und die hohe Jurisdiktion über das Kloster Elchingen und dessen im Ulmischen gelegenen Orte, Tomerdingen, Dornstatt, Denkenthal, Unterelchingen und Westerstetten für 80.000 fl., ebenso die Vogtei über das Kloster Söflingen und mehrere andere Rechte, auch einige Mühlen und Werke der Stadt.

Den letzten Stoß erhielt die Stadt durch den französischen Revolutionskrieg. Gleich Anfangs mußte sie an der, von Moreau gleich nach seinem Übergang über den Rhein dem | Schwäb. Kreise angesetzten Contribution, womit am 2. Juli 1796 zu Stuttgart der Waffenstillstand für den Schwäbischen Kreis erkauft wurde, an Geld und Naturalien 529.904 fl. bezahlen, und schon vorher durch österreich. Einquartierungen hart mitgenommen, hatte sie daneben noch den Verlust ihres Zeughauses zu beklagen, das die Kaiserlichen auf ihrem Rückzuge rein ausleerten: 129 Kanonen, 12 Mörser, 4 Haubizen, 8000 Gewehre und eine Menge anderer Kriegsvorräthe, auch viele alterthümliche Waffen und Rüstungen wurden nach Österreich abgeführt. Am 6. Aug. 1796 rückten die ersten Franzosen ein, im Septbr. 1796 nahm die ganze französische Armee ihren Rückzug aus Bayern durch Ulm. Ungeheuer war der Verlust, welchen Ulm jetzt schnell nach einander erlitt, er betrug allein in dem Zeitraum von 1793 bis 1797 nur an Contributionen und Requisitionen 2.235.091 fl. Als im J. 1797 und nachher die Festungwerke von den Kaiserlichen erweitert wurden, erlitt die Stadt abermals allein an Gärten und Feldgütern einen Schaden von 83.787 fl.

Im Jahre 1800 zog sich die ganze Kaiserliche Armee unter Kray, nachdem sie in vier Treffen, am 3. Mai bei Engen, am 5. bei Mößkirch, am 9. bei Biberach und am 10. bei Memmingen geschlagen worden war, auf Ulm zurück, wo sie vom 11. Mai bis zum 20. Juny verweilte. Nachdem Kray mit Hinterlassung einer Besatzung von 12.000 M. sich weiter zurückgezogen hatte, wurde die Stadt von der franz. Division Richepanse eingeschlossen, bis sie in Folge des Waffenstillstandes am 23. Sept. an die Franzosen übergeben wurde. Als 1805 der Krieg auf’s Neue ausbrach, wurde Ulm am 20. Sept. wieder von den Östreichern besetzt. Am 6. Oct. kam das Hauptquartier des Ober-Generals Mack selbst dahin, und die Stadt, worin fast die ganze österreich. Armee von den Franzosen zusammengedrängt worden, bildete jetzt nur eine große Kaserne. Nach dem kühnen Übergang des Marschalls Ney über die Donau bei Elchingen am 14. October, erschien Napoleon am 15. auf den Höhen von Ulm, erstürmte die Festungswerke auf dem Michelsberg und fing | am 16. Mittags an die Stadt zu beschießen. Zum Glück für die Stadt ließ Mack schon am 17. frühe Unterhandlungen anknüpfen; am 18. ergab er sich mit der ganzen Armee gefangen, s. o. Die Franzosen rückten ein und die Festungswerke wurden nun neuerdings und für immer gänzlich zerstört, s. oben.[11]

