« Kapitel B 23 Beschreibung des Oberamts Horb Kapitel B 25 »
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Salzstetten,
mit Mühle und Sägmühle,
Gemeinde II. Klasse mit 1144 Einw., wor. 28 Ev., a. Salzstetten, Pfarrdorf, 1102 Einw., b. Heiligenbronn, Pfarrweiler, 4 Einwohner, c. Missihof, Hof, 16 Einw., d. Mühle, 22 Einw. – Kathol. Pfarrei; die Evangel. sind nach Thumlingen, beziehungsweise nach Pfalzgrafenweiler, O.-A. Freudenstadt, eingepfarrt.


Am östlichen Saume des Schwarzwaldes und zugleich an der westlichen Grenze des Oberamtsbezirks hat der Ort zwei Stunden nordwestlich von Horb eine erhöhte, gegen Südwesten geschützte Lage. Der große, meist gedrängt gebaute Ort trägt schon den Charakter eines Schwarzwalddorfes und besteht in der Mitte des Orts meist aus stattlichen Bauernwohnungen, während im nördlichen Theil desselben minder ansehnliche Häuser vorkommen.

In der Mitte des Orts steht die alte im gothischen Styl erbaute Pfarrkirche zur h. Agatha, an deren Stelle in nächster Zeit eine neue erbaut werden soll; sie ist im einfachen gothischen Styl erbaut, hat spitzbogige Fenster, aus denen das Maßwerk herausgenommen wurde. An der Südseite des Langhauses befinden sich zwei romanische Fensterchen, die hinlänglich für das hohe Alter der Kirche zeugen. Der mit Strebepfeilern versehene Chor schließt mit einem halben Achteck und der viereckige massive Thurm ist mit einem Satteldach versehen. Das Innere des Langhauses hat nichts Erwähnenswerthes; von demselben führt ein spitzer Triumphbogen in den mit einem schön construirten Netzgewölbe gedeckten Chor; die scharfen Gewölbegurten gehen von Apostelbrustbildern aus und an den oberen Kreuzungspunkten sind Schlußsteine mit folgenden Bildern angebracht: 1) Johannes, 2) die h. Agatha und 3) die Mutter Gottes. An der Wand des Chors befindet sich ein gothisches Sakramentkästchen. Auch der Taufstein ist schön gothisch ausgeführt. Die auf dem Thurme hängenden drei Glocken sind unzugänglich.

Die Baulast der Kirche hat die Gemeinde zu tragen.

Der Begräbnißplatz wurde 1820 am nordöstlichen Ende des Orts angelegt.

Das ansehnliche Pfarrhaus ist 1861 massiv erbaut und wird von einem besonderen Pfarrbaufonds erhalten.

Das Rath- und Schulhaus, welches 1853 sehr ansehnlich erbaut wurde, enthält im ersten und zweiten Stockwerk drei Schulzimmer und die Wohnungen des Unterlehrers und des Lehrgehilfen, im dritten Stockwerk befinden sich die Gelasse für den Gemeinderath und die Wohnung des Schulmeisters.

| Ein Gemeindeback- und Waschhaus und überdieß noch ein abgesondertes Waschhaus, wie auch ein Armenhaus sind vorhanden.

Von dem ehemaligen Schloß Tockenburg (jetzt Gasthaus zur Sonne) sind an der hinteren Seite des Gebäudes ein sehr altes rundes Thürmchen, ein Vorbau mit Rundbogenfries, eine Mauerecke mit Buckelsteinen etc. noch vorhanden. An der Hausecke steht 1564, wohl das Jahr einer Veränderung des Schlosses. Über dem Eingang in die Scheune ist das Wappen der Herren von Schütz angebracht.

Der Ort ist sehr wasserreich und sechs laufende, zwei Schöpf- und fünf Pumpbrunnen liefern vortreffliches Trinkwasser in Fülle, überdieß sind zwei Wetten innerhalb des Dorfs angelegt und 1/8 Stunde östlich desselben entspringt in einer starken Quelle der Brühlbach, welcher nahe seines Ursprungs eine Mühle mit zwei Mahlgängen und ein Gerbgang und eine Sägmühle in Bewegung setzt.

Vicinalstraßen bestehen nach Haiterbach, Altheim, Lützenhardt und Waldach.

Die Einwohner sind sehr kräftige, gesunde, und von Charakter offene, etwas derbe Leute, welche größtentheils an Altersschwäche sterben; sie finden ihre Hauptnahrungsquelle in der Landwirthschaft und ihre Vermögensumstände gehören trotz ihres großen Fleißes und ihrer Sparsamkeit zu den mittelmäßigen.

