Beschreibung des Oberamts Leutkirch/Kirchdorf
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Die Gewerbe sind ganz unerheblich; zu nennen ist nur eine Schildwirthschaft in Kirchdorf, und eine Mahl- und Sägmühle in Binnroth. Auf Kirchdorfer Markung sind noch keine Güter-Arrondirungen vorgenommen worden; in Unter-Opfingen erfolgten diese 1820, in Binnroth 1808. Die Grundherrlichkeit steht der Standesherrschaft Erbach-Wartemberg-Roth zu; nur ein ehemaliger Widdumhof in Kirchdorf ist dem Grafen Schäsberg lehenbar. Der Gemeindebezirk bildet zugleich den Pfarrsprengel mit Ausnahme von Binnroth, welches ein Filial von Berkheim und nach Bonlanden schulpflichtig ist. Unter-Opfingen hat seine eigene Schule. Groß-Dezimator in Kirchdorf und Unter-Opfingen ist der Graf Schäsberg. Nur von einem eingesteinten Distrikt, Bazenhofen genannt (s. unten), bezieht der Graf 1/3 und die Pfarrei Ober-Dettingen (Oberamt Biberach) 2/3 des Großzehenten. Den Klein-, Heu- und Blutzehenten auf diesen Markungen bezieht die Pfarrstelle Kirchdorf. Sämmtliche Zehenten der Markung Binnroth stehen dem Grafen von Erbach-Wartemberg-Roth zu.
1) Kirchdorf, katholisches Pfarrdorf mit 329 Einw. (worunter 6 Evangel.), eine kleine Viertelstunde von der Iller, 9 geogr. Stunden (der Straße nach) von Leutkirch, somit der von dem Oberamtssitz entlegenste Ort des Bezirks. Der Ort hat hübsche, gut gebaute Häuser und ist reinlich gehalten. In der Mitte desselben steht die Pfarrkirche zum heil. Blasius, deren Chor schon alt, das Langhaus aber 1763 von Ochsenhausen neu erbaut worden ist. Sie hat einen schön gemalten Plafond, die Legende des heil. Blasius darstellend, sonst aber nichts Ausgezeichnetes. Der Kirchenfond hat 1750 fl. Kapitalien und einige Herbstgelder und Gültfrüchte. Bei seiner Unzulänglichkeit ruht die Baulast auf dem Großzehentherrn und Patron der Pfarrstelle, Gr. Schäsberg, wie letzterer auch das im Jahre 1747 neu erbaute Pfarrhaus zu unterhalten hat. Früher| gehörte die Pfarrei zum Landkapitel Dietenheim. Im Jahre 1501 inkorporirte sie Papst Alexander VI. dem Kl. Ochsenhausen; der Bischof von Konstanz aber erklärte sie 1729 wieder für ein Sekular-Beneficium. Die Schule besteht für den Sprengel mit Ausnahme von Unteropfingen. Wir wollen die Glaubwürdigkeit der Ottobeurer Urkunden (s. Feyerabend Gesch. des Kl. Ottob. I. S. 110 ff. 357-387, vgl. v. Raiser Chron. Ottob. p. 7) dahin gestellt seyn lassen, wonach die Ecclesia in Chirichtorf cum praediis quibusdam zu den ersten Dotationen des 764 gestifteten Klosters gehört, und Kaiser Otto II. im Jahre 972 diesen Besitz und den Zehenten im Illergau von Cyrchtorf usque in Mosebrunge[2] bestätigt haben soll. Diese Güter und Zehenten trat das Kloster in demselben Jahr dem Kaiser mit der Bedingung ab, von allen Kriegsleistungen frei zu seyn. Herzog Burkhard II. von Schwaben soll dafür diese Leistungen gegen obige Güter übernommen haben. Als nach dem Aussterben des allemanischen Herzogsstammes der Illergau sich in verschiedene Dynastien auflöste, müßte denn Kirchdorf der Grafschaft Kelmünz zugefallen seyn. Denn daß Kirchdorf ein Bestandtheil der Grafschaft Kelmünz (s. Oberamtsbeschr. von Biberach S. 171 f.) und somit im Besitz der Pfalzgrafen von Tübingen war, ist aus dem Lehensnexus zu schließen, in welchem es bis 1604 mit Württemberg stand, an welches die Lehensherrlichkeit über jene ganze Grafschaft übergegangen war (s. a. O. 174). Unbeschadet dieses Lehensverbandes kam Kirchdorf, da die Grafschaft schon früh zerstückelt wurde, in verschiedene andere Hände, namentlich in die der Herren von Wildenberg und von Erolzheim, die überhaupt in dieser Gemeinde früh begütert waren. Schon bei der Stiftung des Klosters Roth 1126, schenkten die Wildenberg demselben Güter in Binnroth (Penenroth). Die von Erolzheim verkauften demselben Kloster im Jahre 1318 zwei Höfe in Kirchdorf, im Jahre 1332 die Herren von Balzheim mit Bewilligung des Lehensherrn Graf Konrad von Berg einen Hof in Unter- (Nieder-) Opfingen, wiederum die Erolzheim 1340 einen Hof ebendaselbst (Stadelh. 