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Sontheim,
katholisches Pfarrdorf II. Classe, mit 1074 Einwohnern, worunter 98 evangelische, Filialisten von Horkheim, und 89 Juden mit Synagoge.

Dieses Dorf liegt nicht weit vom Neckar, wo sich die Schozach in denselben einmündet, nachdem sie den von Flein herab durch Sontheim fließenden Deinenbach aufgenommen hat.

| Im Jahre 1188 wird Sontheim unter den Besitzungen des hohenstaufischen Herzogs Conrad von Rotenburg a. d. Tauber, nachherigen Herzogs von Schwaben, genannt.

Albrecht von Ebersberg (bei Backnang), ein freier Mann, stellte am St. Laurenztag 1293 eine Schenkungsurkunde aus, nach welcher er, Ebersberg, einhellig mit seiner Ehefrau Irmentrade und seinem Kinde zu einem rechten Almosen dem Deutschordenshaus zu Heilbronn zu rechten eigen das Dorf Zweikheim (was dem jetzigen Sontheim entsprechen soll), das ihr freies Eigen seye, mit Wasser und mit Mühle u. s. w. schenkte. So sagt die Urkunde in einem Grundbuche der Deutschordens-Commende Heilbronn vom Jahre 1766, so daß anzunehmen ist, das Dorf Sontheim habe ehemals Zweigheim, die Burg Sontheim geheißen.

Länger als 500 Jahre blieb Sontheim im Besitze des deutschen Ordens und war der wichtigste Theil der Commende Heilbronn. Der Commenthur wohnte zwar der Sicherheit wegen, welche eine befestigte Stadt darbot, gewöhnlich in Heilbronn, und hatte dort seine Geld-, Wein- und Fruchtvorräthe; aber er bediente sich der am hohen Neckarufer hübsch gelegenen Burg als eines lieblichen Landsitzes, und als die Burg zerfiel, so baute sich der Commenthur gegen 1688 ein großes Gartenhaus in seinen Garten, der Heilbronn zu liegt. Ums Jahr 1700 wurde dieser Garten im Rococostyle herrlich angelegt. In Beeten von mancherlei Form prangten bunte Blumen, daneben standen künstlich zugeschnittene Bäume, lange Hagebuchenlaubgänge gaben bei heißen Sommertagen erwünschten Schatten, Bassins mit steinernen Delphinen und Nymphen, welche Wasser ausgossen, erfrischten die Luft, und steinerne Bildsäulen stellten die 5 Erdtheile vor.

Es war daher das sogenannte Gartenhaus bei Sontheim nicht nur der Lieblingsaufenthalt vieler Commenthure, sondern auch häufig das Absteige-Quartier großer Herren.

Bei der Nähe von Böckingen, von wo aus 1525 Jäkle Rohrbach den Bauernaufruhr schürte, konnte es nicht fehlen, daß er an der Spitze unzufriedener Böckinger die Einwohner von Flein und Sontheim zum Zuzug aufforderte, und mit Mord und Brand drohete, wenn sie zu Hause blieben. Der Schultheiß von Sontheim rief zwar seine Bürger zusammen, ermahnte sie beim Scheine der Fackeln, dem Commenthur treu zu bleiben, und schickte Boten zu diesem nach Heilbronn. Diese kamen um Mitternacht vor dem Fleinerthore an und baten um Einlaß. Der Commenthur mit dem Bürgermeister kamen | auf die Stadtmauer, und als die Boten berichteten, wie es in Sontheim stehe, so rief der Commenthur ihnen zu: sie sollten sich halten, wie es frommen Leuten ziem; wo sie sich aber nicht halten könnten, so sollten sie thun, wie andere Leute, er wolle sie nit verderben, doch sollten sie sich behelfen, bis es Tag seie.

Jäklein drohte noch ernstlicher, und die Sontheimer verstärkten mit einem Zuzug Bewaffneter die Horden des Aufwieglers, der von Burg zu Burg, von Kloster zu Kloster zog, sengte, raubte und mordete. Bei der Plünderung des deutschen Hauses in Heilbronn riefen die Unterthanen des Commenthurs demselben zu: „Wir haben lange Zeit hereingeführt, wir wollen auch eine Weile hinausführen.“ Diesen Freveln der Bauern folgte aber eine nur allzustrenge Strafe. Nachdem Georg Truchseß von Waldburg an der Spitze eines Heeres die Aufrührer geschlagen und zerstreut hatte, ließ er im Mai 1525 Sontheim und Böckingen in Aschenhaufen verwandeln.

1632 schenkte Gustav Adolf, König von Schweden, der Stadt Heilbronn das Dorf Sontheim und die übrigen Besitzungen der Deutschordens-Commende Heilbronn; aber die den Protestanten sehr nachtheilige Schlacht bei Nördlingen, am 6. September 1634, gab dem Commenthur bald alles wieder zurück.

