« Kapitel B 11 Beschreibung des Oberamts Tettnang Kapitel B 13 »
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12. Gemeinde Langenargen.
Langenargen, ein katholisches Pfarrdorf mit Marktger. und 1079 Einwohnern, darunter 35 Evangelische, die nach Friedrichshafen eingepfarrt sind, C. A. Friedrichshafen. Das Dorf liegt in der Ebene an den Ufern des Bodensees, zwischen den Mündungen der Argen und der Schussen, 21/4 Stunden südlich von Tettnang, 2 Stunden von Friedrichshafen und 3 Stunden von Lindau und ist Sitz eines Zollamts. Den großen Zehnten hat der Staat, den kleinen, den Heu- und Öhmd- und den Blutzehnten die Pfarrei zu beziehen; ungefähr 50 Morgen Äcker sind zehntfrei. Die Grundlasten, welche zu 364 fl. berechnet sind, kommen ebenfalls dem Staate zu. Die Lage des Orts ist äußerst freundlich, die ganze Gegend gleicht einem Obstgarten und die Aussicht, die man fast überall hat, wetteifert mit den schönsten am Bodensee; man hat hier den See in seiner größten Breite vor sich, überschaut ihn auf- und abwärts fast von einem Ende bis zum andern, blickt noch in das schöne Rheinthal hinein, hat die Thürme von St. Gallen und alle ausgezeichneten Punkte in der Umgebung dieser Stadt: Freudenberg, Vögeliseck etc. vor sich, und genießt das große Schauspiel der hohen Schweizer und Tyroler Alpen in seiner ganzen Herrlichkeit. Langenargen ist der größte und nach Tettnang der bevölkertste Ort des Oberamts und der einzige, der für sich allein eine Gemeinde bildet. Ehemals hieß er bloß Argen, erst in späterer Zeit kam die Benennung Langen-Argen auf. Es geschah dies nicht umsonst, denn der Ort streckt sich in einer Länge von mehr als 1/2 Stunde an dem Seegestade| hin. In dieser Länge theilt es sich in 3 Theile: in Ober-Argen, Stadt Argen und Unterargen, s. u. Der Ort zeigt theilweise noch die Spuren seiner vormaligen Bedeutung; denn er war ehemals Hauptort der Herrschaft Langenargen, Sitz eines Montfortischen, zuletzt Östreichischen Obervogteiamts und abwechselnd mit Tettnang zuweilen Gräfliche Residenz. Er hat eine schöne Pfarrkirche, eine Kapelle, ein Spital, ein zwar kleines, aber gut gebautes Korn- und Lagerhaus, eine gute Schiffslände; das ehemalige gräfliche Schloß ziert ihn jetzt als Ruine. Die Pfarrkirche zum heil. Martin wurde 1718/21 von dem Grafen Anton von Montfort und seiner Gemahlin, einer Gräfin von Thun, neu gebaut und 1722 eingeweiht. Den Kirchthurm und das Pfarrhaus baute Graf Ernst im Jahr 1735. An der Kirche befindet sich ein Denkstein, wonach Graf Johannes von Montfort auf der Stelle durch einen Sturz mit dem Pferde 1686 sein Leben verlor. Die Baulast der Kirche und des Pfarrhauses ruht auf dem Staat, von jener unter Theilnahme der Gemeinde, wenn sie kein Deficit hat. Die Kapelle zur heil. Anna steht auf dem Gottesacker, sie ist der Chor der alten Pfarrkirche, welche hier stand; ein daneben stehendes, jetzt bürgerliches Gebäude war das Pfarrhaus, so wie ein anderes das Kaplaneihaus. An der Stelle der jetzigen Pfarrkirche stand die Spitalkapelle St. Fridolin, welche 1717 abgebrochen wurde, um der neuen Pfarrkirche Platz zu machen. Eine Kapelle befand sich auch im Schlosse, sie wurde 1479 zu Ehren der heil. Dreikönige eingeweiht. Eine weitere Kapelle zu St. Nicolaus, womit ein Armenhaus und ein Kirchhof verbunden war, stand und steht noch an dem See, nicht weit von dem Orte, gegen Eriskirch hin. Kapelle und Armenhaus wurden 1808 von der Bayerischen Regierung verkauft und sind nun Privateigenthum. Beim Umgraben des Kirchhofs fand man einen Stein mit der Inschrift: „Klag über Klag, 70 in einem Grab,“ vermuthlich von der Zeit der Pest her.