Der empfindlichste Schlag, der indeß die Stadt betroffen hatte, war für sie der Verlust ihrer Selbstständigkeit. Durch den am 9. Februar 1801 geschlossenen Frieden von Luneville und die darauf folgenden Verträge wurde Ulm dem Kurfürsten von Bayern zugetheilt. Am 1. Sept. 1802 wurde sie von Bayern in militärischen, am 28. November in Civil-Besitz genommen. Sie wurde die Hauptstadt der Bayerischen Provinz Ober-Schwaben, und von 1808 an die Hauptstadt des Bayer. O-Donaukreises. Die Stadt ging mit einer Schuldenmasse von 4.046.958 fl. an Bayern über. Die Einkünfte wurden, wie oben schon bemerkt worden, zu einer halben Million Gulden geschätzt. Von letztern wurden der Stadt natürlich nur diejenigen gelassen, welche ihr als Municipalstadt zukommen konnten. Für die Schulden wurde anfänglich ein eigener Tilgungsfonds errichtet, wozu die Bayr. Staatskasse jährlich 150.000 fl. beitrug. Im J. 1808 wurde eine Theilung der Schulden vorgenommen, es wurden 3.457.888 fl. auf den Staat übernommen und der Stadt 395.691 fl. überlassen. Dabei hatte jedoch die Bayerische Regierung die Deckung des jährlichen Deficits der Stadtpflege zugesichert. In dem Stiftungshaushalt ging außer der oben schon berührten Maßregel in Beziehung auf das Sammlungsstift keine weitere Veränderung vor. In Folge des Compiegner-Vertrags vom 24. April 1810 und des Staatsvertrags mit Bayern vom 18. Mai 1810 ging Ulm mit Allem, was diesseits der Donau dazu gehört hatte, an die Krone Würtemberg über, und wurde am 6. Nov. 1810 von ihr in Besitz genommen. Alle | jenseits der Donau gelegenen Besitzungen blieben bei der Krone Bayern, und leider wurde durch diese Abgrenzung selbst die Markung der Stadt unter zwei Königreiche vertheilt. Von Würtemberg wurde in Ulm 1811 eine neue Organisation des Gemeinde- und Stiftungs- Haushalts vorgenommen, kraft deren die Stadtkasse in Zukunft ohne Zuschuß aus der Staatskasse auskommen sollte. Für die Staatskasse selbst wurde dadurch noch weiter gesorgt, daß das Vermögen des Sammlungsstifts incamerirt wurde, und daß ebenso ein jährliches Einkommen von 14.640 fl. von der Kirchen- und Schul-Pflege der Staatskasse zugewiesen, dagegen jedoch der gleiche Betrag von Pfarr- und andern Besoldungen auf diese übernommen wurde. Die Rechnung entsprach den Erwartungen nicht: das jährliche Deficit der Stadt belief sich fortwährend auf mehr als 20.000 fl. Die Stadt erhob Klagen über Klagen. Durch einen am 7. Juni 1818 genehmigten Vergleich wurden ihr weitere 60.000 fl. Schulden abgenommen, sie fand sich jedoch dadurch noch nicht befriedigt, sie forderte nicht nur die Deckung des jährlichen Deficits und die Zurückgabe des Vermögens von dem Sammlungsstift, sondern auch Entschädigung für das Vergangene. Nach langen Verhandlungen kam endlich der am 16. Juni 1821 abgeschlossene und am 10. April 1823 von S. M. dem König genehmigte Vergleich zu Stande, den wir in den Würtemberg. Jahrbüchern, Jahrg. 1833. S. 394 u. ff. mit einer nähern Übersicht über die finanziellen Verhältnisse der Stadt mitgetheilt haben. Kraft dieses Vergleichs wurden 1) den Stiftungen die incamerirten Gefälle des Sammlungsstifts nebst dem Betrage der reinen Einkünfte von 1811 an zurückgegeben; 2) der Stadtkasse eine Entschädigungssumme von 210.000 fl. zugestanden, welche ihr theils durch Übernahme von Schulden, theils durch Abtretung von Zehnten u. a. Gefällen und dem s. g. Södelhof gewährt wurde. Durch diesen für Ulm äußerst günstigen Vergleich wurde die Stadt in eine Lage versetzt, welche vortheilhafter als die irgend einer andern Würt. Stadt ist. Sie ist nun nicht nur ganz schuldenfrei, sondern kann auch alle ihre | Ausgaben ohne irgend eine Umlage bestreiten, und befindet sich daneben noch in dem Genusse der reichsten Stiftungen.

