« Kapitel A 1 Beschreibung des Oberamts Münsingen Kapitel A 3 »
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II. Geschichtliche Denkwürdigkeiten.

1. Frühere Verhältnisse.
a. Alte bürgerliche Verhältnisse.

Wie das Oberamt aus sehr verschiedenen Bestandtheilen zusammengesetzt ist, so war es in alten Zeiten auch unter verschiedene Gaue vertheilt. Bey der Wandelbarkeit der Gaue in Namen und Grenzen und bey dem Mangel an vollständigen und zuverlässigen Nachrichten ist es übrigens sehr schwer, seine Vertheilung in dieser Beziehung genau nachzuweisen, besonders da die, nach einer Tradition, durch Flüchtung meistens verloren gegangenen Archive der Stadt durchaus keine ältern Nachrichten gewähren.

So weit die Nachrichten gehen, findet man, daß folgende Gaue und Marken über das Oberamt sich verbreitet haben:

A. Gaue. Aus den Urkunden lernt man nicht weniger als 5 Gaue kennen, worin Orte des Oberamts gelegen waren.

1) Die Albuinsbar, Albuinesbara,[1] welche sich längs der Donau von Ehingen bis Buchau und Saulgau hinauf erstreckte. In derselben lag, wie wir nachher sehen werden, die Hayinger Mark.
2) Die Folkoltsbar, Folcholtesbara; welche fast gleiche Lage mit der Albuinsbar hatte. In diesem Gau lagen nach den St. Galler Urkunden[2]
Erfstetin, Erbstetten,
Wilzinga superior, Oberwilzingen,
    —  inferior, Unterwilzingen,
Villare, Weiler.
3) Schwerzgau, Suerza pagus. In diesen werden in einer Urkunde K. Ludwig des Deutschen vom J. 854 gesetzt:|
Heiginga, Hayingen,
Wiltzinga, Wilsingen.
4) Fleingau, pagus Flina. In diesem Untergau, welches sich von der Fils her über die Alp bey Laichingen erstreckte, lag nach der Stiftungsurkunde des Klosters Wiesensteig vom Jahr 861
Weistetti, Weichstetten, ein abgegangener Ort bey Laichingen.
Bessel, Neugart, Cleß und Andere machen zwar daraus Stetten im OA. Neresheim, und verlegen das Gau in jene Gegend; Andere, welche die Schwierigkeit dieser Verlegung fühlten, deuten ihn auf Feldstetten: es ist aber unfehlbar kein anderer Ort als das erwähnte Weichstetten oder Weihstetten, dessen Name sich noch in einem eigenen Bezirk der Laichinger Feldmarkung erhalten hat, und der von Alters her zu Wiesensteig gehörte, was den genannten Schriftstellern unbekannt blieb. S. Laichingen.
5) Almangau, wovon nachher noch die Rede seyn wird.

B. Marken. Wie die Herzogthümer in Gaue, so waren diese in Marken, Huntaren, Zenten – lauter gleichbedeutende Bezirksnamen – eingetheilt. In unserem Oberamt finden wir

