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25. Gemeinde Uttenhofen
bestehend aus 5 Parcellen und 832 Einwohnern.

Dieser Gemeindebezirk gehört dem Rosengarten an und ist von Süden nach Norden von dem Kocher begrenzt, der hier das Oberamt von dem Oberamte Gaildorf scheidet. Er grenzt östlich und südlich an das letztere, und von Süden ragen die limpurger Waldgebirge herein. Von Süden nach Norden ist er 2 Stunden lang, indeß seine Breite nur 1/2 bis 3/4 Stunden beträgt. Er ist, wie erwähnt, von dem Kocher durchflossen; gegen Nord-Westen fließt die Bibers, die aus dem Gemeindebezirke mehrere Zuflüsse erhält, namentlich von Tullau den Ritterbach, von Raibach den aus dem Wildbad entspringenden Hornbach und den Dentelbach. Durch denselben führt seiner ganzen Länge nach die von Hall nach Gaildorf ziehende Staatsstraße; auch führt an Raibach die bei Bibersfeld genannte Vicinalstraße ins Roththal vorüber. Der Boden ist fruchtbar; doch gerathen Roggen, Haber und Flachs besser als Dinkel. Die Einwohner sind mit Ausnahme Tullau’s wohlhabend, besonders in Raibach. Außer der Landwirthschaft, welche Herr Vaihinger in Uttenhofen musterhaft betreibt, ist es das Salzwerk Wilhelmsglück, das unmittelbar und mittelbar Vielen Nahrung verschafft.

Der Bezirk ist dem Forstamte Comburg zugetheilt. Der große Zehenten in Uttenhofen, Renkenbühl und Wilhelmsglück steht dem Staat zu (in der sogenannten Scheffau zu Uttenhofen bezieht ihn Limpurg-Ober-Sontheim und von 6 Höfen wird statt des Zehentens die dreißigste Garbe gegeben); in Tullau besitzt ihn zu 5/6 wegen des Klosters Murrhardt der Staat und zu 1/6 die Armenverwaltung Hall, als vormals murrhardtisches, nun Kron-Lehen; in Raibach der letztere in der ebengedachten Eigenschaft ganz. Der kleine und Blut-Zehente in Uttenhofen, Renkenbühl und Wilhelmsglück gebührt dem Staat, in Raibach und Tullau den Großzehentherren. An den übrigen Gefällen sind die Stadtpflege, der Hospital und die Armenverwaltung Hall und mehrere haller Privaten betheiligt; an dem Gefällrechte des Staats hat die Gemeinde seit 1817 für 7176 fl. 34 kr. Capital abgelöst. Tullau hat seine eigene Pfarrei; die übrigen Parcellen sind nach Westheim wo auch die Schule ist, eingepfarrt. Bis 1803 gehörte die Gemeinde zum hallischen Amte Rosengarten.

a. Uttenhofen, Dorf mit 455 Einwohnern, worunter ein Kath., 48 hallischen Gemeinderechten und 282 Mrg. vertheilten und 1023/8 Morgen unvertheilten Allmanden und Waldungen; liegt 1 St. südwestlich von Hall, an der Straße von Hall nach Gaildorf | und ist eines der ansehnlichern Dörfer des Oberamts. Die Straße durch den Ort hat eine angemessene Breite und ist 1839 bis 1841 unter Anlegung von Etter-Kandeln wesentlich verbessert worden. Der Ort ist sehr lang und hat durch planmäßigen Anbau mehrerer, in Folge der Anlegung des Steinsalzwerkes Wilhelmsglück stattgehabten Übersiedlungen, errichteten neuen Gebäude eine namhafte Erweiterung erhalten. Er hat eine Schildwirthschaft und ein den Gemeinderechtsbesitzern gehörendes Hirten- und Armen-Haus. Mehrere Gebäude sind verblendet, was dem Ort ein recht freundliches Aussehen gibt.