Der nachherige Kaiser Ferdinand II. selbst, damals noch König von Ungarn, zog am 13. September 1634 vor Heilbronn, nahm sein Quartier in Sontheim, ließ die Stadt bombardiren und am 26. September nach abgeschlossener Capitulation für den Kaiser in Besitz nehmen.

1693 verschanzten sich 17.000 Deutsche unter dem Befehle des Markgrafen Ludwig von Baden am rechten Neckarufer und bezogen ein großes Lager auf dem Ackerfelde zwischen Sontheim, Flein und Thalheim, um 70.000 Franzosen, die unter Auführung des Comte de Lorge die schöne Rheinpfalz verwüstet hatten, von weiterem Vordringen abzuhalten. Aus 100 Feuerschlünden, die auf der Anhöhe zwischen Klingenberg und Böckingen unter Vaubans Leitung aufgestellt waren, beschossen die Franzosen am 26. Mai die Deutschen.

Damals hatte der Markgraf von Baireuth sein Quartier im Sontheimer Gartenhaus. Die Franzosen suchten dasselbe in Brand zu stecken; allein nur 2 Carthaunenkugeln trafen es und richteten geringen Schaden an, und Sontheim blieb verschont.

1707 am 17. Juni bezog eine französische Armee ein Lager bei Sontheim, nachdem sie vorher durch die Besatzung der Stadt Heilbronn, das sie berennen wollte, zurückgetrieben worden war. Bald | darauf verdrängte die zu Hülfe heranmarschirte Reichsarmee die Franzosen.

1733 besuchte der tapfere Prinz Eugen von Savoyen, der, als Oberbefehlshaber der Deutschen, damals mit einer Armee Heilbronn besetzt hatte, um die Franzosen abzuwehren, oft das Sontheimer Lusthaus des Commenthurs, bei dem er sein Quartier hatte.

1746 am 17. Mai machte der kaiserliche Feldmarschall Fürst Lobkowitz dieses Haus zu seinem Hauptquartier. Seine Armee lagerte zwischen Sontheim, Thalheim und Flein. Erst am 9. Juli marschirte ein Theil nach Italien, am 30. August der Rest an den Rhein.

1721 wollten die Heilbronner zu einem Uferbau Weiden auf dem Wörth zwischen Heilbronn und Sontheim schneiden, wo wegen mehrerer alten Neckararme die Gränze nicht mehr genau bestimmt war. Da der Commenthur das Weidach als sein Eigenthum ansah, so ließ er einige Heilbronner durch bewaffnete Sontheimer fangen und in Sontheim einthürmen. Da zogen aber 400 Heilbronner Bürger aus, wovon ein Theil das Hauen der Weiden fortsetzte, während ein anderer bewaffnet die Arbeiter beschützte. Hierauf begann noch ein Federkrieg, und dieser Markungsstreit würde vielleicht jetzt noch kein Ende haben, wenn nicht Heilbronn und Sontheim unter die Krone Württemberg gekommen wären, worauf der streitige Platz (noch jetzt die Streitinsel genannt) jeder dieser Markungen zur Hälfte zugetheilt worden ist.

In den 1760er Jahren errichtete ein Italiener, Franz Bianchi, eine Tabaksfabrik in Sontheim, und benützte zu einer Mühle die Wasserkraft des Deinenbachs. Die Fabrik hatte aber keinen Fortgang. Bianchi kam in Gant, und die von ihm errichteten Gebäude mit Garten sind jetzt im Besitze der Familie Schreiber.

Im November 1805 nahm Württemberg von Sontheim Besitz (vgl. Kirchhausen), und seit 26. April 1808 ist es dem Oberamte Heilbronn einverleibt.

Der Lustgarten mit dem sogenannten Gartenhaus wurde an einen Privatmann verkauft, welcher die bleiernen Röhren der Springbrunnen und die Bildsäulen verkaufte, und die Herrlichkeiten des Gartens eingehen ließ.

Als die Landstraße von Heilbronn nach Stuttgart, die früher über Flein ging, im 18. Jahrhundert über Sontheim angelegt wurde, ward sie durch den Garten des Commenthurs ins Dorf geführt.

| Auf einem kleinen Hügel der nordwestlichen Ecke von Sontheim stand die Burg der von Ebersberg. Im April 1840 wurde der Thurm und ein Theil der Ringmauer der Burg abgetragen, und ein Gedächtnißstein vom Thurme an eine Mauer bei der Kirche versetzt.

Dieser Stein enthält die Jahreszahl 1539, die Namen Walter von Cronberg, Administrator (des Deutschmeisterthums) Eberhart von Ehingen, Stadthalter, Wilhelm Lochinger, Commantur (in Heilbronn) und Caspar Haberkorn, Ordensbaumeister, mit den 4 Wappen dieser Herren. Wahrscheinlich wurde dieser Thurm 1525 im Bauernkriege so beschädigt, daß man ihn 1539 wieder herstellen mußte.