Über Ulm gibt es sehr viele gedruckte und ungedruckte Schriften. Ausser den schon gelegentlich angeführten bemerken wir folgende:

Gedruckte Beschreibungen der Stadt Ulm.

Gundling, Nachricht von der Stadt Ulm. Hall 1708. 8.

J. H. Heid, Ulm mit seinem Gebiet, 2 Thl. Ulm 1786. 8.

J. C. Schmid, Kurzgefaßte Beschreibung der Reichsstadt Ulm. Ulm 1801. gr. 8 (in dem geographischen Lexikon von Schwaben besonders abgedruckt.)

M. Dieterich, Beschreibung der Stadt Ulm. Ulm 1825. 8. mit Kupfern, Grundriß und Karten.

Desselben, Beschreibung des Oberamts Ulm in landwirthschaftl. Hinsicht, im Correspondenzblatt 1829. 10s Heft. 1830. 2s, 8s und 10s Heft.

Kürzere Beschreibungen finden sich in Crusius Schwäb. Chronik und Martin Zeiler, Kl. Schwäb. Zeitbuch; – auch in Nicolais Reisen, IX. Bd.

Von geschriebenen Chroniken verdienen vorzüglich bemerkt zu werden die von J. B. Hertenstein und M. David Stölzlen und Marchtalers. Eine schöne Sammlung ungedruckter Schriften über Ulm, so wie von Karten, Kupferstichen, Münzen etc., befindet sich seit 1835 in einem Cabinet der Münster-Sakristei, von dem verstorb. Cameralverwalter v. Glöckler der Stadt vermacht.

Geschichte von Ulm liefert:

M. J. L. Schmid, Prälat – Ulms Verfassung, bürgerliches und commercielles Leben im Mittelalter, herausgegeben von Carl Jäger. Stuttgart und Heilbron 1831. 8.

Kriegsgeschichte.

Elias Roth, Das unter Kurbayern und französischer Gewalt hart gedrückte aber nicht unterdrückte Schwaben. Freiburg 1704 u.5.

Carl Reichard, Geschichte der Kriege und der Bürgerbewaffnung Ulms. Ulm 1832. 8.

J. Trostel, Darstellung der Schicksale Ulms in den Monaten September und October d. Jahrs 1805. Ulm 1805. 8.

J. Casp. Funk, Reform. Geschichte Ulms. Ulm 1717. 8.

J. C. Schmid, Denkwürdigkeiten der würt. und schwäbischen Reformations-Geschichte. Tübingen 1817. 8. (als 2s Heft zu den Denkwürdigkeiten etc. von Schmid und Pfister.)

| J. C. Schmid, dritte Jubelfeier der Reformation in Ulm. 1817. 8.

D. G. Veesenmeyer, Denkmal der einheimischen und fremden Theologen in Ulm zur Zeit der Reformation. Ulm 1831. 8.

A. Weyermann, Nachrichten von Gelehrten, Künstlern u. a. merkwürdigen Personen aus Ulm. Ulm 1798. 8. 2 Thl. 1829. 8.

Die Organisation des Ulm. Gymn. v. M. G. Fr. D. Göß, Rektor. Ulm 1809. 8.

Die zweite Secularfeier der K. W. Landes-Gymnasiums zu Ulm am 24. Juni 1822, von D. Gräter, Rektor, Ulm 1822. 4.

Con. Dan. Kleinknecht, Gott geheiligte evang. luth. Buchdrucker Jubelfreude. Ulm 1742. 8.