1) die Münsinger Mark, Munigisinger marca, Munigisingeshuntare. Diese Mark kommt häufig schon im achten und neunten Jahrhundert, namentlich 772, 775 etc. und während der ganzen Regierung Karls des Großen in den Lorscher Urkunden vor, [3] ebenso in St. Galler Urkunden, z. B. in einer Urkunde K. Ludwigs vom Jahr 904, [4] und in einer Urkunde K. Otto’s I. vom Jahr 961. [5] In diesen beiden letzten Urkunden werden, als zur Münsinger Mark gehörig, genannt: |
Taffo, Tapfen,
Egilinga, Eglingen,
Potinga, Böttingen,
Ecchenhusa, Echenhausen, ein abgegangener Weiler bey Grafeneck, welches von Neugart und Andern nach ihm für Anhausen im Lauterthale erklärt wird, weil ihnen der verschwundene Ort unbekannt war. [6]
2) Hayinger Mark, Heinger marca. Sie kommt in den Lorscher Urkunden i. J. 786 u. 788 vor. In dem letzten Jahre schenkt ein gewisser Tillin dem Kloster Güter in pago Alemannia, in Albuinespara, in Heinger marca.[7]
Zu den oben geannten 5 Gauen zählen einige Schriftsteller, namentlich Crusius und nach ihm Bessel und Andere noch ein sechstes, das Alpengau. Dieses Gau ist aber durch keine einzige Urkunde erwiesen, und beruht ohne Zweifel auf einer Verwechslung mit andern gleichbenannten Gauen, welche aber unsere Alp nichts angehen. Auch die aufgezählten 5 Gaue ließen sich vielleicht auf ein einziges zurückführen, da unter dem Almangau, in welches in den Kloster Lorscher Urkunden häufig die Münsinger Mark gesetzt wird, allem Vermuthen nach mehr Allemannien überhaupt, als ein Amtsgau zu verstehen ist, das Schwerzengau, wie andere Urkunden beweisen, wo es pagellus, huntare genannt wird, eine in der Albuinsbar gelegene Zente und Albuinsbar und Folkoltsbar wahrscheinlich nur zweyerley Namen von zwey Gaugrafen für ein und ebendasselbe Gau waren, obgleich | beyde Namen zu gleicher Zeit vorkommen. Somit blieben noch übrig die Albuins- oder Folkoltsbar, und das Fleingau, wovon jene diesseits des Hardts, dieses jenseits in das Oberamt eingriff. In dem Bezirke diesseits des Hardts aber haben wir zwey Marken, die Münsinger Mark und die Hayinger Mark, und merkwürdig ist, daß die beyden Orte Münsingen und Hayingen seit Jahrhunderten Städte und die einzigen Städte auf der rauhen Alp sind, und nicht weniger, und daß wenigstens die Münsinger Mark, so weit man diese kennen lernt, königliches Eigenthum war, das nachher den Gaugrafen zur Nutznießung überlassen wurde (ad comitum usum cedebat).

Diese, wenn gleich mangelhaften Nachrichten beweisen uns zugleich, was sich noch weiter aus den folgenden Abschnitten ergeben wird, wie früh schon unsere Alp angebaut war.

So weit aber die Geschichte reicht, findet man, die erwähnten beyden Städte ausgenommen, nur Herren und Leibeigene, und dieser Zustand dauerte nicht nur größtentheils bis in die neuesten Zeiten fort, sondern er bildete sich in der Zwischenzeit erst noch weiter aus, insbesondere unter der Herrschaft der Klöster Blaubeuren, Zwiefalten, Offenhausen, Güterstein, wohin der größere Theil des Oberamts gehörte. Viele Freye haben sich, wie aus den Schenkungs-, Verkaufs- und Übergabsurkunden hervorgeht, freywillig zu Leibeigenen und ihre Güter zu Falllehen gemacht. Nur so weit sich die Würtembergische Herrschaft schon in frühern Zeiten erstreckte, verschwand jenes Verhältniß allmählig, zwar nicht in Beziehung auf Lasten und Abgaben, aber doch in Beziehung auf persönliche und bürgerliche Freyheit, weil der Leib- und Grundherr zugleich Landesherr und die Grundherrschaft Staat wurde. Wie sehr Würtemberg sich die Beförderung der Freyheit der Person und des Eigenthums angelegen seyn ließ, davon liefert auch die Geschichte unseres Oberamtsbezirks Beyspiele. Laichingen z. B. gehörte größtentheils mit Leib und Gut dem Kloster Blaubeuren an. Graf Eberhard brachte es i. J. 1468 durch einen Vergleich dahin, daß alle Genossamy zwischen | dem Gotteshaus und denen zu Laichingen abseyn und alle Güter rechte Erblehen und Erbgüter heissen und seyn sollen.“ Derselbe Vergleich wurde i. J. zwischen Sontheim und dem Kloster zu Stande gebracht. [8]

Von den alten einheimischen Adelsgeschlechtern sind nur noch zwei einzige in dem Oberamte vorhanden, von Spät und von Stein, alle übrige sind verschwunden.

