Beschreibung des Oberamts Saulgau/Kapitel B 26
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1) Ennetach, auch Ennentach, ein kath. Pfarrdorf, an der Ablach und der Straße nach Scheer, ganz nahe bey Mengen, mit 506 Einw. Die Zehnten gehören zu 3/4 der Grundherrschaft (früher Stift Buchau), zu 1/4 der Pfarrey; Heuzehnten wird nicht gereicht. S. S. 87.
Der Name des Orts wird sehr verschieden geschrieben gefunden, seine Bedeutung ist: innerhalb, innet oder diesseits der Ach (Ablach). Ehemals hieß der Ort Mengen, und bildete mit Mengen jenseits der Ach Einen Ort und Eine Gemeinde, hatte auch mit jenem bis 1464 eine gemeinschaftliche Markung. Nachdem aber der jenseitige Theil ummauert und zur Stadt geworden war, wurde der diesseitige Mengendorf oder Mengen innet Ach und am Ende Ennetach, manchmal auch Alt-Mengen genannt, vermuthlich weil die Entstehung beider Orte von da ausgegangen ist. Unter dem Namen Mengen das Dorf, Mengendorf, kommt der Ort bis gegen das 16te Jahrhundert, in diesem jedoch häufig schon mit dem Beysatze „hodie Ennetach“ vor. S. Mengen.
Der Ort hat eigene Waldungen, 2 Schildwirthschaften und eine Bierbrauerey, 2 Mahlmühlen und eine Sägemühle, von der Ablach getrieben. Die Pfarrkirche zu U. L. F. u. den heiligen Cornelius und Cyprian ist ein ansehnliches mit einem stattlichen Thurm versehenes und mit einer Ringmauer umgebenes Gebäude. Sie soll i. J. 1491 neu gebaut worden seyn; viel älter ist der Thurm, der abgesondert von der Kirche steht, und den meisten Thürmen der Gegend zum Vorbild gedient zu haben scheint. Er ist ein s. g. Sattelthurm, sehr hoch, und bis in die Giebelspitze von Stein aufgeführt. An dem vordern Giebel steht ein steinernes Marienbild| mit dem Jesuskinde im Arm. In dem Felde zur Seite ist eine Jahrzahl eingehauen, welche verschieden gelesen wird, ohne Zweifel aber MoC – Millesimo centesimo, also i. J. 1100, zu lesen ist. In dem Chor der Kirche befinden sich 2 Reihen geschnitzter Stühle, welche auf den Dienst einer zahlreichen Geistlichkeit schließen lassen.An die Kirche ist eine Capelle angebaut, welche dem frommen Luibertus geweiht ist[1].
Eine Capelle, dem h. Antonius Eremita geweiht, steht am Ende des Dorfs. Die Pfarrey wird von einem Pfarrer und Pfarr-Caplan versehen; in die Pfarrey gehörte ursprünglich auch die Stadt Mengen, bis sich das Verhältniß umkehrte. S. Mengen. Dieser Wechsel veranlaßte wahrscheinlich die Stiftung von zwey neuen Caplaneyen, der Frühmesserey oder St. Nikolai-Caplaney, welche i. J. 1438 von der Maierschaft des Orts gestiftet wurde, und der Ottilien-Caplaney, welche der Erbtruchseß Eberhard von Sonnenberg i. J. 1479 stiftete. Später wurden beyde Caplaneyen vereinigt, aber in Folge einer von dem Pfarrer Rom in Arnach, einem gebornen Ennetacher, gemachten| Stiftung von 2500 fl. i. J. 1744 wieder getrennt. I. J. 1810 wurde auch der Verband mit Mengen in soweit wieder aufgehoben, daß die erste Caplaney zur Pfarr-Caplaney gemacht wurde. Das Patronat von beyden Stellen hat jetzt der Standesherr. Die Baulast der Kirche hat die Kirchenbaupflege, die des Pfarr- und des Caplaney-Hauses haben die beyden Pfründen. Die gut dotirte Kirchenpflege hat auch Zehnten in Langen-Enslingen; die Ottilien-Caplaney ist Zehentherr zu Repperweiler. In die Kirche waren bis auf neuere Zeiten eingepfarrt: Blochingen, Hipfelsberg und von der Stadt Mengen noch die Spitalmühle, die Walkmühle und das Leprosenhaus; ferner die jetzt fürstl. Hohenz.