« Kapitel B 8 Beschreibung des Oberamts Schorndorf Kapitel B 10 »
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Grunbach.
Gemeinde II. Kl. mit 1349 Einw.; a. Grunbach Pfdf. 1331 Einw., wor. 2 Kath. b. Osterhof W. 18 Einw. Ev. Pfarrei.


Die natürliche Lage dieser Gemeindemarkung ist beinahe dieselbe, wie des nur 3/4 St. östlich davon gelegenen Geradstettens. Der Bezirk gränzt westlich und nördlich an das Oberamt Waiblingen, von dem es durch den Gundelsbach getrennt ist. Gegen die Berglen liegen auf diesseitiger Markung zwei vorspringende, wie die Bergwand selbst fast ganz mit Weinreben und Obstbäumen bepflanzte Hügel, welche – namentlich die gegen Buoch im O.A. Waiblingen sich hinaufziehende Partie – zur Blüthezeit einen prachtvollen Anblick und in das untere Remsthal, die Ludwigsburger Ebene, den Stromberg, die Leonberger und Stuttgarter Höhen eine liebliche Fernsicht darbieten. Das hier westwärts sich erweiternde Remsthal nimmt von den Berglen her das schon gedachte Gundelsbachthälchen und das zwischen Grunbach und Geradstetten liegende Zehendbachthälchen, sowie das Grunbachthälchen auf, durch welches der bei Buoch entspringende Grunbach fließt, der im Wald oben einen kleinen| Wasserfall über Felsen herab bildet und in romantischen Schluchten mehrere Bächlein aufnimmt. Auf einer zwischen Einschnitten des Zehendbachthälchens hervorragenden Anhöhe liegt der Osterhof. Die Überschwemmungen der 10 Minuten südlich vom Dorf vorbeifließenden Rems haben seit den 1823 und 1842 auf gemeinschaftliche Kosten des Staats und der Gemeinde ausgeführten Durchstichen abgenommen. Die obengedachten Bäche, die nur in trockenen Jahren zur Wiesenwässerung dienen, fließen nördlich in dieselbe; einige von der Südseite einmündende Bächlein versiegen Sommers. Auf der quellenreichen Markung sind zwei Hungerbrunnen. Bei der hintern Mühle liegt ein künstlich angelegter, hauptsächlich vom Grunbach gespeister, Weiher.

Alleiniger Grundherr ist der Staat. Die Grundbesitzer dieser Gemeinde gehörten zu den stärkstbelasteten. Sie haben dem Staat 109 fl. 19 kr. Zinse, 56 Sch. 6 S. 3 V. Frucht- und 28 E. 11 I. 6 M. Weingilten, 267 fl. 17 kr. Heuzehenten, 71 fl. 40 kr. steuerartige Abgaben und 9 fl. 1 kr. Jagdfrohnen für 21.721 fl. 47 kr. abgelöst, und jährlich noch 1214 fl. 17 kr. Geld und 77 Sch. Frucht für den Zehenten zu entrichten. Außerdem haben sie die Gefälle der Stiftungspflege für 508 fl. 9 kr. und der Gemeindepflege für 362 fl. 54 kr. Capital abgekauft.

Das Pfarrdorf Grunbach, früher auch Grumbach, Gronbach, Gruonbach u. Grombach geschrieben, liegt 2 Stunden westlich von Schorndorf, an der bei Geradstetten genannten Hauptstraße. Das sehr stattliche und reinliche Dorf, dessen 3–4stockigte zwischen Gärten liegende Häuser den Wohlstand desselben zu erkennen geben, ist an den Abhang des nördlich vom Thal aus den Berglen hervorspringenden Rebhügels gebaut, an welchem es sich dem Grunbach entlang in das obengedachte Thälchen lange hinauferstreckt, und ist durch diesen und den gegenüber liegenden östlichen Vorberg geschützt. Über die Rems führt gegen den Schönbühl hin eine 1841 erbaute schöne steinerne Brücke. Die Gassen sind breit und die Hauptstraßen gut gepflastert. Unter den 189 Haupt- (und 53 Neben-) Gebäuden, sind einige ansehnliche, welche Privaten gehören. Die 1481 erbaute Kirche liegt auf einer Erhöhung, zu welcher Treppen führen, ist ganz von Stein mit gothischem gewölbtem Chor, geräumig und in gutem Zustande. Der massive Thurm hat 3 Glocken. Die Kirche ist von einer starken Mauer umgeben und hat wohl einst in Kriegsgefahren als Zufluchtsort gedient. An die Kirchenmauer ist das Schulhaus, zugleich Rathhaus, angebaut; zunächst dabei liegt das Pfarrhaus. Vor der Kirche steht eine alte schöne Linde und ein stattlicher Röhrbrunnen, der nebst 10 anderen Brunnen gesundes reiches Wasser gibt.