Die verschiedenen Besitzungen zu Uttenhofen kamen: 1516 von Jörg Spelt v. Rothenburg, 1521 von Comburg, 1524 von Bernhard v. Rinderbach, 1535 von Veit Ulmer zu Gaildorf, 1533 von Jakob Berler, nachdem 1523 der Rath zu Hall den Gebrüdern Jakob, Simon, Jörg und Heinrich Berler wegen ihrer Verdienste um Hall zu rechten Mannlehen 9 Güter und Gülten verliehen hatte; ferner 1539 von Apollonia Werners v. Stetten Wittwe, und 1540 von Margaretha v. Adelsheim, Heinrichs v. Stetten Wittwe; ebenso 1536, 1541 und 1562 von Schenk Erasmus von Limpurg und 1589 von Martin Friedrich und Erasmus Schlez; endlich 1604 von Johann Wolfgang und Wilhelm Sannwald an die Reichsstadt Hall. Die Wittwe des Cunz Sannwald machte 1505 viele hiesige und in der Umgegend gelegene, frei eigenen Güter mit Hellerzinsen der Stadt als Strafe dafür gültbar, weil sie für die Beede ihr Vermögen zu nieder angegeben hatte. Gegen Eigenmachung einiger anderwärtiger Güter trug die Stadt 1590 zwei Güter zu Westheim, sechs zu Rieden und 13 zu Uttenhofen dem Herzog von Württemberg zu Lehen auf. Außerdem trug sie von demselben Vogtgülten aus 4 Höfen in Westheim und 3 Höfen zu Uttenhofen zu Lehen, worüber vormals die Dynasten von Weinsberg Lehensherrn gewesen waren. Die meisten davon, die sogenannten Herren- und Vogt-Gülten, besitzen nun die Armenverwaltung, die Stadtpflege Hall und haller Privaten.

In der St. Sigmundskapelle zu Uttenhofen wurden 1519 mit Verwilligung der Gemeinde vier Messen gestiftet. Sie steht noch, wird aber als Scheune benützt. Die Zehentrechte des Staates rühren von der Pflege des Klosters Murrhardt zu Westheim her.

Auf der Markung Uttenhofen, unweit von Renkenbühl, lag einst ein abgegangener Ort; ohne Zweifel das Mitilesdorf, wovon Güter mit Rieden, Sanzenbach und Westheim 1057 an das Kloster Fulda gekommen. (Vgl. Rieden.)

Am 21. Okt. 1572 brannten 41 Gebäude ab.

| b. Raibach, Weiler mit 102 ev. Einw., 16 Gemeinderechten und 28 M. vertheilten und 15 M. unvertheilten Gemeindegründen; liegt 1/2 St. südwestlich von Hall, links abseits der Hall-Bibersfelder Straße und hat einige ansehnliche Gebäude und vermögliche Einwohner. Ein Hirten- und Armen-Haus gehört den Gemeinderechtsbesitzern. Die der Armenverwaltung Hall zustehenden Zehentrechte erwarb der Hospital als Kloster murrhardtsches Lehen zu 2/3 von Burkhard Eberhard zu Hall 1481, und zu 1/3 von Abt und Convent zu Murrhardt 1522.

Frau Gutta Pfeil, Bürgerin zu Hall übergibt 1354 an Heinrich v. Schauenburg, ihrem Tochtermann und Catharina seiner Wirtin, den Hof zu Raibach und mehrere Gülten. Die Besitzungen daselbst kamen 1481 von Göz v. Bachenstein mit Altenhausen an den Hospital; sodann 1516 von Caspar Eberhards Erben, 1521 von Comburg, 1524 von Bernhard v. Rinderbach an die Stadt Hall. Dieselbe erwarb auch 1539 von Schenk Erasmus v. Limpurg 2 Güter und 1586 von der limpurgischen Vormundschaft zu Gaildorf Einiges. Eine hospitalische Herrengült ist ein von Weinsberg herrührendes Kronlehen.

c. Renkenbühl, ein neu entstandener Weiler mit 20 evang. Einw. auf der Markung Uttenhofen im sogenannten Dentelbach, am Fuße des limpurger Waldgebirges und an den Dentelbach stoßend.

