« Kapitel A 7 Beschreibung des Oberamts Kirchheim Kapitel B 2 »
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B.


Ortsbeschreibung.




1. Gemeinde Kirchheim unter Teck,
mit Parzelle Schafhof.[1]

a. Kirchheim, die Oberamtsstadt, mit 5480 ev. und 13 kath. Einwohnern, liegt unter dem 27° 6' 49" östlicher Länge und 48° 38' 58,32" nördlicher Breite, 8 Poststunden von Stuttgart entfernt; die Erdfläche in der Mitte der Stadt erhebt sich 996 Par. Fuß über dem mittelländischen Meere. Die Schreibart ist Anfangs: Chirichheim, 1241 Chireim, 1268 Kirchain und zuletzt Kirchen und Kirchheim. Kirchheim gehört nunmehr in die erste Klasse der Gemeinden, ist Sitz des Oberamtsgerichts, des Oberamtes, des Dekanatamtes, des Kameralamtes, des Forstamtes, des Oberamtsarztes, eines Revierförsters und eines Postamtes.

Kirchheim liegt an der von Ulm über Blaubeuren nach Stuttgart führenden Staatsstraße, in der schönen oben S. 8 beschriebenen Thalebene an der Vereinigung der Lauter (an der Brücke gegen Köngen 979 Par. Fuß über dem Meere) und der Lindach, welche beide die Stadt durchfließen, und ist mit den nahen Dörfern Jesingen, Nabern, Bissingen und Dettingen durch schöne und gute Straßen verbunden. Durch | einen Theil der Vorstädte zieht sich der Mühlkanal. Die herrliche Aussicht bietet gegen Südwesten, Süden und Osten die Alpgebirge im Halbkreise, mit der Teck, der Limburg, dem Aichelberg u. a.; gegen Südwesten die Ruinen von Hohenneuffen und gegen Nordosten rebenbekränzte Hügel. Bei klarem Himmel sind einerseits der Rotheberg und Hohenheim und andererseits Hohenzollern und Achalm sichtbar. Das Klima ist mild und die Luft gesund für Naturen, deren Brust nicht sehr empfindlich ist. Die Veränderungen der Temperatur s. oben S. 45. Der Boden, wenn gleich größten Theils mit Kiesgrund, gehört unter die gut mittelmäßigen, und ist sowohl den Halmfrüchten, als den Futterkräutern sehr zuträglich. Der nahen Alp wegen sind zerstörende Frühlings- und Herbst-Fröste nichts Seltenes.

Der große Zehnte gehört dem Staate; den Heuzehnten hat die Gemeinde 1836 vollständig für 10.434 fl. abgelöst. Von dem Holzzehnten und dem Blutzehnten wurde sie durch Vertrag vom Jahr 1540 befreit und ihr zugleich der kleine Zehnte, ausgenommen den von Erbsen, Linsen und Wicken, welcher vorbehalten ward, von Herzog Ulrich geschenkt. Zehntfrei sind etwa 11/2 Morgen. Das Jagdrecht steht dem Staate, das Fischrecht auf der Markung der Stadt zu. Seit 1818 wurden überdieß sämmtliche Laudemien und Beeden u. dgl. für 2839 fl., Theilweingefälle für 1672 fl. und Jagdfrohnen für 391 fl. dem Staat abgekauft.

Das Aussehen der Stadt ist freundlich und sehr gefällig. Sie ist ringsum mit schönen, im Jahr 1755 angelegten, Linden- und Kastanien-Alleen und mit beträchtlichen Vorstädten umgeben, und hat nach dem Brande vom Jahr 1690 eine regelmäßige Gestalt erhalten. Der Umfang der eigentlichen Stadt beträgt 4600 Längen-Fuß.

In älteren Zeiten hatte Kirchheim ziemlich bedeutende Vestungswerke. Die Quartiere oder Viertel der Stadt sind: Die Heidenschaft, das Heerdtfeld, die Jesinger Vorstadt, die Dettinger-, die Öthlinger- und die untere Vorstadt. Die Salubrität hat im Jahr 1822 durch die Trockenlegung des vom | Staate erworbenen, nun mit Abzugdohlen versehenen, Stadtgrabens sehr gewonnen. Von den ehemaligen Bastionen steht nur noch eine, worauf nun ein Garten angelegt ist; unter derselben sind noch Kasematten. Auch die Thore und Mauern stehen nicht mehr; das untere Thor wurde 1811, das Jesinger 1812, das Öthlinger 1819 und das obere Thor 1829 abgebrochen, wodurch das Ansehen der Stadt sehr gewonnen und die Feuersgefahr sich vermindert hat.

Die Zahl sämmtlicher Gebäude beläuft sich auf 817 (644 Haupt- und 173 Neben-Gebäude), worunter 55 öffentliche; davon gehören 26 dem Staate, 18 der Stadt, 9 den Stiftungen und 2 der Amtskörperschaft. Die hübschen und meist gut gebauten Häuser haben gewöhnlich ein steinernes Erdgeschoß; die weiteren Stockwerke sind von Holz geriegelt und mit Tuffsteinen ausgemauert. Die Dachbedeckung besteht aus Ziegelplatten. Von öffentlichen und sonst merkwürdigen Gebäuden sind zu nennen:

1. Staatsgebäude:
a. Das K. Schloß, dermalen Wittwensitz Ihrer Hoheit, der Frau Herzogin Henriette von Württemberg, Mutter der Königin Majestät. Es liegt in der Stadt an einem noch offenen Stadtgraben, hat drei Stockwerke, wovon eines von Stein, und vier Flügel, die zusammen 430' lang sind; östlich stößt eine auf Kasematten ruhende, eine kleine Anlage bildende, Terrasse an. An dem Flügel gegen die Stadt und an dem gegen Mittag und Abend sind zwei noch von der Bevestigung herrührende dreistöckige Rondele angebaut. Im ersten Stockwerk befindet sich eine Kirche. Die Gesammtzahl der Zimmer ist 45. Nebengebäude des Schlosses sind das Kavaliergebäude, der Marstall und einige Ökonomiegebäude. Jenseits der Lauter über der Straße befindet sich der 115/8 Morgen große Schloßgarten mit einem Reithause, in welchem in früheren Zeiten ein Theater eingerichtet gewesen seyn soll. Das Schloß wurde im Jahr 1538 zu bauen angefangen, scheint aber erst 1556 vollendet worden zu seyn. Ein altes Schloß stand in dem vorgedachten | Schloßgarten und soll, der Sage nach, einst den Herzogen von Österreich zur Residenz gedient haben. Nach einer Urkunde vom Jahr 1363 hatte Eberhard von Randeck, Ritter, „das Burglehen gen Teck, Graf Eberhard von Württemberg Gesäß zu Kirchheim vor der Stadt, das man nennt Renhard von Hepchisow Gesäß.“ Vielleicht wurde auf diesem Burglehen das Schloß erbaut. Das Saalbuch der Kellerei vom Jahr 1513 sagt: „das Schloß und der Marstall“ stehe in dem Thiergarten vor der Stadt. Als Herzog Ulrich im Jahr 1545 von den von Wernau Wendlingen kaufte, machte er sich verbindlich, „seine Behausung im Thiergarten zu Kirchheim“ abbrechen und dieselbe „wiederum“ in Bodelshofen aufbauen zu lassen. Daher stand denn im Jahr 1560 nur noch „ein alter Burgstall“, der noch 1604 mit einem Wassergraben umgeben war, in dem Thiergarten. Bei dem großen Brande der Stadt blieb das Schloß verschont. Die Dürnitz wurde damals längere Zeit für den Gottesdienst benützt.[2] Das Schloß diente den Landesfürsten und ihren Wittwen häufig zum Aufenthalt. Als im Jahr 1594 in Stuttgart eine pestartige Krankheit herrschte, verlegte Herzog Friederich im August den Hof hierher, wo ihm Prinz Magnus am 2. December geboren wurde, der in der Schlacht bei Wimpfen eines ritterlichen Todes starb. Herzogs Johann Friedrich Wittwe, Barbara Sophia, hatte hier von 1628 bis 1632, und Herzogs Eberhard III. Wittwe, Maria Dorothea Sophia, von 1675–1690 ihren Sitz. Dasselbe war der Fall mit Magdalena Sibylla, der Wittwe des Herzogs Wilhelm Ludwig, die sich nicht nur durch ihren frommen und mildthätigen Sinn, sondern auch durch ihre Klugheit in der vaterländischen Geschichte ein rühmliches Andenken erworben hat; sie starb hier 1712. Auch | Johanna Elisabetha, die Wittwe Herzogs Eberhard Ludwig, und Francisca Theresia, Herzogs Carl Eugen Wittwe, verweilten hier. Im J. 1811 bezog Se. Hoheit Herzog Ludwig mit Familie, das Schloß und starb auch 1817 daselbst. Seine durchl. Töchter, Prinzessin Maria, Erzherzogin von Österreich, und Amalia, Herzogin von Sachsen-Altenburg, vermählten sich hier am 24. Aug. 1819 und 24. April 1817; seine durchl. Wittwe aber, welche durch ihren edeln Geist und mildthätigen Sinn, wovon wir so manche Proben in dieser Schrift finden, auch bei spätern Generationen ein dankbares Andenken sich gesichert, hat seit 1811 hier ihren Sitz, wo sie nicht selten von ihren Kindern, die hier ihre Jugendjahre zugebracht hatten, und von ihren Enkeln durch Besuche erfreut wird.

b. Das Oberamtsgerichts-Gebäude war Anfangs ein Adelbergischer Klosterhof, wurde nach der Reformation der geistlichen Verwaltung eingeräumt, und hat 1818 seine jetzige Bestimmung erhalten.

c. Das Oberamtsgebäude war ein alter „adeliger freier Sitz“, später unter dem Namen Mönchhaus bekannt. Im Jahr 1610 besaß die Wittwe des Junkers Hans Siegmund von Remchingen „ein adelich Behausung, das Münchhaus genannt, sammt noch einer neu erbauten Behausung dabey mit Hofraiten und Stallung in der Stadt beim Jesinger Thor,“ damals zu 3000 fl. angeschlagen. Nachmals besaßen es die von Liebenstein, und im Jahr 1800 besaß dieses „Schloß“ der Diaconus Osiander, welcher es zu einem Aufenthalt für Wittwen aus seiner Familie bestimmte. Im Jahr 1804 wurde es an den Forstmeister v. Gaisberg und 1828 von dessen Erben an den Staat verkauft. Es war bis 1808 ganz steuerfrei.

d. Das Kameralamts-Gebäude, außerhalb der Stadt gelegen, vormals zum Frauenkloster gehörige Kloster-Hofmeisterei. S. dessen Geschichte hiernach.

e. Das Forstamtsgebäude, in der obern oder Dettinger Vorstadt, blos von Holz erbaut, war ehedem ein | Gasthof, die große Herberge genannt. Schon im Jahr 1604 hatte es seine jetzige Bestimmung.

f. Der ums Jahr 1560 erbaute Fruchtkasten neben der Stadtkirche, ein massiv steinernes dreistockiges Gebäude, das bei dem Brande im Jahr 1690 verschont blieb.

2. Sonstige öffentliche Gebäude:

a. Die Pfarrkirche zum h. Martin. Sie steht in der Nähe des vormaligen Öthlinger Thores, ist in gutem baulichen Zustand und hat einen herrlichen Chor, der leider durch Männerstühle verunstaltet ist. Der viereckige, weithin sichtbare, Thurm hat keine Uhr, aber ein wohl und feierlich klingendes Geläute von vier Glocken, die ums Jahr 1700 von Claudius Nicolaus und Johannes de Rosier in Rottenburg a. N. gegossen worden sind. Die Gemälde der Kirche sind von neuer geringer Kunst. Eine Walker’sche Orgel zu dem Preise von 4500 fl. wird demnächst aufgestellt werden. An Epitaphien ist das Innere und Äußere der Kirche reich. Der berühmte Vertheidiger Hohentwiels, Konrad Widerhold, gest. 13. Juni 1667 als Obervogt von Kirchheim, liegt hier mit seiner Gattin (gest. 1666) begraben. Sie hatten, außen zwischen zwei Pfeilern des Chors, ein unscheinbares Denkmal, an dessen Stelle 1833 ein in würdiger Weise ausgeführtes neues getreten ist. Die beiden Gedenktafeln zur Seite haben folgende schöne Inschriften:

1) „Der Commandant von Hohentwiel,
 Fest wie sein Fels, der niemals fiel,
 Des Fürsten Schild, des Feindes Tort,
 Der Künste Freund, des Armen Hort,
 Ein Bürger, Held und Christ wie Gold:
 So schläft hier Conrad Widerhold.
2) Sanft ruht auch seines Hauses Zier,
 Frau Anna Armgard Burkhartsch hier,
 Von Delmenhorst war ihr Geschlecht,
 Im Glauben rein, von Tugend ächt –
 Gott über dir, du edles Paar.
 Im Segen bleibt ihr immerdar.“[3]

| Die Baulast der Kirche hat der Armenkasten bei seiner Errichtung übernommen. Unter ihr befindet sich das Stadtarchiv. Wie sie jetzt steht, ist sie aus den Trümmern des durch den vorgedachten Brand zerstörten alten Gebäudes hervorgegangen. Nur der Chor und zum Theil der Thurm haben ein hohes Alter. Ihrer wird, wie wir unten sehen werden, schon 1315 gedacht. Ein Stein an der westlichen Seite unter einem Fenster des Thurmes soll die Jahrzahl 1268 haben. Der Kirchthurm mußte 1540 bis zum Dachstuhle der Kirche abgebrochen werden, damit er den Zwecken des damaligen Vestungsbaues nicht hinderlich war. Daher spricht ein herzogl. Rescript von 1569 von dem „neuerbauten“ Kirchthurme, dessen Glockengehäuse aber erst 1571 erbaut wurde. Damals stand die Stadt im Werke, ein „lang Münster,“ also das Schiff der Kirche, zu bauen, dessen Kosten zu 2000 fl. berechnet wurden. Dieser Bau wurde 1576 vollendet. Über die älteren, nun abgebrochenen, Kapellen etc. s. hiernach.

b. Das Rathhaus, ein dreistockiges Gebäude mit einem Thurm und drei Glocken. Wegen großer Verarmung der Bürgerschaft nach dem Brande wurde dasselbe erst 1721 gebaut und 1724 vollendet, wozu viele Ämter und Privaten beigesteuert haben. Als eine Merkwürdigkeit wurde verzeichnet, daß bei der Erbauung kein Finger verletzt worden sey.

c. Die hübschen deutschen Schulen bei dem Öthlingerthor in dem Gebäude des Hospitals (s. unten), die dieser und der Armenkasten im Bau zu erhalten haben.

d. Die lateinische Schule, jenen gegenüber schön und freundlich gelegen, wurde von dem Brande gleichfalls verschont. Die Baulast hat der Hospital.

e. Das Schießhaus steht rechts von der Straße nach Dettingen, auf dem städtischen Bleichplatze. Es wurde 1836 neu erbaut. Eine Armbrusthütte für die Stadt und die Amtsorte stand schon im Mittelalter. Im Jahr 1558 wurde der „Schützengesellschaft zu Kirchheim für das Stahl- oder Armbrust-Schießen“ der altherkömmliche Beitrag von 13 Pfd. Hl. | aus der Kellerei gereicht. Die Gesellschaft zählt gegenwärtig 50 Mitglieder.
f. Die Wollmarktshalle außerhalb der Stadt, nordöstlich von dieser, in früheren Zeiten unter dem Namen Freihof bekannt. Bis 1345 scheinen ihn die v. Kirchheim besessen und nun an die Reuß verkauft zu haben (s. unten). Sofort kam er an die v. Wernau, die ihn von 1452 an inne hatten. Nun aber kaufte ihn Albert Thumb von Eitelhanns von Hedingen; dann kam er an die Späth von Thumnau, die ihn noch 1470 besaßen. Im Jahr 1482 verkauft Ulrich von der Burg und Agnes von Lichteneck, seine Hausfrau, Bürger zu Kirchheim, an den Grafen Eberhard von W. ihr „Haus, Hofstatt, Hofraiten vnd Gesäß mit Gärten, Scheuren, Ställen vnd allem Begriff, mit dem Weiherlen vnd allen Rechten u. s. w. zu Kirchheim vor der Stadt an der Lauter,“ um ein Leibgeding und gegen die Verpflichtung, daß er der Herrschaft mit seinem Leib und einem Knecht dienen solle. Im Jahr 1493 besaßen ihn die von Zillenhardt; 1584 kam er an Leo v. Freyberg zu Neidlingen, 1600 kaufte ihn Württemberg um 7000 fl., das ihn 1608 an Hans Ulrich Link verkaufte, nachdem hier die Hofalchymisten Neuscheler aus Zürich und Mühlenfels laborirt hatten (s. württ. Jahrb. 1829. S. 304). Im Jahr 1690 erwarb ihn General v. Berner, und 1733 besaßen ihn die Freiherren v. Degenfeld; 1768 war eine Fräulein v. Gaisberg Besitzerin. Er steuerte bis 1806 zur Ritterschaft und hatte das Recht, die niedergerichtliche Obrigkeit auf dem Gute auszuüben. Im Jahr 1811 erwarben ihn Stadt und Amt von dem Generallieutenant von Phul, die alsbald mit einem Aufwande von 36.000–40.000 fl. eine Reiterkaserne einrichteten (s. unten). Im Jahr 1836 gab die Kriegsverwaltung das Gebäude, das schon seit 1819 für die Wollmärkte benutzt wurde, an Stadt und Amt ohne Vorbehalt zurück, und das Amt erhielt von ersterer eine Entschädigung von 6000 fl., wodurch es sofort ausschließliches Eigenthum der Stadt geworden ist. Neben den alten Gebäuden, die zu Wollmagazinen zweckmäßig | eingerichtet sind, steht eine neue große Wollhalle, welche die Stadt mit einem Kostenaufwand von etwa 25.000 fl. jüngst erbaut hat.