| Äußerst malerisch und ausgezeichnet durch ihre Lage stellen sich die Ruinen des Schlosses dar. Sie liegen bei dem Orte auf einer Insel im See, die jedoch jetzt durch einen Damm mit dem festen Lande verbunden ist, der bei dem Abbruch des Schlosses mit dem Schutt gebildet wurde. Ein Gärtner, der in einem zerfallenen Vorwerke seine Wohnung hat, pflanzt einen auf den Trümmern der alten Befestigungen angelegten niedlichen Blumengarten, der einen freundlichen Gegensatz zu dem Ernst der Ruinen bildet. Da das Land, vor dem die Insel liegt, hier eine starke Ausbeugung in den See macht, Langenargen fast in der Mitte am obern See liegt, so bildet die Insel einen Aussichtspunkt, der unstreitig den ersten Rang am Bodensee einnimmt, dessen voller Genuß aber jetzt durch die Zerstörung des Schlosses sehr erschwert ist. Nicht weniger als durch seine Lage ist das Schloß durch seine Geschichte merkwürdig. Seine Ruinen führen den Beschauer mit einem Blick von einem Zeitabschnitt in den andern zurück, während mitten in den Ruinen und selbst als Ruine die Schale des in späterer Zeit erst erbauten Schlosses sich erhebt, weist ein anderer Theil auf eine altdeutsche Burg und Veste des Mittelalters, ein dritter aber noch auf römisches Alterthum. S. auch S. 108. Wie Bregenz, Lindau und Wasserburg, so war auch die Insel Argen einst einer der Punkte, auf welchen die Römer festen Fuß gefaßt haben, und es sollen hier lange noch zwei mächtige Thürme gestanden haben, die man für ihr Werk erkannte. Auf den Grund dieser römischen Befestigung wurde eine deutsche Burg gesetzt. Aber auch sie unterlag den Stürmen der Zeit, Langenargen war ohne Burg, und es wird auch in dem Übergabsbriefe des Grafen Haug von Montfort vom Jahr 1309, worin er alle seine Burgen und Besitzungen aufzählt, einer Burg Argen nicht gedacht, sondern nur eines Dorfs Argen. Erst in einer Urkunde vom Jahr 1354 heißt es statt Dorf Argen, „Burg Argen etc.“ Es war der reiche Graf| Wilhelm von Montfort, der hier in den Jahren 1332–1343 wieder eine Burg baute. Sie galt lange für eine bedeutende Veste, und noch im dreißigjährigen Kriege stritten bald Freunde und bald Feinde um ihren Besitz. Gegen das Ende des Kriegs 1647 rückten die Schweden unter General Wrangel vor die Veste, der Kaiserliche Commandant verließ sie feiger Weise, und wurde dafür zu Lindau enthauptet. Die Schweden, welche die Veste jetzt in Besitz nahmen, blieben darin bis zum 15. September 1649. Eine während dieser Zeit von ihnen angelegte Schanze, die aber jetzt in ein Gärtchen umgeschaffen ist, heißt noch die Schwedenschanze. Noch im Spanischen Erbfolgekrieg spielte das Schloß Argen eine Rolle; 1703 rückten die Bayern vor dasselbe, zogen aber wieder ab, als sie es von den Reichstruppen besetzt fanden. Ums Jahr 1720 ließ Graf Anton von Montfort die Festungswerke abbrechen, das Schloß aber „so von dem tobenden See ziemlich übel zugerichtet und ruinirt worden war,“ neu herstellen. Sein Nachfolger, Graf Ernst setzte das Werk weiter fort, er legte insbesondere, dem Schloß gegenüber, einen prächtigen Garten an, welcher mit einer auserlesenen Orangerie und den seltensten Gewächsen geschmückt war, baute eine schöne Schloßbrücke, die er 1735 mit den kostbaren Bildsäulen des heil. Nepomuks und des heil. Nicolaus zierte, und schuf so vollends Langenargen zu einem der reizendsten Sitze um, wo die glänzendsten Hoffeste gefeiert wurden. Die Berichte aus jener Zeit rühmen insbesondere das Fest, das Graf Ernst 1744 zur Feier des Namenstags seiner Gemahlin gab. „Schon am Vorabend des Festes wurde ein 3 Stunden langes Feuerwerk auf 3 Schiffen in dem See abgebrannt, an dem Fest selbst aber wurde in dem reichgeschmückten Saale der Kapuziner Tafel gehalten, „wobei sonderbar ein in dem Saal artlich angelegtes Lustgärtlein, in dessen Mitte ein angenehm „strudlendes, bis an die Bühne aufwallendes Spritzbrünnlein sich repräsentirte, zu sehen war.“| Auch ein Zeughaus mit seltenen Rüstungen und Waffen befand sich bei dem Schloß; sein Inhalt wurde, nachdem Östreich in den Besitz der Tettnangischen Herrschaften gekommen war, 1786 nach Innsbruck abgeführt. Eine Münze, die ebenfalls mit dem Schlosse verbunden war, und wovon unten noch die Rede seyn wird, brannte am 18. Juli 1733, vom Blitze getroffen, ab. Das Schloß selber aber stand unversehrt bis ins Jahr 1810. Am 4. September 1809 wurde es von der Königl. Bayerischen Verwaltung mit den dazu gehörigen Plätzen um die elende Summe von 2100 fl. an die Meistbietenden, 4 Ortsbürger, auf den Abbruch verkauft, worauf denn im folgenden Jahre die Verwüstung erfolgte. Ein schnöderes Loos hat einen schöneren Punkt wohl selten getroffen!

