« Kapitel B 6 Beschreibung des Oberamts Maulbronn Kapitel B 8 »
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Gündelbach,
Gemeinde III. Kl. mit 726 Einw. a) Gündelbach, Pfarrdorf, 704 Einw. b) Steinbacherhof, Hof, 22 Einw. – Ev. Pfarrei. 21/2 Stunden östlich von Maulbronn gelegen.


Der ansehnliche Ort liegt sommerlich zwischen hohen waldigen Ausläufern des Strombergs an der Einmündung des Gündelbachs in die Metter und zieht sich langgestreckt in das enge Gründelbachthälchen hinein. An den chaussirten und gekandelten Ortsstraßen lagern sich ziemlich gedrängt die zum Theil stattlichen Häuser und zeigen altes tüchtiges braunes Balkenwerk, zuweilen sogar eine vollständige Renaissancearchitektur mit toskanischen Pilastern, reichen Fensterrahmen und Gesimsen. Obstbäume gehen rings um den Ort und gar freundlich nimmt sich das von Wald umhegte wiesengrüne Thal aus, durch das die mit Pappel- und Weidenbäumen reich gesäumte Metter sich schlängelt. Ein holder Frieden liegt über dieser schönen von der Welt abgeschiedenen Gegend.

Auf dem nordöstlich vom Ort sich erhebenden Wachtkopf und Springerkopf hat man eine, wenn auch nicht sehr ausgedehnte, Fernsicht an die schwäbische Alb, den Schwarzwald und das Hardtgebirge.

Die Kirche liegt etwas erhöht am Ostende des Dorfes in dem | noch ummauerten alten Friedhof, und hat ein ganz schlichtes, von flachbogigen und rechteckigen Fenstern erhelltes Schiff. Der starke Thurm, im Osten stehend, vertritt die Stelle des Chores und wird von einem frühgothischen Rippenkreuzgewölbe mit Rippen von halbachteckigem Querschnitt überspannt; an seiner Ostseite sind noch Spuren eines Fensters aus dieser Zeit. Der Triumphbogen ist spitz, an der Westseite des Schiffes sieht man einen alten Fratzenkopf eingemauert und über dem Haupteingange steht 1618, das Jahr der Wiedererbauung des Langhauses.

Auf dem mit achtseitigem Zeltdach bekrönten Thurme, dessen oberstes Geschoß von Holz ist, hängen drei Glocken; die größte ist umgegossen von Ludwig Gosman in Eslingen, die zweitgrößte hat die Umschrift: bernhart lachaman gos mich 1515. hilf got und maria; die dritte hat gar keine Umschrift und ist der Form nach die älteste. Die Unterhaltung der Kirche hat seit 1868 die Stiftungspflege; früher ruhte sie auf der Hofkammer.

Der jetzige Friedhof liegt außerhalb des Ortes gegen Schützingen hin.

Das schöne dreistockige, schon lange erbaute Pfarrhaus, mit Nebengebäuden, ummauertem Hof und Garten, ist vom Staat zu unterhalten. Das an die Kirche stoßende Rathhaus ward in alterthümlichem Holzbau schon vor mehreren Jahrhunderten errichtet. Zwei Schulhäuser bestehen; das alte mit der Wohnung des Schulmeisters und einem Lehrzimmer wurde 1787 erbaut, das neue, 1853–54 erbaute, enthält ein Lehrzimmer und die Wohnung des Lehrgehilfen.

Die große Kelter mit 4 Bäumen, jetzt von der Hofkammer an die Gemeinde gekommen, ist nebst dem Hofraum von einer Mauer umfriedigt; über dem Eingang in den Hof steht 1774.

Gutes Trinkwasser liefern jederzeit genügend zwei laufende und fünf Pumpbrunnen; zwei Brunnenleitungen in hölzernen Deucheln bestehen. Auch die Markung ist reich an guten Quellen und von Bächen sind zu nennen, die Metter, südlich am Ort vorbeifließend; in sie ergießen sich der Streiten- oder Mauerthalbach, meist die Grenzlinie der Schützinger Markung bildend, dann der Gündelbach, der mitten durch den Ort fließt aber wenig Wasser hat, und der Steinbach. Ein See, der sog. Hambergsee, 31/8 Morgen groß, ist auf dem Wachtkopfe künstlich angelegt und kann abgelassen werden, was namentlich bei Feuersbrünsten geschieht. Periodisch fließende Quellen kommen in nassen Jahrgängen vor.