Den Wilhelmshospital, das Armenhaus und die Paulinenpflege s. hienach.

Von Privatgebäuden verdienen noch bemerkt zu werden:

a. Der sogenannte Bau auf dem Walle, an dem östlichen Ende der Stadt. Er soll den Herzogen von Teck zur Residenz gedient haben; sie kauften denselben im Jahr 1360 von Kuno, dem Truchseßen von Stöffeln, verkauften ihn aber 1379 an den Ritter Hans von Lichtenstein. Später kam er an die v. Wernau, die ihn 1588 an Heinrich Späth von Thumnau verkauften, von welchem er an die württ. Rentkammer kam, die ihn als Obervogteiwohnung benützte. Im Jahr 1609 verkaufte sie ihn an den Obervogt Sebastian Welling von Fähingen; damals ruhte auf demselben das althergebrachte Vorrecht, daß der Besitzer ein gewisses Strafrecht über das Gesinde üben, und daß Verbrecher in diesem „gefreiten Haus“ durch die Beamten nicht angegriffen werden durften. Im Jahr 1653 erwarb ihn Konrad Widerhold, welcher ihn 12 Jahre später durch sein Testament seinem Landesherrn schenkte;[4] 1681 ward er an die Stadt verkauft, 1690 brannte er ab, und von da kam das neue Gebäude in verschiedene Hände, bis es 1806 an den jetzigen Besitzer, Hofrath Mutschler, gelangte. Bis dahin hatte es seine alte Steuerfreiheit behauptet.

b. Das sogenannte Stiftshaus war der Sitz der Reuß. Pfaff Johannes, genannt der Rüße von Lothenberg, verkauft 1343 sein „Geseß zu K. an der Luter gelegen, an Hus, Hof, Garten etc.“ und vielen Gütern, an den Altar des h. Kreuzes in St. Martinskirche; 1511 erbaute das Kl. Adelberg auf der Hofstätte ein Haus, das sofort in verschiedene Hände kam. Nach dem Brande im Jahr 1690 wurde es wieder aufgebaut, und 1707 an die v. Münchingensche Familie als „ein adelicher Freisitz“ verkauft, von wo an es unverehelichten Töchtern der Familien v. Remchingen, v. Münchingen, v. Reyschach und v. Grünewald zum Aufenthalte diente. – Bis in die jüngste Zeit hatten diese einen freien Sitz in dem Hause; 1836 aber verkaufte es die „Münching’sche Stiftungsverwaltung“ an einen Bürger. Auch dieses Gebäude war ganz steuerfrei.

| c. Das sogenannte Steinhaus wird in einer Urkunde von 1421 als an der Ecke der Kirchgasse gelegen bezeichnet; es ist darin von seinen „ehrbare Ingesessenen“ die Rede. Im Jahr 1513 besaß es Herr Jörg v. Winkenthal.

d. Das jetzige Krämer’sche Haus bei dem Oberamtsgerichts-Gebäude soll ein Sitz der Edeln von Kirchheim gewesen seyn.

Weitere gefreite Sitze des Adels waren: der in der Heidenschaft, welchen im 16ten Jahrhundert Hans Georg Volland von Vollandseck besaß; der des fürstl. Raths Mitschelin beim Öthlinger Thor; jener am obern Thor, den bis 1355 die Schweler besaßen, und jener an der Stadtmauer, welchen 1454 Heinrich v. Wernau an Wolf Schilling verkaufte. Außerdem hatten die Klöster St. Peter, Adelberg und Denkendorf von alten Zeiten her sogenannte Klosterhöfe hier.


Die Einwohner und ihr Nahrungsstand.
Am 15. Dec. 1840 war die ortsangehörige Bevölkerung der Stadt 5493, worunter 2643 männlichen und 2850 weiblichen Geschlechts. Die Zahl der Ortsanwesenden war im J. 1834: 5116, 1837: 5108, und 1840: 5228. Nach Gaupp’s Berechnungen, die sich auf die Ergebnisse des Decenniums von 1828–37 gründen, nahm die Bevölkerung jährlich durch Überschuß der Geborenen über die Gestorbenen um 49 zu. (Von 1731–40 war der jährliche Überschuß 54/10). Die männliche Bevölkerung verhält sich zur weiblichen wie 1000 : 1142. Im J. 1838 waren 1218 Familien vorhanden. Jährlich werden 445/10) Ehen geschlossen; auf 1 Ehe kommen 5 Kinder. Vergleicht man die Zahl der jährlich geschlossenen Ehen mit der Zahl der Einwohner, so kommen auf 1 Ehe 1025/10) Personen. Das 18. Kind ist ein todtgeborenes, und die 88. Geburt eine Zwillingsgeburt. Das 12. Kind ist ein uneheliches. (In dem Jahrzehend 1728–37 war es das 48.). Jährlich werden 2065/10) Kinder geboren. (Im Durchschnitt von 1728–37 war die Zahl 116). Von den Geburten kommen 100 Mädchen auf 105 Knaben. Das Verhältniß der Geborenen zur ganzen Bevölkerung ist wie 1 : 26. Jährlich kommen mit Inbegriff der Todtgeborenen 1735/10) Todesfälle vor. Innerhalb | 31 Jahren starben so viele Menschen, als die wirkliche Anzahl der Lebenden ist. Im Durchschnitte der Jahre 1834 bis 38 kam jährlich 1 Todter auf 35 Lebende. Auf 100 Geborene kommen 70 Todte, oder auf 100 Gestorbene kommen 130 Geborene. Von den Gestorbenen hatte nicht ganz die Hälfte das 7. Jahr überlebt. Von 111 Kindern starben vor dem ersten Jahre 4111/17). Ausschließlich der Todtgeborenen kommen auf 100 Gestorbene 14, die das 70. Jahr erreicht hatten. In dem gedachten Decennium erreichten nur 6 Männer und 1 Weib ein Alter über 90 Jahre. Das höchste bekannte Alter ist 96 Jahre. Betrachtet man das Verhältniß beider Geschlechter hinsichtlich der Sterblichkeit, so verhält sich die Zahl der im ersten Lebensjahre gestorbenen Knaben zu jener der Mädchen wie 394/10) : 318/10). Vom ersten Lebensjahr an starben so ziemlich gleich Viele. Im Alter über 14 Jahren starben 375/10) Männliche und 385/10) Weibliche.

Die Religion der Einwohner ist die evangelisch-lutherische; Katholiken sind nur wenige vorhanden; Juden keine. Daß diese im Mittelalter hier zahlreich gewesen seyn mußten, erhellt aus dem Vorhandenseyn einer Judenschule, welcher 1329 gedacht wird.

Die Einwohner sind ein kräftiges, derbes Geschlecht, durch strenge Arbeit theils auf dem Felde, theils in den Werkstätten abgehärtet, dessen Erwerbsfleiß wirklich oft musterhaft ist. Sie erfreuen sich eines ziemlichen Wohlstandes. Von den hier geborenen Männern, welche sich auch im Auslande einen Namen erworben, nennen wir:

Georg Plunkher; es ist zwar nicht erwiesen, daß er ein Kirchheimer von Geburt ist, wohl aber, daß er Kaplan an der hiesigen Nikolaus-Kapelle in den Jahren 1240–1260 war. Er ist Verfasser einer größern Kaiser-Chronik und eines Land- und Städte-Recht-Buches. (S. Hausleutners Schwäb. Archiv III. 318. IV. 444.)

Sebastian Molitor, ums J. 1478 geboren, wurde 1511 Abt zu Zwiefalten, resignirte 1537 und wurde 1546 nochmals gewählt.

Konrad Brunus, geboren 1491 gestorben 1563, studirte in Tübingen beide Rechte, trat dann in würzburgsche, hierauf in baierische Dienste, und wurde dann zum Assessor des Reichskammer-Gerichts | bestellt. Später wurde er Kanzler des Bischofs von Augsburg, und 1548 erhielt er von Kaiser Karl V. den Auftrag zu Verfassung einer Reichskammergerichtsordnung. Seine Schriften s. in Jöchers Gelehrten-Lexicon. I, 1433.

Samuel Urlsperger, der berühmte treffliche Hof-Prediger in Stuttgart, unter Herzog Eberhard Ludwig, Sohn des hiesigen Geistlichen Verwalters, geb. 21. Aug. 1685 starb 20. April 1772 als Senior der evang. Geistlichkeit Augsburgs. Wegen seines Freimuthes wurde er 1718 abgesetzt, 1720 aber zum Decan von Herrenberg ernannt und 1722 auf die zuletzt bekleidete Stelle berufen.

Heinrich Gottfried Groß, erst zur Theologie bestimmt, wurde 1734 Magister und nach einer nicht näher bekannten Laufbahn vor dem Ausbruche des siebenjährigen Kriegs russischer Gesandter am Berliner Hofe. Er soll die Kaiserin so heftig gegen Friedrich II. erbittert haben, daß er gewißer Maßen als Anstifter jenes Krieges zu betrachten wäre. Er starb 1763 oder 1765 und liegt in der Westminster Abtei zu London begraben.

Christoph Friedrich v. Pfleiderer, geb. 21 Oktober 1736, Sohn des Chirurgen und Stadtraths Joh. Christian Pf. Er ward, nachdem er die Direktors-Stelle am Polnischen Cadetten-Corps niedergelegt hatte, zum Professor der Mathematik und Physik an der Universität Tübingen ernannt, machte sich durch eine Reihe Schriften mathematischen Inhalts verdient, und starb am 27. Sept. 1821. (Näheres in Gradmanns gelehrtes Schwaben S. 457 und in den Württ. Jahrb. 1823 S. 61.)

Johann Simon v. Kerner, geb. 25. Febr. 1755, Sohn des Gärtners Johann Michael K. wurde von Herzog Karl in seine Academie aufgenommen, wo er sich dem Studium der Botanik widmete, in welcher er sich frühzeitig auszeichnete, und 1780 zum Professor der Botanik und 1792 zum Mitgliede des Acad. Senates an der Karlsacademie ernannt. Nach Aufhebung derselben wurde er zum Aufseher über den botanischen Garten und das Pflanzen-Kabinet in Stuttgart, und 1812 zum Oberaufseher der kön. Gärten, Plantagen, Treibhäuser und Baumschulen in Stuttgart, Ludwigsburg, Monrepos, Freudenthal und Hohenheim bestellt. Er ward von 1783 an zum Mitgliede von 8 auswärtigen gelehrten Gesellschaften (1818 der k. Academie der Naturwissenschaften in Madrid und 1819 der Gartenbau-Gesellschaft in London) und zum Pfalzzweibrückenschen und kön. Hofrath, und am 6. Nov. 1812 zum Ritter des k. Württ. Civilverdienstordens ernannt. Er starb am 13. Juni 1830. Außer den Schriften botanischen Inhalts, welche Gradmann (das gelehrte Schwaben S. 286–287) verzeichnet hat, sind noch | folgende von K. selbst nach der Natur dargestellte und ausgemalte Prachtwerke auf Imp. Fol. zu nennen: Hortus sempervivens; die merkwürdigsten Pflanzen Ost- und West-Indiens in 71 Theilen, von je 12 Tafeln. – Genera plantarum selectarum, 10 Bde. mit 200 Tafeln. – Le raisin etc. 144 der vorzüglichsten Trauben-Sorten – und Les Melons etc. 34 Haupt-Sorten der Melonen darstellend.

Johann Georg Hutten, geb. 13. Mai 1755, Sohn des Zahlmeisters Georg Konrad H. war Rector am Lyceum in Tübingen, dann Professor am Seminar in Schönthal und zuletzt Ephorus des Seminars in Urach, und starb 6. April 1834. Er war Herausgeber des Plutarch und Verfasser mehrerer Schul-Schriften. (S. Gradmann a. a. O. S. 257–259).

Die Nahrungs Quellen der Einwohner sind Landbau, Vieh- und Schaf-Zucht und Gewerbe, die übrigens in der Regel neben den erstern betrieben werden.

Das Areal der verhältnismäßig kleinen Markung und das Verhältniß der einzelnen Kulturarten ist aus der Tabelle zu ersehen. Steuerfreie Feld-Güter befinden sich nicht auf derselben. Die Landwirthschaft steht auf einer verhältnißmäßig hohen Stufe. Der jährliche Roh-Ertrag der Güter ist 20–36 fl. vom Morgen.

Für den Ackerbau besteht die Dreifelderwirthschaft; die Brache wird aber mit Klee, Rüben, und den im Jahr 1719 hier eingeführten vortrefflichen Kartoffeln etc. so angebaut, daß reine Brache selten zu finden ist. Für den Pflug genügen 2 Pferde. Roggen, Gerste, hauptsächlich Sommergerste, Haber und Ackerbohnen werden gewöhnlich, Waizen seltener gebaut. Mit Talavera-Waizen sind schon größere Versuche gemacht worden. Der Hopfenbau ist nicht von Bedeutung. Im Durchschnitt kostet der Morgen Ackers 200–500 fl. sein Ertrag ist: an Dinkel 8, Roggen 31/2, Haber 4, Gerste 4, Waizen 3, Einkorn 5, Ackerbohnen 3 Scheffel. Der Gartenbau wird fast von jeder Familie in den die Stadt rings umgebenden schönen Gartenanlagen selbst betrieben. Bemerkenswerth ist es, daß schon 1599 in dem Garten des Apothekers Lutz Artischoken, und 1606 im Garten des Freihofes Pomeranzen, Citronen und andere „wälsche Gewächsböhm“ gefunden wurden. Ein M. Gemüsegartens wird um | 400–800 fl. verkauft. Die vielen Wiesen liefern, da sie beinahe alle gewässert werden können, treffliches Futter, wovon vieles nach Eßlingen und Stuttgart verkauft wird; den Rest zehren die beträchtlichen Schafheerden den Winter hindurch auf. Ein Morgen Wiesen kostet 150 bis 600 fl. Der Weinbau ist von Belang. Die Weinberge, welche im Winter meistens bezogen werden, liefern jedoch nur ein mittelmäßiges Gewächs, das gewöhnlich schon im ersten Jahre selbst consumirt wird. Des hiesigen Musterweinbergs ist oben S. 57 gedacht. Ein Weinberg kostet 150 bis 500 fl. Der Ertrag ist 4–5 Eimer vom M., der Preis 8–40 fl. Der Weinbau hier ist so alt als die Stadt selbst. In einer Urkunde vom J. 1275 ist die Rede „de vineis sitis in monte versus Atelingen.“ Die „Maister vnd die Schower der Wingarten zu Kirchhain, die von dem Gericht darzu erwelt sint,“ werden bereits 1406 genannt. Die Obstzucht ist von großer Ausdehnung; vorzügliche Obstsorten aber sind selten. Das Obst gedeiht auf den Anhöhen gerne, in den Ebenen aber unterliegt es nicht selten den Frühlingsfrösten. Die Bereitung von gebrannten Wassern ist nicht unbedeutend. Von den in der Tab. aufgeführten 4811/8 M. Weiden sind nur 300 M. nicht angebaut, aber größten Theils mit Obstbäumen bepflanzt und für Rindvieh, Schafe und Pferde bestimmt. Der Pachtschilling der Schafweide beträgt 450 fl. auf das Sommerhalbjahr. Die Pferdezucht ist unbedeutend; die Rindviehzucht hingegen in Beziehung auf Güte von Belang, da auf vorzügliche Racen der Farren das gehörige Augenmerk gerichtet wird.[5] (s. oben S. 71.) Die Anschaffung und Unterhaltung derselben liegt dem Hospital ob. Die Mastung ist nicht von großer Ausdehnung. Die Stallfütterung wurde jüngst größtentheils freiwillig eingeführt; nur die ärmeren Bürger benützen die Weide, die nun aber auch im Vorsommer aufgehoben worden ist. Die Schafzucht | ist, wie die Tabelle zeigt, hier sehr stark. Auch die Hammelmastung ist bedeutend; die Bereitung der Schafkäse aber hat beinahe ganz aufgehört. Die Nachzucht und Aufzucht der Schweine wird von den Müllern und Bäckern ziemlich stark betrieben; doch werden auch Baierschweine eingeführt. Dem Hospital liegt die Eberhaltung ob. – Auf der Markung sind einige Lehmgruben.