In Langenargen befinden sich mehrere, nicht unansehnliche Privathäuser, wie das Gasthaus zum Löwen, das ehemalige Obervogtei-Gebäude, jetzt Eigenthum des Essigfabrikanten Wagner etc. Durch seine Lage und auch durch gute Bewirthung empfiehlt sich auch das Gasthaus zum Schiff. Es liegt hart am See, und hat einen großen, schönen Altan, der in den See selbst hineinsticht, und zu den reizendsten Standpunkten am Bodensee gehört.

Die Einwohnerzahl, welche jetzt in 1079 besteht, betrug im Jahr 1803 nur 787, sie ist also bedeutend gewachsen. Das Sterblichkeitsverhältniß ist wie 1 zu 362/10, ein immer noch günstiges Verhältniß. Gleichwohl ist die physische Beschaffenheit der Einwohner nicht die beste; es gibt eine auffallend große Anzahl von solchen Einwohnern, welche an Kröpfen und Scropheln leiden und zwar in dem Grade, daß es bei manchen in Blödsinn und Cretinismus übergeht, und daß gegenwärtig in dem Orte 13 Taubstumme sich befinden. Ob die Feuchtigkeit des Bodens und der niedern Wohnungen, die Beschaffenheit des Wassers, meist Pumpwasser, oder was sonst davon Ursache ist, darüber sind die Ärzte noch ungewiß. Schon unter der Schuljugend wird eine unverhältnißmäßig große| Zahl von Schwachsinnigen wahrgenommen. Im Übrigen hat L. doch mehrere ausgezeichnete Männer unter der Pflege der kunstliebenden Grafen von Montfort hervorgebracht, namentlich einen Urb. Regius, Maulbetsch, Brugger, Wocher, Salwirk.[1]| Die Einwohner nähren sich hauptsächlich vom Feldbau, zum Theil auch von Gewerben. Der Ort hat eine nicht unbedeutende Essigfabrik, von Wagner betrieben;[2] viele städtische Gewerbe, darunter namentlich 2 Schirmmacher, 1 Uhrmacher, 1 Orgelmacher, 10 Schiffer, 7 Fischer etc. im Ganzen 78 Meister mit 28 Gehülfen; ferner eine Hammerschmiede, eine Bleiche, eine Mahlmühle, Gerstenrollmühle, Ölmühle, Lohmühle, Hanfreibe und Sägemühle, 3 Specereihändler, 5 Kleinhändler, 6 Schildwirthschaften und 2 Bierbrauereien. Auch wird etwas Musselinstickerei betrieben. Die Bleiche, die früher bedeutend war, ist in neuerer Zeit herabgekommen. Die Sägemühle ist Eigenthum einer auswärtigen Gesellschaft, s. S. 66. Langenargen hat auch, wie schon bemerkt worden, einen kleinen, aber gut gebauten Hafen mit einem neuen Korn- und Lagerhaus und einem Zollamt, und es findet dort ein nicht unbedeutender Schifffahrtsverkehr hauptsächlich mit landwirthschaftlichen Erzeugnissen: Getreide, Holz Vieh, Käse, Essig, Bleichleinwand, Leinengarn etc. statt. Die jährliche Ausfuhr von Früchten beträgt ungefähr 36.000 Scheffel, obgleich dieselbe durch das Dampfboot abgenommen hat. Vergl. S. 65 und 156. Auch ist die Fischerei nicht unbedeutend, die Fischer zu L. gehören zu den thätigsten und geschicktesten am Bodensee. Sie bilden wie die Schiffer eine Gesellschaft, drei davon aber haben das ausschließliche Fischerrecht in der Argen. Bei L. unweit der Argenmündung, werden hauptsächlich die trefflichen Dreuschen, Drüschen im Bodensee gefangen. Zur Beförderung des Handels dienen 4 Jahrmärkte, Krämer- und Viehmärkte. Früher| wurde auch ein wöchentlicher Fruchtmarkt gehalten, und im Jahr 1828 wurde dem Ort auch das Recht zu monatlichen Viehmärkten ertheilt, beiderlei Märkte haben aber in neuerer Zeit wieder aufgehört. Jahr- und Wochenmarktgerechtigkeit hatte L. schon in ältern Zeiten. Unter der Östreichischen Regierung gingen die Märkte ein; die bayerische Regierung erneuerte sie wieder, indem sie 1809 das Recht zu 2 Jahrmärkten verlieh, und die Würtembergische Regierung bewilligte 1823 und 1831 noch 2 weitere.