Noch dürften hier einige Bemerkungen über die Verbindung der einzelnen Bestandtheile des Oberamts zum Ganzen nicht überflüssig seyn. Schon in alten Zeiten bildete der Münsinger Bezirk, welcher den Grund- und Hauptbestandtheil des jetzigen Oberamts ausmacht, ein eigenes Amt, und als eine besondere Amtsstadt hat Münsingen auch die Verträge von Urach und Münsingen in den Jahren 1473 und 1482 unterzeichnet. Aber wie Pfullingen, war sie mit ihrem Bezirke als Unteramt Urach einverleibt. Von dieser Verbindung wurde die Stadt, jedoch durch eine Verordnung vom 6. Nov. 1654 „besonderer Ursachen willen und zu Abschneidung fernerer Dissension“ befreyt, und mit ihrem Bezirke „als ein sich selbst besteuerndes Amt separirt,“ und hat darauf die Stadt auf Landtagen Sitz und Stimme erhalten. Zu dem alten Amte kam in der Folge auch Ödenwaldstetten. Bey der Veränderung, welche durch eine k. Verordnung vom 26. April 1808 mit den Oberämtern vorging, wurden Münsingen die Uracher Unterämter Steingebronn | und Laichingen, durch die neue Eintheilung des Königreichs vom 27. Okt. 1810 von dem Oberamt Urspring das Stabsamt Justingen, von dem aufgelösten Oberamt Zwiefalten die oben genannten Orte der vormaligen Abtey Zwiefalten, nebst sämmtlichen standes- und grundherrlichen Besitzungen, Buttenhausen jedoch schon früher, zugetheilt.


b. Alte kirchliche Eintheilung.

Der Oberamtsbezirk von Münsingen gehörte, wie der größere Theil von Schwaben, vormals zur Diöcese Constanz. In derselben war er in ältern Zeiten unter das Archidiakonat Alp, und unter diesem in mehrere Rural- oder Land-Capitel vertheilt, und zwar [9]

1) das Rural-Capitel Münsingen mit
Böttingen, Hundersingen, Steingebronn,
Buttenhausen, Magolsheim, Tapfen und
Eglingen, Marbach,  außer dem Oberamt:
Gächingen, Mährstetten, Seeburg.
Gomadingen, Münsingen,
2) Das Rural-Capitel Munderkingen mit
Aichelau;  Münsdorf,
Bichishausen mit  Weiler;
 Dürrenstetten, Tigerfeld mit
 Gundelfingen;  Aichstetten,
Bremelau mit  Frohnstetten,
 Heuhof;  Satler, (Capelle);
Ehestetten mit Zwiefalten mit
 Öglingen;  Baach,
Emeringen mit  Gauingen,
 Wilzingen (O. u. U.)  Geisingen,
Hayingen mit  Gossenzugen,
 Anhausen,  Hullstetten,
 Indelhausen,  Sunderbuch.
 Maisenburg,
3) Rural-Capitel Ehingen mit
Gundershofen, Hütten,
Justingen mit Magolsheim.
Ingstetten,
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4) Rural-Capitel Blaubeuren mit
Enabeuren; Laichingen mit  
Feldstetten; Sontheim.
5) Rural-Capitel Urach mit
Kohlstetten.  
6) Rural-Capitel Trochtelfingen mit
Bernloch, Wilsingen,  
Oberstetten mit Maßhaldersbuch,

Erbstetten, Ödenwaldstetten und einige andere Orte fehlen im Verzeichniß. Magolsheim kommt doppelt bey Münsigen und Ehingen vor, vermuthlich weil es verschiedene Herren hatte; denn es war häufig, und selbst bis auf die neuesten Zeiten, der Fall, daß, wie ein Ort unter mehrere Herrschaften getheilt war, er so auch verschiedenen Pfarreyen angehörte.

Die Reformation brachte in diese Eintheilung mancherley Veränderungen: das alte Münsinger Amt wurde durch die Synodalverordnung von 1547 unter das ev. Dekanat Urach und das Laichinger Unteramt unter das ev. Dekanat Blaubeuren eingetheilt; i. J. 1686 wurde dagegen das Münsinger Amt zum Dekanat Blaubeuren, und dafür das Laichinger Amt zum Dekanat Urach gezogen, wozu auch die, später von dem Oberamt Urach abgerissenen, Orte gehörten. Im Jahr 1818 wurde endlich zu Münsingen ein eigenes Dekanat errichtet und diesem der ganze evangelische Oberamtsbezirk nebst Mundingen und Pflummern zugetheilt. Bey den katholischen Orten blieb die alte Eintheilung, bis i. J. 1814 das Land-Capitel Hayingen errichtet und, mit Ausscheidung der nicht zum Oberamt gehörigen Orte, dessen Sprengel in Übereinstimmung mit dem Oberamtsbezirke gesetzt wurde, woraus dann i. J. 1818 das Dekanat Zwiefalten gemacht worden ist.