Die Gewerbsindustrie war schon in älteren Zeiten nicht unbedeutend, namentlich das Gewerbe der Tuchmacher. Im J. 1456 vermittelte Graf Ulrich einen Streit zwischen dem Kloster und „den Meistern vnd andern von dem Handwerk der Tucher“ wegen der in der oberen Vorstadt gelegenen Walkmühle des Klosters dahin: daß alle Tucher und ihre Nachkommen zu K. für ewige Zeiten verpflichtet seyn sollen, daselbst gegen bestimmte Preise zu walken. Das alte Gerechtigkeitsbüchlein der Stadt enthält eine Maurer-, Schreiner-, Zimmerleute-, Tuchmacher-, Mezger- und Bäker-Ordnung aus dem Ende des 15. oder Anfang des 16. Jahrhunderts, wo es noch „Hellerlaiblein vnd Pfennigwecken“ gab. Eine ebenso alte Ordnung der Ledergerber sagt u. a. „es soll kein Gerber Gemeinsame mit dem Schinder han mit Essen vnd Trinken.“ Die Gewerbeliste der Stadt war nach der Aufnahme vom J. 1835:

Band- und Borten-Wirker 5, Barbierer 3, Baumwollenweber 26, Beindreher 3, Blechner 2, Brodbäker 34, Buchbinder 2, Buchdrucker 1, Büchsenmacher 2, Bürstenbinder 1, Färber 7, Feldmesser 2, Fischer 1, Frachtfuhrleute 1, Gärtner 1, Garnsieder 1, Glaser 9, Hafner 3, Hammerschmiede 1, Hauderer 10, Holzmesser 3, Hufschmiede 9, Hutmacher 3, Instrumentenmacher 1, Ipser 1, Kaminfeger 1, Kammmacher 2, Klein-Uhrmacher 2, Knopfmacher 4, Korbmacher 1, Kornmesser 3, Kübler 9, Küfer 16, Kürschner 1, Kupferschmiede 5, Lackierer 1, Linnenweber 12, Messerschmiede 2, Mezger 47, Maurer 11, Musiker 2, Nadler 3, Nagelschmiede 6, Nätherinnen 3, Nonnenschneider 1, Pflästerer 2, Rechenmacher 1, Rothgerber 36, Sailer 5, Säckler 6, Schäfer 12, Sattler 5, Saifensieder 8, Schlosser 11, Schneider 24, Schreiner 15, Schuhmacher 70, Siebmacher 1, Silberarbeiter 2, Steinhauer 14, Strumpfstriker 1, Strumpfweber 4, Tuchmacher 11, Tuchscheerer 2, Wagner 7, Weißgerber 9, | Zeugmacher 6, Ziegler 3, Zimmerleute 24, Zinngießer 2, Zuckerbäcker 5, Kleemeister 1.

Die Wagner, Schmiede und Sattler zeichnen sich namentlich aus. Gesammtzahl der Gewerbe 551. Die Zahl der Gehülfen und Lehrlinge beträgt 330; der Steueransatz 1896 fl. 48 kr.

Fabrikmäßig betriebene Gewerbe sind:

Die Werkstätte von musikalischen Instrumenten von Keim, deren vorzügliche Klaviere sowohl in dem Inland, als nach Baden und in die Schweiz verkauft werden.

Die Werkstätte von Kunstpapparbeiten von Enslin, welche ihren Absatz hauptsächlich in das Inland, in die Schweiz und nach Baiern hat. – Auch liefert der Dreher-Meister J. F. Abele schöne Strohsessel mit gebleichten Sitzen, nach französischer Art, die im Inland und Ausland beliebt sind.

Die Fabrike von Rudolph Schüle wurde von dem Großvater des jetzigen Besitzers, Johannes Kolb, 1760 im Kleinen gegründet und beschränkte sich auf leinene, Barchent-und Sack-Tücher. Später wurde die Fertigung von Baumwollen-Waaren unternommen und das Geschäft erweitert; aber erst 1826 fieng der jetzige Besitzer mit seinem nun verstorbenen Schwager Kolb eine größere Erweiterung des Geschäfts an, das durch ihre Tüchtigkeit und die veränderten Zollverhältnisse sich sehr in die Höhe geschwungen hat. Das Hauptgeschäft besteht in Verfertigung von Baumwollen-Waaren aller Art, Leinenwaaren, leinenen Damasten auf Jacquard-Maschinen nach neuester Art, baumwollenen und halbwollenen Meubles-Zeugen u. s. w. Seit 3 Jahren beschäftigt der Besitzer je nach der Jahreszeit 4–500 Personen hier und in der Umgegend durch Weberei und den hiezu gehörigen Nebenarbeiten, Färberei, Appretur u. d. g. Der Absatz geht nach Württemberg, Baden und Baiern.

Ein Fournierschneidwerk mit Wasserkraft, von Friedrich Müller; die Chlorfabrike des Apothekers Breuninger, welche bis zu 1000 Centner jährlich fabricirt; die hienach genannte Tuch- und Zeugmacher-Walke bei der Bleiche, und zwei Weißgerberwalken.

An Wirthschaften und Getränkefabriken finden sich 12 Schildwirthe, 2 Speisewirthe, 48 Weinwirthe, 1 Bierschenk, 1 Billard, 4 Bierbrauereien, 3 Essigsieder, und 26 Branntweinbrenner, mit einem Steueransatz von 402 fl. 54 kr. Wegen der eigenthümlichen vogteilichen Abgabe, (s. oben S. 83.).

Die im Eigenthum der Stadt befindliche Rasen- und chemische Bleiche, verbunden mit einer großen Baumwollen-Garnsiederei und Walke für Wollfabrikate, ist eine der | bedeutendsten des Landes. Auf die erstere kommen jährlich ungefähr 5000 Stück Leinwand und auf die Schnellblaiche etwa 3000 St. Baumwollen-Tuch und 800 Ctr. Baumwollen-Garn, auf die Walke aber ungefähr 750 Ctr. Wollfabrikate. Der Pächter des Bleichplatzes, Max Helferich, besitzt aber sämmtliche Gebäude eigenthümlich, und hat die Bleiche durch Ankauf von eigenthümlichen Gütern nahmhaft vergrößert. Seine Leistungen sind durch Ertheilung von Prämien von Seiten der Gesellschaft für Beförderung der Gewerbe und der Centralstelle des landwirthschaftlichen Vereins, und durch einen Staatsbeitrag in den Jahren 1838, 1839 und 1840 anerkannt worden.

Ziegelhütten sind 3, Keltern 2, städtische Waschhäuser 3 vorhanden. Desgleichen ein öffentliches Backhaus. Der vormaligen Kaserne ist schon vorhin gedacht worden. Von 1811 bis Oktober 1816 lagen hier zwei Schwadronen und der Stab eines Reiter-Regimentes, dessen andere Hälfte in Nürtingen garnisonirte.

An Wasserwerken zählt die Stadt: 8 Mahl-, 4 Gyps-, 3 Öl- und 2 Schleif-Mühlen, 1 Säg- und 1 Loh-Mühle, 1 Hanfreibe und die obengedachten Tuch- und Weißgerber-Walken, mit einem Steueransatz von 199 fl. 54 kr. Bemerkenswerth ist es, daß 3 Mahlmühlen: die obere, die Sülkeren und die Mühle zwischen den Badstuben, in früheren Zeiten Bannrechte hatten, und daß im Jahr 1482 Dr. Ludwig Vergenhans, damals Kirchherr und Decan dahier, auf fürstlichen Befehl einen Streit zwischen den Mühlherrn und der Stadt schlichtete, wonach alle hiesigen Bäcker und Grempler jährlich unter diese Mühlen vertheilt werden, die übrigen Einwohner aber die Wahl unter diesen Mühlen haben sollten. Mit Ausnahme der ehemaligen Klostermühle, in welche noch der Schafhof und Roßwälden gebannt sind, besteht kein Bannrecht mehr. Die Mahlmühlen, bis jüngst Erblehen, sind nun Eigenthum der Besitzer.

Die Nebengewerbe sind nicht von großem Belang; Flachs- und Hanf-Spinnerei, wovon Viele sich nähren, | ausgenommen. Wollen- und Baumwollen-Spinnerei, welche früher von Bedeutung war, hat aufgehört. Die Doppelspinnerei (oben S. 91) ist eingegangen. In der Paulinenpflege wird die Seidenraupenzucht betrieben. Indessen betrug die Zahl der Raupen 20–60.000, wovon die Cocons neuerlich nach Rottenburg zum Verkauf gegeben werden. In dem Stadtgraben, in dem Garten der Anstalt etc. werden die erforderlichen Maulbeerbäume und Hecken gepflanzt. Nach Riecker waren schon 1757 Maulbeerbaumpflanzungen hier. – Holzarbeiten werden weniger, Körbe aber viel gefertigt.

Der Handel beschäftigt sich nicht blos mit dem Kleinhandel. Es sind hier Apotheken 2, Handlungen mit Glaswaaren 2, Kinderspielwaaren 1, Specereien 6, Baumwolle 3, Eisen 3, Eisen- und Ellen-Waaren 2, Tabak 1, Wolle 2, Wollenmanufacturen 1 und 7 Kleinhändler. Zusammen mit der Schüle’schen Fabrik und der Bleiche 32 Gewerbe, mit einem Steueransatze von 468 fl. Gegenstände des Activhandels sind, außer den Erzeugnissen der ebengedachten Fabriken: Schneller, Wolle, Kirschengeist und Obst.

Die 5 Jahrmärkte und die alle Montage stattfindenden Wochenmärkte übertreffen alle Märkte der angrenzenden Oberämter; mit dem Wochenmarkt ist ein Frucht-, Holz-, Baum-, Stroh-, Geflügel- und Schwein-Markt verbunden. Auf der Schranne zu Kirchheim wurden im Jahr 1840 7692 Sch. Frucht mit einem Erlös von 74.495 fl. verkauft. Die Viehmärkte sind ebenfalls sehr bedeutend; es mögen durchschnittlich des Jahrs 3000 Verkäufe mit etwa 195.000 fl. Erlös vorkommen. Von hoher Bedeutung aber ist der 1819 gegründete Wollenmarkt. Schon die vielen Schäfereien im Bezirke und in den benachbarten Alp-Oberämtern sicherten dem hiesigen Platze einen guten Markt, der auch von Jahr zu Jahr größer wurde, bis 1830 in Göppingen ein unmittelbar auf den hiesigen folgender errichtet wurde, welcher eine höchst nachtheilige Zersplitterung und Spannung herbeiführte. | Nach vielseitiger Untersuchung und Begutachtung der Behörden und mehrerer Vereine von Sachverständigen wurde jedoch 1836 die der Stadt Göppingen 1818 ertheilte, aber von ihr erst 1830 in Ausübung gebrachte, Concession zu einem Sommerwollmarkt aus Gründen des höheren Staatswohls wieder außer Wirkung gesetzt, der Wollmarkt derselben auf den 1. October verlegt und der Kirchheimer Wollmarkt zu dem Hauptlandeswollmarkt erhoben. Besondere Marktstatuten, eine eigene Wollmarktfeuerordnung, genaue Instruktionen für sämmtliche Officianten und eine Wollmarktkommission, die für Ordnung und die Vermittlung von Streitigkeiten zu sorgen hat, sowie ein auf den Antrag des Ausschusses für Beförderung der Gewerbe bestelltes Compromiß-Gericht von 12 Richtern haben zu Vergrößerung des Marktes wesentlich beigetragen. Der Erlös auf dem Wollmarkte von 1840 war aus 11.000 Centnern trotz der gesunkenen Preise 811.585 fl. und mag sich mit der in der Nähe zu Hause verkauften Wolle auf 1 Million stellen.[6]
Das Gemeindewesen

der Stadt ist in Ordnung. Über ihre Vermögensverhältnisse gibt die Tabelle Aufschluß. Nach der Stadtpflegerechnung betrugen 1838–39 die Einnahmen 15.004 fl. 26 kr. und die Ausgaben 15.997 fl. 3 kr. Die Gemeindeumlage ist daher verhältnißmäßig gering. Das Areal der Stadtwaldungen von 19317/8 M., das größte der Gemeinden des Bezirkes, wird nunmehr von einem städtischen Förster verwaltet.

Der Stiftungshaushalt, der sich über den Armenkasten, den Hospital und die besonderen Stiftungen erstreckt, und welchem ein eigener Stiftungsverwalter vorsteht, ist ebenfalls in Ordnung. Das Capitalvermögen beträgt zusammen 223.277 fl. Das Nähere unten.

Das Wappen der Stadt war wohl ursprünglich eine | sogenannte Kirchspange in blauem Felde. Das älteste vorhandene Siegel vom Jahre 1300 hat einen der Länge nach getheilten Schild, und zeigt in der linken Hälfte die Kirchspange, und in der rechten die teckschen Wecken. Aber schon 1306 ist an die Stelle der letztern das österreichische Wappen getreten; eine Änderung, welche den in diese Periode fallenden Wechsel der Landesherrschaft deutlich bezeichnet. Auch ein Bericht von 1535 sagt, daß damals der österreichische Schild die rechte Hälfte gebildet habe. Nach dem Übergang an Württemberg wurde dasselbe so geändert, wie es schon 1421 war und noch ist: der quer getheilte Schild zeigt oben ein Hirschhorn und unten die Kirchspange.


Kirchliche Verhältnisse.

Der Pfarrgottesdienst wird in der oben beschriebenen Stadtkirche gehalten. Die an derselben angestellten Geistlichen sind: der Stadtpfarrer, welcher zugleich Dekan ist, und ein Helfer, neben welchem bis 1820 noch ein zweiter Diaconus stand. Die Diaconatbesoldung ist nach Vorschrift der königl. Verordnungen vom 7. Mai 1829 und 25. April 1835 größtentheils in Geld verwandelt. Die Pfarrei besteht aus der Stadtgemeinde und dem Schafhofe. Früher waren Filialien: Öthlingen mit Lindorf, und Notzingen mit Wellingen, welche der zweite Helfer zu versehen hatte und auch in politischer Hinsicht in nahen Beziehungen zu Kirchheim standen, nunmehr aber, wie dort gezeigt ist, selbstständige Pfarreien haben. Ihre Kirche war, als sie noch hierher zur Kirche gehen mußten, das 1840 abgebrochene sogenannte Todtenkirchlein, welches bei dem Gottesacker stand. Daß in noch älteren Zeiten auch Ohmden im Filialverband stand, wird sich dort finden. Das Patronatrecht, von jeher im Besitze der Herren der Stadt, ist königlich. Die Zeit der Stiftung der Pfarrei läßt sich nicht ermitteln; wir werden aber unten, wo auch das Geschichtliche von den übrigen kirchlichen Einrichtungen der Stadt zu finden ist, zeigen, daß sie von sehr hohem Alter ist.

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Geschichte des Klosters.[7]
Bei der Kirche in Kirchheim siedelten sich, der Sage nach, schon im Jahr 986 fromme Jungfrauen an, die im Anfang ohne bestimmte Ordensregel, aber streng und andächtig zusammenlebten. Häufige Wallfahrten zu der hiesigen Kirche brachten dasselbe schnell in Aufnahme, und das erste Kloster-Gebäude war schon 1051 für die Bewohner zu klein. Im Jahr 1214, da die Zahl der Nonnen 86 betragen haben soll, baten sie den Bischof von Constanz um Aufnahme in den Dominikaner Orden, und da dieser nicht willfahrte, so wandten sie sich an den päpstlichen Legaten, der den Wunsch gerne erfüllte. Dadurch erhöhte sich der Ruhm ihres Hauses noch mehr. Von den vielen edeln Jungfrauen, die sich in das Kloster begaben, soll auch eine gewisse Adelheid all’ ihr reiches Gut dahin vergabt haben. Herzog Conrad von Teck schenkte ihm im Jahr 1235 eine Hofstätte und verlieh ihm mehrere Privilegien. Gleichwohl zogen die Klosterfrauen, wie es scheint durch die Plackereien der Grafen von Aichelberg genöthigt, 1241 nach Sirnau bei Eßlingen, wo sie sofort ein neues Kloster gründeten. Noch in demselben Jahr nahm der Bischof von Constanz „priorissam et conventum sororum prius in Chilchein commorantes, nunc vero in Syrmenowe claustrum construere desiderantes“ in seinen besondern Schutz. Allein bald darauf entstand zu Kirchheim ein zweites Frauenkloster, indem mehrere Töchter von Dienstleuten des Herzogs Ludwig von Teck diesen um Erlaubniß baten, unter Beobachtung einer bestimmten Regel Gott beständig hier dienen zu dürfen. Der Herzog erlaubte dieß 1249 und gestattete noch weiter, daß seine Ministerialen das Ihrige dahin vermachen, daß die Klosterfrauen einen eigenen Gottesacker anlegen und eigene Priester halten dürfen. Diese Privilegien wurden 1248, 1257, 1265, 1307, 1359 und 1530 bestättigt und vermehrt. Im Jahr 1248 in päpstlichen Schutz genommen, | erhielt es die Ordensregel St. Augustins, und kam „unter die Pflege“ der Prediger-Mönche zu Eßlingen. Seine zweite Blüthezeit scheint in das 14te Jahrhundert gefallen zu seyn; denn im Jahr 1373 zählte es, nach einer Urkunde, 70 Conventschwestern. Es blieb aber stets in Abhängigkeit von den jeweiligen Besitzern der Stadt, die auch die Schutzvogtei ausübten. Die Zucht in dem Kloster, welche früher musterhaft gewesen zu seyn scheint, verfiel allmälig, wodurch es sich große Unannehmlichkeiten zuzog. Es ist aus der vaterländischen Geschichte bekannt, daß Graf Eberhard d. J. Vetter des Grafen Eberhard im Bart, 1476 mit seinem Gesinde in dem Kloster mit Tanzen und sonst sich höchst ungebührlich aufführte; wodurch sein Vater, Graf Ulrich, der kurz zuvor eine natürliche Tochter dahin gebracht hatte, bewogen wurde, das Kloster im Jahr 1478 zu reformiren. Graf Eberhard d. J. verlangte 1486 von dem Kloster ein Geldanlehen, und, weil dieses verweigert wurde, so wollte er die Nonnen durch Hunger zwingen, indem er 1487 das Kloster umlagerte. Nach 7 Wochen zwar, als sich der Kaiser darein gelegt, und der Bischof von Constanz dem Grafen und der Stadt, die sich, wie es scheint, diesem angeschlossen, mit dem Bann gedroht hatte, zog Eberhard ab; allein im nächsten Winter kam er schon wieder, und setzte dem Kloster 3 Monate lang so hart zu, daß die Nonnen die Bäume im Klosterhof umhauen und ein Sommerhaus im Kreuzgang zur Feuerung abbrechen mußten. Diese jedoch blieben standhaft; endlich wurde der Bann ausgesprochen, und Eberhard im Bart sandte seinem Vetter einen Fehdebrief und drang am 12. Februar 1488 mit 4000 Mann in Stadt und Kloster ein, wodurch dieses befreit wurde.[8] Gegen die Aufhebung sträubten sich die Nonnen sehr; sie wurde erst nach dem Jahr 1559 vollzogen. Damals waren noch 16 Nonnen vorhanden. Sie und ihre Priorin, Ursula Gräfin von Helfenstein, baten in dem gedachten Jahr den Herzog, er möchte | ihnen erlauben, daß sie in das Gotteshaus Sießen in der Grafschaft Friedberg mit ihrem Eigenthum abziehen dürfen. Der Herzog gestattete dieß zwar; das Project ist aber nicht ausgeführt worden, denn noch am 3. Merz 1575 befand sich die Priorin mit dem ganzen Convent hier, wo sie auch abgestorben zu seyn scheinen.