Der Hof Osterhof, früher Osterberg und Österberg, liegt 1/4| Stunde nordöstlich von Grunbach, hat keine eigene Markung und ist überhaupt der Gemeinde einverleibt.

Die Einwohnerzahl der Gemeinde (1630 – 800, 1655 – 250, 1712 – 602, 1773 – 1003, 1807 – 1114, 1815 – 1354) war vor einigen Jahren 1440, ist aber durch Auswanderung auf 1349 herabgegangen. Die Einwohner sind fleißig und betriebsam; doch sollen ihnen die Geradstetter in ihren Geschäften und in den Feldarbeiten meist voraus seyn. Dennoch finden sich hier mehr Vermögliche; die Meisten haben ihr Auskommen; es ist kein Bettler und fast kein Waldfrevler vorhanden und von 1837–1847 sind nur 2 Gante vorgekommen.

Die Markung ist im Verhältniß zur Bevölkerung klein, da sie an Baufeld nur 451/8 M. Gärten, 3436/8 M. Äcker, 3425/8 M. Wiesen und 3615/8 M. Weinberge begreift, also überhaupt nicht weiter als etwa 4/5 M. auf den Kopf kommen. Die Güter liegen meist an dem Fuße von Abhängen, an diesen selbst und auf der Höhe. Auch der kleinste Fleck ist angebaut; die Pflüge sind selten, da fast Alles mit dem Spaten bearbeitet wird. Die Dungstätten sind gut angelegt und überall Güllenlöcher angebracht. Die Dreifelderwirthschaft wird nicht streng eingehalten, und 1623/8 M. werden in willkührlicher Abwechslung gebaut. Hauptsächlich werden Dinkel, Einkorn und Gerste gepflanzt. Ein M. Acker gibt bei 7 S. Dinkel Aussaat 10–11 Sch. und bei 20 S. Kartoffeln 250 S. Hanf wird nicht viel, Flachs sehr selten, Reps etwas Weniges gezogen. Es sind 3 Hopfenpflanzungen vorhanden. Die Wiesen sind meist dreimähdig und geben vieles und sehr gutes Futter. Der großen Wiesenfläche ungeachtet, muß aber bei der bedeutenden Viehhaltung noch Futter und Stroh häufig von auswärts gekauft werden. Die Weinberge, fast durchaus an den Abhängen der Berglen, haben 3000–3200 Stöcke auf dem M., hauptsächlich Sylvaner, Elblinge, Wälsche oder Drollinger, Gutedel etc. Die besten Halden sind Auerbacher und Strauß. In guten Jahren erträgt der M. 12–14 E. Der Wein, von schillernder Farbe, ist dem Winterbacher gleich, weniger lieblich aber lagerhafter als der Geradstetter. Die Preise waren 1846 50–66 fl. Die Güter-Preise sind: 1 M. Acker 600–900 fl., Wiesen 600–1000 fl., Weinberg 600–1200 fl. Der Obstbau ist sehr bedeutend und an den Thalwänden und Abhängen vor Frost und Wind gesichert. Das feine Tafelobst ist seltener, das Mostobst aber um so häufiger; mancher Bürger gewinnt in günstigen Jahren 20–30 E. Obstmost. Er wird das ganze Jahr über aus den Kellern verkauft; ebenso das Obst an bayerische Händler. Namentlich aber sind es die Kirschen, welche hier vielen Gewinn bringen. Es ist schon S. 43 bemerkt, daß Grunbach der Hauptort in dem Kirschenherbst ist. Im J. 1847 belief sich der Ertrag auf 2500 Centner mit einem Erlös von wenigstens| 12.000 fl. Es gibt hier Kirschenbäume, die 9–12 Ctr. ertragen. – Die Rindviehzucht und Haltung ist meist gut, die Race gemischter Landschlag von trefflichen Simmenthaler Farren. Keine Schafzucht; die Schafweide ist ganz eingestellt.

Von Gewerben sind ein Uhrenmacher, zwei oberschlächtige Mahlmühlen, eine Ölmühle, 9 Weber, ein Drechsler, ein Blättersetzer und 4 Victualienhändler hervorzuheben. Als früherer Neben-Erwerb der Bürgersöhne ist zu erwähnen, daß sie Winters alle Strümpfe für die Haushaltung strickten; woran sie sich jetzt zu schämen beginnen. Mit dem Weinbau beschäftigen sich 190 Bürger.