d. Tullau, früher Dullau, Pfarrweiler mit 209 Einwohnern, worunter 25 Kath., und 22 Gemeinderechten, wovon 14 hallische und 8 comburgische, mit 57 M. vertheilten und 851/2 M. unvertheilten Allmanden. Tullau ist 1/2 St. oberhalb Steinbach, 3/4 St. nördlich von Uttenhofen, auf der Grenze des Oberamts Gaildorf, äußerst romantisch am linken Ufer des Kochers gelegen, hat eine Kirche, ein Schlößchen mit Bauhof, eine Wirthschaft, eine Mahl- und Säg-Mühle und ein Armen- und Hirten-Haus. Die Zehentrechte des Hospitals Hall verkaufte 1430 Hans v. Stetten zu Sanzenbach gesessen an das Kloster Murrhardt, wovon er sie zu Lehen hatte; sofort wird Kraft v. Rinderbach vom Kloster damit belehnt und dieser verkauft sie 1436 an den Hospital. Die Einwohner sind meist arm und suchen sich durch Taglohn und Arbeit in der Saline Wilhelmsglück und in der chemischen Fabrik zu Ödendorf zu ernähren.

Die Kirche zu St. Wolfgang, wovon wegen der Oberlandes-Heiligenpflege der Staat die Baulast hat, ist alt und unansehnlich und wurde früher von dem Geistlichen zu Westheim versehen, wohin der Ort bis 1683 völlig eingepfarrt war. Seit einer Reihe von Jahren aber ist der zweite Helfer von Hall zugleich Pfarrer | von Tullau und hat hier alle 14 Tage zu predigen. Die Katholiken sind nach Steinbach eingepfarrt. Bis 1. Juli 1843, wo Tullau seine bürgerliche Selbstständigkeit aufgab, hat dasselbe eine eigene Gemeinde gebildet.

Schon durch die Stifter Comburgs bekommt das Kloster (Menken a. a. O. S. 389) 1090 einige Güter zu Tullawe, das im Übrigen eine alte Zugehörde von Limpurg gewesen zu seyn scheint.

Im J. 1309 belehnt Comburg den Ritter Seyfried v. Scheffau mit einem Hof; andere Güter, die von Limpurg zu Lehen gingen, namentlich die Vogtei über 1 Hof, 6 Lehen und die Mühle, verkaufen 1365 Heinrich von Tullau und Gutta von Veinau seine Ehewirthin, an Comburg. Diese Vogtei trugen 1506 die Keck von Limpurg zu Lehen; 1540 aber, nachdem Limpurg sie eigen gemacht, verkauft sie Wernher Keck zu Crailsheim an Comburg. Die übrigen Besitzungen hatten die v. Tullau, theilweise gleichfalls als limpurgisches Lehen, inne.

Die Namen der v. Tullau, welche ursprünglich auf der Burg Tullau, an deren Stelle nun das vorgenannte Schlößchen steht, saßen, und die Besitzveränderungen mit den damit verbundenen Gütern sind folgende. Im J. 1290 Heinrich v. Tullau, als Besitzer von Gütern zu Rieden und Westheim, die Lehen Conrads v. Weinsberg sind (s. Ludwig lib. V. S. 604 dipl. Weinsb.); 1298 Heinricus de Tullauwe (Wibel a. a. O. II. S. 126); 1328 Walther (Wibel a. a. O. III. S. 60); 1331 Albrecht, als Beisitzer des Landgerichts Wimpfen. Von da kam Tullau an die hallische Familie Berler; 1339 Heinricus Berler de Tullau; 1371 Beringer Berler v. Tullau; 1392 Walther v. T.; 1404 Conrad Berler v. T. Von den Berler v. Tullau kamen die Besitzungen durch Erbschaft an Albrecht von Neuenstein. Albrecht v. Neuenstein vertauschte 1429 seinen Bauhof zu Tullau und alle Güter, die er da gehabt, so ihm von seiner Base Anna Berler auferstorben, an Göz v. Bachenstein, an welchen 1434 Wilhelm v. Stetten alle seine Güter, die limpurgische Lehen sind, verkauft. In diesem Kaufbrief wird Bachenstein, als zu Tullau gesessen, genannt; 1459 ist Wilhelm v. Bachenstein Besitzer derselben und 1468 wird dessen Wittwe damit belehnt, welche solche 1477 an Claus Neuffer verkauft. Im Jahr 1503 wird dessen Sohn Hans Neuffer mit Vogtei, 6 Hauptlehengütern, einigen kleinen Gülten, Weinbergen, Kelter und Mühle zu T. und einigen andern Besitzungen zu Brachbach, Gliemen, Veinau, Hagenbach und den Zehenten bei den Egelsee, von Seiten Limpurgs belehnt. Alle diese Besitzungen verkaufte 1520 dessen Sohn Wilhelm Neuffer, als limpurgische Lehen an den Hospital Hall, welcher sie noch als württembergisches Kronlehen inne hat.