Das Kloster hatte ansehnliche Güter, nicht allein in der Stadt, sondern auch in den meisten Orten des Oberamts und anderwärts; in 55 Orten besaß es Güter oder Gefälle, welche i. J. 1580 zu 14.800 fl. angeschlagen wurden. Die Verwaltung der Klostergüter ward alsbald nach der Reformation des Klosters einem sogenannten Klosterhofmeister (oben S. 102) übertragen.[9] Das Klostergebäude lag, nach einer Urkunde v. J. 1261, „juxta fontem Stegebronnen,“ außerhalb der Stadt. Schon damals zierten dasselbe ein sogenanntes Schlafhaus und ein Rebenthal, schöne Zellen mit ausgehauenen Fenstern; Herzog Conrad der Stifter hatte noch weiter einen großen Stock daran gebaut, wo er und seine Nachkommen häufig Hof hielten. Am 11. April 1626 wurde aber das Gebäude durch einen Blitzstrahl abgebrannt, und der hartherzige Klosterhofmeister, welcher 3 Tage zuvor den Armen seines Amtes Brodfrüchte verweigert haben soll, von einem Dachziegel erschlagen.

Neben dem Kloster stand die Klosterkirche, die mit diesem ein Raub der Flammen wurde. Sie war schon im Jahr 1373 durch ein Gewitter sosehr beschädigt worden, daß die Nonnen einen Caplan ausschickten, um eine Brandsteuer zu sammeln. An der Klosterkirche waren folgende Caplaneien:

1. Aller Heiligen Pfründe. Sie wurde ums J. 1340 von „Herrn Kützin dem Rüßen, Ritter,“ gestiftet.
2. Des h. Kreuzes Pfründe.
3. St. Dominicus Pfründe.
4. St. Catharinen Pfründe, von Ritter Conrad dem Rüßen 1336 gestiftet, und
5. St. Johannes Pfründe. Sie bestand schon 1310, wurde aber 1368 von Herzog Friedrich v. Teck auf das Neue ausgestattet.
| Außer diesen 5 Caplanen wurden aber stets noch zwei weitere Mönche auf Kosten des Klosters unterhalten, so daß es in der Regel 7 Caplane zählte. Diese Zahl kommt schon im Jahr 1373 vor. In dieser Kirche lagen auch begraben die Herzoge Conrad, Friedrich, Sigmund und Hermann von Teck, mehrere Herzoginnen von Teck, und die Wittwe des Herzogs Eberhard im Bart, Barbara, Markgräfin von Mantua. Als man im Jahr 1818 in dem Garten neben dem jetzigen Cameralamtsgebäude, welches nach dem Brande vom Jahr 1626 für den Klosterhofmeister errichtet worden ist, ein Spargelland anlegte, wurden noch mehrere Grabsteine gefunden, welche aber nicht näher untersucht worden sind.


Anstalten.

Die in drei Gebäuden untergebrachten Schulanstalten bestehen in der lateinischen und der Real-Schule, sowie in den gewöhnlichen deutschen Schulen. Die erstere zerfällt in drei Klassen, an welchen zwei Präzeptoren und zwei Hülfslehrer arbeiten. An der 1832 errichteten, auf Kosten der Stadt unterhaltenen, Mittelrealschule, welche demnächst eine weitere Klasse erhalten wird, steht ein Lehrer, von einigen Hülfslehrern unterstützt, und die acht deutschen Schulen sind mit sechs Schulmeistern, wovon einer zugleich Musikdirektor und ein anderer Organist, und zwei Provisoren besetzt. Sodann sind noch neben der 1827 errichteten Sonntagsschule eine Handwerker-Sonntagsschule, sowie eine Industrieschule mit drei Lehrerinnen vorhanden. Auch besteht seit einigen Jahren ein durchschnittlich mit 33 Zöglingen besetztes Privatschullehrer-Seminar. Die Anstalten sind vorzüglich.

Die Schule in K. gehört zu den ältesten des Landes. Ein Chunradus rector puerorum[10] findet sich schon 1249, und „Pfaff Johann der Hutt,“ zugleich Kaplan im Frauenkloster, nennt sich in einer Urkunde von 1365 „Schulmaister | der Stadt zu Kirchheim“ (s. auch unten). Zu Ende des 15ten oder zu Anfang des 16ten Jahrhunderts wurde dem Schulmeister zur Pflicht gemacht, „einen Baccalauren zu einem Provisor zu halten.“ Im Jahr 1522 bestellte die Stadt einen Ludwig Metzger von Neuffen zum Schulmeister, mit dreimonatlicher Aufkündigung und mit der Verpflichtung, „allwegen einen geschickten und gelerten Provisor zu halten.“ Am 31. Oktober 1532 gestattete die damalige österreichische Regierung, weil „die lateinischen Schulen zu diesen Zeiten gemainlich allenthalben und sonderlich zu Kirchen in scheinbaren und schädlichen Abgang kommen sey,“ daß die Caplanei der heiligen Zwölfbotenpfrönde, welche damals ledig war, mit allem Einkommen „fürohin uff Unterhaltung eines geschickten, frommen, gelerten Schulmaisters, so der Luterischen Faction nit anhängig vnd jederzeit von Bürgermeister vnd Gericht zu K. bestellt vnd angenommen, verordnet werden soll.“ Bis dahin war die Schule eine lateinische. Im Jahr 1540 wurde aber angeordnet, daß „das alte Schulgeld abseyn und jeder Schüler, der Latein lernen will, alle Quatember 2 Schilling zu Schulgeld geben soll;“ der lateinische Schulmeister habe sich fürder der Knaben, die Deutsch lernen, nicht mehr zu beladen, sondern der Meßner die deutsche Schule zu halten. Ein weiteres Präceptorat unter der Benennung eines „lateinischen Provisors“ (später: „Collaborator“) kommt zuerst 1696 vor. Im Jahr 1697 wurde befohlen, die lateinische Schule ganz dem Gymnasium in Stuttgart zu conformiren. Ein dritter lateinischer Lehrer wurde, da schon damals 100 Schüler vorhanden waren, 1775 bestellt.


Wohlthätige Anstalten und Stiftungen.

Außer dem schon oben S. 90 erwähnten Wohlthätigkeits-Vereine sind vorhanden:

1) Der Hospital zum heil. Geist. Er hat die Bestimmung, für die Ortsarmen zu sorgen, welcher er dadurch entspricht, daß er alte, gebrechliche Leute theils Stadtbewohnern in Kost und Verpflegung giebt, theils aber in ein | besonderes Armenhaus (oben S. 90) aufnimmt und durch den Armenvater verpflegen läßt; ferner daß er verwaiste oder verwahrloste Kinder versorgt und Hausarme und minder Bemittelte nach Kräften unterstützt. Sodann hat er auch noch für Kirchen und Schulen zu sorgen und zu Unterhaltung ihrer Diener beizutragen, sowie ihm auch die Erhaltung eines Theils der Löschanstalten obliegt. Der Hospital besitzt in 28 Orten Gülten und Lehengefälle, in 10 Orten Zehntrechte, 19 Gebäude und 9 M. Baumgärten, welche er selbst verwaltet; ferner 16 M. Feldgüter und 270 M. Waldungen. An Grundgefällen, im 25fachen Betrag gerechnet, besitzt er dermalen noch für 289.125 fl. Das Kapitalvermögen beträgt 60.358 fl. Die Einnahmen belaufen sich im Durchschnitte jährlich auf etwa 20.000 fl. Die Verwaltung wird, unter Aufsicht des Stiftungsrathes, durch einen Hospitalpfleger (Stiftungsverwalter) besorgt, welchem ein Hausmeister, zwei Kastenknechte, ein Küfer, ein Armenvater und drei Unterpfleger untergeordnet sind. Der Hospital gehört zu den ältesten des Landes. Die Zeit der Stiftung ist unbekannt; aber schon am Freitag nach St. Agnes 1360 bestättigen die Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg „den Spital, den der edel vnser lieber Oheim Herzog Friedrich von Teck von Neuem gestiftet hat, vnd die ewige Meß, die Pfaff Aulbrecht der Kirchherr zu Reichenbach vnd Cunz Sluckenthurn, sein Bruder, mit ihrem eigenen Gut von Neuem gestiftet haben.“ „Wann wir“ – sagen die Grafen – „derselben Kirchen rechter Kastvogt seyn, also, daß ewiglich ein Dechan vnd ein Cammerer und zwei ehrbar Priester der ältesten desselben Capitels uf den Eid, den sie dem Capitel geschworen hand, wehlen sollen einen ehrbaren Priester, so die Meß ledig wird.“ Noch in demselben Jahre verschafft Ritter Burkart von Mannsberg „den Dürftigen an das Spital da ze Kirchain zu einem ewigen Seelgeräthe mein Gut zu Rüdern.“ Im Jahr 1445 übergiebt Graf Ulrich von Württemberg „des Spitals Armen elenden Dürftigen an ihren Tisch“ den halben Zehnten zu Grözingen, groß und klein, und den | Kirchensatz daselbst. Die Erwerbung des Zehnten zu Dettingen u. A. siehe unten. Im Jahr 1461 machte die Stadt eine Ordnung, wie „die Pfründner in der obern Stuben das Jahr hindurch verpflegt werden sollen.“ Darin heißt es: „man soll ihnen auch zu allen 8 Tagen einmal zwahen (zwacken), gemeinlich, welche das begehren.“ Im Jahr 1540 erhielt der Hospital Steuerbefreiung. Die eigene Ökonomie ist bereits ums Jahr 1640 abgestellt worden. – „Das Spitalkirchlain zum heiligen Geist“ wurde schon 1528 zu einem Gefängnisse gemacht, und nachdem es in dem Brande vom Jahr 1690 zu Grunde gegangen, sofort vollends abgebrochen.

Ein Siechenhaus, „Sondersiechenhaus“ in älteren Zeiten genannt, befand sich auch einst hier; es wurde aber im 30jährigen Kriege zerstört. Die Stiftung schreibt Rebstock einem Grafen von Aichelberg, der darin gewohnt habe, zu. Aus einer Urkunde von 1328 erhellt, daß es schon damals vor Menschengedenken Gefälle in Ohmden besessen hatte. Kaplan Ulrich Eiselen verschaffte 1452 „vor offenem verbannen, Gericht“ 3 Pf. Hl. Gülte „den armen Sundersiechen zu K. also, daß der Siechenpfleger alle Samstag 3 Pf. grünes Fleisch kaufen vnd den Siechen am Sonntag raichen soll;“ in der Fasten statt dessen jedem einen Häring. Daneben stand das Siechenkirchlein zu St. Catharina, welches vor etwa 60 Jahren abgebrochen worden ist. Ein „Sondersiechencaplon“ kommt schon 1334 vor. Die Caplanei wurde bei der Reformation aufgehoben. – Aber auch ein sog. Seelhaus war in der Stadt. Caplan Heinrich Schych übergibt 1510 dem Hospital 137 Pf. Hl., wofür sich dieser verbindlich macht, für ewige Zeiten alle Tage eine Maß Wein, wie sie die obern Pfründner erhalten, Morgens nach vollbrachtem ersten Amt in der Pfarrkirche armen Leuten zu reichen, und zwar vor allen einer armen Kindbetterin „in dem neu fürgenommen Seelhaus, bis sie der Kindbett erledigt ist;“ wäre keine da, einem oder einigen „armen Bettryßen“ (Bettlägerigen) in der Stadt, und so auch diese nicht vorhanden, ehrbaren Pilgern etc.

| 2) Der Armenkasten hat hauptsächlich für die Kirchen und Schulen und deren Diener zu sorgen, aber auch neben Verwendung bedeutender Geldstiftungen die Zinse von 9055 fl. in Brod unter die Armen auszutheilen. Der weiteren Verbindlichkeit, die hierher eingewiesenen Armen zu versorgen, wobei ihn aber größtentheils die Oberamtspflege zu 2/3 unterstützt, kommt er theils durch Geldbeiträge und theils durch Verpflegung von Kindern nach. Er hat in 17 Orten Gülten und Lehengefälle. An Gebäuden und Gütern besitzt er aber nur Weniges. Die Grundgefälle, im 25fachen Betrage gerechnet, betragen zwar nur 3548 fl. 45 kr.; das Kapitalvermögen aber besteht in 102.578 fl. 8 kr. Die jährlichen Einnahmen betragen etwa 6000 fl. Die Verwaltung wird unter Aufsicht des Stiftungsrathes schon seit längerer Zeit durch den Hospitalpfleger besorgt.

Der Armenkasten ist nach Einführung der Reformation mittelst Vereinigung der Einkünfte mehrerer Caplaneien und Brüderschaften am Montag nach Georgi 1540 gebildet, und sein Fond durch mehrere Vermächtnisse auf die vorgedachte Summe erhöht worden.

Herzog Ulrich übergab damals der Stadt nicht nur die Einkünfte des Hospitals und des Siechenhauses, sondern auch die der St. Martinspflegschaft, der Salves-Brüderschaftspflege, der St. Fridolins-Brüderschaft, der h. Dreifaltigkeits-Brüderschaft, der St. Bernhards- und St. Christophs-Brüderschaft, unser Frauenpflege vor dem obern Thor, unser Frauenpflege bei den Linden, sowie die Einkünfte der Brüderschaften der Weingärtner, der Metzger, der Gerber, der Weber, der Bäcker, der Binder, der Schneider und der Schuhmacher. Auch sollen der Stadt verbleiben die Pfründen der St. Barbara-Caplanei zu Kirchheim und unser Frauen-Caplanei zu Dettingen; und endlich soll sie erhalten die Pfründe der Zwölfboten-Caplanei zu Kirchheim, die St. Pankratienpfründe zu Dettingen und die St. Catharinenpfründe ebendaselbst.

3) Größere, dem Armenkasten nicht einverleibte, Stiftungen[11] sind:

a. Von Herzog Ludwig von W. durch sein Testament vom Jahr 1593 jährlich 34 fl. 25 kr. für Hausarme.

| b. Von Sebastian v. Welling, Obervogt, vom Jahr 1621 zu Schulzwecken und Ausstattung armer Waisen. Das Kapital, welches ursprünglich 1200 fl.[12] betrug, ist nunmehr auf 18.513 fl. angewachsen.

c. Von Conrad Widerhold vom 28. Januar 1667. Er stiftete für Studirende, vornehmlich aus Stadt und Amt Kirchheim, für Hausarme Leute, Kirchen und Schulen und deren Diener 15.000 fl. Das Kapital beträgt nunmehr 28.952 fl.

d. Von Karl Friedrich, Herzog von W. v. Jahr 1698 1000 fl. für Hausarme.

e. Von Maria Dorothea Sophia, Wittwe Herzogs Eberhard III. von Württ., im Jahr 1698 gestorben, 500 fl. für Hausarme.

f. Louise Friederike, Herzogin von Mecklenburg, geborne Prinzessin von Württ., stiftete im Jahr 1757 für Hausarme 400 fl.

g. Johann Adam Müller, Bäcker, stiftete mit seiner Gattin im Jahr 1774 für arme Dienstboten 6000 fl.