Der Gemeindezustand ist gut, die Gemeindepflege hat keine Schulden, im Gegentheil 1600 fl. Activkapitalien. Der Pfarrsprengel umfaßt noch 5 Parzellen von der Gemeinde Nonnenbach, mehrere andere Parzellen, die als Bestandtheile der Herrschaft Argen dazu gehört hatten, wurden 1823 und 1827 davon getrennt, und daraus die Pfarrsprengel Mariabrunn und Oberdorf gebildet. Bis dahin stand in Langenargen neben einem Pfarrer auch noch ein Kaplan zum heil. Fridolin; die Kaplanei wurde 1442 von Graf Hugo von Montfort und der Gemeinde gestiftet, das Meiste trug aber der Pfarrer Jod. Geßler zu der Stiftung bei. Im Jahr 1827 wurde die Kaplanei aufgehoben, und zur Ausstattung der neuen Pfarrei Oberdorf verwendet. Die Pfarrei ist sehr alt, und wenn man aus der unten angeführten Urkunde einen Schluß machen darf, hatte L. schon im Jahr 773 seinen Geistlichen. Der Ort hat eine Schule mit 2 Lehrern und eine Arbeitsschule für Mädchen. Die wohlthätigen Anstalten des Orts sind:

Ein Spital zum heil. Geist ist für die Armen der alten Herrschaft Argen gestiftet, und es haben daher auch die Gemeinden Nonnenbach und Oberdorf Theil daran. Gegenwärtig genießen 31 Arme freie Wohnung darin, und erhalten mit 51 andern Armen monatliche Geldspenden. Die eigene Ökonomie wurde schon im Jahr 1780 aufgehoben. In dem Spitalgebäude, einem ansehnlichen Gebäude, das mit der Pfarrkirche zusammenhängt, befinden sich auch die Raths- und Schulstuben. Das Vermögen| der Anstalt besteht dermalen in 10.472 fl. Kapitalien und ungefähr 50.000 fl. an Grundeigenthum etc. Die Einkünfte betragen 2500 fl. Der Spital wurde von dem Grafen von Montfort gestiftet und zwar nach dem Stiftungsbrief vom Jahr 1491 von Graf Hugo und seiner Gemahlin Elisabeth, einer geb. Gräfin von Werdenberg. Es ist jedoch dieser Stiftungsbrief nur eine Erneuerung und Bestätigung einer älteren Stiftung. Die erste Stiftung soll schon von Graf Heinrich von M. und seiner Gemahlin Adelheid, einer geb. Gräfin von Habsburg gemacht worden seyn. Graf Heinrich starb aber schon 1408, jedenfalls war der Spital schon 1442 vorhanden. Ehe die neue Pfarrkirche gebaut worden, wurde auch ein neues Spitalgebäude aufgeführt; am 8. September 1718 hielten die Hospitaliten ihren feierlichen Einzug in dasselbe.

Ein Armenhaus befand sich neben der Kapelle St. Nicolai, s. u. Seit seiner Aufhebung wird der Stiftungsfonds, der gegenwärtig 1162 fl. beträgt, zum Besten der Armen im Allgemeinen verwendet.