-Sigmaringischen Orte Rulfingen, Zielfingen und Rosna, die i. J. 1810 bis auf Hipfelsberg sämmtlich davon getrennt wurden. Ennetach war von alten Zeiten her mit der Herrschaft Scheer verbunden; wie aber die Stadt Mengen immer Anspruch darauf gemacht hat, ist bey Mengen zu sehen. In der Nähe von Ennetach befindet sich ein Hügel, der Schloßbühl genannt, wo noch die Reste von einem Graben wahrgenommen werden. Vielleicht hatte hier das Schloß gestanden, wozu der Burghof gehört hat, dessen der Östr. Pfandschaftrodel von 1313 gedenkt. S. Mengen. Der Röm. Alterthümer, welche in der Gegend gefunden worden sind, ist schon S. 19 und 20 gedacht. Nicht weit von dem Dorfe stand auch das vormalige Kloster Ennetach, ein Frauenkloster Prediger-Ordens, das von Graf Hugo von Montfort ums J. 1330 gestiftet wurde. In diesem Jahre bestätigte Graf Wilhelm von Montfort die Stiftung seines Vaters Hugo, der den Schwestern der Sammlung zu Mengen-Dorf eine Hofstatt daselbst und das Gut Hipfelsberg geschenkt hatte. 1424 schenken die Gebrüder Hartung, Leutpriester zu St. Martin in Mengen, und Heinrich v. Bartelstein die Mühle und eine Wiese, so wie 1436 eine Wiese unter Hipfelsberg. Andere Schenkungen und Erwerbungen folgten nach. Die Klosterfrauen wirthschafteten so schlecht,| daß ihnen 1734 vergantet wurde. Glücklicher Weise wußte die Bischöfliche Behörde die Stiftungsgüter dem Gante zu entziehen. Das Kloster stand immer unter der Schirmsvogtey und Landeshoheit der Herrschaft Scheer, der es auch im J. 1803 zur Aufhebung überlassen wurde. Die gänzliche Auflösung erfolgte i. J. 1826, wo die noch vorhandenen Nonnen nach Sießen versetzt wurden. Die Klostergebäude wurden das Jahr darauf verkauft und abgebrochen.2) Hipfelsberg, ein aus 2 Höfen bestehender Weiler, 1/2 St. westlich von Ennetach, mit 18 kath. Einw., Filial von Ennetach. Die Höfe gehörten dem Kloster Ennetach (s. o.) und wurden deßwegen auch Nonnenhöfe genannt. Mit dem Kloster kamen sie an den Fürsten v. Thurn und Taxis.
- ↑ Dieser Luibertus, gemeiniglich das fromme Bäuerlein genannt, war ein Bauer Namens Fridolin Luib von Fulgenstadt. Nach der Erzählung ging er, nachdem er den Tag über hart gearbeitet hatte, gemeiniglich noch Nachts von Fulgenstadt aus in die Kirche zu Ennetach, um da seine Andacht zu verrichten. Wenn er ankam, öffneten sich ihm die Thüren von selbst, und öfters erschien ihm die Mutter Gottes und Christus als Hirte, um ihn zu trösten. Auf seinem Wege hatte er einmal das Wasser angeschwollen gefunden; er zog deßwegen einen Zaunstecken aus, um mit Hülfe desselben durchzukommen. Aber bey seiner Ankunft an der Kirche fand er die Thüren verschlossen. Er ahnte die Ursache, stellte den Zaunstecken wieder an seinen Ort, und fand nun bey seiner Rückkehr geöffnet. Luib hatte, so erzählt die Legende ferner, zwey Öchslein im Stalle, die er sehr lieb hatte, weil auch ein Öchslein an der Krippe Jesu gestanden hatte. Eines Abends fragte das eine Öchslein das andere: was werden wir morgen arbeiten? die Antwort war: unsern Meister zu Grabe führen. Luib hörte dieß, bereitete sich zum Tode, starb und wurde in einem Sarge auf seinen Wagen geladen und den Öchslein überlassen, die ihn vor die Kirche nach Ennetach führten, wo er begraben und über sein Grab nachher eine Capelle gebaut wurde.