Die Vicinalstraße von Schützingen nach Horrheim geht hier durch. Steinerne Brücken bestehen zwei über die Metter, eine über den Streitenbach und eine über den Gündelbach; zwei Stege führen über die Metter und einer über den Streitenbach; ihre Unterhaltung hat die Gemeinde.

| Haupterwerbsquellen der sehr fleißigen und sparsamen Einwohner sind Feldbau, Viehzucht, Weinbau und Steinbrechen in dem auf der sogenannten Reut bestehenden großartigen Keuperwerksteinbruch, aus dem vieles Baumaterial zu dem Bietigheimer Viadukt gewonnen wurde und sogar Steine namentlich für Grabdenkmäler bis ins Bayrische abgesetzt werden. Von den nur für das örtliche Bedürfniß arbeitenden Handwerkern sind die Schuhmacher am meisten vertreten. Eine Mahlmühle mit einem Mahl- und einem Gerbgang, drei Schildwirthschaften, eine Bierbrauerei verbunden mit Speisewirthschaft und drei Kramläden bestehen.

Im Vergleich zu andern Orten herrscht hier eine mittlere Wohlhabenheit, es sind nur einige Reiche, aber auch wenig Unterstützungsbedürftige hier. Der Vermöglichste besitzt 80 Morgen Feld, der Mittelmann 25, die ärmere Klasse bis zu einem Morgen. Auf angrenzenden Markungen besitzen hiesige Bürger sehr viel Grundstücke, und zwar auf Schützinger Markung wenigstens 150 Morgen, und auf Horrheimer Markung den 92 Morgen großen Birkhof. Fünf Personen erhalten gegenwärtig Gemeindeunterstützung.

Die mittelgroße Markung, von der überdieß etwa die Hälfte für den Waldbau benützt wird, ist im allgemeinen sehr bergig und nur das dem Feldbau dienende Land hat eine flachwellige, theilweise hügelige Lage. Der mittelfruchtbare Boden besteht, soweit er für den Feldbau benützt wird, größtentheils aus einem schweren Thon (Zersetzung des mittleren Keupermergels), theilweise aus Lehm oder einem hitzigen leichten, mit Lehm vermengten Sand (Zersetzung des Keuperwerksteins); die Thalebene ist stellenweise naß und moorgründig. Der Wald- und Weinbau wird auf mittlerem Keupermergel oder auf den Zersetzungen des Stubensandsteins getrieben.

Die von hohen Bergen gegen rauhe Winde geschützte Gegend hat ein mildes Klima, das den Anbau aller im Lande üblichen Kulturgewächse erlaubt; wie aller Orten kommen auch hier zuweilen schädliche Frühlingsfröste und kalte Nebel vor, dagegen ist Hagelschlag selten.

Die mit Eifer betriebene Landwirthschaft beschäftigt sich mit dem Anbau der gewöhnlichen Getreidearten, Kartoffeln, Futterkräuter (dreiblättriger Klee, Luzerne und Wicken), Angersen, Hanf, Flachs, Mohn und Reps; von den Felderzeugnissen können nur etwa 300 Scheffel Haber, der sehr gut gedeiht, nach außen, meist nach Baden abgesetzt werden. Von verbesserten Ackergeräthen ist der Brabanterpflug allgemein geworden. und die Walze, wie auch die eiserne Egge haben Eingang gefunden.

Der ausgedehnte Wiesenbau liefert im allgemeinen ein gutes, theilweise auch saures Futter, von dem ein Theil nach außen verkauft wird; jedoch muß noch ziemlich viel Futter zugekauft werden.

| Der Weinbau ist ziemlich ausgedehnt und liefert einen guten Wein, der nicht nur in die Umgegend, sondern auch weiterhin, namentlich nach Stuttgart, in den Schwarzwald und ins Badische abgesetzt wird. Der sogenannte Bockschnitt ist üblich und die Reben werden den Winter über bezogen. Man pflanzt hauptsächlich Drollinger, ferner Elblinge, Silvaner, neuerdings auch Rißlinge und Portugieser. In den letzten 10 Jahren bewegten sich die Preise eines Eimers von 25–80 fl.

Die Obstzucht beschäftigt sich hauptsächlich mit Luicken, Schreineräpfeln, Bratbirnen, Wöhrlesbirnen, Palmischbirnen und Zwetschgen und erlaubt in günstigen Jahren einen Verkauf nach außen von etwa 700 Simri; der Pächter des Steinbacherhofs kann gegen 2000 Simri verkaufen.

