Beschreibung des Oberamts Schorndorf/Kapitel B 2
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Was nun die Gemeinde Aichelberg insbesondere betrifft, so ist das | Pfarrdorf Aichelberg auf dem Schurwalde, der sogenannten vorderen Schur, oder der westlichen Seite des Waldes, gegen die Oberämter Canstatt und Eßlingen, 4 Stunden südwestlich von Schorndorf gelegen. – Der große Frucht- und Wein-Zehenten und der Heuzehenten gehören von dem Stifte Beutelsbach her dem Staat, der kleine Zehenten der Orts-Pfarrei, ein Theil des Novalzehentens der Gemeinde. Von den Gefällrechten des Staats hat die Gemeinde einen Capital-Betrag von 456 fl. 20 kr. abgelöst, so daß derselbe nur noch 167 fl. 30 kr. und 38 Sch. Früchte für den Zehenten erhebt. Weiter hat die Gefällkasse der Gemeinde als Nachfolgerin der Gutsherrschaft noch 119 fl. 6 kr. und die Ortspfarrei 22 fl. 30 kr. für Novalzehnten zu beziehen.
Aichelberg, dessen Name von Eiche abzuleiten sein wird, die auf diesem Gebirge wohl gedeiht, liegt oben auf der Spitze des Bergrückens, dem Remsthale zugekehrt, in welches sich eine äußerst schöne Aussicht eröffnet. Die Erdfläche an der Kirche ist der dritthöchst gemessene Punkt des Bezirkes, 1445,5 Par. Fuß über dem Meere. Daher genießt man auch bis in’s tiefere Unterland und rückwärts von Hohen-Neufen bis zum Hohenzollern eine herrliche Fernsicht, die vom Kirchthurm aus am Schönsten ist. Bei der hohen Lage versiegen jedoch die wenigen Brunnen nicht selten, auch müssen die Werksteine vom Thal heraufgeschafft werden. Aichelberg hat die meisten alten Leute (s. S. 25); Greise von 90 Jahren sind eben nicht selten.
Der Ort liegt eben, ist fast ganz in der Länge gebaut und wird in Vorder- und Hinter-Weiler eingetheilt. Von hier führt die S. 63 erwähnte lange und beschwerliche Steige nach Schnaith. Aichelberg hat 114 Haupt- und 45 Neben-Gebäude (im Jahr 1759 67 und beziehungsweise 17). Die kleine Kirche liegt 10 Minuten vom Dorfe entfernt und ist, obgleich von ziemlich hohem Alter, in gutem Zustand. Die Baulast haben die örtlichen Kassen. Die Einwohner bilden den Übergang von den Thalleuten zu den eigentlichen Schurwäldern, sind aber durch ihren Handelsgeist verschlagener als die letzteren. – Die Markung begreift an Baufeld 362/8 M. Gärten, 3406/8 M. Acker (davon 1367/8 M. willkürlich gebaute Felder), 217 M. Wiesen und 111 M. Weinberge, also nahezu 1 M. auf den Kopf. Die Einwohner sind verhältnißmäßig ziemlich wohlhabend. Im J. 1759 zählte man von den damaligen 86 Bürgern 1/9 zu den starkbegüterten, 4/9 zu den mittel- und 4/9 zu den schlechtbegüterten. Unter den Waldorten hat allein Aichelberg Weinbau, der nicht unbedeutend ist; es werden meist Sylvaner und Elblinge, 2400 Stöcke auf den Morgen, gepflanzt. Die Weinberge werden hier nicht bezogen und geben einen ziemlich guten Wein. Von dem hier gebauten Getreide sind Dinkel und Weizen beliebt. Das Frucht-Erzeugniß reicht etwa für den örtlichen Bedarf aus. Von| Bedeutung ist schon seit vielen Jahren der Obstbau, der durch das Beispiel des dermaligen Ortsgeistlichen noch mehr gehoben wird. Ein Morgen Acker oder Wiesen kostet 500 fl., Weinberg 8–900 fl. Der Handel mit Vieh und selbsterzogenen Obstbäumen wird lebhaft betrieben. Der Viehstand ist hier ziemlich gut; zum Fuhrwerke dienen aber fast ausschließlich Kühe. Die Gewerbe sind kaum nennenswerth.Das Vermögen der Gemeindepflege besteht in 280 M. Grundeigenthum und macht eine Gemeindeumlage entbehrlich. Die Stiftungspflege besitzt 2730 fl. in Capitalien. Es ist ein Armenhaus vorhanden. – Das Patronat ist landesherrlich. Außer den obengenannten Filialien Schanbach mit Lobenroth, O.A. Canstatt, und Krummenhardt, O.A. Eßlingen, war bis 1845 auch Baach hieher eingepfarrt. An der Schule steht ein Schulmeister mit einem Lehrgehilfen. Der Schulfond beträgt 600 fl. Der Begräbnißplatz liegt bei der Kirche.
Aichelberg, bis 1806 dem ritterschaftlichen Kanton Kocher zugetheilt, gehörte unter der Lehensoberherrlichkeit des Abts von Ellwangen im 15. Jahrhundert den Herren von Stetten, namentlich im J. 1429 zwei Theile an den „Weilern Aichelberg ob Beutelsbach“ dem Truchseßen Wilhelm von Stetten (Stuttgarter Staatsarchiv unter Stift Ellwangische Lehen). Von Hansen Truchseßen von Stetten Wittwe kam Aichelberg durch Kauf an den württembergischen Landhofmeister Dietrich von Weiler († 1507 Febr. 28), dessen gleichnamiger Sohn bereits im October 1507 den Ort nebst Zugehör, zugleich mit dem Schlößchen Stetten, an den Erzmarschall Konrad Thumb von Neuburg verkaufte (Beschreib. d. OA. Canstatt 211). Johann Friedrich Thumb veräußerte den Ort im J. 1663 an Georg Friedrich vom Holtz als Rittermannlehen von Ellwangen. Bis zur Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit blieb die hohe und niedere Gerichtsbarkeit im Besitz der Familie vom Holtz, die Lehensherrlichkeit stand der Probstei Ellwangen zu und ging mit dieser an Württemberg über. Im J. 1812 trat die Familie vom Holtz ihren hiesigen Besitz an ihre Creditorschaft ab, von welcher am 10. Nov. 1832 die Ortsgemeinde die grundherrlichen Rechte um 10.000 fl. an sich kaufte. Dieselben bestanden 1759 in dreitägigen Frohndiensten und 40 kr. Frohngeld vom Kopf, Leibfällen, Laudemien und kleine Heller- und Hühner-Gilten. Die große und kleine Jagd gehörte Württemberg.
Im J. 1482 wurde Aichelberg, welches bisher Filial von Beutelsbach gewesen, auf Anhalten des Truchseßen Hans von Stetten beim Stiftspropste von Beutelsbach getrennt[1] und von Stetten aus pastorirt| bis im J. 1564 ein eigener Pfarrer hieher gesetzt wurde (Binder 289). Bereits i. J. 1532, unter den Herren von Thumb, war die Reformation eingeführt worden. – Der Pfarrsatz gehörte dem Stifte Beutelsbach, das Visitationsrecht aber der Ortsherrschaft.
- ↑ Indeß sollte bei der Heiligen-Rechnung allezeit ein Stiftspfleger zu Beutelsbach oder ein anderer von Stifts wegen sein, doch ohne des Heiligen Kosten. Besold, Doc. Stuttg. 34.
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