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Lützenhardt,
Gemeinde III. Klasse, mit 712 Einw., wor. 9 Ev. – Dorf, Filial von Heiligenbronn; die Ev. sind nach Thumlingen, O.-A. Freudenstadt, eingepfarrt.


An der westlichen Grenze des Bezirks liegt drei Stunden nordwestlich von der Oberamtsstadt, am Einfluß des Breitenbachs in die Waldach der nicht große, meist aus kleinen, jedoch freundlichen Häusern bestehende Ort, der durch den Breitenbach in zwei Gruppen getrennt ist, von denen die eine an dem östlich geneigten Abhange gegen das Waldach Thal, die andere an den südlichen Abhang gegen das Breitenbach-Thälchen angenehm und ziemlich geschützt hingebaut ist. Die nahe gelegene Lützenhardter Mühle gehört zu der Gemeinde Thumlingen, O.-A. Freudenstadt.

Das ansehnliche 1845/46 erbaute Schul- und Rathhaus besteht aus drei Stockwerken und enthält zwei Lehrzimmer, die Gelasse für den Gemeinderath und die Wohnungen für den Schulmeister und Lehrgehilfen.

Gutes Trinkwasser liefert hinreichend ein laufender Brunnen.

Zur Vermittlung des Verkehrs sind Vicinalstraßen nach Heiligenbronn und Salzstetten, nach Thumlingen, Hörschweiler und Vesperweiler angelegt; über die Waldach und den Breitenbach führt je eine steinerne Brücke.

Die im allgemeinen körperlich starken Einwohner sind in Folge des von vielen betriebenen Hausirhandels gewandt und abgeschliffen; bei den Ackerbautreibenden, deren es nur wenige sind, trifft man viel Fleiß und Betriebsamkeit. Die Vermögensumstände gehören zu den geringsten des Bezirks, indem nur 3–4 Bürger einigermaßen | bemittelt sind. Die meisten Einwohner sichern ihr spärliches Auskommen durch Handel mit Obst, Waldbeeren und anderen Victualien und durch Verfertigen von Bürsten, Körben, Regenschirmen etc. etc., welche sie auf dem Wege des Hausirens im Inland und in das benachbarte Baden und Hohenzollern absetzen. Überdieß sind die für das örtliche Bedürfniß unumgänglich nothwendigen Handwerker, eine gute Schildwirthschaft und zwei Krämer vorhanden. Zur Erleichterung der Bürstenfabrikation ist im Ort eine Bohrmaschine und ein Drehstuhl gegen eine ganz mäßige Abgabe von Seiten der Benützenden aufgestellt.

Die sehr kleine Markung, von der überdieß ein Theil mit Wald bestockt ist, hat mit Ausnahme des mäßig eingeschnittenen Waldbach-Thales eine ziemlich ebene Lage und einen mittelfruchtbaren, rothsandigen Boden (Zersetzung des bunten Sandsteins), der gegen Osten allmählig in die ziemlich unfruchtbaren Zersetzungen des Wellenmergels, Wellendolomits und endlich der Anhydritgruppe übergeht. Dem im allgemeinen düngerbedürftigen Boden wird, außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln auch mit Mergel, Compost, Gips, Salzasche etc. nachgeholfen. Östlich vom Ort befindet sich ein ansehnlicher Steinbruch im bunten Sandstein, der gute Werksteine liefert.

Die unbedeutende Landwirthschaft wird, so weit es die Verhältnisse erlauben, gut betrieben und die Felder, theils von auswärtigen Fuhrleuten gepflügt, theils mit der Haue bearbeitet. Man sät auf den Morgen 9 Sri. Dinkel, 4 Sri. Gerste, 7 Sri. Haber, 4 Sri. Roggen, 4 Sri. Weizen und erntet durchschnittlich 6 Scheffel Dinkel, 4 Scheffel Gerste, 6 Scheffel Haber, 3 Scheffel Roggen und 4 Scheffel Weizen. Die geringsten Preise eines Morgens Acker sind gegenwärtig 25–30 fl., die mittleren 80–100 fl. und die höchsten 180–200 fl. Absatz nach Außen findet nicht statt. Überdieß werden Kartoffeln, Futterkräuter, Kraut, Kohlraben etc. gebaut.

Die theilweise wässerbaren Wiesen sind zweimähdig und ertragen im Durchschnitt 20 Centner Heu und 10 Centner Öhmd per Morgen; ihre Preise bewegen sich von 230–400 fl.

Die Obstzucht ist wegen des rauhen Klimas ganz unbedeutend.

Die Zucht des Rindviehs ist von keinem Belang und nur wenige Bürger ziehen junges Vieh nach, wobei sie die Kühe von Farren in benachbarten Orten bespringen lassen.