Von besondern Stiftungen sind vorhanden:

a) Die Baumgartnerische Stiftung (s. S. 117). Der diesseitige Antheil beträgt gegenwärtig 1463 fl.
b) Die Pfaundlerische Stiftung, gestiftet 1783 von dem Pfarrer J. A. W. Pfaundler zu L. für arme Dienstboten mit 1000 fl. Sie beträgt dermalen 2029 fl.
c) Die Mansalische Stiftung, gestiftet 1784 von Wilhelm Mansal, Bleicher in L. für arme Handwerkslehrlinge und Weibspersonen seiner Familie mit 2000 fl. – Früher hatte L. auch

Ein Kapuziner-Kloster; zu der Errichtung desselben hatte schon Graf Hugo 1661 die päbstliche Erlaubniß nachgesucht; aber erst die fromme Freigebigkeit des Grafen Anton und seiner Gemahlin Anna brachte das Werk zur Ausführung: am 6. März 1696 wurde der Grundstein zu dem Gebäude gelegt; im Jahr 1811 wurde das Kloster von Würtemberg aufgehoben, und das Gebäude auf den Abbruch verkauft. Von dem Baumaterial des Klosters und des Schlosses wurde das Gasthaus und die Brauerei zum Löwen gebaut, wozu auch der schöne Klostergarten gehört.