Die vorhandenen 770 Morgen Gemeindewaldungen ertragen jährlich 90 Klafter und 4500 Stück Wellen; etwa 4000 Stück Wellen werden an die Ortsbürger vertheilt, das übrige Holz wird verkauft, was der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von etwa 3000 fl. sichert. Außer dieser Summe bezieht die Gemeinde nur noch etwa 12 fl. aus verpachteten Allmanden und 24 fl, aus dem verpachteten Hambergsee; die Weide wird gegenwärtig nicht verliehen.

Pferdezucht wird nicht getrieben, dagegen ist die Rindviehzucht sehr namhaft; man hält einen tüchtigen Neckarschlag theilweise auch Simmenthaler Race und hat 4 Farren zur Nachzucht aufgestellt. Der Handel mit Vieh auf benachbarten Märkten ist bedeutend.

Schafzucht treibt nur der Domänenpächter auf dem Steinbacherhof, der den Winter über 150 Stücke auf dem Gut laufen läßt.

Die Fischzucht auf Karpfen wird nur in dem Hambergsee getrieben.

An besonderen Stiftungen sind 448 fl. vorhanden, deren Zinse nach dem Willen der Stifter zu Brod für Arme verwendet werden.

In dem 1/8 Stunde westlich vom Ort in das Metterthal einziehenden Streitenbach-Thälchen soll nach der Volkssage in dem unteren Theil desselben, welches den bedeutungsvollen Namen „Mauerthal“ führt, eine Stadt gestanden sein; man hat daselbst schon Mauerreste, Ziegel, Backsteine etc. gefunden und jetzt findet man immer noch Bruchstücke von Ziegeln, die unstreitig der römischen Periode angehören und einen hier abgegangenen Römerort beurkunden. Auch auf der zunächst dieser Stelle gelegenen Anhöhe, wo jetzt der Begräbnißplatz liegt, fand man Mauerreste, was zur Volkssage, daß früher die Kirche hier gestanden sei, Veranlassung gegeben haben mag. Eine von Illingen herkommende Römerstraße führte bei Gündelbach über das Metterthal auf den Stromberg und noch wird ein Weinbergdistrikt nördlich vom Ort „die Römersteige“ und theilweise der Herdweg (d. i. Heerweg) genannt. Zunächst der Römersteige trägt ein | hoher Punkt den Namen Wachtkopf, hier hatten die Römer ohne Zweifel einen Wachposten zur Überwachung der im Thal gelegenen Niederlassung und des Thalübergangs angelegt.

Zunächst (südlich) am Ort befindet sich ein gegen 19′ hoher und 140′ im Durchmesser haltender, künstlich aufgeworfener Hügel, der im Jahr 1824 auf Veranlassung des statistisch topographischen Bureaus unter der Leitung des damaligen Pfarrers Mörike in Horrheim untersucht wurde. Man fand in seinem oberen Theil einige Fuß unter der Oberfläche verschiedene Thierknochen, ein Messer, ein Hufeisen, einen Sporn und einen Steigbügel, in der Tiefe und auf dem Grund desselben aber Bruchstücke von altgermanischen Gefässen und vielfach Kohlen. Aus dem Ganzen geht hervor, daß wir es hier mit einem großartigen altgermanischen Grabhügel zu thun haben, während die in dem obern Theil des Hügels gefundenen Gegenstände, wie Steigbügel, Sporn etc. einer weit späteren Periode angehören und auf irgend eine Weise in den Hügel kamen.

In der Weidbeschreibung des Steinbacherhofs findet man, daß daselbst ein Kirchlein (Kapelle) stand.

Durch Gündelbach führen zwei Straßen, eine westlich, die andere östlich des Gündelbachs, die westlich ziehende führt den Namen des Heiligen St. Laurentius „Lorenzenstraße“, die östliche den Namen von dessen Schwester „Catharina“.

Gündelbach heißt zuerst Ginderandebach, dann Gindratebach, Ginterbach, Gindeltbach 1330. Der Ort kam von den Kraichgaugrafen an die Grafen von Ingersheim und von ihnen als eigen an die Grafen von Vaihingen; von diesen an das Kloster Maulbronn.