1. pass.) Diese Güter, welche Roth ums Jahr 1400 veräußerte, wurden 1428 und 1450 theils wieder eingelöst, theils mit neuen vermehrt. Aber auch Ochsenhausen betheiligte sich an dieser Gemeinde. Schon vor 1300 hatte es von den Erolzheim einen Hof und eine Sölde in Unteropfingen durch Schenkung erhalten; zwei weitere schenkte Werner von Erolzheim 1316 ebendaselbst. Durch Kauf erwarb es in der ersten Hälfte des 14ten Jahrhunderts 3½ Höfe in| Kirchdorf von Bürgern in Memmingen. Andere Güter daselbst erkaufte das Kloster Mehrerau bei Bregenz 1450 von Privaten, siehe Oberopfingen. Durch den dort erwähnten Kaufvertrag mit Mehrerau vom Jahr 1493 acquirirte Ochsenhausen 3 Güter zu Kirchdorf, die Mühle und ein Gut zu Binnroth, ein Gut zu Unteropfingen, sammt allen „Aigenleuth." 1496 vertauschte Ochsenhausen nach langem Streit seine Güter, obrigkeitliche Rechte, und Leute in Kirchdorf, Binnroth und Waldenhofen an die von Erolzheim gegen die Gerichtsbarkeit über Eichenberg und Bechtenroth, die Großzehenten in Unteropfingen und Bechtenroth und Waldenhofen, und das Patronatrecht in Kirchdorf. Herzog Eberhard von Württemberg hatte für diesen Fall schon 1495 in Tübingen auf die Lehenherrlichkeit über den Kirchensatz verzichtet. Im Jahre 1604 verkaufte Erolzheim seinen Antheil an Kirchdorf, Binnroth, Unteropfingen und Waldenhofen um 19.000 fl., als ein zum Kanton Donau kollektables Rittergut mit allen Obrigkeiten und Rechten an das Kloster Roth. Der Lehensherr, Herzog Friedrich von Württemberg entband gegen eine Ablösungssumme von 6000 fl. die Herrschaft von dem bisherigen Lehensnexus. Die Forstherrlichkeit aber wurde von Österreich als zum Kirchbergschen Forst- und Lehenhofe gehörig, behauptet, daher sie als österr. Lehen von denen von Bömmelberg auf Erolzheim ausgeübt wurde. Nach Auflösung des Reichsstifts Roth kam die Gemeinde 1803 an den Grafen von Erbach-Wartemberg-Roth, während die Ochsenhausenschen Rechte den Grafen von Schäsberg zufielen. Im Jahre 1806 wurde sie der Landesherrlichkeit Württembergs unterworfen.Auf Kirchdorfer Markung, an der Gränze des Oberamts Biberach (nicht aber schon in diesem, wie in der Oberamtsbeschreibung von Biberach S. 118 angenommen zu seyn scheint), lag der abgegangene Ort Batzenhofen, später die Batzenhöfe genannt, wovon sich noch jetzt der oben erwähnte Zehentdistrikt herschreibt. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß dieß dasselbe Paczinhova ist, welches Graf Waning gegen seine Besitzungen bei Aitrach 838 von Kempten eintauschte, s. Aitrach. Plezza, Bleß an der Iller, das zugleich genannt ist, liegt nur ¾ Stunden von hier. Wernher von Erolzheim verkaufte 1340 an das Kloster Roth einen Hof in Bazenhoven.[3] Das in eben jener Tauschurkunde erwähnte Hornvanc dürfte am Hornwald zwischen Thannheim und Kronwinkel zu suchen seyn.
2) Binnroth, Weiler mit 18 Einw., mit einer Mahl- und Sägmühle im sumpfigen Thal der Roth.| 3) Unteropfingen, Weiler mit 299 Einw., ¼ Stunde links der Iller. Mitten im Ort steht die Filialkirche zum heil. Johannes dem Täufer, die einen eigenen, sehr kleinen Fond hat. Die Baulast bestreitet die Filialgemeinde. Außerhalb des Orts steht eine Kapelle zum heil. Ottmar zur Privatandacht. Unteropfingen hat, wie oben bemerkt, eine eigene Schule. Über die Verhältnisse und die Geschichte des Orts, s. vorhin.4) Waldenhofen. Weiler mit 28 Einw., auf der Markung von Binnroth, an der Oberamtsgränze, s. vorhin.
- ↑ Kirchdorf und Ober-Opfingen sind unstreitig die baumlosesten Bezirke im Königreich. Außer einigen Obstbäumen an den Häusern findet sich auf der ganzen weiten Ebene um Kirchdorf ein einziger wilder Birnbaum, und dieser wurde schon mehr als einmal Solchen verderblich, die während eines Gewitters unter seinen Zweigen Schutz suchen wollten und vom Blitz erschlagen wurden.
- ↑ Dieses Mosebrunge ist gewiß nicht ein Moosbrunnen oder eine Moosmühle, wie Feyerabend will, sondern das Dorf Mooshausen, das früher Moosbrugghausen hieß. (S. unten.)
- ↑ Auch in der Bestätigungsbulle Papst Eugens III. vom Jahr 1152 (Stadelh. I. S. 45) wird unter den Rothschen Gütern eines in Bazhenhouen genannt.