Zu L. befand sich auch eine Münze, die einst berühmte Münze der Grafen von Montfort. Als Graf Wilhelm hier ums Jahr 1343 das Schloß Argen erbaute, ließ er dabei auch einen Münzhof anlegen; noch heißt der Platz, worauf es stand, „im Münzhof“. Nach dem oben gemeldeten Brande im Jahr 1733 scheint die jetzige| Zehntscheuer, welche mit ihrem Vorplatze auch noch der Münzhof heißt, zur Münze gedient zu haben.[3] Argen ist einer der ältesten Orte am Bodensee. Urkundlich kommt er zum ersten Mal im Jahr 773, sofort aber häufig vor, und der Umstand, daß diese Urkunden meist in Argen selbst und in Gegenwart des Gaugrafen verhandelt und ausgestellt wurden, lassen auf die Bedeutung des Orts schon zu jener Zeit schließen.[4] Der Ort| gehörte, wie die Urkunden zeigen, zu dem Argengau, ging sodann mit in den erblichen Besitz der Gaugrafen und ihrer Nachkommen, der Grafen von Buchhorn und Bregenz über, und kam von letztern durch die Pfalzgräfin Elisabeth von Tübingen, eine geb. Gräfin von Bregenz, an ihre Söhne, den Pfalzgrafen Rudolph von Tübingen und den Grafen Hugo von Montfort, durch Theilung zwischen diesen aber an das Montfortische Haus allein. Im Jahr 1169 stiftete die Pfalzgräfin Elisabeth Güter zu Argen an das Kloster Isny; ihr Sohn Rudolph begabte das Kloster 1187, da er sich in die Brüderschaft der Klostergeistlichen aufnehmen ließ, ebenfalls mit einem Gut zu Argen, wobei er sich die Vogtrechte vorbehielt. S. S. 96 u. Hess monunt. Guelf. p. 284. Bruschius f. 76. Im 12ten Jahrhundert kommt auch ein adeliges Geschlecht vor, das sich von Argen schrieb; 1172 steht Rudolph von Argun als Zeuge in einer Weißenauischen Urkunde, und eben dieser Rudolph überläßt dem Kloster Weißenau 1187 seinen Theil eines Guts in Argun, wovon seines Bruders Berthold Söhne den andern Theil inne hatten. Allein jener Rudolph von Argen ist in der zuletzt angeführten Urkunde ausdrücklich als Lehens- und Dienstmann des Pfalzgrafen Rudolph bezeichnet und war vermuthlich als solcher nichts anderes, als einer der Burgmänner, die auf der Burg | Argen saßen. Auf der Stelle, welche das sogenannte Rosenstockische Haus im untern Dorf einnimmt, soll ehemals noch ein Schloß gestanden seyn, das ohne Zweifel auch der Sitz von Gräfl. Dienstmannen war und später im Besitze der von Harteneck erscheint. In der St. Anna-Kapelle befindet sich ein Grabstein mit folgenden Inschriften: 1585 den 11. Febr. starb die edle Frau Agnes von Harteneck etc. Anno Domini... starb der edel fest Hans von Harteneck zum Rosenstock zu Argen. Wie schon bemerkt worden, kam L. noch zu Lebzeiten Rudolphs an das Haus Montfort, es blieb bei demselben bis zu seinem Untergang. Das Grundeigenthum war aber, wie in früheren Zeiten, so auch später noch in verschiedenen Händen, und sein Besitz wechselte vielfältig. Im Jahr 1290 verkaufte und vergabte Graf Haug von Montfort zu Tettnang an das Kloster Löwenthal aus Veranlassung einer Schuld, wofür die Klosterfrauen Bürgschaft geleistet hatten, sein Aigen und Gut zu Argen, das er gekauft von den Chorherren von St. Johann zu Constanz um 360 M. S., und das er nun manche Jahre besessen. Daß hier nicht von dem Dorf und der Dorfherrschaft, sondern nur von Grundeigenthum die Rede sey, ergibt sich schon daraus, daß die Grafen von Montfort nachher wie vorher, im Besitze der Herrschaft waren, wie denn derselbe Gr. Haug 1309 seinem Sohn und Neffen namentlich auch „das Dorf Argen mit Leut und Gut“ übergibt. Der Constanzische Besitz rührt vielleicht von einer Schenkung des Bischofs Gebhard her, der aus dem Hause der Grafen von Buchhorn und Bregenz war, s. Oberdorf. Die von Montfort blieben auch in ununterbrochenem Besitze von Argen, jedoch war es bald mit Bregenz, bald mit Rothenfels, bald mit Tettnang verbunden. Als Graf Wilhelm von M. 1332 bis 1343 die Burg und Veste Argen baute, zog er auch den zunächst gelegenen Theil des Orts in den Kreis der Befestigung, er umgab diesen mit einem Graben und mit Mauern, und dieser Theil wird daher| auf den heutigen Tag noch Stadt genannt. Von den Nachfolgern Wilhelms erhielt die sogenannte Stadt auch einzelne Rechte und Freiheiten. Graf Haug zu Montfort und Rothenfels (Tettnang war damals abgetheilt) verlieh 1456 den Bürgern, die innerhalb des Grabens sitzen, die Freiheit, daß sie künftig des Jahrs nur Einmal und zwar nur 2 Pfenning von 1 Pfd. des fatirten Vermögens zu zahlen haben, er verzichtete zugleich auf das Recht, die armen Leute (Leibeigene) zu beerben, und bestimmte die Frohndienste, welche die Bürger zu Wasser und zu Land in das Schloß leisten sollen. Im Jahr 1464 ertheilte Graf Haug dieselbe Freiheit auch den getreuen Leuten, die oberhalb und unterhalb der Stadt wohnen, unter der Bedingung, daß sie auf Verlangen des Grafen innerhalb des Grabens ziehen, und auf das Zinsgut, das er ihnen verleiht, ein Haus mit Stallung bauen müssen. Von den Grafen Haug d. j. und Johann wurden 1496 jene Freiheiten auf die ganze Herrschaft Argen ausgedehnt. Förmliches Stadtrecht scheint Argen nie erhalten zu haben. – In Beziehung auf die besondern Schicksale des Orts ist noch Folgendes zu bemerken. Im Jahr 1629 wüthete die Pest zu L. und in der Umgegend, nur das Schloß blieb verschont, und es flüchteten sich daher viele Leute dahin. In dem letzten französischen Krieg, am 9. Mai 1800 wurde L., zwar nicht, wie wir in Schwabs Bodensee lesen, von dem Oberst Williams, dagegen aber von den Franzosen von dem Bodensee aus beschossen, welche mit 7 Schiffen, die sie zu Rorschach ausgerüstet hatten, vor L. erschienen. Der Schaden, den sie anrichteten, war jedoch nicht groß. Der Ort wurde von Williams mit 300 Östreichern, welchen das Landvolk zu Hülfe gekommen war, vertheidigt, und eine gut bediente Östreichische Kanone nöthigte den Feind bald, sich zurückzuziehen. Die Burg Argen mit Zugehör, oder nach späterem Sprachgebrauch, die Herrschaft Argen bildete eine eigene Reichsherrschaft, wovon der Blutbann und die| Fischenz in dem Bodensee von dem Schloß bis zu dem Breitenstein hinauf Reichslehen waren. Die Grafen von Montfort nannten sich daher auch Herren zu Tettnang und Argen. Zu der Herrschaft gehörten außer Langenargen auch Argen, die jetzigen Gemeindebezirke Nonnenbach und Oberdorf. Wie Langenargen 1783 an Östreich, 1805 an Bayern und 1810 an Würtemberg gekommen, ist oben S. 102 schon bemerkt.