Der größte Güterbesitz beträgt 30 Morgen, der mittlere 15 Morgen und der geringste 1–2 Morgen. Viele suchen ihr Auskommen als Taglöhner auswärts.

Die Gewerbe beschränken sich, mit Ausnahme der schon angeführten Mühlen, fünf Schildwirthschaften und zwei Krämern, nur auf die nöthigsten Handwerker.

Die Markung, welche zu den größten des Bezirks gehört, ist uneben und hügelig; der Boden ist minder fruchtbar und besteht aus den Zersetzungen des Wellenmergels, der Anhydritgruppe, des Hauptmuschelkalks und theilweise des bunten Sandsteins. Der schwer zu bebauende Boden wird durch kräftige Düngung zu verbessern gesucht, wobei man neben den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch Gips, Dungsalz und Kompost anwendet; auch das Brennen der Felder ist theilweise noch üblich. Lehm wird 1/4 Stunde nördlich vom Ort gegraben. Der Feldbau wird im Dreifeldersystem, mit Anwendung des Hohenheimer- und des amerikanischen Pflugs so gut, als es die natürlichen Verhältnisse erlauben, betrieben. Auf den Morgen rechnet man Aussaat 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Weizen, 3 Sri. Gerste | und 6 Sri. Haber; der durchschnittliche Ertrag wird zu 6 Scheffel Dinkel, 3–4 Scheffel Weizen, 3–4 Scheffel Gerste und 5–6 Scheffel Haber per Morgen angegeben.

In der zu 1/10 angeblümten Brache zieht man Kartoffeln, Futterkräuter, Ackerbohnen, Erbsen, Linsen, wenig Reps und spärlich Hopfen. Flachs und Hanf wird für den eigenen Bedarf in Ländern gebaut. Von Bedeutung ist der Anbau des Weißkrauts, in welchem sich der Ort auszeichnet und das Erzeugniß theilweise in die Umgegend und in’s Badische absetzt. Die höchsten Preise eines Morgens sind 400 fl., die mittleren 200 fl. und die geringsten 50 fl. Von den Getreideerzeugnissen werden jährlich etwa 200 Scheffel Dinkel, 60 Scheffel Weizen, 150 Scheffel Haber und 60 Scheffel Gerste meist auf der Schranne in Freudenstadt abgesetzt.

Die im allgemeinen ergiebigen, durchaus zweimähdigen Wiesen, denen nur theilweise Wässerung zukommt, liefern gutes Futter und zwar durchschnittlich 25 Centner Heu und 15 Centner Öhmd per Morgen. Die geringeren Wiesen dagegen ertragen nur 12 Centner Heu und 6 Centner Öhmd per Morgen. Die Preise der Wiesen bewegen sich von 50–500 fl. per Morgen.

Die Obstzucht ist trotz des ziemlich rauhen Klimas gut und im Zunehmen begriffen; man zieht vorzugsweise spät blühende Mostsorten, Zwetschgen und Pflaumen. Baumschulen sind vorhanden. Das Obst bleibt im Ort.

Die Zucht der Pferde ist ganz unbedeutend, dagegen die des Rindviehs ziemlich gut; man hält einen kräftigen Landschlag mit Simmenthaler Kreuzung und hat zur Nachzucht drei Farren aufgestellt, die ein Bürger Namens der Gemeinde unterhält. Der Handel mit Vieh ist unbedeutend.

Auf der Weide, die jährlich um 400 fl. an einige Bürger verpachtet ist, laufen 200 Stück Bastarde; die Wolle wird nach Nagold und Freudenstadt abgesetzt. Die Pferchnutzung sichert der Gemeindekasse eine jährliche Rente von etwa 300 fl.

Einige Schweinezucht ist vorhanden, indessen werden immer noch die meisten Ferkel aus Baden und Rheinbayern eingeführt und vorzugsweise für den eigenen Bedarf gemästet.

Von ärmeren Familien werden viele Ziegen der Milch wegen gehalten.

An Waldungen besitzt die Gemeinde 600 Morgen, deren jährlicher, in 220 Klaftern bestehender Ertrag, verkauft und der Erlös theils für Gemeindezwecke verwendet, theils an die Bürger vertheilt wird, so daß jeder 10–12 fl. erhält.

| Auf dem sog. Birkle (vermuthlich Bürgle) erschließt sich dem Auge eine herrliche Aussicht an die Alp, von dem Dreifaltigkeitsberg bis in die Gegend von Gmünd.