Manche Einzelheiten der Ulm. Geschichte enthalten die Abhandlungen des verst. Prof. Veesenmeyer, die zum Theil, wie die Schriften über das Wengenkloster, oben angeführt sind. Sehr ausführlich handelt auch von Ulm Felix Fabri in Historia Suev. in Goldasti Script. Rer. Suev. Von demselben ist auch ein Tractatatus de Civitate Ulmensis etc. in Mscr. vorhanden.

Landkarten.

Die erste und auch bei den nachfolgenden zum Grund gelegt, ist von M. Wolfg. Bachmeier, Pfr. zu Altheim, v. J. 1653 (pinxit Joh. Stölzlen).

Berichtigt und mit der Herrschaft Wain vermehrt und im gewöhnlichen Landkarten-Format herausgegeben bei Homannschen Erben in Nürnberg wurde sie sub titulo : nova et accurata Territorii Ulmensis cum Dominio Wainensi descriptio, quam revidente et curante Jo. Ch. Lauterbach reip. Ulm. Ingeniero et Archit. in lucem edidit Jo. Bapt. Homann Geogr. Norimbergae, von J. Christ. Lauterbach, Ingenieur und Architekt (ohne Jahrszahl), Lauterbach † 1744.

Abriß des Territ. Ulm. ultradanubialis (Riedzaun), von B. Mayer verfertigt und Gabr. Bodenehe gestochen, ohne Jahrszahl.

Eine Karte von Ulm und der Umgegend auf 4 Stunden, befindet sich in der Beschreibung der Stadt Ulm etc., von Dieterich. 1825.


Zu der Gemeinde Ulm gehören als besondere Parzellen:
b) Böfingen, ein evang. Weiler, 1/2 Stunde nordöstlich von Ulm auf der Höhe und am Rande der Alp über der Donau, mit 13 Einw., Filial von Ulm, C. A. Ulm, F. A. Alpeck. Den Zehnten hat die Grundherrschaft, zum Theil der Spital Ulm. Die Grundlasten betragen 420 fl. | und kommen ebenfalls der Grundherrschaft zu. Grundherrschaften sind die Familien v. Schad-Mittelbiberach, v. Seutter und v. Harsdörfer. Der Weiler besteht aus drei fallehenbaren Bauernhöfen und einem gutsherrschaftlichen Schlößchen. Er gehörte ehemals dem Kloster Reichenau, das ihn mit dem Burgstall 1446 an die Stadt Ulm verkaufte. Damals war Hans Strölin, Rathsgesell in Ulm damit belehnt, dem die Stadt 1449 das Gut eignete. Von den Strölin kam das Gut durch Erbschaft an mehrere Ulmer Familien, zuletzt an die Bessererische und von dieser an die Schadische. Mit dem Besitze war unter Ulmischer Landeshoheit die Niedergerichtsbarkeit verbunden, jetzt wird es zu den Würt. Rittergütern gerechnet. Außer den Zehnten und Gefällen besitzt die Gutsherrschaft auch Frohnrechte und das Schafweiderecht. Früher war B. der Gemeinde und Pfarrei Jungingen zugetheilt, 1826 wurde es mit Örlingen und O. Thalfingen davon getrennt und mit Ulm verbunden. An der Böfinger Halde wurde in frühern Jahrhunderten Wein gebaut. Gegenwärtig gräbt man an den B. Bergen Süßwasserkalk zum Straßenpflaster. S. S. 20.