In der schönen Umgebung des Orts, am Wege nach Eriskirch, befindet sich auf einer kleinen Erhöhung ein neuer Bierkeller mit einer einladenden Anlage, Eigenthum des Löwenwirths zu Argen. Eine Viertelstunde von Langenargen, am Wege nach Oberdorf, liegt eine Brunnquelle, daneben steht ein Crucifix mit einer Menge Votivtafeln, zu dem das Volk, das ihm Wunderwirkungen zuschreibt, aus ziemlicher Entfernung wallfahrtet.


  1. Urbanus Regius (Urban König) machte sich seiner Zeit als Beförderer der Reformation bekannt. Er erhielt seine Vorbildung zu Lindau, von wo er die Universität Freiburg bezog, und im Hause des berühmten Zasius aufgenommen wurde. Von Freiburg ging er nach Basel und von da nach Ingolstadt, wo er Privatvorlesungen hielt. Von seinen Zöglingen daselbst um sein Vermögen gebracht, verkaufte er vollends Alles, was ihm noch blieb, und trat in Militärdienste. Sein Freund und Gönner, der berühmte Theolog Eck, bemerkte ihn zufällig bei einer Musterung, und wirkte seine Freilassung aus. Regius erhielt bald darauf den Lehrstuhl der Rhetorik und Poesie zu Ingolstadt, verließ aber diesen wieder und trat zur lutherischen Lehre über. Von Luther selbst hochgeschätzt, gewann er auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 auch das Vertrauen des Herzogs Ernst von Braunschweig-Lüneburg, der ihn als Generalsuperintendenten und Hofprediger mit in seine Lande nahm, wo er 1541 zu Celle starb. Seine Schriften wurden in zwei Folianten zusammengedruckt.

    Anton Maulbetsch, K. K. Kammermaler zu Wien, ein vorzüglicher Fresco-Maler des vorigen Jahrhunderts, von dem uns aber nähere Notizen abgehen.

    Andreas Brugger, Maler, geboren in dem nahen Kreßbronn 1737, gestorben zu Langenargen 1812, wo er Bürger und ansäßig war. Er war der Sohn des Bauers Joh. Brugger. Graf Ernst von Montfort schickte ihn nach Wien zu Maulbetsch, dessen Unterricht er genoß. Von da ließ ihn der Graf nach Rom gehen, wo er mehrere Jahre zubrachte und einen Preis errang. Das schöne Ölgemälde an dem St. Martinsaltar zu Langenargen, die Deckengemälde in den Kirchen zu Rorschach, Tettnang, Gattnau und an mehreren andern Orten sind seine Werke. Er war unverheirathet.

    Christoph Wocher, geboren 1749, Sohn des Schiffers Joh. Wocher, Münzgraveur. Er begann seine Laufbahn noch in dem Montfortischen Münzamte zu L.A., kam von da in die Münze nach Mailand, wo er sich vortheilhaft auszeichnete, jedoch von seinem Schüler und Neffen Salwirk bald übertroffen wurde und 1821 starb.