Nach strengen Grundsätzen war ehemals die Kirche Erbe der Priester; es verdient deßwegen noch als eine geschichtliche Merkwürdigkeit angeführt zu werden, daß Graf Eberhard, nach dem Vorgang seines Vaters bey andern Capiteln, der Clerisey des Capitels Münsingen im J. 1365 das Privilegium ertheilte, daß „die Amtleute aller der Pfaffen, | oder welche Pfaffen-Namen führen,“ Verlassenschaft nicht angreifen, oder zur gräflichen Kammer einziehen, sondern dahin fallen lassen sollen, wohin sie es durch einen letzten Willen geordnet haben, oder es von Rechtswegen gehört.[10] Dagegen zog Eberhard II. die Zehenden und Kirchensätze an sich und warf den Geistlichen bestimmte Besoldungen aus.


2. Alterthümer.
a. Römische.

Es ist schon in der Oberamtsbeschreibung von Reutlingen bemerkt worden, daß die Römer auch auf der Alp festen Fuß gefaßt haben. Ihre Spuren finden sich auch in dem Münsinger Oberamt, und während uns die geschriebene Geschichte sagt, daß Probus (römischer Kaiser von 276–282) die Deutschen über den Neckar und die Alp zurückgeschlagen und auf barbarischem Boden römische Festungen angelegt habe, zeigen uns Denkmäler, die vielleicht noch älter, als jene Begebenheiten sind, eine dauerhafte Verbindung der Römer von dieser Seite zwischen dem Rhein und der Donau an. Sie sind:

Straßen – an mehreren Orten. Eine Hochstraße von römischer Bauart, die mit dem durch den östlichen Theil des Oberamts Blaubeuren ziehenden sogenannten Hochsträß nicht zu verwechseln ist, wurde i. J. 1777 bey Feldstetten an dem sogenannten Hohenwang entdeckt[11] und neuerlich in ihrem Zuge weiter verfolgt. Sie zieht durch die nördliche Spitze des Oberamts, zwischen Laichingen und Westerheim, also nicht weit von Oberdrachenstein, wo die Reichartische Karte Dracuina ansetzt,[12] in das Oberamt herein, läuft von da durch die Feldstetter Mark nach Zainingen hin, dessen Kirchthurm darauf stehen soll, sodann zwischen Gruorn und dem | Hardt durch, an den Ruinen von Reichenau, wo vielleicht einst ein römischer Wachtthurm gestanden hat, und nahe an Münsingen vorbey, durch das Dottinger Ackerfeld und an Steingebronn vorüber und durch die Gomadinger Markung weiter. Im Laichinger Felde hat man an mehreren Stellen gemauerte Grundlagen davon aufgegraben. Auf Feldstetter Markung erscheint sie noch vollkommen gewölbt und mit Rasen überwachsen; in dem Orte Feldstetten selbst und in Steingebronn wird sie Hochsträß, in Dottingen die gemauerte Straße, und in Münsingen noch die Römerstraße genannt. Daß sie dieß auch wirklich und keine spätere Anlage sey, davon liegt der Beweis theils in ihrer Bauart, theils darin, daß sie die Orte meist auf der Seite läßt und somit wohl älter als diese ist.

Vor einigen Jahren wurde auch ein Stück einer gepflasterten Straße von dem Grafen von Normann bei Alt-Ehrenfels ausgegraben: ob aber dieß ein Theil der vorigen Straße, ob es überhaupt römisch und nicht vielmehr, wie vielleicht manche andere, für römische gehaltene, Straßen altdeutsch ist? wollen wir hier nicht entscheiden; denn bekannt ist, daß auch von den Deutschen unter Karl dem Großen die Bauart der römischen Straßen nachgeahmt wurde. So viel scheint gewiß zu seyn, daß die alte Nürnberger Handelsstraße aus Italien über Constanz und später über Lindau durch das Oberamt, und, wie man noch jetzt weiß, bis ins 16te Jahrhundert über Münsingen und durch das Ulmer und Heidenheimer Gebiet zog.