4) Der Wilhelmshospital, auf der westlichen Seite der Stadt, an der Straße nach Köngen frei und gesund gelegen, mit herrlicher Aussicht über das Thal. Ein größeres anständiges Krankenhaus, wo auch die Angehörigen der Amtsorte ärztliche und chirurgische Hülfe fänden, wurde, wie in den meisten Bezirken, so auch hier, schon lange schmerzlich vermißt. Diesem Bedürfnisse entschloß sich die Frau Herzogin Henriette in hochherziger Weise abzuhelfen, indem unter ihrer Leitung vor einigen Jahren ein Verein für ein freiwilliges Krankenhaus für Stadt und Amt zusammentrat, der in allen Ständen so großen Anklang fand, daß die Kosten des Baues und der ersten Einrichtung mit 25.000 fl. fast ganz durch milde Beiträge der königl. Familie, der Frau Herzogin und unzähliger anderer, naher und ferner, Freunde des Unternehmens gedeckt werden konnten. Die Anstalt wurde im Jahr 1840, am Geburtsfeste Sr. Majestät des Königs, ihres hohen Beschützers, eröffnet. Das mit schönem Vorplatze und | zweckmäßig angelegtem Garten umgebene, von dem Hofkammer-Baumeister Gaab erbaute, Haus enthält neun größere und kleinere Krankenzimmer, den erforderlichen Gelaß für das Wärter- und Aufsichts-Personal und die Öconomie, ein Badezimmer mit Hahneneinrichtung und mit Dampf- und Tropf-Bad, zwei besondere Badekabinete für Krätzige und Syphilitische, ein Operationszimmer u. s. w. Alle Zimmer sind mit Circulationsöfen, Luftschläuchen und Abtrittskabineten versehen. Die Ansteckend-Kranken sind in einem besondern Stockwerke, wozu geschlossene Wandtreppen mit eigenen Ausgängen führen, von dem übrigen Hause getrennt. Die Anstalt ist auf 36 Kranke berechnet und vollständig eingerichtet; es können aber leicht 50 untergebracht werden. Jeder wird bei der Aufnahme mit den zweckmäßigsten Hauskleidern versehen. – Außer den drei Pflegerinnen aus der Diakonissen-Anstalt in Kaiserswerth, welche sich als vorzüglich bewähren, und dem Dienstpersonale, werden alle Verrichtungen unentgeldlich besorgt.[13] Da die ganze Anstalt eine freiwillige ist, so wurde auch nur eine freiwillige Versicherung von Dienstboten und Handwerksgehülfen eingeführt, wogegen für die Nichtversicherten sehr mäßige Kostgelder aus eigenen oder Gemeinde-Mitteln bezahlt werden. Wenn der Raum reicht, so finden auch Kranke aus andern Bezirken Aufnahme. – Zu Bestreitung der Kosten dieser Anstalt sind, neben einem jährlichen Staatsbeitrage von 12 Kl. buchenen Holzes, die vorgedachten Versicherungs-Beiträge und Verpflegungsgelder, sowie auch noch ein jährlicher Beitrag der Amtspflege und jährliche Kirchenopfer von allen Gemeinden, und noch immer reichlich fließende Geschenke und Legate bestimmt. – Da hier ein frommer Sinn, Stille und Friede, Ordnung und Reinlichkeit zu Hause sind, so genießt die Anstalt bereits das größte Vertrauen; ein Besuch derselben hinterläßt den befriedigendsten Eindruck und erweckt den lebhaften Wunsch, daß sie – ein unvergängliches Denkmal der unermüdeten | und aufopfernden Liebe ihrer edeln Gründerin – auch anderwärts, und wo die Kräfte nicht reichen, durch die Vereinigung etlicher Bezirke zu solchem Zwecke, Nachahmung finden möchte.

5) Die Paulinenpflege. Auf den Wunsch Ihrer Majestät der Königin, und unter thätigster Beihülfe Ihrer Hoheit, der Frau Herzogin Henriette, wurde im Jahr 1826 ein bis dahin sehr vermißtes Rettungshaus für verwahrloste Kinder in Stadt und Amt errichtet. – Außer den großen Geschenken der königl. Familie und der Frau Herzogin und ihrer Familie sind die Einnahmequellen: die Zinse mehrerer vom Staat in Geld und Frucht für Arme von Stadt und Amt gereichte, nun an die Anstalt abgegebene, Spendallmosen, im Betrage von 8200 fl.; ein Staatsbeitrag von jährlichen 6 Klaftern buchenen Holzes; ferner ein jährlicher Beitrag von der Amtspflege und den Armenkasten in K. und Holzmaden; jährliche Kirchenopfer in allen Gemeinden des Bezirks und Ertrag des Opferstocks im Hause; eine Abgabe von jeder bürgerlichen Annahme eines Mannes und einer Frau im ganzen Bezirke von je 1 fl.; Kostgelder der Gemeinden für ein Kind von der Stadt jährlich 20 fl., vom Amt 15 fl.; ein Beitrag der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins von jährlichen 300 fl.; sowie Legate, Geschenke etc., wovon das des kaiserlich russischen Staatsraths von Laband von 2000 Fr. und seinen sämmtlichen Linnen-Vorräthen zu erwähnen ist.

Das hübsche und geräumige, auf dem Graben zwischen dem Jesinger- und obern Thor gelegene, Gebäude der Anstalt, woran ein vier M. großer Garten stößt, wurde 1840 anstatt des frühern im Raum beengten um 11.000 fl. angekauft und mit einem ferneren Aufwande von 3000 fl. erweitert; und es kann nun, nach Gestattung der Kräfte, die Kinderzahl von dem dermalen 38 betragenden Stande nach und nach auf 80–100 erhöht werden.

Für den Unterricht der Zöglinge, welche nach zurückgelegtem sechsten Jahre eintreten, sorgt eine nach dem Wunsche | des Königs eigens errichtete Schule, wozu er einen Jahresbeitrag aus der Oberhofkasse verwilligt hat. Überdieß werden die Mädchen mit Nähen, Stricken, Spinnen, häuslichen und Garten-Arbeiten, die Knaben mit Feld- und Garten-Arbeiten, Strohflechten, Bänderweben, Fertigung von Winterschuhen etc. beschäftigt; auch wird die Seidenraupenzucht im Institute betrieben (siehe oben). Seit der Entstehung der Anstalt wurden 95 Kinder in derselben erzogen. Nach dem 14ten bis 15ten Jahre werden die Knaben auf Kosten der Gemeinden in die Lehre bei Handwerkern oder bei Bauern untergebracht, die Mädchen aber treten in Magddienste. Von den in Sparbüchsen ersammelten Geschenken (dermalen 946 fl. betragend) erhalten die Kinder nach dem Austritt nur in Nothfällen Zahlungen, das Kapital aber erst nach erreichter Volljährigkeit.

Die Anstalt wird, unter dem Präsidium der Frau Herzogin Henriette, von einem aus weltlichen und geistlichen Vorstehern und einigen Frauen bestehenden Commité geleitet, unter dem der Hausvater, der zugleich Lehrer ist, und die Hausmutter, ein Unteraufseher und eine Unteraufseherin die Erziehung und Haushaltung besorgen. – Ein besonderer Frauenverein hat die Aufgabe, das Institut wöchentlich zu unbestimmter Zeit zu besuchen, und Bemerkungen für das Commité zu machen.

6) Ein zweiter seit 7 Jahren für Kirchheim und den Bezirk gebildeter Frauenverein hat die Versorgung weiterer verwahrloster Kinder, und zwar auch jüngerer, die nicht in die Paulinenpflege aufgenommen werden, mittelst Wochenbeiträgen von Menschenfreunden übernommen. Diese Kinder sind theils in Erziehungshäusern auf der Schlotwiese, Lichtenstern, Wilhelmsdorf, theils bei Privaten untergebracht. Gegenwärtig sind neun Kinder in Versorgung.

Außer dem Oberamtsarzte haben noch drei Ärzte in K. ihren Sitz. Bemerkenswerth ist, daß schon 1279 ein „Frater Wernherus medicus der ordine predicatorum“ hier vorkommt, der in Angelegenheiten des Klosters sich da | befunden haben wird. Ein M. Leonhardus Coturninus, vulgo Wachtler, von K. gebürtig, wurde 1518 zum Doktor der Medicin in Tübingen, wo er studirt hatte, ernannt. Im Jahr 1596 waren bereits zwei Ärzte hier ansäßig. Die Stadt hatte damals den Dr. J. Liebler zu einem Physikus angenommen; auf seine Bitte um ein Wartgeld resolvirte jedoch Herzog Friedrich eigenhändig: „Wir haben dergleichen Leut genug; mag sein Praktik desto fleißiger treiben.“ Auch an Chirurgen gebrach es nicht; gleichwohl wurde einem Bürger und Wagner noch 1621 gestattet, „äußerliche Schäden und Gebrechen zu kuriren.“

Zwei Apotheken waren bereits 1690 hier. Mit dem Gesuche, eine dritte errichten zu dürfen, wurde 1693 der Hofapotheker im Schlosse abgewiesen.

Der Märkte ist schon S. 129 gedacht worden. Der Marktplatz wurde 1821 hergestellt, indem die Stadt einige Gebäude für etwa 5000 fl. ankaufte und abbrach. Der Strohmarkt wird auf einem hierzu angekauften Gartenplatze außerhalb der Stadt gehalten.

Eine 1828 über die Lindach gebaute Brücke erleichtert die Zufahrt auf den Viehmarkt, und die 1837/39 hergestellten Straßen nach Lindorf und auf den Schafhof setzen diese Orte in erwünschte Verbindung mit der Stadt. Die öffentlichen und mehrere Privat-Gebäude sind verblendet; eine Straßen-Beleuchtung ist aber noch nicht eingeführt. An gutem Trinkwasser leidet die Stadt nicht Mangel; die Hauptquelle, welche seit 1828 durch Bihl’sche Teichel hereingeführt wird, ist der 1/4 St. entfernte Dornbrunnen. Es ist erfrischend und schmackhaft. Bis 1660 hatte man das Trinkwasser von der Lauter in die Rohrbrunnen geführt, nun aber wurde, wie es scheint mit des Obervogts Widerhold thätiger Unterstützung, ein „neues Bronnenwerk und Wasserthurn am Jesinger Thor auffgerichtet,“ das jedoch der Brand von 1690 zu Grunde gerichtet hat.

Seit einigen Jahren besitzt die Stadt eine kräftige Schwefelquelle, die 1/2 St. in südwestlicher Richtung auf | einer baumbekränzten Anhöhe entspringt. Ihre Beschaffenheit ist schon oben S. 16 angegeben. Die Entdeckung derselben gab zu Errichtung einer Badanstalt dem damaligen Oberamtsarzt Dr. Abele vor vier Jahren Veranlassung. Es ist zunächst nur auf die lokalen Bedürfnisse Rücksicht genommen, und werden in acht mit Hahneneinrichtung versehenen Kabineten sowohl natürliche Schwefelbäder, als auch künstliche Bäder aller Art abgegeben. Überdieß ist eine Dampfbadeanstalt damit verbunden und sind zu kalten Regen-, Staub-, Sturz- und Tropf-Bädern die geeigneten Vorrichtungen vorhanden. Indeß hatte die Stadt schon frühe die im Mittelalter aufgekommenen Badstuben. In einer Urkunde von 1346 ist sogar schon von einer „newen Badstube“ die Rede. Salome v. Lichtenstein verkaufte 1441 dem Kloster Kirchheim ihr 1/4 an der Mühle „by dem newen Bad“ (s. Weilheim).

Der Schützengesellschaft wurde schon oben S. 118 gedacht.

Seit 1838 besteht eine Kleinkinderschule, worin 150–170 Kinder von zwei von der Stadt besoldeten Aufseherinnen beaufsichtigt werden. Die Stadt giebt das Locale und Holz; die übrigen Einnahmen fließen aus freiwilligen Jahresbeiträgen und später aus einem von I. H. der Frau Herzogin gestifteten Kapitale, dessen Zinse vorerst wieder angelegt werden.

Auch ist vor einem halben Jahre unter der Leitung eines Arztes eine Turnanstalt für beide Geschlechter (in abgesonderten Stunden) in dem Hofe und in einem Saale der Wollhalle errichtet worden.

Die aus 90 Mann bestandene, 1830 errichtete, Bürgergarde löste sich 1834 wieder auf. Zu Versehung des der Bürgerschaft obgelegenen Wachdienstes hatte die Stadt schon 1766 eine Anzahl Stadtsoldaten (14 Mann unter einem Feldwebel) aufgestellt, die schon längst wieder abgegangen sind.

Der außerhalb der Stadt gelegene Gottesacker erhielt 1834 eine neue und gefällige Anlage.

Auffallend ist es, daß die Stadt, allem Anscheine nach, auch ein der Venus geweihtes sog. Frauenhaus hatte. Das | Saalbuch von 1513 führt eine Scheune „by der Frawen Hus“ und ein „Hurengäßlin“ auf.


Geschichte der Stadt.
Ursprung. Bei dem Mangel römischer Denkmäler in der Stadt und um dieselbe müssen wir die auch sonst unbescheinigte Annahme, daß Kirchheim römischen Ursprungs sey (s. oben S. 109), dahingestellt seyn lassen. Gleichwohl ist es einer Sage nach, die, wie sich zeigen wird, Glauben verdient, von sehr hohem Alter. Vor vielen hundert Jahren nämlich, als die Herren von Teck noch Heiden gewesen, seyen sie nach einer großen Schlacht im Filsthal von dem ersten christlichen Herzoge Schwabens zum neuen Glauben bekehrt worden, worauf sie in der Nähe ihrer Burg, in einem zwischen der Lauter und der Lindach gelegenen Lindenhaine, eine Kirche zur Ehre unserer lieben Frau (Maria) gebaut haben, zu welcher sich täglich viel Volks versammelt und angefangen habe, sich hier häuslich niederzulassen. So sey allmälig ein Dorf entstanden, das seiner Entstehung entsprechend Kirchheim genannt worden; in demselben aber haben noch längere Zeit Christen und Heiden gewohnt, also, daß das durchfließende Wasser beide geschieden und der letztere Theil der Stadt die Heidenschaft genannt worden sey. Es ist jedenfalls bemerkenswerth, daß ein Bericht der Vögte vom 18. October 1535 dieß bestättigt, indem die Ältesten der Stadt diese Sage von ihren Vorfahren so gehört hätten; und ebenso merkwürdig ist es, daß ein Stadttheil von den ältesten Zeiten her bis heute die „Heidenschaft“ genannt wird und daß die Phantasie des Volkes noch im vorigen Jahrhundert auf dem Platze, wo jene Kirche stand, „bei den Linden,“ Hexen und andere Unholden hausen sah (s. o. S. 108).[14] – Die erste urkundliche Nachricht fällt in das Jahr 960. Damals bittet Bischof Hartbert von Chur den König Otto I. | „ut quandam proprietatem ad eandem ecclesiam curiensem pertinentem nomine circheim cum basilica decimali et omni pertinentia legitima in ducatu allamanniae in comittatu Neckergewe,“ die der König von dem Bischof für einen Hof in Chur erworben hatte „in jus regium nostrae ditionis reciperemus.“ Der König willigte ein, und es wurde dieser Tausch im Jahr 976 von Otto II. bestättigt. (S. Würdtwein nova subsidia diplomat. III 372 und 419.) So wurde Kirchheim königliches Kammergut; später kam es aber an die Herzoge von Zähringen und von diesen mit der Teck an die Herzoge v. Teck (s. unten). Kurz vor dem Übergange an Zähringen scheint hier eine königl. Münzstätte gewesen zu seyn; denn im Jahr 1059 schenkt Kaiser Heinrich IV. dem Grafen Eberhard von Nellenburg die moneta“ in der Villa Kiricheim, im Neckargau, in Eberhards Grafschaft.[15] Es ist zwar noch zweifelhaft, ob hier unser Kirchheim oder das auch im Neckargau, aber in Franken gelegene, ehemalige Reichsdorf Kirchheim gemeint ist; ein Zweifel der jedoch bei der Urkunde von 960 nicht aufkommen kann, da diese unser alemannisches Kirchheim deutlich bezeichnet.


Erste Einwohner.

Wir finden schon frühe eine große Anzahl von Ministerialen und Freien hier begütert, neben welchen fast ebenso frühzeitig das Kloster St. Peter als Grundherr auftritt, das schon im 12ten Jahrhundert hier einen Villicus oder Gutsaufseher hatte. Die eigentlichen Grundherrn aber waren hier ansäßige, längst erloschene, teck’sche Ministerialengeschlechter, die wir näher kennen lernen wollen.

1) Die von Kirchheim, welche Eines Geschlechts mit den Flachen, Känern, Hofwarten und denen von Dachenhausen waren.