Zu der Gemeinde gehören:

b. Der 1/4 Stunde westlich von Salzstetten gelegene Pfarrweiler Heiligenbronn, aus einer Kirche, dem einfachen Pfarrhaus, dem Gottesacker, einem Gasthaus und einem Badhaus bestehend; letzteres enthält vier Badkabinette (in kurzer Zeit sollen vier weitere eingerichtet werden) und wird von Kranken aus der Umgegend besucht. Die Quelle entspringt unter dem Hochaltar (s. unten) und wird außerhalb der Kirche gepumpt.

Nach der Volkssage soll das Muttergottesbild, welches sich in der Pfarrkirche befindet, von zwei Hirtenkindern im Wasser gefunden worden sein; an dieser Stelle erbaute man alsdann eine Kapelle, zu der häufig gewallfahrtet wurde, besonders am Donnerstag, an welchem Tage auch der jeweilige Pfarrer zu Salzstetten daselbst eine Messe zu lesen hatte. In den Jahren 1745–1747 ließ der Pfarrer Johann Heinrich Schertlin von Salzstetten an der Stelle der kleinen und baufällig gewordenen Kapelle die jetzige geräumige Kirche erbauen und den Hochaltar über die Quelle setzen, in der das Marienbild gefunden worden sein soll, daher der Name Heiligenbronn.

Ehedem war Heiligenbronn Filial von Salzstetten.

Seit dem Jahr 1820 ist obige Wallfahrtskirche zugleich Pfarrkirche von Lützenhardt.

Sie ist im modernen Rundbogenstyl mit einem im halben Achteck schließenden Chor erbaut. An dem viereckigen Thurm hat nur das oberste Stockwerk abgestutzte Ecken. Das Innere der Kirche ist im Rococogeschmacke ausgestattet. Die Kollatur zur Pfarrei Heiligenbronn hat der Bischof abwechselnd mit dem Schertlin’schen Seniorat zu Horb.

Die schulpflichtigen Kinder besuchen die Schule in Salzstetten.

c. Der Missihof liegt 3/4 Stunden nördlich vom Mutterort in der Nähe von Neu-Nuifra.

d. Die Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang liegt unterhalb des Dorfs an der Markungsgrenze.

Die alte Form des Namens Salzstetten ist Sallinsteten, Sallesteten, Sallstetten. Bekannt macht uns mit dem Ort das Schenkungsbuch des Klosters Reichenbach, welches aus dem 11. und 12. Jahrhundert mehrere dorthin gemachte Vergabungen und manche | Glieder des hiesigen Ortsadels aufführt (Wirt. Urk.-Buch 2, 502); auch das Hirschauer Schenkungsbuch hat mehrere Herren von Salzstetten aus dem 12. Jahrhundert (Cod. Hirs. S. 124. ed. Stuttg.). Im Jahr 1229 übergab Graf Otto von Eberstein an das Kloster Bebenhausen ein hiesiges Gut, welches Konrad von Ihlingen von ihm zu Lehen besessen und mit seiner lehensherrlichen Bewilligung dem Kloster vergabt hatte, als freies Eigenthum (Wirt. Urk.-Buch 3, 256.).

Nach der Mitte des 14. Jahrhunderts besaß die Hälfte hievon Diem von Steinhülben; von diesem erkaufte solche den 7. Dezember 1379 um 250 Pfund Heller Ita, Gemahlin Graf Rudolfs von Hohenberg, geborne Gräfin von Tockenburg und begabte damit am 6. Septbr. 1387 den Spital zu Horb (Schmid Monum. Hohenb. 636. 742. 767.), welcher sofort im Besitze verblieb und 1663 noch die andere Hälfte von der adelichen Familie von Thum erkaufte (letztere Hälfte hatte Michael Schütz 1470 von Ludwig von Emershofen erkauft gehabt.) In Folge hievon übte das Erzhaus Österreich bis 1805 die Oberhoheit über den ganzen Ort.

An hiesiger Kirche kommt vor in den Jahren 1291. 1293. magister Hugo scriba Ludovici comitis [palatini de Tuwingen] rector ecclesiae in S. (Gerbert Hist. nigr. silv. 3, 228. 231.).

Patron war ehemals der Horber Magistrat Namens des dortigen Spitals; h. z. T. ist der Pfarrsatz königlich.

Einige hiesige Güter erwarb 1444 Graf Ulrich von Württemberg von Helfrid von Neuenstatt und Verena von Balzheim seiner Hausfrau (Steinhofer Wirt. Chronik 2, 870.).


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