Aber nicht blos in Straßen, auch in andern Überresten findet man die Spuren der Römer. Wir übergehen die römischen Münzen, welche an verschiedenen Orten, wie auf dem Sternenberg bey Offenhausen, zu Gomadingen, Dottingen, Münsingen, Feldstetten etc. gefunden worden, als Beweise für das Daseyn der Römer und richten unsere Aufmerksamkeit auf andere, weniger zweydeutige Überreste, namentlich auf die

Überreste von festen Plätzen, welche das Gepräge römischen Ursprungs tragen, wie sie hauptsächlich noch | im Lauterthale gefunden werden. Buchner, in seinen Reisen auf der Teufelsmauer ist der Meinung,[13] daß die römischen Castra Clarenna über das Lauterthal in dem Münsinger Oberamt sich erstreckt, ja sogar davon ihren Namen haben. „Der Alemanne, sagt er, nannte die Flüsse Lauter wegen des lautern Wassers; wegen derselben Eigenschaften der Lateiner sie ganz gewiß Clara, Clarenna.“ Er führt zum Belege seiner Vermuthung eine Reihe alter Burgen an, welche sich in dem Münsinger Lauterthale befinden, und wirklich findet man an denselben auch viele Überreste, welche an römische Zeiten und Bauart erinnern. Ein Hauptpunkt ist aber der Beobachtung Herrn Buchners entgangen, es ist dieß:

Die Burghalde. Sie liegt auf dem rechten Ufer der Lauter, zwischen Indelhausen und Maisenburg und ist ein durch die Lauter und eine enge Thalschlucht halbinselartig abgesonderter Felsenberg, auf dessen Höhe ein Forchenwald steht. Bey seiner Lage konnte diese, mit so leichter Mühe zu einem festen Platze umzuschaffende Berg, in frühern Zeiten für diesen Zweck nicht unbeachtet bleiben, und wirklich trifft man auch auf seiner ganzen obern Fläche, besonders aber rings am Rande derselben, die merkwürdigsten Spuren früherer Befestigung an. Gegen Norden und Osten ziehen sich am Rande des Abhangs hohe und breite Wälle hin, und an und auf ihnen trifft man, hauptsächlich bey bedeutenden Wendungen, große kegelförmige Erhöhungen (wahrscheinlich die Rudera eingestürzter Thürme) an. Gegen Westen, wo der Berg mit den Höhen von Hayingen zusammenhängt, und wo er am zugänglichsten ist, deckten dreyfache Wälle und Gräben, parallel unter sich, und 500 Schritte weit in schnurgerader Linie gegen Maisenburg hinlaufend, diesen, allem Anschein nach, sehr festen Platz. Die Wälle sind an einigen Orten noch 8 Fuß hoch über dem Boden und ungefähr 10 Fuß breit, und an dem letztgenannten | dreyfachen Walle gegen Westen bemerkt man noch deutlich die ehemaligen Thore und Ausgänge. Die ganze Anlage dieses Platzes erinnert an ein römisches Castell. Es wird zwar bey Hayingen bemerkt werden, daß auf dem Berge der Sage nach das alte Hayingen, vermuthlich die Burg der Hayinger Mark (s. o.) gestanden habe. Aber dieß hindert nicht, anzunehmen, daß die erste Befestigung von den Römern herrühre, um so weniger, als die zerstörten römischen Castelle in der Folge häufig die Grundlage von deutschen Burgen wurden. Wir bemerken weiter

eine Wasserleitung, und zwar von thönernen Teicheln, ganz so wie die anderwärts aufgefundenen römischen Wasserleitungen sind; sie führte von dem Sternenberg, wo, wie schon bemerkt worden, auch römische Münzen gefunden worden sind, nach dem Kloster Offenhausen herunter. Sie wurde vor etlichen Jahren an verschiedenen Stellen aufgefunden.

Geräthschaften. Hieher zählen wir einen merkwürdigen Fund, der erst kürzlich auf den hohen Alp gmacht worden ist. Als nämlich im vorigen Sommer von einem Bremelauer Bürger ein auf einer Anhöhe, an dem Fahrwege von Bremelau nach Bichishausen, auf den Langenheckäckern befindlicher Hügel (Stein-Rigel) ausgegraben werden wollte, um den Platz urbar zu machen, gerieth man auf eine Höhlung und fand darin den Kopf von einem Menschen, mit einem ziemlich vermoderten Gerippe und mehreren zierlich gearbeiteten Ringen und Stäbchen, und darunter schwarze, mit Kohlen vermischte Erde. Ringe und Stäbchen oder Stängchen waren, erstere von der Art der Amuletringe, wie man sie in dem Grabhügel auf dem Rotenberge fand,[14] letztere ungefähr von derselben Form, wie man die Griffel bey Montfaucon abgebildet findet, jedoch zu lang, (2 Schuh) als daß man sie dafür halten könnte; beyde aber von der eigenthümlichen Composition der römischen Münzen von Erz.