Kizzinus senior de Kirchain, miles kommt im J. 1251 vor. Diethoch de Kirchaim 1258 und 1261; 1295 entsagt er mit seinen | Söhnen allen Ansprüchen auf den Kirchensatz zu Kornwestheim, den Conrad von K. dem Kl. Bebenhausen geschenkt hatte. Ulricus de Kirchain 1261; er nennt sich im J. 1276 Vater des Propstes Marquard zu Boll, der 1276 und 1293 vorkommt. Heinricus et Bertholdus filii Cunradi militis de K. sind im J. 1264 Ministerialen des Grafen Conrad von Vaihingen. Crafto miles de K., dictus de Tachenhusen 1287; 1295 verkauft er dem Kl. Bebenhausen »per manus Hermanni ducis de Teck omnes suas posessiones in territorio Vildern sitas« (s. auch Lindorf). Im J. 1302 kommen vor „Ritter Berthold der Vlache von K. vnd Herr Kraft von K., sein Bruder.“ „Kraft der Käner von Kirchain“ nennt 1304 den Ritter Berchtold den Vlachen seinen Bruder. Er verkaufte mit Zustimmung Herzogs Friedrich v. Österreich die obere Mühle zu K. dem Kloster. Rugger von K. kommt 1318-1336 vor. Johann v. K., Domherr in Mainz, tritt 1396 und 1397 mit Johann Hofwart und Hovewart de Sickingen auf. Im J. 1326 belehnt Markgraf Friedrich von Baden „Albrecht, den Hofwarten uzzer Kirchheimer Tal.“ – 1320 siegelt Herr Albert Howart und 1330 verkauft er einen hiesigen Weinberg. Die Dachenhäuser schrieben sich von dem nahen Dachenhausen. Hofwart der jüngere von Kirchheim verkauft 1361 einige Äcker zu K. dem Kloster. Rafan Hofwart v. K. siegelt 1418. Die Hofwarte finden wir später am untern Neckar. Hofwart von Sternenfels, Ritter, Hofwart v. Münzisheim, Rafan Hofwart und Albrecht Hofwart, alle 4 Gebrüder, verzichten 1368 auf einen Weinberg in K. Im J. 1369 verkauft Hofwart v. K., Ritter, Burg und Dorf Laufen an Württ. – Das Wappen dieses Geschlechtes, welches, wie wir unten finden werden, die teck’sche Truchseßen-Würde bekleidete, war dieselbe Kirchspange, welche die Stadt K. im Wappen führt.
2. Die Reuß, Rüß, Risch, Reuß von Reußenstein,
hin und wieder mit dem Beinamen „Kitzin“.
Ein Kizzinus senior ist 1251 im Gefolge des H. Ludwig von Teck. 1275 kommt Kizzinus de Bodelshouen, miles und 1284 derselbe neben Conrad dictus Ruzze vor. Der Weinberge zu K., zwischen denen der H. Simon und Conrad v. Teck und der Reußen gelegen, wird 1311 gedacht. (S. auch Jesingen). Kizzinus Rüsso, miles ist 1325 Zeuge. Herr Conrad Rüß von Kirchheim, Ritter, macht 1335 einen Vertrag, wie es mit den Salmannsweilschen Gütern zu Steinbach zu halten sey. Johann von Stein, Ritter, verkauft 1340 „meine Burg, den Stain genannt“ (Reisenstein) „vnd was ich vff der Alb da han vnd was vff der Alb dazu gehört, meinem l. Vetter Conraden dem Rüzzen vnd Hainrich seinem Bruder, Herr Küzzen genannt,“ um 800 Pf. H. Ritter Albrecht Hofwart | verkauft 1345 dem vesten Ritter Herrn Küzin dem Rüßen seinen Hof zu K. vor der Stadt, an Häusern, Scheunen, Gärten etc. wie er ihn von seinem Vater ererbt hat, um 100 Pf. H. Küzzin der Rüß siegelt 1346 für die Bauern zu Wangen, die ihn ihren Herrn nennen. Conrad Rüß, Chorherr zu Augsburg, hat 1347 Theil an dem Reisenstein. Herr Küzzi der Rüß setzt 1356 seiner Hausfrau, Frau Mechtild, Graf Ulrichs v. Aichelberg seligen Tochter, das Dorf Nieder-Boihingen, wie er es von dem edeln H. Grafen v. Aichelberg gekauft, für ihre Morgengab und Heimsteuer zu Pfand. Hans der Reuß gibt 1371 seiner l. Muhme, Heinrich Finken von Wielandstein Tochter, 3 Pf. H. aus seiner Mühle zu K. des Alwers-Mühle genannt. Conrad Reuß der ältere scheint bis 1371 die Burg Reisenstein besessen zu haben. Hans Rüß verkauft 1379 seine Burg Steinbach und was dazu gehört, seinen l. Kindern Johann, Fritz, Diethoch, Eberhard, Heinrich und Agnes. Hans Rüß übergibt 1381 seinem Bruder Diethoch, Canonicus zu Speyer, das Dorf Nieder-Boihingen um 1300 fl. Eberhard Reuß, Canonicus zu Speyer, gibt 1418 Annae, concubinae suae 60 fl., ein Corallen-Pater-Noster und 5 güldene Ringe, die soll sie gen Schwaben führen und hinter Hainrich Reußen, seinen Bruder, oder andere Biederleut, legen, damit seine Tochter zu berathen in ein Kloster.“ Hans Reuß von Kirchheim sagt 1432 dem Stift Würzburg ab wegen des strengen Ritters H. Conrads v. Hartheim. Hans Reuß v. Reußenstein zu Filseck gesessen, ist 1459 Zeuge, Hans und Heinrich Reuß helfen 1461 dem Grafen Ulrich von W. gegen den Pfalzgrafen, mit 4 Pferden. Michel Reuß wird 1481 mit 2 Pferden von Graf Eberhard d. ä. auf begebende Kriegsfälle bestellt. Heinrich Reuß zu Filseck kommt 1489 und Michel Reuß von Reußenstein zu Filseck 1503 vor. (Auf diese Linie werden wir in der Beschreibung des OA. Göppingen zurückkommen). Der Letztere ist 1519 Statthalter zu Göppingen und 1523 unter Denjenigen, die wegen des Grafen Joachim von Öttingen dem Hans Thomas von Absberg abgesagt hatten. Jungfrau Apolonia Reußin v. Reußenstein macht 1546 ein Testament und verschafft ihrer l. Base Maria Salome, geb. v. Gärtringen, Ulrich Sailers, Vogts zu Stuttgart, Hausfrau, „die mich sonst von Jedermann Verlassene in ihre Behausung geholt vnd genommen hat,“ einen silbernen Becher, 2 Ringe und „ein guldens Kettelin, das mir Hans v. Cuppingen geschenkt hat.“ – Das Wappen dieses Geschlechtes war ein aufrecht stehender Bär.

3) Die Stein, wie es scheint Eines Stammes mit den Reußen.

Im J. 1311 und später kommt ein Johann vom Stein, Ritter, Vogt zu Teck, mit dem Reuß’schen Wappen; und 1342 Dietchoch vom | Stein, Ritter, der dem Kloster K. 23 Jauch. Acker zu K. um 60 Pf. H. verkauft, vor; 1364 wird eine Mühle an der Lauter zu Kirchh. des von Stein Mühle genannt.

4) Die von Mannsberg.

Die Ritter Berchtold und Volmar Gebrüder v. M. lösen 1321 die 3 Mühlen in K., welche die Herzoge Conrad und Ludwig v. Teck verpfändet hatten, mit deren Zustimmung aus. Burkhard v. M. und seine Brüder besitzen 1386 und 1387 Wiesen und Weinberge. „Volmar v. M. zu Kirchheim geseßen“ wird 1400 für Hans Nothhaft Bürge. Ein Volmar v. M. verkauft 1408 an Heinrich den Rüßen 2 M. Weinberge, der eine an Herrn Hansen v. Lichtensteins Weinberg gelegen, die ihm von Erbswegen seines Weibes, der v. Randeck, angefallen. Salome v. Lichtenstein vermacht 1441 für das Seelen Heil ihres ersten Gatten, Heinrichs v. M., ihr Recht an einer Mühle zu K. in das dortige Kloster. – Weitere Nachrichten über dieses Geschlecht und ihren Sitz s. bei Dettingen.

5) Die von Randeck.

Wernher v. R. kauft von Hans v. Thierberg einen Weinberg an der Öthlinger Halden, 4 Morgen oder mehr, um 80 Pf. Hl. „Hermann v. R., ein Burger zu K.“ siegelt 1377 und 1385. „Die Ersamen Vesten, Albrecht, Cunz, Hans und Hermann, alle v. R. zu K. gesessen, Edelknechte,“ sind 1384 Bürgen. Daß die v. R. auf dem Burglehen saßen, haben wir oben gesehen. Die Burg Randeck, wo wir das Geschlecht näher kennen lernen, s. Neidlingen.

6) Die Hochschlitz.

Wolframus dictus Hochschlitz, miles, ist 1299 Zeuge für Herzog Hermann v. Teck. Frau Greth Hochschlitzin, des Reußen Tochter, Frau Agnes und Herr Walther Hochschlitz ihr Wirth, stiften 1316 Jahrtäge in das Kloster K. Herr Walther v. Hochschlitz stirbt 1369 als Bischof von Augsburg. Auf seinem Grabsteine steht der Beisatz: de valle Kirchaim – aus dem Kirchheimer Thale. Weiteres s. bei Teck. Das Geschlecht soll auch v. Hausen sich geschrieben und zuerst in Neckarhausen seinen Sitz gehabt haben, was aber nur von einer Nebenlinie zu verstehen seyn wird. (S. auch Pfaff Gesch. v. Eßlingen 29. 188–190.)

7) Die von Neidlingen.

Greth v. Neidlingen, ein ingeseßen Burgerin zu K. Wernhers v. N. seligen Tochter, übergibt 1398 der h. Kreuzcaplanei ihr Haus und Hofraite, gelegen bei der Schule.

8) Die von Heiningen.

Diepoldus dictus Haiginger, civis in Kirchain, ist 1293 Zeuge. „Fritz v. H. zu Kirchain“ 1315 gleichfalls. Luitfried v. H. der Alt | verkauft 1318 dem Kloster K. einen Jauchert Ackers daselbst mit Hand und Gunst Herzogs Conrad v. Teck „Hainz v. H., Burger zu K.“ siegelt 1338. Hanns v. H. Bürger zu K. vermacht 1377 einen Zins an eine Meße zu K. „vß der Hofstatt, so man haist die Judenschul, daruff gezimmert hat der Pfeler“ etc. Gernold und Ulrich v. H. Burger zu K. siegeln 1410 einen Brief.

Außer diesen waren auch die von Reinhardsweiler, von Stöffeln, Schweler, Schwenzlin von Hofen, Späth-Mager, die Schilling von Canstatt, die von der Burg, von Wernau, von Lichteneck, von Hepsisau und andere benachbarte Edle im 13. bis 15. Jahrhundert hier begütert.

Von Namen alter Bürger, der nachmaligen „Erbaren“ – viri discreti, im Gegensatze zu den Gestrengen, den viris strenuis – sind zu nennen: Dill, Fesser, Griwelich, Hämerli, Hopfreb, Mörli, Nosse, Senge, Vetzer. – In einer Urkunde von 1277 sind Zeugen: „Albertus dictus Mörli, Conradus dictus Hopphereb, Conradus dictus Hämerli cives in Kirchain“ und in einer Urkunde von 1302 „Albertus dictus Mörli Minister, Diepoltus dictus Mörli, Eberhardus dictus Hämerli, juratores de Kirchain“ – 1303 wird gedacht virorum strenuorum: Alberti de Tachenhusen, Conradi dicti Rice, Crafto de Kirchain, Friederici dicti Nuz ac Bertholdi dicti Flache, militum, Craftonis dicti Käner, Hartniedi dicti Richenegge; armigerorum nec non virorum discretorum Conradi dicti Nosse, Eberhardi dicti Hamerli, Eberhardi dicti Hopherebe, Diepoldi et Cunradi fratrum dictorum Morlin Heinrici dicti Vezzer et Heinrici dicti Senge, juratorum de Kirchain.

Aus diesen: nämlich erstens den Ministerialen, die sich, wie wir sahen, zum Theil auf benachbarten oder weiter entlegenen Burgen setzten, oder auch in den eigentlichen Bürgerverband eintraten, und aus den auf dem teck’schen Burglehen gesessenen Vasallen; zweitens aus den alten, den Mittelfreien entsprossenen, Bürgern, wozu dann noch drittens die Handwerker, (1318 Cunzelin, der Messerschmied) und | Ackerbauern[16] kamen, die erst später die früher verlorene politische Geltung theilweise wieder erwarben, mögen die ursprünglichen Einwohnerklassen bestanden haben. Die Grundherrn und Altbürger aber hatten wohl da, wo die erste Kirche gestanden, in der Nähe des Klosters, ihre Höfe, von welchen sich mehrere, wie der Freihof, der Bau, das Mönchhaus u. s. w. bis in die jüngste Zeit im Besitze jener Immunitäten[17] erhalten hatten, welche das Alter und die ursprüngliche Eigenschaft derselben außer Zweifel setzen. Diese Sitze waren der erste Bestand des Dorfes, das durch die Übersiedelung der Bewohner der abgegangenen, auf der jetzigen Markung gelegenen, Orte bald zu einem solchen Umfange sich herangebildet haben wird, daß es zur Stadt erhoben werden konnte. Stadtrecht. Wann und welches Stadtrecht K. erhalten, läßt sich urkundlich nicht nachweisen. Nach Chroniken hätte Herzog Conrad von Teck 1270 dasselbe gegeben und 1284 den Ort ummauert. Nach Andern hätte König Rudolph von Habsburg das Stadtrecht verliehen, und zwar nach dem Vorbilde der Freiheiten, welche Heiningen hatte. Es wird jedoch sich zeigen, daß dieß nur eine Bestättigung früherer Rechte gewesen seyn könnte. Jedenfalls ist es nicht unwahrscheinlich, daß das Recht noch von den Zähringern ertheilt und jenem von Freiburg im Breisgau nachgebildet worden, indem diese Stadt noch im Jahr 1403 der Oberhof von | Kirchheim war. (S. H. Schreibers Urkundenbuch der Stadt Freiburg 1829 II. 182). – Von der Bürgerschaft ist frühe schon die Rede. Die vorgedachte Urkunde von 1249 spricht bereits von „Cives in Kircheim.“ Im Jahr 1261 gestattet Herzog Ludwig von Teck, daß „Cunradus dictus Griwelich civis noster de Kirchain“ etwas in das Kloster daselbst stifte „secundum jus et consuetudinem dictae civitatis.“ In einer andern Urkunde von 1264 steht: „Actum in civitate Kyrchein.“ Hier hätten wir also schon ein Gewohnheitsrecht der bereits früher vorhanden gewesenen Stadt. Das Wappen derselben vom Jahr 1300 s. oben S. 131.

Daß Kirchheim schon 1293 ummauert war, erhellt aus einer Urkunde von diesem Jahr, wo von einem Hause „extra muros opidi de Kirchain“ die Rede ist. S. auch die vorhergehende Anmerk. Eine Urkunde von 1329 spricht von einem Haus „in der Mure hinter der Judenschule gelegen.“ Im Jahr 1304 befreit H. Friedrich von Österreich ein am „Stadtgraben“ gelegenes Haus von der Steuer. Im Jahr 1305 vergönnt derselbe, „daß Diepold Morlin vnser lieber Bürger von Kirchheim“ etwas dem Kl. vergabe „vsser seinen Gesäßen zu Kirchein an dem Markte hinter den Brotlouben gelegen.“ Schon im Jahr 1302 ist von dem Lindacher Thore, bereits 1351 von „der obern Stadt“, 1359 von den Vorstädten und 1464 von dem „Viehmarkt“ die Rede.

Landesherrschaft. Von Schulden gedrängt, verkaufte Herzog Hermann von Teck am 13. December 1303 den Herzogen von Österreich die halbe Burg Teck, die halbe Stadt Kirchheim und die Burgen Hahnenkamm und Diepoldsburg, für 6000 Mark Silbers.[18] Nach dem | obengedachten Berichte vom Jahr 1535 schied, als die Landesherrschaft noch getheilt war, der Bach am Markte die Stadt. Was nun zuerst den österreichischen Antheil betrifft, so finden wir, daß noch 1314 H. Luipold von Österreich denselben besaß. Allein bald darauf muß er an Württemberg verpfändet worden seyn, da 1319 Graf Eberhard versprach, denselben gegen 1800 Pf. H. wieder abzutreten. (Lichnowsky III. CCCLXXIII.) Nachdem 1319 die Herzoge von Österreich auch noch den Antheil der Herzoge Conrad, Ludwig und Simon von Teck an dieser Hälfte für 1000 Pf. H. angekauft hatten, kam die Auslösung wirklich zu Stande, wie denn Graf Eberhard 1321 bekennt, „daß vns der achtbar Mann Herr Burchhard von Ellerbach gewert hat, von wegen der Herzogen von Österreich 4350 Pf. H. vnd 500 Sch. Dinkels, darumb vns ier Thail an Tekke vnd an Kirchein inngeantwurt (übergeben) ward.“ Nicht lange hernach kam jedoch eine neue Verpfändung vor, da 1323 Herzog Luipold von Österreich bescheinigt, daß er dem Grafen Eberhard von Württemberg 1800 Pf. H. schuldig sey: die habe er ihm geschlagen auf Teck, auf Kirchheim die Stadt und auf Sigmaringen Burg und Stadt. Eine weitere Verpfändungsurkunde von 1325 ist auf den Grafen Ulrich ausgestellt, worin es heißt, daß dieser, wenn der Herzog ihn nicht bezahle, die Pfandschaft behalten dürfe; da nun die Zahlung wirklich nicht erfolgte, so nahm Ulrich im Jahr 1326 den österreich’schen Antheil in Besitz. Ein kleinerer Theil desselben scheint übrigens an Dritte verpfändet gewesen zu seyn, denn 1349 gibt Ritter Hans von Stein den Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg „alle die Luit, die ich het von der Herrschaft ze Östrich vnd die gehören an die Herrschaft gen Tegg und gen Kürchain vnd die die von Randegg vnd der Gangeler inhätten, vm 170 Pf. Heller.“ – Der tecksche Antheil dagegen wurde später erworben. Zwar versprach Graf Eberhard im Jahr 1304 den Herzogen | von Österreich, daß er „in dem Tale ze Kirchain weder vmb (von) Hertzogen Symon von Tekke noch vmb sein Bruder noch vmbe nieman anders keiner slachte Luite (keinerlei Leute) oder gute sulen kouffen;“ allein schon 1305 schloß er mit den Herzogen Simon und Conrad von Teck einen Vertrag, wonach diese versprachen, keines ihrer Güter, namentlich aber Kirchheim nicht, an den König Albrecht, oder an jemand, von dem sie an ihn kommen könnten, zu veräußern. Im Jahr 1322 versetzten die Herzoge Conrad und Ludwig von Teck dem Grafen alle ihre unverpfändeten Nutzungen zu Kirchheim und Owen in so lange, bis sie die von ihm entlehnten 2000 Pf. Heller zurückgegeben haben würden, und noch an demselben Tage verschrieben sich „Ammann, der Rath vnd alle Bürger zu K. gemeinlich die der edeln Herzoge Cunrads vnd Ludwigs von Tekke sind,“ daß sie dem Grafen gehorsam seyn wollen. Dasselbe thaten „Ammann, Rath vnd alle Bürger zu Owen.“ Im Jahr 1359 verpfändete Herzog Friedrich von Teck den Grafen Eberhard und Ulrich von Württemberg „vnsern Theil an der Burg zu Tecke, das ist die Burg halb mit den Burgleuten, die dazu gehören vnd auch mit dem Holz vnd mit dem See, die dazu gehören vnd vnsern Theil an Kirchain der Stadt, das ist die Stadt halbe, Leut vnd Gut, mit den Vorstätten vnd mit dem Wyler, das da haist Enannt Lindach“ etc., nebst der Hälfte des Kirchensatzes zu Kirchheim und dem Frohnhof, darein der Kirchensaz gehört, um 13.200 Pf. Heller. Im Jahr 1361 versprach der Herzog, Teck und Kirchheim an Niemand anders, als an Württemberg zu verkaufen; am 26. Januar 1381 aber verkaufte er endlich das Verpfändete für 17.500 fl. an Württemberg, das Kirchheim seitdem besitzt. (Sattler I. 266.)[19] Daß Graf Eberhard d. j. die | Stadt 1485 einige Jahre zur Nutznießung inne hatte, wurde oben S. 101 erwähnt. Von den oben aufgeführten Grundherren giengen aber schon vom 13. Jahrhundert an ihre Rechte theils und allermeist auf das Kloster Kirchheim und theils an die Landesherrschaft über, so daß diese zu Anfang des 16. Jahrhunderts die grundherrlichen Rechte mit geringen Ausnahmen allein besaßen.