c. Ober-Thalfingen, ein der Familie von Besserer von Thalfingen gehöriges Schloßgut und W. Rittergut, 1/2 Stunde nordöstlich von Böfingen, mit 5 E., seit 1826 Filial von Ulm (s. o.). Die Zehnten hat der Staat zu beziehen, die Grundgefälle 10 fl., in Geld und 34 fl. 37 kr. in Natur, die Gutsherrschaft. Ober-Thalfingen besteht aus einem gutsh. Schloß und einem Wirthshause mit 55 Morg. Feld und 22 M. Holz. Es liegt am Rande der Alp auf der äußersten Spitze des Böfinger oder Thalfinger Berges und zugleich auf der äußersten Landesgrenze und hat eine sehr schöne Aussicht. Am Fuße des Berges liegt das vormals Elchingische, jetzt K. Bayerische Dorf Unter-Thalfingen. Das Gut ist Fidei-Commiß-Gut und seit 1540 im Besitze der Bessererischen Familie. Es stand übrigens, wie alle patricische Besitzungen unter Ulmischer Landeshoheit. Das Wirthshaus war vormals ein besuchtes Bad, „das Gesundbad“ | genannt, das schon 1404 vorkommt, und erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts eingegangen ist. 1466 wurde Paul Roth, Bürger zu Ulm, von dem Grafen Friedrich von Helfenstein mit dem Gesundbrunnen und Bad zu Thalfingen belehnt; 1495 besuchte Herzog Eberhard I. mit seiner Gemahlin das Bad. Die Badequelle entspringt in der Nähe aus Felsen, s. S. 11. An den Bergen von O. Th. wird gute Kreide gegraben. Das von O. Th. nach Thalfingen hinab fließende Bächlein theilte die vormaligen Bisthümer Augsburg und Constanz, und man wollte davon den Namen Thalfingen, Thailfingen, Theilfingen, ableiten.

d. Örlingen, ein Hof in einem angenehmen Thälchen, 3/4 S. nördlich von Ulm mit 4 ev. Einwohnern, Filial von Ulm, s. Böfingen. Der Hof war vormals ein Lehen des Spitals Ulm, ist nun aber allodificirt, zinst und gültet jedoch fortwährend dem Spital, dem er auch den Zehenten zu entrichten hat. Mit dem Hof ist eine Wirthschaft verbunden, welche von den Ulmern fleißig besucht wird.

e. Ruhethal, ein Wirthshaus mit einem Gütchen, 3/8 St. nördlich von Ulm in einem stillen Seitenthälchen von dem Blauthale mit 6 Einw., Filial von Ulm und von alten Zeiten her dazu gehörig. Das Thälchen soll mit dem Hause seinen Namen von einer Kapelle zu Unsers Herrn Ruhe erhalten haben, die 1463 von den Büchsenschützen zu Ulm gebaut wurde; allein der Name „Ruhebühl,“ der Hügel beim Ruhethal, kommt schon in der oben angeführten Urkunde von 1255 vor, wonach der K. Reichsvogt jährlich Landgericht beim Ruchinbuckel zu halten hatte. Nachdem die genannte Kapelle 1533 abgebrannt war, wurde ein Wirthshaus an ihre Stelle gebaut. Die stille, ruhige und äußerst anmuthige Lage des Platzes und die gute wirthschaftliche Einrichtung machen Ruhethal zu einem vielbesuchten Erholungs- und Vergnügungsplatze, s. S. 111. Eine Brunnenquelle bei der Kapelle hat dem Platze vermuthlich schon in heidnischen Zeiten eine fromme Bedeutung gegeben. Die Quelle wurde in spätern Zeiten noch als ein Mittel gegen das Fieber gebraucht.