Angenommen aber, daß diese Alterthümer alle keine römischen Denkmäler seyn, so ist es desto gewisser | Ein Römischer Denkstein, der schon seit Jahrhunderten zu Zwiefalten aufbewahrt[15] und gegenwärtig in der Gartenmauer neben der K. Kameralverwaltung eingemauert ist. Er enthält folgende Inschrift:
DEO. INVICTO.
SOLI. TEMPLUM.
A SOLO. RESTITU-
IT. VALERIUS.
VENUSTUS. V.P.P.
P.R. SICUTI. VOTO.
AC. MENTE. CON-
CEPERAT. RED-
DITUS. SANITA-
TI. V. S. L. L. M.

Deo invicto Soli templum a solo restituit Valerius Venustus, sicuti voto ac mente conceperat redditus Sanitati. Votum Solvit libens, lubens, merito.

Somit enthält der Stein eigentlich die Inschrift eines, dem Sonnengotte von einem Vicepräfect, Namens Valerius Venustus, aus Dankbarkeit für seine wiedererlangte Gesundheit erbauten, oder wieder hergestellten Tempels. Die Buchstaben V. P. P. P. R. lesen wir: Vice Praefectus Praetorio Provinciae Rhaetiarum, und bemerken noch, daß zu Rhaetia secunda auch ein Stück des linken Donauufers gehörte, und daß der benachbarte Ort Zell noch im 9ten Jahrhundert Romanesau, Römerau hieß.

Es ist also wohl nicht zu zweifeln, daß die Römer auch in unserm Oberamtsbezirke festen Fuß gefaßt haben, und ein Blick in die allgemeine Geschichte bestätigt dieß noch mehr. Lange Zeit war die Donau die Gränze zwischen Römern und Deutschen; jene hielten das rechte Ufer besetzt, diese hatten das linke inne und fanden den besten Schutz auf dem angränzenden Alpgebirge. Endlich überschritten die Römer jene Gränze – nach allen Umständen unter Tiberius – und legten | auch auf dem linken Donauufer und auf der Alp feste Plätze und Straßen an. Diese wurden zwar in der Folge von den Deutschen überwältigt, von den Römern aber neuerdings in Besitz genommen, wiederhergestellt und erweitert, bis endlich die Römer ganz vertrieben und ihre Werke zerstört wurden. Bey dieser Zerstörung mögen sich übrigens manche Anlagen, insbesondere die festen und weniger beachteten Wachtthürme erhalten haben, welche später von den vornehmen Deutschen zu Wohnsitzen eingerichtet wurden; und merkwürdig ist, daß manche Ritterschlösser, wie z. B. Bichishausen, lange Zeit blos der Thurm genannt wurden.


b. Deutsche Alterthümer.

Burgen und Burgruinen: Ihre Zahl ist sehr groß, insbesondere in dem Lauterthale; [16] man findet

a) noch bewohnte oder benutzte Burgen und Schlösser – 10.
Münsingen,   Buttenhausen 2,
Grafeneck, Schiltzburg,
Justingen, Hayingen,
Eglingen, Ehrenfels.
Ehestetten,
b) Ruinen, zum Theil nur noch in einzelnen Grundmauern vorhanden – 25.
Steingebronn,   Monsberg,
Blankenstein, bey Tapfen, Alt-Ehrenfels im Glasthal,
Buttenhausen, Hohenstein, bey Oberstetten,
Hundersingen 2, Ödenburg, ebendaselbst,
Bichishausen, Burg, bey Bernloch,
Hohengundelfingen, Aichstetten, im Tiefenthal,
Niedergundelfingen, Reichenau, bey Auingen,
Derneck, Hohenloch, bey Böttingen,
Weiler, Magolsheim,
Althayingen, Enabeuren, Schloßberg,
Maisenburg, Hohenrein, bey Sontheim,
Wartstein, Nattenbuch bey Feldstetten;
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c) nur noch in geschichtlichen Denkmälern und Sagen übrig – 8.
Egelsee, bey Feldstetten,   Sunderbuch,
Enabeuren, im Dorf, Zwiefalten,
Gomadingen, – Bach,
Kernberg, bey Wilsingen, Riedt;
zusammen also nicht weniger als – 43.