Im Jahr 1395 hielt Graf Ludwig von Öttingen, als Landfriedenshauptmann in Schwaben, mit den Räthen, die über den Landfrieden gesetzt waren, Landgericht in der Stadt.

Die Verfassung hatte sich indessen in folgender Weise allmählig ausgebildet. An der Spitze der Bürgerschaft standen ursprünglich Freie und Ministerialen, die anfänglich als „ministri“ und dann als „Ammänner“ in der Eigenschaft eines Schultheißen auftreten. Im Jahr 1276 ist Zeuge „Conradus dictus Hoppherbe, Minister in Kirchain“; im Jahr 1289 kommen als „ministri in Kirchain“ zumal vor: Wolframus dictus Hohsliz, Hartniedus, Heinricus dictus Kizzi, Crafto dictus Kaner, Eberhardus dictus Isenli, Walterus dictus Swarze, Heinricus quondam minister de Bissingen, Heinricus filius suus, Albertus dictus Man, Lutfridus filiaster suus, Gerungus, Conradus dictus Hoppherebe. Diese große Zahl wird sich nur dadurch erklären lassen, daß dieselben entweder als Ministerialen im weiteren Sinne, oder als Richter zu nehmen sind. Für die letztere Annahme spricht, daß hier neben den Ministerialen auch Bürger auftreten.[20] Im Jahr 1300 ist Zeuge „Griwelick der Ammann.“ Zwei Amtmänner neben einander kommen 1302 vor: „Ludwig vnd Albrecht Morli, die Ammann von Kirchain“ und noch 1343 als solche: „ Albert der Kaiser vnd Cunz Mörlin“. Hier mag der eine als teckscher, der | andere als württembergischer Beamter anzusehen seyn. Neben dem Amtmann tritt aber schon frühzeitig der herrschaftliche Vogt auf; 1310: „Wernherr von Ehingen, Vogt ze Kirchen vnd ze Tegge; 1367: „Wir der Vogt, der Ammann u. s. w.;“ 1416 kommt neben dem Amtmann zugleich vor: „Hans Nufer ze Göppingen gesessen, ze diesen Ziten Vogt ze Kirchain.“ – Nunmehr aber verschwindet der städtische Amtmann und an seine Stelle tritt der Vogt. Eine Urkunde von 1421 beginnt: „Wir Claus Öttinger, Vogt zu Kirchheim vnd Richter gemeinlich daselbs.“ Die Obliegenheiten des Amtmanns giengen später auf den Untervogt und theilweise auf die späteren Bürgermeister über, während sich in Weilheim und Owen der Amtmann bis auf die neuesten Zeiten erhielt; eine Veränderung, die, wie es scheint, in die Zeit der förmlicheren Ausbildung des Amtsverbandes gefallen war. – Die Zahl der Richter war wohl von Anfang an 12; sie nannten sich anfangs juratores (s. o. beim J. 1302) oder Zwölfer. In der vorgedachten Verpfändungsurkunde vom Jahr 1359 versprachen die Grafen von Württemberg: „sie wollen die Leute bei ihren alten Rechten bleiben lassen. Der Ammann den sie setzen, soll zu den Heiligen schwören, daß er beide Theil halt’ bi den Rechten als von Alter Brief darüber geben sind, er soll die Gebüttel heißen schwören, daß sie beiden Theilen auch taugen, als von Alter herkommen ist; auch sollen die XII, die das Recht sprechen, zu den Heiligen schwören, daß sie beiden Theilen ze Kirchen thun vnd sich vnter einander halten, als es von Alter herkommen ist ... . Wär’ auch, ob der Zwölfer einer abgieng oder me (mehrere), welche dann Zwölfer würden, die sollen desselben och schwören. Es sollen och vß jedem Theil der Geschworenen 6 sein.“ – Der Rath hat sich zwar später als das Gericht gebildet, kommt aber, wie aus der Urkunde von 1322 oben erhellt, schon in diesem Jahre vor. Den Stadtschreiber finden wir schon 1308: „Walter der Schriber ze Kirchain.“ 1343: „Schriber Heinrich, Stadtschriber ze Kirchain.“

| Rechte und Freiheiten. Graf Ulrich von Württemberg schenkte der Stadt am 29. August 1455 „den Marktzoll in der Stadt, den man nennt den kleinen oder den abreißenden Zoll, vnd das Hausgeld daselbst von Salz, Korn oder anderem, das man nennt Gretgeld;“ wogegen sie jährlich dem Vogt 26 Pf. Heller entrichten solle. Zugleich erlaubte er, daß die Stadt, welche zu einem neuen herrschaftlichen Kornhaus die Hofstätte hergegeben hatte, dieses Kornhaus mit Ausnahme des Kellers benützen dürfe (Sattler II. Beil. Nr. 96). Nach einer alten städtischen Zollordnung waren die Orte Schlierbach, Hattenhofen, Aichelberg, Zell, Nabern, Riedern, Öthlingen, Hochdorf, Notzingen, Wellingen, Jesingen, Ohmden, Lindorf und Holzmaden zollfrei, hatten aber dagegen der Stadt theils von jedem Haus oder Rauch 1 Simri, theils zusammen einige Garben Zollhaber zu reichen, welcher 1606 u. f. J. abgekauft wurde.

Den Salzhandel scheint Kirchheim schon 1455 besessen zu haben; 1532 wurde ihr auch das ausschließliche Recht dazu in Stadt und Amt ertheilt; daß aber 1559 Owen und Weilheim ihre hergebrachte Freiheit bestättigt wurde, siehe dort. Das Landstandsrecht übte die Stadt schon beim Abschlusse des Münsinger Vertrags vom Jahr 1483 aus. Von dem Marktrecht, das, wie wir oben S. 153 gesehen, sehr alt ist, von der Holzzehentfreiheit und von dem Wappen war zuvor die Rede. Das alte Erbrecht und die alte vogteiliche Abgabe haben wir oben S. 83 und 102 kennen gelernt.

Bevestigung. Herzog Ulrich beschloß im Jahr 1539 die Städte Kirchheim und Schorndorf zu bevestigen und machte mit dem hiesigen Bau am 4. August des gedachten Jahres den Anfang. Von da bis zum 2. Nov. 1539 wurden erbaut: 5 runde Thürme (Rondele), jeder 32' hoch (über dem Wasser 22') und 153' im Umfang. Jeder hatte 2 Stockwerke je mit 8 Schießlöchern. Die Kosten davon betrugen 4764 fl. 8 kr.; dazu wurden unter Anderem verwendet und abgebrochen: die Kirchen zu Weilheim, Dettingen, | Öthlingen und zwei zu Kirchheim, sowie „2 Ecken am Zwinghof“, und das Beichthaus am Kloster. Im nächsten Jahre sollten Erdenberge (Wälle) gemacht werden: bei dem Thurm an der Ecke, dem Frauenkloster gegenüber, und zwischen dem Schloß und dem obern Thor. Am Schloß sollten die Wehren verbessert und 2 neue Brücken gebaut werden. Zu Ausführung dieser Werke mußten mehrere Häuser abgebrochen werden. Verschiedene von dem bayrischen Zeug- und Bau-Meister Jörg Stern 1554 entworfene Baupläne über Gewölbe, Brustwehren um die Stadt und ein Bollwerk vor dem Schlosse, zu 21.827 fl. 26 kr. angeschlagen, sowie mehrere Wälle und eine neue Ummauerung der Stadt kamen unter Herzog Christoph zur Ausführung. Im Jahr 1552 hatten die Thürme und verborgenen Wehren 164 Schießlöcher, 45 Doppelhacken und 12 Halbhacken. Der mannhaften, wohlbewehrten Bürger, die dazu verordnet werden sollten, waren es 200, worunter 64 Schützen; dazu kamen damals 37 Rotten „Knechte“, die theils in das Schloß, theils auf den „Platz“ bestimmt waren. Ein im Schloß wohnender Burgvogt war den Knechten vorgesetzt und hatte über das Geschütz und die Munition die Aufsicht.[21]


Schicksale.
Was die besonderen Schicksale der Stadt betrifft, so ist noch Folgendes zu bemerken: Im J. 1365 soll sie an der Pest beinahe ganz ausgestorben seyn. Die Unfälle, welche sie 1476 wegen der Reformation des Klosters betroffen, sind | bereits S. 133 angegeben. Sie war eine der ersten Städte, welche 1519 der schwäbische Bund zur Übergabe aufforderte, hielt sich aber, bis Stuttgart in seine Hände gefallen war und öffnete, nach Ulrichs Wiederankunft, ihm die Thore und nahm an der Belagerung von Eßlingen Antheil. Sie verlor aber dabei nicht nur ihr Geschütz, sondern wurde auch, wegen der ihrem rechtmäßigen Landesherrn erwiesenen Treue, von dem Sieger geplündert; das Gericht wurde abgesetzt, die Bürgerschaft entwaffnet und eine Brandschatzung von 2200 fl. aufgelegt. Im Merz und April 1542 wüthete abermals die Pest hier. In Folge des Heilbronner Vertrages mußte der Herzog die kaum zuvor bevestigte Stadt dem Kaiser zum Unterpfand einräumen, worauf am 9. Jan. 1547 die württ. Besatzung den kaiserlichen Völkern Platz machen mußte. Diese, zumal die Spanier, verübten während ihres fünfjährigen Aufenthaltes so große Bedrückungen, daß sich Herzog Christoph bewogen fand, der Stadt eine Entschädigung von 13.000 fl. zu gewähren.[22] Namenlos sind die Leiden, die im dreißigjährigen Kriege über Stadt und Amt ergiengen, s. oben S. 107. Sie wurde 1634 von den Österreichern erobert und geplündert; 1635 herrschte wieder die Pest und bis 1638 dauerten beständige Einquartierungen. Am 27. Jan. 1643 wurden die Bayern von der weimarschen Armee aus den Vorstädten vertrieben. Am 3. Merz 1655 wurde ein Erdbeben verspürt. Groß sind auch die Drangsale, welche durch die Einfälle der Franzosen zu Ende des 17. Jahrhunderts über K. kamen. Im Juli 1687 verursachten große Gewässer einen Schaden von 22.930 fl. und zwei Hochgewitter am 3. und 5. Juli vernichteten alle Feldfrüchte im Werthe von 61.406 fl. Gleichwohl bethätigte die Stadt gegen die ihrer Religion wegen vertriebenen | Glaubensgenossen ihren wohlthätigen Sinn, indem sie in demselben Jahre mit 120 Piemontesern und 85 Salzburgern ihr weniges Brod theilte. Aber das größte Unglück, das sie treffen konnte, brach am 3. August 1690 über sie herein. An einem Sonntag Abend gegen 6 Uhr entstand im Hause des Mezgers J. J. Eisele, in der Gegend des jetzigen Marktplatzes, beim Schmalzaussieden eine Feuersbrunst, die so furchtbar um sich griff, daß bis Nachts 12 Uhr die ganze Stadt innerhalb der Ringmauern, mit Ausnahme des Fruchtkastens, der lateinischen Schule und des Öthlinger Thores, in Asche gelegt war. Die Glocken auf dem Kirchthurme fiengen von selbst an zu tönen, bis sie herabfielen, und mit der Kirche, wovon nur der Chor gerettet werden konnte, ging auch das Widerholdsche Monument und das Archiv in den Flammen auf. Nur die Vorstädte mit dem Schlosse wurden erhalten. In jenen suchten die Bürger Unterkunft und hier wurden die Rathssitzungen gehalten; der Gottesdienst aber hatte in der Dürnitz im Schlosse statt. Erst am 10. August soll das Feuer gänzlich erloschen seyn, worauf die Gassen zu räumen begonnen wurde. Die, übrigens nicht genau vollzogene, neue Bauordnung der Stadt ist vom 11. Sept. 1690. Nach ihr mußten alle Straßen nach ausgesteckten Linien angelegt und diesen gemäß die Häuser gebaut werden. Diese sollten gleiche Stockwerke und Fenster und steinerne Erdgeschosse erhalten. Ausserdem sollten nicht nur die Vorschriften der allgemeinen Bauordnung eingehalten, sondern auch die Scheunen in die Vorstädte verlegt, die Giebel gegen die Straße gerichtet und überall 3 Schuh Winkelrecht gelassen werden. Durch Beisteuern von Seiten der herz. Kammern und von Privaten wurde die Stadt in den Stand gesetzt, die Kirche sobald herzustellen, daß am 24. November 1691 darin wieder gepredigt werden konnte. Das Rathhaus aber konnte erst 1721 wieder zu bauen angefangen werden. Durch dieses schwere Unglück tief erschüttert, beschloß die Stadt, den Trauertag alljährlich durch einen besondern, in der Stunde des Brandausbruches zu haltenden, Gottesdienst zu | begehen, der auch ein volles Jahrhundert hindurch gehalten wurde; und wiewohl dieser Tag in die Erntezeit fiel, so wurde doch der Gottesdienst stets so fleißig besucht, daß während desselben nur die Flurschüzen auf dem Felde sich befanden. Noch lag aber die Stadt in Asche, als am 10. Juni 1691 ein schreckliches Hagelwetter allen Segen der Felder vernichtete; und dieses allgemeinen Elendes ungeachtet dauerten die Einquartierungen und Kriegs-Prästationen fort, welche die Streifzüge der plündernden Franzosen damals herbeiführten. Am 8. Febr. 1735 brannten 12 Gebäude ab. Von den neueren Kriegs-Ereignissen scheint jedoch die Stadt weniger betroffen worden zu seyn.