Kloster Hirschau erhielt von Schwigger von Eberdingen eine Hube hier, die es dem Kloster Reichenbach nach 1120 abtrat (Cod. Hirs. 42 b). Kloster Maulbronn erhielt zuerst 26. Juni 1241 Güter und Einkünfte nebst einem Leibeigenen hier durch Vermächtniß des Belrein von Eselsberg. 1. Dezember 1277 verkauft ihm Graf Conrad von Vaihingen Schulden halber die Hälfte von Gündelbach um 400 Pfund Heller und leistet zugleich auf sein Vogtrecht an den Hof Steinbach (s. u.) Verzicht. Die andere Hälfte kaufte es 10. März 1339 um 200 Pfund, und 22. August 1355 den Wald Schreckenstein. Außerdem kaufte das Kloster noch von verschiedenen Besitzern hier Güter, so vom Kloster Herrenalb, den Herrn von Bromburg, Enzberg und Wunnenstein. 13. Dezember 1286 verkaufen Berthold, Ulrich, Conrad und Volmar von Bromburg dem Kloster Weingefälle hier. 17. Juni 1287 vermacht Irmengard von Besigheim dem Kloster ein Weingefäll, das sie von Conrad von Bromburg gekauft hat, und am gleichen Tag vermachen ihm Bönre, Hildebrand und Albert, genannt Schocher, solche daselbst. 1. August 1291 verkaufen | Conrad und Volmar von Bromburg dem Kloster Gefällwein hier. 11. September 1291 vermacht Wortwin, Rektor der Kirche in Pforzheim, dem Kloster ein Geld- und ein Weingefäll. 27. Juli 1311 vermacht Kleriker Hugo von Bretten dem Kloster hier einiges. 17. November 1314 verkauft Conrad von Enzberg dem Kloster eine Weingült. 11. November 1330 gibt Kloster Herrenalb Heinrich dem Kursener zwölfthalb Morgen Weinberge zu Lehen. 27. März 1335 aber verkauft es dieselben Schulden halber an Maulbronn. 1. Oktober 1337 bezahlt Friedrich von Tübingen, Bürger in Reutlingen, dafür den Kaufpreis. 15. Dezember 1357 verkauft Guote, Wittwe des Ludwig Goßoltz von Vaihingen, dem Kloster drei Morgen Weinberg hier, und 1366 Elisabeth, Wittwe des Fürderer von Wunnenstein, Leibeigene. 10. Januar 1530 schlichtet K. Ferdinand einen Streit des Klosters mit dem Obervogt von Vaihingen, Graf Friedrich von Löwenstein, wegen des Viehtriebs, der Vogtei, der Frevel und des Wildfangs hier.

Das Kloster Herrenalb (s. o.) erhielt Güter hier und in Steinbach 15. März 1316 von dem Speirer Bürger Hermann von Pforzheim vermacht (Mone Zeitschr. 5, 457).

Dem Eßlinger Spital schenkte 20. Juni 1288 Adelheid, Wittwe Wigands von Welzheim, hier Weinberge (St. arch.). 1304 hatte es 41/2 Imi Wein hier und gegen Steinbach, und 7 Schilling, 16 Heller Zins aus Wiesen (eb.).

Um 1720 kaufte hier die Gräfin von Würben Güter von Johann Gottlob Zobel von Giebelstadt.

Was die Kirche betrifft, so kam das Patronatrecht von den Grafen von Vaihingen an Wirtemberg, das 11. September 1443 Hans von Nippenburg damit belehnte. 22. August 1587 aber kauft es Herzog Ludwig den Herrn von Nippenburg wieder ab (Scheffer).

1504 wurde Gündelbach von den Wirtembergern verbrannt.

Zu der Gemeinde gehört:

b. Der Steinbacherhof, der 1/2 Stunde nordöstlich von dem Mutterort still und abgeschieden in dem wiesenreichen Steinbach-Thälchen liegt.

Der Hof ist eine königliche Hofdomäne und das zu demselben gehörige 261 Morgen große arrondirte Gut (1894/8 Morgen Äcker, 487/8 Morgen Baumgärten und Wiesen, 24/8 Morgen Weinberg, 23/8 Morgen Hopfen, 12 Morgen Weiden, 5 Morgen Wege, 6/8 Morgen Wasser, 1/8 Morgen Garten etc.) ist derzeit an Jakob Hehr verpachtet, der es rationell bewirthschaftet und 45 Stück Rindvieh aufgestellt hat. Die Entfernung bis zur nächstgelegenen Eisenbahnstation Sersheim-Vaihingen beträgt 11/2 Stunden.

Steinbach (Steinbahe) bekam das Kloster Maulbronn 1178 von der größeren Kirche zu Speier in unbebautem Zustand gegen | jährliche Abgabe von 5 Schillingen an ihren Maier und den Priester in Horrheim, wozu es 1179 von Gelphrad von Horrheim noch ein Gut um 5 Mark Silber kaufte, auch 1183 von Speier den Zehnten bekam. Später machte die Gemeinde Horrheim Ansprüche auf diesen Hof, wegen derer sich das Kloster um 1378 bei dem Grafen Eberhard von Wirtemberg beschwerte.
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