Schweinezucht besteht nicht und sämtliche Ferkel, von halbenglischer und bayerischer Race, werden in nicht großer Anzahl eingeführt und für das Haus gemästet.

| Ziegen werden der Milch wegen gehalten und Geflügel (Enten, Gänse) zieht man in ziemlicher Menge und bringt sie in der Nachbarschaft zum Verkauf.

Die Gemeinde hat kein Vermögen und legt jährlich 685 fl. Gemeindeschaden um.

In der Nähe des Orts kommt der Flurnamen „Gunterstall“ vor, was auf eine ehemalige Burg hindeutet.

Der Name L. kommt zuerst vor in dem Kloster Reichenbacher Schenkungsbuch, nach welchem Wipert von Liuzenhart, ein freyer Herr, (um 1140) mit einem hiesigen Gute dieses Kloster beschenkte (Wirt. Urk. Buch 2, 405; vergl. auch 418. 419.).

Eberhart v. Luzenhart ist 1270 Zeuge, als Rudolph v. Haiterbach Güter in Schwandorf an das Kloster Kniebis vergabte.

Im Jahr 1338 gehörte das Dorf Lüzenhart Albrecht v. Steinhülben und seinem Bruder Dietrich dem Pfutzer. (Schmid Mon. Hohenb. 36. u. 346).

Es war hier ein Hof, früher und noch in der Mitte des 14. Jahrhunderts im Besitz des Klosters Bebenhausen. Die Marquarde, genannt Harsche von Haiterbach, stellten diesem Kloster den 16. Dec. 1340 gegen 7 Pfund Heller einen Revers aus, daß sie sich aller Ansprache an ein Gut zu Lüzenhart begeben haben wollten.

Österreich hatte die Lehensoberherrlichkeit über ein hiesiges Gut; am 1. April 1389 wurde Hans v. Steinhülben hiemit belehnt. Derselbe Hans v. Steinhülben, wo nicht ein gleichnamiger Sohn, verkaufte den 19. Mai 1427 seinen Besitz zu Lüzenhart dem Spital zu Horb um 130 fl.; aber schon am 21. Februar 1429 bekannte der Spitalpfleger zu Horb, daß dem Spital für den Hof Lüzenhart von dem Kloster Bebenhausen 130 fl. rhein. erstattet worden seien (das Spital Horb ließ also das Kloster Bebenhausen in den Kauf stehen). – In der Mitte des 15. Jahrhunderts waren die v. Emershofen im Besitz des hiesigen Gutes. – Jakob v. Gültlingen erkaufte solches von Ludwig v. Emershofen und empfieng es 1476 von der Herzogin Mechthild zu Lehen. Aber schon am 11. Juni 1481 wurde Michael Schütz damit von Österreich belehnt. Nach kurzem Besitz verkaufte er es wieder an Georg v. Ehingen, dessen Sohn Philipp v. Ehingen es im Namen seines Vaters den 16. Mai 1483 zu Lehen empfieng. Bereits am 25. März 1500 wurde er aber wieder Hansen v. Neuneck verliehen, bei dessen Familie dieses Gut bis 1621 verblieb. In diesem Jahre schenkte es Erzherzog Leopold seinem Kammerdiener Martin Kraus. Nachher trat noch | verschiedener Besitzwechsel ein, bis dasselbe und der nachherige Weiler um 600 fl. an Freiherr David Keller v. Schnaitheim verkauft wurde. Genannter Freiherr wurde den 2. October 1694 von Seiten Österreichs damit belehnt.

Von den hier seßhaften Rittern Lutz zu Lützenhardt war der letzte der Familie, Christoph, Stadtschreiber zu Rottenburg und 1609 der Verfasser einer schätzbaren Rottenburger Chronik.

Im Jahr 1750 kam der Ort von dem Freiherrn v. Keller durch Kauf an den Freiherrn Joseph v. Raßler-Weitenburg. Die neue Grundherrschaft begünstigte die Ansiedlung, so daß in rascher Zunahme eine Kolonie von Korbflechtern, Bürsten- und Besenbindern, Zunder- und Feuersteinhändlern anwuchs. In Folge hievon und weil der Lehenhof selbst nicht viel abwarf, wurde derselbe 1785 von dem Freiherrn v. Raßler an die Einwohner zu gleichen Theilen vertheilt und gegen jährliche bestimmte Abgabe als Erbpachtgut überlassen.

Im Jahr 1805 kam Lützenhardt unter württembergische Oberherrlichkeit.

Von denen v. Raßler giengen 1841 Gefälle an den Staat über; der Zehnte wurde 1844 und die Gefälle 1849 von der Gemeinde abgelöst.

Vor der Errichtung der Pfarrei Heiligenbronn im Jahr 1820 war Lützenhardt Filial von Salzstetten.


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