In der ehemaligen Burg stehen noch eine große Zehentscheuer (nach einer Inschrift 1563 von Volbert von Schwalbach, Statthalter der Balley Franken) und ein massiver Kelterbau, im Jahre 1718 erbaut. Unter diesen Gebäuden sind gewölbte Keller, denn die Sontheimer Weine von den mittäglichen Halden des Staufenbergs und vom Grafenberg sind vortreffliche Neckarweine.

Unweit dieser Vorrathsgebäude steht das im Jahre 1809 massiv erbaute Pfarrhaus. Die Pfarrei ist sehr alt und die Thalheimer waren bis 1823 auch nach Sontheim eingepfarrt. Jetzt sind es alle Katholiken in Sontheim, Flein, Horkheim, Klingenberg, Nordheim und Nordhausen, dagegen sind die evangelischen Einwohner in Sontheim Filialisten von Horkheim.

Der Chor der dem St. Martin geweihten Kirche ist alt und hat Spitzbogenfenster. Im Jahre 1715 zerschmetterte ein Blitz das Schiff und den Thurm der Kirche so sehr, daß man sie von Grund aus neu erbauen mußte. Der an die Südseite des Langhauses angebaute Thurm hat die Jahreszahl 1719 und ein Kuppeldach.

Das Langhaus ist 1720 im Jesuitenstyle erbaut worden, die Kanzel im Renaissancestyle entstammt noch der früheren Kirche. Die Kirche enthält 3 Altäre. Der Hochaltar hat ein Gemälde von G. B. Ferrandini vom Jahre 1748, Marias Himmelfahrt darstellend, darüber das Bild des Schutzpartrons St. Martin. Auf der Nordseite steht der Kreuzaltar, auf der Südseite der Marienaltar.

Unten an dem Deinenbach befindet sich eine Synagoge. Sontheim hat einen Vorsänger und israelitischen Schullehrer.

An die Stelle der Heilbronner Commende kam der Staat als Grund- und Zehntherr. Bis zur Ablösung bezog jedoch die Pfarrei Sontheim aus einigen Äckern den großen Fruchtzehnten, und den Heu- und kleinen Zehnten aus der ganzen Markung, mit Ausnahme desjenigen vom Hummelhof, den die Gemeinde für das Faselviehhalten bezog.

| Der Heilbronner Spital bezog Gülten aus dem reichen Almosenlehen, und die von Gemmingensche Herrschaft zu Thalheim einige Grundzinse und Landachten.

Das Dorfsiegel besteht aus einem von oben nach unten getheilten Schilde. Im rechten Theil befindet sich eine halbe Sonne, der linke Theil ist durch einen Querstrich in zwei Hälften abgetheilt, oben das Deutschordenskreuz, unten drei Kugeln, die durch eben so viele Stiele zusammenhängen (Wappen des Heilbronner Comthurs Joh. Conrad Schütz, genannt Milchling, um 1570).

An der Schozach steht eine Mahlmühle mit 3 Gängen, und über den Neckar werden Fußgänger in einem Nachen auf das Böckinger Ufer übergesetzt.

Fischerei wird im Neckar und in der Schozach und in dem alten Neckararm zwischen Sontheim und Heilbronn, der einen Weiher von 33/8 Morgen bildet, getrieben.

Die Israeliten sind zum Theil reich und treiben namentlich einen bedeutenden Handel, früher in Wein, jetzt in Schaafwolle und Getreide.

Ein Theil der Weinberge von Sontheim ist Eigenthum einiger Heilbronner.

Sontheim ist der Geburtsort des Bildhauers Albert Güldenstein, geb. 3. Januar 1822, von dessen Meißel vortreffliche Kunstwerke herrühren, welche in Stuttgart in der Wilhelma und im Heilbronner Friedhofe aufgestellt sind.

Auf dem Rathhause befinden sich noch Dorfordnungen von den Jahren 1430 und 1650. König Ferdinand verwilligte in einer Urkunde d. d. Hagenau 22. Juli 1540, daß in Sontheim ein Halsgericht mit Galgen errichtet wurde.

Ein altheidnischer Gebrauch, welcher in manchen Gegenden mit dem Fest St. Johanns des Täufers verbunden wurde (Birlinger, Volksthümliches aus Schwaben 2, 96), hat sich auch hier erhalten. Junge Leute beiderlei Geschlechts machen im Freien ein Feuer, tanzen um dasselbe und springen darüber. Vorher ziehen sie im Dorfe umher, um sich Rebholz zu erbitten. Wenn die junge Schaar vor einem Hause stille hält, singt sie: Zum Johannis Segen bitten wir um Reben! Ist ein’ gute Frau zu Haus, wirft sie uns bald Holz heraus.

Die Angerufene wirft den Bittenden einiges Holz zu, und der Zug geht an ein anderes Haus, bis genug Holz gesammelt ist. | Manche meinen, der Hanf gerathe besser, wenn das Johannisfeuer gut unterhalten werde.


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