  1. Hornberg (O.A. Calw), nicht Herrenberg, wie in den Würtemb. Jahrbüchern 1834, S. 202, steht.
  2. In vorigen Zeiten wurden auch Seidenwaaren, namentlich Sammet oder Plüsch in Ulm fabricirt, s. vorn S. 56. Eine neue Siamoisen-Fabrik ging 1811 wieder ein.
  3. Ausführliche Nachrichten über das Leinwand-Gewerbe und dessen Geschichte in Ulm, finden sich in Dieterichs Beschreib. der Stadt Ulm. Ulm 1825. S. 116 u. ff.
  4. Unter dem in dieser Tabelle aufgeführten Grundeigenthum befinden sich auch 950 M., welche die Stadt jenseits der Donau besitzt.
  5. In die unter Stube hatte Herzog Friedrich von Würtemberg, der 1607 auf einer Reise durch Ulm an der Gesellschaft der Kaufleute Theil genommen hatte, einen silbernen und vergoldeten Becher gestiftet, der noch am Thomastage bei der allgemeinen Versammlung zum Umtrunke gebraucht wird. An die obere Stube erließ Graf Eberhard, der nachherige erste Herzog von Würtemberg 1493 folgendes Schreiben:
     Unsern freundlichen Gruß zuvor.
    Ehrsame, weise, gute Freund!
    Der alten Organisten Natur ist, wenn ihnen die Finger verlahmen, daß sie die Claves nicht mehr greiffen können, daß sie damahlen um das Orgelwerk sich finden lassen, und ehe nur die Blasbelge tretten. Also ist uns auch; so wir selbst persönlich zu dieser Zeit bey euch nicht tanzen mögen; sind wie dennoch geneigt, dazu zu befördern. Uß den Ursachen schicken wir euch hiebey ein Wildpret, mit Bitte, daß in dieser Faßnacht mit schönen Frauen von unsertwegen zu verzehren, und unser zu Gutem zu gedenken. Wo ihn dann solches wohl schmecken, und zu lustiger Nießung dienen wir; sehens wirs gerne. Datum Urach im Jar 1493 Montag nach Dorothe.
  6. Ein für den Zweck dieses Hefts von dem Pfarrer Dietrich gefälligst bearbeiteter Aufsatz über die Geschichte von Ulm war leider zu groß, als daß wir ihn auch nur im Auszuge hätten mittheilen können. Indeß haben wir denselben so viel als möglich benutzt, und werden ihn als eine sehr schätzbare Arbeit seiner Zeit besonders mittheilen.
  7. Urkunden aus dieser und der folgenden Zeit sind zu finden in Neugart Cod. Dipl. Nro. 356 u. ff., namentlich von:
    • 854. 22. Juli. Zwei Urkunden Ludwigs des Deutschen, Actum Hulma palatio regio.
    • 856. 16. Juni. Von Ebendemselben. Actum in villa Ulma.
    • 865. 22. Jan. Urkunde über eine Schenkung eines gewissen Wolvin. Actum Ulma, palatio regio.
    • 866. 12. April. Urkunde K. Ludwigs des Deutschen, worin der König die Stadt „Curtem nostram nomine Ulmam“ nennt. Actum in villa Franconofurt palatio regis. Diese Urkunde steht bei Gerbert Hist. s. n. III. S. 7 u. f.
    • 883. 26. Februar. Urkunde K. Karls des Dicken. Actum Ulma curte imperiali.
    • 912. 3. October. Urkunde K. Conrads I. Actum Ulma.
    • 1155. 27. November. Urkunde K. Friedrichs I., worin er Ulm „villam nostram“ nennt. Dagegen wird es in einer Urkunde K. Rudolphs von Habsburg von 1274 „nostra et imperii civitas“ genannt.
  8. Kaiser Karl d. Gr. schenkte zu gleicher Zeit dem Kloster Reichenau auch die Bezirke von Elchingen und Höchstätt etc., in deren Besitz das Kloster ebenfalls lange Zeit war. S. v. Raiser Gesch. von Elchingen, in der Zeitschrift für Bayern, 1817. S. 152 etc.
  9. Einen besonders lebhaften Verkehr hatten die Spielkartenmaler, die Ulmer Spielkarten bildeten lange einen Haupthandelszweig der Stadt.
  10. In unsern Tagen würde man freilich die Schulden der Stadt nicht sehr bedeutend gefunden haben. Sie betrugen 1740: 1.674.651 fl. und 1772: 3.885.526 fl.
  11. Ausführliche Nachrichten über diese Materie finden sich in Reichards Geschichte der Kriege etc. Ulms. Ulm 1832.