    Joseph Salwirk, Münzdirektor in Mailand, geboren 1761 zu Mollenberg bei Neukirch, wo sein Vater gräfl. Montfortischer Jäger war. Er war also wie Brugger kein geborner Langenarger, kam aber, da sein Vater frühzeitig gestorben war, schon als Knabe mit seiner Mutter, einer gebornen Wocher von Langenargen, dahin. Nach einigen Jahren wurde er zu dem Bruder seiner Mutter, dem vorgenannten Münzgraveur Wocher, nach Mailand geschickt, genoß dort dessen Unterricht und machte so ausgezeichnete Fortschritte in seiner Kunst, daß er in der Münzanstalt schnell von einer Stufe zur andern vorrückte, und am 4. Juli 1808 zum Münzdirektor in Mailand ernannt wurde. Er starb daselbst unverheirathet 1819, und hinterließ seinen Verwandten in Langenargen ein bedeutendes Vermögen. Von ihm und unter ihm wurden die vortrefflichen Münzen gefertigt, die von der Mailänder Münzstätte ausgingen. Seine Büste wurde in dem Münzgebäude neben der von andern ausgezeichneten Künstlern aufgestellt.
  2. Eine angebliche Bleistiftfabrik aber besteht bloß darin, daß ein mit Bleistiften handelnder Krämer einmal den Versuch machte, solche selber auch zu fertigen.
  3. Die Grafen haben von alten Zeiten her das Münzrecht ausgeübt; woher sich dieses schreibt, ist unbekannt. Schon 1345 wurde zu Langenargen ein neuer Münzhof gebaut, s. u. In dem auf Bitten des Grafen Ulrich von M. wegen der Veräußerung der Grafschaft Rothenfels abgeänderten Lehensbrief, ausgestellt von Kaiser Maximilian II. 1566, wird der Graf ausdrücklich auch mit dem Recht „silberne Münzen in seinen Herrschaften“ zu prägen belehnt, und in demselben Jahre soll er auch mit dem Recht, Goldmünzen zu prägen, belehnt worden seyn. Als in dem Reichsabschied von 1570 verordnet wurde, daß künftig die Münzstätten in jedem Kreise auf 5 bis 4 vermindert werden sollen, wurden von Seiten des Schwäbischen Kreises folgende 4 Münzstätten als bleibend gewählt: Stuttgart, Tettnang, Baden und Augsburg. Von Tettnang ist auch in späteren Abschieden die Rede; es ist aber darunter nicht sowohl die Stadt, als vielmehr wie bei Baden die Herrschaft zu verstehen.
    Die Art, wie die Grafen von Montfort ihr Münzrecht ausübten, und die Geringhaltigkeit der auf ihrer Münzstätte geprägten Münzen erregte vielfache Beschwerden. Gemeiniglich wurde die Münze von ihnen verpachtet, die Pachter prägten auch ausländische Münzen. Nach einer Mittheilung des Herrn Kassiers Bender hatten im Jahr 1728 einige Franzosen die Montfortischen Münzen gepachtet und prägten geringhaltige französische Goldmünzen. Im Jahr 1732 erhielt der Erbprinz Ludwig von Hohenzollern-Hechingen den Pacht zur Ausprägung von Carolinen gegen ein jährliches Pachtgeld von 4500 fl., und ein Douceur an die Frau Gräfin von Montfort. Die Klagen über die schlechten Montfortischen Münzen waren ein stehender Artikel auf den Schwäbischen Kreistagen. Unter Östreichischer Regierung wurde die Münze nach Günzburg verlegt.
  4. Am 5. September 773 schenkten (der Geistliche) Hadupert und seine Mutter Teodrad dem Kloster St. Gallen ihr Eigenthum in dem Argengau, in Hatzenweiler und im Dorf Argona unter der Bedingung, daß sie es als ein Zinslehen von dem Kloster zurückerhalten. Die Urkunde ist ausgestellt von dem Cleriker Hadupert in Arguna villa publice. Neug. C.D. No. 54.
    Am 9. Juni 794 wird in Gegenwart des Gaugrafen Ruadpert eine Urkunde ausgestellt über eine Schenkung an die St. Georgskirche zu Wasserburg. „Actum in villa Arguna publice.“ Ib. No. 122.
    Vom 9. Juni 798 ist eine Urkunde über eine Schenkung eines gewissen Richart in villa Arguna an dieselbe Kirche und an das Kloster St. Gallen. „Actum in villa Arcuna publice.“ Ib No. 156.
    Durch Urkunde vom 26. Juni 815 schenkt wieder ein Hadupert, vielleicht der obige, dem Kloster St. Gallen Güter im Argengau, zu Wasserburg, Argen (Arguna), Hatzenweiler, Ziegelbach, Schwarzenbach und Wangen. Ib. No. 183.
    Am 22. Oktober 859 schenkt der Priester Patacho bei Gelegenheit eines Gütertausches dem Kloster St. Gallen noch 15 Tagwerk zu Argen (15 jurnales ad Argunam). Ib. No. 296.
    Im Jahr 861 schenkt Hasuo durch die Hand seines Advokaten, also wie es scheint, wieder ein Geistlicher, dem Kloster St. Gallen eine Hube in dem Argengau, in dem Ort Arguna. Ib. Nro. 403.
    Am 29. Juni 865 vertauschen die Brüder Cundpert und Mowo ihre Güter zu Arguna gegen St. Gallische Güter in Willerazhofen. Ib. No. 452.
    Noch weitere Urkunden, worin des Dorfs Argen erwähnt wird, führt von Arx in seiner Geschichte von St. Gallen I. pag. 156 etc. an.