Noch mehrere lassen uns die Edelleute, welche in dem Oberamte angesessen waren, und nach ihrem Sitze sich nannten, wie man bey der Beschreibung der einzelnen Orte finden wird, vermuthen, wiewohl zu bemerken ist, daß Edelleute, welche keine Burgen hatten, sich häufig nach dem Orte, worin sie, oft in geringen Häusern, wohnten, geschrieben haben.

Dörfer und Weiler. Mächtig wird man auch bey näherer Prüfung der topographischen Geschichte durch die Namen vieler untergegangener kleineren Dörfer und Weiler, welche sich theils noch in den Benennungen von Markungsbezirken, theils in schriftlichen und andern Denkmälern erhalten haben, an vergangene Zeiten und Sitten erinnert. Wir bemerken hier:

Breitenfeld und Steingart, bey Bach,   Fainhausen bey Ober-Wilzingen,
Wimsheim bey Ehrenfels,[17] Maisenburg bey Maisenburg,
Züzelhausen, oder Zizelhausen, zwischen Gomadingen und Gächingen, Altmanshausen bei Erbstetten,
Echenhausen bey Grafeneck, Lindau bey Emeringen,
Schwarzach bey Gomadingen, Raunstetten bey Gundershofen,
Weidenthal bey Maßhaldersbuch, Heroldstatt bey Enabeuren,
Heudenheim bey Pfronstetten, Weichstetten bey Laichingen u. m. a.
| Als ein Denkmahl des Alterthums kann etwa auch noch der Hungerberg bey Münsingen betrachtet werden, von dem später noch die Rede seyn wird.



  1. Die Bedeutung des Worts Bar, Bara – Verwaltungsbezirk, Herrschaft, hat sich noch in Baro, Baron, erhalten.
  2. Neugart Cod. Dipl. I. Nr. 155. 193.
  3. Codex Lauresh. Mannheimer Ausg. T. III. p. 58 ff.
  4. Neugart Codex Dipl. I. Nr. 648 .
  5. Ebend. Nr. 745.
  6. In der erstern Urkunde schenkt Ludwig „quasdam res juris nostri in pago Munigisingeshuntare, in comitatu praedicti Arnolfi in locis nuncupatis Taffo et Ecchenhusa et in Egilinga quicquid in his hactenus ad regiam ditiquem pertinebat et posthaec ad comitatum unum cedebat.“ Ein Mißverstehen dieser Urkunde hat ohne Zweifel Veranlassung gegeben, aus der Münsinger Mark ein Gau zu machen.
  7. Codex Lauresh. T. III. Nr. 3225 und 3298.
  8. Abschaffung der Gnossery“ sind beyde Urkunden überschrieben; die Gnossery wird aber auch in einem andern Fall verkauft. Hans Huber zu Rottenacker verkauft 1511 sein Gut sammt der Gnossery an das Kloster Blaubeuren, und erhält es vom Kloster wieder als Falllehen zurück. Die Laichinger Urkunde enthält auch mehrere Bestimmungen, wonach die Verfügung des Abts über Leibeigene und Falllehen schon von Alters her sehr beschränkt war – Bestimmungen, die in Beziehung auf die grundherrlichen Verhältnisse sehr merkwürdig sind. S. auch Laichingen.
  9. Nach Neugart Episcop. Const. S. CX. u. ff.
  10. Sattler, Grafen I. 197. Steinhofer II. 348.
  11. Sattlers Topographie S. 507.
  12. Reichardi orbis terrarum antiquus a D. Campio editus. Norimbergae, 1812. Tab. X.
  13. A. Buchners Reisen auf der Teufelsmauer. Regensburg, 1821. II. Heft S. 101 ff.
  14. Würtemb. Jahrbücher 1821. S. 171.
  15. Würt. Jahrbücher 1821. S. 171. Sulger Ann. Zw. II. 204.
  16. In dem Lauterthale herrscht noch die Sage, daß einst auf Einmal eine ganze Schaar Edelleute angekommen sey, und sich da niedergelassen habe.
  17. In die alte Pfarrey Zwiefalten gehörten 16 Orten, wovon jetzt kaum noch die Hälfte übrig ist; die 3 oben genannten sind nur die bemerkenswerthern unter den verschwundenen; übrigens mögen alle sehr unbedeutend gewesen seyn.
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