Geschichtliches über die kirchlichen Einrichtungen.
Wann die Pfarrei gegründet worden, läßt sich nicht mehr ermitteln. Sie ist wohl die älteste des Bezirkes, da sie, wie wir oben sahen, schon 960 basilica decimalis, eine mit Zehentrechten ausgestattete Kirche, genannt wird. Bereits die Urkunde von 1249 spricht von einem Rector ecclesiae in Kirchain. Diese Kirche war aber der h. Maria geweiht; eine Urkunde von 1279 spricht von einem Hause „sitam apud ecclesiam beate Marie in Kirchain.“ Sie stand in der nunmehrigen obern oder Dettinger Vorstadt, zur linken Seite, da, wo die Straßen nach Dettingen und Nabern sich spalten und nun eine schöne Linde ihre Äste ausbreitet, und war wohl auch in jenen Zeiten, da zu ihr gewallfahrtet wurde, mit einem Linden-Haine umgeben. Sie wurde 1539 abgebrochen. So lange der Besitz der Stadt zwischen Teck und Österreich getheilt war, stand das Patronat über die Frauenkirche letzterem und das über die Martinskirche Teck zu. Herzog Luipold von Österreich gestattet 1317, daß Kirchher Heinrich zwei Pfründen stifte „in dicta ecclesia sua, unam in altari s. crucis et aliam in altari beate Marie Virginis ... sine prejudicio parochialis ecclesie.“ Adelheid von Kirchheim stiftet 1347 eine Jahrzeit „allen Meßpfründen Priestern, zu der | Hup-Kirchen ze vnser Frowen, ze St. Niclausen, vnd ze St. Catharinen in der Stadt ze Kirchein;“ und in demselben Jahre wird gedacht „der Pfarrkirchen ze Kirchain vor dem obern Thor.“ Es ist ungewiß, wann die Parochialrechte von dieser Kirche auf die zweite übergegangen; vielleicht geschah es, nachdem die erste Anlage der Stadt durch Zerstörung zu Grunde gegangen war, worauf erst die neuere Stadt in nördlicher Richtung angelegt worden seyn wird; denn daß das erste Kirchheim ganz nahe bei der Wallfahrts-Kirche erbaut worden war, ist wohl nicht zu bezweifeln. Jene zweite Kirche zu St. Martin aber, wahrscheinlich aus einer Capelle entstanden, erfreute sich frühe schon der besonderen Dankbarkeit der Herzoge von Teck. Die Gebrüder Simon, Conrad und Ludwig schenkten bereits 1315 die Eigenschaft die sie hatten „an der Hofstatt da ze Kirchhain, die gelegen ist zwischen dem Kirchhofe vnd der Schule an St. Martins-Kirchen,“ also, daß der Kirchherr oder die Priester an seiner Statt die Hofstätte bauen und genießen sollen nach Gefallen. Also auf teckischem Boden und jetzt erst wurde hier das Pfarrhaus gebaut. Was das Patronat und den Zehenten betrifft, so kamen beide mit der Stadt an Württemberg. Im Jahr 1303 verspricht Heinricus decanus in Kirchain, Bischof zu Constanz, den Herzogen Simon und Conrad von Teck „de ecclesia in Kirchain et decimis ejusdem in perpetuum anno quarto 20 marcas argenti puri.“ Im Jahr 1482 schenkte Graf Eberhard d. j. seinem Kanzler Dr. Ludwig Vergenhans, damals Kirchherrn zu Kirchheim, seinen Theil des kleinen Zehenten daselbst und erlaubt ihm zugleich, wenn er ihn der Kirche vergaben wollte, denselben in eine jährliche ewige Gülte zu verwandeln (Sattler III. Beil. 90). Siehe auch oben S. 113. – Zwei Helfer finden sich bereits 1481. Eine Kirchenordnung vom Jahr 1520 gedenkt neben derselben noch der Tagmesser und Caplane (s. unten); nach derselben soll auch der Kirchherr Ohmden mit einem Priester versehen und den Eber halten. Eines Organisten wird schon 1477 gedacht. | Die vielen geistlichen Brüderschaften, welche bis zur Reformation bestanden, haben wir oben aufgezählt. Im Jahr 1498 soll der nicht zur Ausführung gekommene Plan gemacht worden seyn, das Stift Einsiedel im Schönbuch aufzuheben und dessen Einkünfte zu Errichtung eines Kollegiatstiftes in Kirchheim zu verwenden. – Außer den vorgedachten Kirchen war aber auch noch eine Frauen-Capelle vorhanden; sie stand am obern Thore, und scheint ums Jahr 1450 erneuert worden zu seyn. Der Hospital verkaufte 1459 „den Pflegern der ewigen Messe, die Gott vnd seiner l. Mutter zu Ehren in vnser lieben Frowen-Capell zu Kirchain nuwlichen angesehen vnd fürgenommen ist,“ einen Garten gelegen „by vnser Frowen Kirch.“ Allein schon 1324 kommt ein „Pfaff Hainrich von Richenegge, Caplon vnser Frowen-Capelle ze Kirchain,“ vor. An einer Nicolaus-Capelle war obengenannter Plunkher Caplan. Im Jahr 1289 wurde eine Urkunde ausgestellt „apud Kirchain in capella S. Nicolai praesente Henrico rectore ecclesiae in Kirchen.“ Vielleicht ist dieß das nachmalige Todtenkirchlein. Dazu kamen noch die Klosterkirche und die Hospital- und die Siechen-Capellen. Im Jahr 1525 wird folgender „Heiliger“ in der Stadt gedacht:
01. S. Martins-Pfarrkirche,
02. unser lieben Frauen in der Linden oder zu der Linden, und
03. der Salve Regina Brüderschaft.

Bis zur Reformation waren zwölf geistliche Pfründen in Kirchheim:

01. die Pfarr,
02. S. Nikolaus-Caplanei; 1469 in eine Frühmesse verwandelt.
03. S. Catharinen-Caplanei bei den Sondersiechen.
04. S. Catharinen-Caplanei in der Pfarr. Aufs Neue von Caplan Hut 1390 gestiftet.
05. Unser lieben Frauen Caplanei in der Pfarr; im Jahr 1315 von dem Kirchherrn Heinrich gestiftet.
06. S. Martins-Caplanei.
07. S. Barbara-Caplanei.
08. Unser lieben Frauen Caplanei vor der Stadt.
09. S. Veits-Caplanei; von Kirchherr Ulrich 1384 aufs Neue gestiftet. |
10. Des heil. Kreuzes-Caplanei; von Johannes Rüß im Jahr 1342 gestiftet.
11. Der h. Zwölfboten-Caplanei; sie bestand schon 1353 u. wurde für den lateinischen Schulmeister bestimmt (s. oben), und
12. Des h. Geistes-Caplanei in dem Hospital.

Alle diese Pfründen, mit Ausnahme der letzten, welche das Capitel zu vergeben hatte, standen der Herrschaft zu Lehen. Zählt man den Dekan, 2 Helfer und 7 Klostercaplane hiezu, so waren in älteren Zeiten zumal 20 Geistliche in der Stadt.

Die Reformation, welche in dem benachbarten Köngen schon frühe eine gute Aufnahme gefunden hatte, fand unter Begünstigung des Obervogtes Jörg von Ow hier bald Anklang. Der Anfang wurde schon i. J. 1528 mit Verwandlung der Hospitalkirche in ein Gefängniß gemacht; so lange aber noch der rechtmäßige Fürst außer Landes war, mußte sich der von Ow auf Beschützung der Anhänger der neuen Lehre, welche erst wie im übrigen Lande im Jahr 1535 eingeführt wurde, beschränken. Sofort wurden alle geistlichen Stellen, bis auf die Stadtpfarrei und die 2 Diakonate, aufgehoben.

b. Schafhof, ein mit der Stadt alle Verhältnisse theilender und dorthin eingebürgerter Hof, ganz nahe und freundlich gelegen und eine reizende Aussicht darbietend. Er war ein Besitzthum des Klosters Kirchheim, noch 1572 als Leiblehen verliehen, im J. 1698 in ein Erblehen verwandelt und jüngst eigen gemacht. Ganz nahe dabei stand der aus 3 Häusern bestandene Hof Westerbach, der 1420 von den v. Gültlingen an das gedachte Kloster verkauft und allem Anschein nach im dreißigjährigen Kriege zerstört worden ist. Er lag an dem Wasser Westerbach (oben S. 21).

Auf der Markung von K. entspringen die oben S. 21 beschriebenen Bäche Wagenhaldenbach und Thalbach. Auf derselben lagen noch mehrere, längst abgegangene, Orte:

Lindach, Enant-Lindach, auch Lindenach genannt.[23] Er scheint ganz nahe bei der Stadt, und zwar jenseits der Lindach, gelegen zu haben. Zwar wird er nur bei dem Verkaufe des teckschen Antheils an Württ. genannt (oben S. 155) und scheint schon frühe | abgegangen zu seyn; „aber noch 1454 ist von dem Lindenacher-Thor“ von Kirchheim die Rede.

Denzendorf, ein Weiler, dessen ehmalige Markung in Güterbüchern noch genannt wird. (S. bei Dettingen.) Schon eine Urkunde von 1406 spricht von Denzendorfer Hofstätten, „gelegen an der Strauß, da vor Ziten das Wiler gelegen ist.“

Wangen. Herzog Hermann v. Teck bewilligt 1298, daß Diether Käner dem Kl. Kirchheim 36 Jauchert Acker zu K. und 2 Mannsmad Wiesen „die an dem Bach gen Wangen liegen“ schenkt. Daß die Reuß hier Grundherrn waren, haben wir oben S. 149 gesehen. Die Wanger Halde wird noch jetzt in den öffentlichen Büchern der Stadt aufgeführt.

Ortenhofen, ein Weiler oder Hof. Kraft der Käner von K. verschafft 1304 dem Kl. Alpirsbach „für meine Sünden“ und den demselben zugefügten Schaden 1 Pfd. Heller Gülte „vff min Gut gemainlich zu Ortenhouen, Maier Cunratz, so min aigen ist.“

Summerhart. Conrad Gruwelich, Bürger zu K. schenkt 1261 mit Zustimmung Herzogs Ludwig von Teck dem Kl. Kirchheim eine Wiese, »situm apud Sumerhard contra Egelinsberch contiguum ripae fluenti sub Sumerhard.«

Bettenhart. Benz von Bettenhard verkauft 1347 eine Wiese, „die ze dem Bettenhard gelegen ist, an dem Wiler an der Strazze die von Ortenhouen gen Wangen gaut.“ Sein Wappen ist wie das der Edeln v. Kirchheim. Der Name hat sich in einer waldigen Anhöhe bei der Stadt erhalten.

Zipfelhausen. Es ist noch unentschieden, ob dieser Ort nahe bei K. oder etwa an dem Zipfelbache (s. Hepsisau) gelegen hatte, da 1392 die Grafen v. Aichelberg (s. unten) im Besitze waren. Pfaff Johannes Rüß vermacht 1343 eine Wiese zu Z. dem h. Kreuz-Altar in der S. Martins-Kirche.

Auf der Markung von Kirchheim lagen endlich auch einst 4 Seen. Das Lagerbuch von 1694 führt auf 1) den See ob der Stadt, den Oberwanger See, 2) den Unterwanger See, 3) den hintern Heerdstaiger, vor diesem der Schelmen-See genannt, und 4) den vordern Herdstaiger, vor diesem der neue See genannt. Die beiden ersteren, die von dem dabei gestandenen Orte den Namen hatten, wurden ums Jahr 1750 trocken gelegt und der Platz, 8 M. 31/4 V. groß, 1768 von der herzogl. Rentkammer an Kirchheimer Bürger verkauft. Die beiden letzteren waren noch 1773 mit Brutkarpfen besetzt und scheinen zu Ende des vorigen | Jahrhunderts trocken gelegt worden zu seyn. Sie hatten 123/4 M. im Meß.

Ein schöner Punkt ist die oben S. 16 erwähnte, südlich von der Stadt gelegene, Hahnweide.



  1. Außer den nicht unbrauchbaren „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Kirchheim und ihrer Umgebung von Riecker, Kirchheim 1833“ und Dr. Gaupp med. Topographie, Würzburg 1839“ sind keine Druckschriften vorhanden.
  2. Nach Crusius wurde noch 1588 die „Bonaventura oder der Willkomm“, ein silbernes Schiff, dessen Raum 3 Schoppen Wein hielt, Jedem zum Austrinken gereicht, der noch nie im Schlosse war.
  3. S. Bahnmaiers und Knapps Gedenkschrift auf die Erneuerung des Widerholdschen Grabmals. Kirchheim 1835.
  4. Frau Widerhold, eine sehr ehrenveste, gestrenge Frau, soll, der Tradition nach, von diesem „Bau“ aus, wenn sie die Mägde erst nach 5 Uhr Morgens auf den Acker gehen sah, dieselben gar weidlich über ihre Trägheit gescholten haben. Über sie und ihren Eheherrn finden sich höchst originelle Daten und genaue Personalnotizen in dem vorgenannten Gedenkschriftchen auf die Erneuerung des Widerholdschen Grabmals.
  5. Anerkannt von A. v. Weckherlin a. a. O. S. 202.
  6. S. die jährlichen Berichte in den württ. Jahrbüchern.
  7. Mehrere der hier angezogenen Urkunden s. bei Besold monumenta virginum etc. S, 138 u. f.
  8. Die Geschichte der Belagerung hat eine Nonne, die sie durchgemacht, beschrieben. Sie ist abgedruckt bei Sattler IV. Beil. 42.
  9. Einen solchen hatte das Kloster schon lange vor der Reformation; 1336 kommt „Bruder Hainrich der Houffmaister“ vor. Sein Geschäftskreis war aber beschränkter und dem eines Hausvogtes zu vergleichen.
  10. Vielleicht ist dieß der »doctor puerorum«, d. h. der Lehrmeister der Ministerialen-Söhne, welche der Herr an seinem Hofe hatte? (A. F. v. Fürth die Ministerialen S. 154.)
  11. Das Nähere in M. J. Ch. Klemm spectata pietas Kircho-Teccensium. o. J. Damals (etwa 1783) betrug die Zahl der Stiftungen 216, Durch die unten zu erwähnende Dotation der Paulinen-Pflege sind übrigens die Stiftungen a und e dieser abgetreten worden.
  12. Im Testamente war dieses Legat durch Zahlen auf 1200 fl., durch Worte aber auf „zwölftausend“ vestgesetzt. Über diesen Schreibfehler entstand ein Streit zwischen dem Erben Wilhelm v. Remchingen und dem Magistrat von Kirchheim, der durch einen Vergleich dahin erledigt wurde, daß jener baare 8000 fl. bezahlte.
  13. Näheres in dem med. Corresp.-Bl. des württ. ärztlichen Vereins. 1841. Nr. 12.
  14. Die Hexenfahrten giengen immer an solche Plätze, wo vor Alters Gericht gehalten wurde, oder heilige Opfer geschahen: zu Eichen, Linden etc. (S. Grimm deutsche Mythologie, S. 591.)
  15. Kurze urkundliche Notiz in Stälins Wirt. Geschichte. I. 1841. S. 618.
  16. Diese wurden noch im 14. Jahrhundert unter den Begriff der „Armen Leute“ und der zweiten Classe, der nachmaligen „Ehrbarkeit“, entgegen gestellt. Vogt, Ammann und die Richter bekennen 1387, daß sie während der Verpfändung an Württemberg 2053 Pfd. Hllr. an der Stadtmauer verbaut haben, „vnd ist das verbawen recht vnd redlich, über das wir vnd die Burger vnd arme Leut zu K. von ir selbs Gut dazu geben hant vnd gedient.“ Die Leibeigenschaft hatte aber auch für diese schon durch Ertheilung des Stadtrechts aufgehört. In einem Streite zwischen Herzog Hermann v. Teck und der Stadt Esslingen wegen Bürgerannahmen wurde 1293 schiedsgerichtlich erkannt: es soll erhoben werden, ob der verstorbene Ehemann der N. „Burger wäre ze Kirchain, do er starb, oder nit War er nit Burger, so sol die Witwe ain Hoptrecht gen, war er aber Burger ze Kirchain, so sol er des Burgerrechtes ze Kirchain genießen,“ also kein Hauptrecht schuldig seyn.
  17. Diese Rechte der „gefreiten Gesäße“ leiten sich von den Rechten der Ministerialität her. (v. Fürth a. a. O. S. 177 u. f.)
  18. Fürst Lichnowsky, Geschichte des Hauses Habsburg II. 1837. CCXLVII. Erst durch diese Urkunde, die im königl. Staatsarchive fehlt, kommt Licht über die bis jetzt unerklärlich gewesene Theilung der Herrschaft Teck mit Österreich. (Es ist nur zu bedauern, daß der Fürst diese und andere, dießseits gleichfalls fehlenden, auf unsern Gegenstand bezüglichen, Urkunden nicht ihrem ganzen Inhalte nach abdrucken ließ. Dieß gilt namentlich auch von dem Einverständnisse, das die Herzoge von Österreich und von Teck am 6. Dec. 1308 über die Verwaltung der Herrschaft Teck und der Stadt Kirchheim getroffen hatten. (Ebendas. III. CCCXXVI.)
  19. In einer handschriftlichen Notiz sagt Gabelkover: „welcher Gestalt vnd mit welchen Ceremonien solcher Verkäufer seine Gerechtigkeit an Kirchheim vnd Teck übergeben, melden in einem Zeugenverhör von 1484 etliche, als die ältesten Inwohner der Stadt, daß sie von ihren Eltern, so solches gesehen, gehört haben: wie der Herzog von Teck vf einem Stein zu Kirchheim dem Herrn von Württemberg solch sein jus übergeben hab, zusampt dem andern halben Theil, so die Herrschaft Württemberg zuvor als ihr Eigenthumb ingehabt vnd hergebracht hat.“
  20. Auch in Boppard und Straßburg stand ein aus Dienstleuten zusammengesetzter Ausschuß in Sachen der städtischen Verwaltung den Bürgern gegenüber, (v. Fürth, die Ministerialen S. 179.)
  21. Von welcher Bedeutung die Vestung war, läßt sich theilweise aus dem Geschütz und den Waffen abnehmen, die hier lagen. Ein Verzeichniß vom Jahr 1558 führt auf: 2 Karthaunen, deren eine 38 Pfd. Eisen schoß, nebst 600 eisernen und 790 steinernen Kugeln; 2 Nothschlangen, davon eine 18 Pfd. Eisen schoß, nebst 642 eisernen Kugeln; 7 Feldschlangen, deren eine 71/2 Pfd. Eisen schoß, mit 2183 eisernen Kugeln, und 2 Falkonettlen, wovon eines 2 Pfd. Eisen schoß, nebst 600 eisernen Kugeln. Ferner: 55 Doppelhacken, 32 geschiftete große Handrohr, 79 neue Handrohr, 3537/10 Ctr. Pulver, 6 Ctr. Schwefel. 588 Landsknechtspießstangen und 20 Knebelspieß.
  22. Vergebens bat Herzog Ulrich den auf der Durchreise begriffenen Prinzen Philipp von Spanien um Verwendung, daß die Spanier abberufen würden. Am 26. Sept. 1551 wurden zwei Bürger von Kirchheim, nachdem ihnen durch grausame Martern Urgichten abgepreßt waren, ohne alles rechtliche Verfahren aufgehängt, obwohl Herzog Christoph dagegen protestirt und an den Kaiser appellirt hatte.
  23. Enant gleich jenseits, also jenseits der Lindach gelegen.


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