Das Wappen des Dorfes ist ein Hüfthorn, woraus in neuerer Zeit ein Posthorn geworden. Das Gemeindevermögen ist an Grundeigenthum 177 M. an verzinslichen Forderungen 6152 fl.; die Gemeindeschadensumlage 900 fl. Der im Gemeinde-Eigenthum begriffene Wald von 120 M. ist in gutem Zustand; die Privatwaldungen betragen 155 M. Für ein früher bezogenes Weggeld erhält die Gemeinde 80 fl. jährlich Entschädigung vom Staat. Die Stiftungspflege besitzt 2 M. Grundeigenthum und 13.998 fl. Capitalien; darunter eine Stiftung zu Brot, das allsonntäglich vom Februar bis zur Ernte in der Kirche ausgetheilt wird und wozu sich 12–14 Personen melden. Die Gemeinde hat ein Armenhaus. Es sind zwei Heiligenpflegen vorhanden, Vincenz und Dionysius, deren eine von einer früheren Capelle herrühren dürfte. Die Pfarrei hat außer dem Osterhof keine Filialien. Das Patronat war mit kleiner Unterbrechung von jeher landesherrlich. An der Schule stehen ein Schulmeister und ein Gehilfe; daneben ist eine Industrieschule für Mädchen mit 2 Lehrerinnen besetzt. Die Schulstiftungen betragen 876 fl. Der Schulfonds 305 fl.

Der Begräbnißplatz ist außerhalb des Ortes.

Ein Conradus de Conronbach erscheint am 22. April 1142 in Jerusalem als Zeuge in der Stiftsurkunde des Klosters Denkendorf. (Wirt. Urk.-Buch 2, 17.) Im J. 1245 wird „Grumbach“ unter den Orten aufgeführt, wo das Stift Backnang begütert ist. Deßgleichen war das Kloster Lorch allhier begütert; seine hiesigen Besitzungen versprach den 22. Juli 1293 Graf Eberhard von Württemberg zu schützen (Besold 736); ihm räumte Graf Ulrich den 25. Juli 1328 das Recht und den Gebrauch einer Kelter ein (Crus. Ann. 3, 222). Conrad der junge Müller von Gmünd trug 1344–1361 drei Weinberge dahier von Württemberg zu Lehen (Sattler Gr. IV. Beil. 61). Georg von Urbach verkaufte 1425 an M. Georg Schienlin, Kirchherrn dahier und Canonicus zu Sindelfingen, Güter und Gefälle für 130 fl. Den Klöstern Lorch und Heidenheim am Hahnenkamm verkaufte Graf Eberhard der| Jüngere i. J. 1480 für 3430 fl. rhein. den hiesigen Weinzehenten und Kelterwein (Orig. St.Arch.); die dem letztgedachten Kloster verkauften Zehenten und Rechte kaufte der Kirchenrath im vorigen Jahrhundert wieder an sich. Güter und Gefälle besaß auch der Schorndorfer Spital. Im J. 1585 erhielt der Göppinger Spital Erlaubniß zur Erbauung einer eigenen Kelter auf dem Osterberg, wo er Weinberge besaß.

Im J. 1500 besaß das Kloster Lorch 1 ganzen, 3 halbe Höfe, 10 ganze, 8 halbe Lehen, 3 Berglehen und viele Weingefälle; die Kellerei 1694 die Mühle, 2 halbe Höfe, 13 ganze und 4 halbe Lehen; die Stiftungspflege Beutelsbach und die Catharinen-Caplanei in Schorndorf je 1 Lehen und das Kloster Adelberg einige Geld- und Weingefälle. Der große Fruchtzehente gehörte der Kellerei und Ortspfarrei, die auch am Weinzehenten Theil hatten.

Die Pfarrei ist von höherem Alter. Im J. 1273, erscheint ein Decanus de Grunbach (Sattler Gr. I. 4). Neben dem Pfarrer stand bis zur Reformation ein Frühmesser. Graf Ulrich von Württemberg übergab zwar 1473 den Kirchensatz dem Stifte Stuttgart, tauschte ihn aber 1477 wieder gegen die Kirche Bonlanden aus.

Am 4. Juni 1792 erlitt Grunbach einen sehr großen Schaden durch Wolkenbruch.

Die östliche der Eingangs erwähnten Höhen trug in alten Zeiten eine spurlos verschwundene Burg, da noch jetzt von „Gütern hinter der Burg“ und von „Burgäckern“ die Rede ist.

Gegen Buoch hin, auf der Höhe, standen die im dreißigjährigen Krieg abgegangenen nach Grunbach eingepfarrt gewesenen Erlach-Höfe.


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