| Das Schloß Tullau nebst dem dortigen Bauhof hatte von da an manchfache Besitzer an haller Bürgern, bis wir es 1615 im Besitz von Gertraud, Gräfin v. Löwenstein und Stauffeneck, wieder finden, welche es in diesem Jahr an die Stadt Hall verkauft, von welcher es abermals 1618 an den Hospital um 2503 fl. kam. Endlich kam es 1780 an die angesehene Familie Feyerabend, und nun ist es Besitz des Stadtschultheißen Wibel zu Hall, welcher es mit seiner Frau, einer geb. Feyerabend, erheirathete.

e. Wilhelmsglück, königl. Saline, mit 47 Einw., worunter 8 Kath., 1/2 St. östlich von Uttenhofen, auf der Oberamtsgrenze und am Kocher gelegen. Über das Markungsrecht war zwischen Uttenhofen und Hirschfelden, Oberamts Gaildorf, Streit, der im Administrativweg durch alle Instanzen 1834 zu Gunsten von Uttenhofen entschieden wurde. Außer den Salinengebäuden ist nur eine Schildwirthschaft vorhanden. Jene sind 1 Beamtenhaus, 1 Laborantenhaus, 1 Bergschmiede, 1 Göpelhaus, 1 Schachthaus mit 2 Magazinen, 1 Kunstmühle mit Einrichtungen zur Förderung und zum Mahlen des Steinsalzes, auch Förderung der Soole aus dem Schacht, 1 Steinsalzmagazin und 1 Soolenreservoir.

Dieses reiche Steinsalzwerk verdankt seine Entstehung den Nachsuchungen nach hochgrädigen Soolquellen, welche 1822 hier vorgenommen wurden, in welchem Jahr mit einem 3 Zoll weiten Bohrloche in 363 Schuh Tiefe ein 25 Schuh mächtiges Steinsalzlager erbohrt wurde, woselbst das auf beiden Seiten des Kochers zu Tage ausgehende vollkommen geregelte, feste Kalksteingebirge die Wahl zu der Anlegung des Bohrlochs begründet hatte. Die außerordentliche Geschlossenheit und Trockenheit des durchsunkenen Gebirges bewogen sofort Se. Maj. den König Wilhelm zu der Anordnung, hier die Erde mit einem Schacht aufzuschließen, welcher auch zu 13 und 5 Schuh Weite 1824 glücklich und ohne Wasserzuflüsse bis auf das Steinsalzlager niedergetrieben ward, worauf dieses Werk, nach seinem hohen Gründer: „Wilhelmsglück“ genannt wurde. Der Abbau des Steinsalzlagers, welches mit einem regelmäßigen Fallen gegen NO. von 6 Zoll aufs Lachter äußerst rein und compakt ist, und nur eine mechanische Beimischung von zwei Proc. Mergel und Thon hat, ist ein förmlicher Pfeilerbau mit 14 Schuh weiten Örtern auf die ganze Höhe oder Mächtigkeit des Steinsalzes, welcher Bau, ohne irgend eine Unterstützung, (das Dach des Steinsalzes besteht aus sehr festem, wasserfreiem Gyps oder Anhydrit), einen wahrhaft großartigen Anblick gewährt, da mehrere Örter oder Gänge bereits über 2000 Schuh lang sind. Vermittelst einer neu hergestellten Wasserkraft wird das mit Pulver gewonnene Steinsalz in Stücken mit 2 Zoll dicken hänfenen Seilen | zu Tage gefördert, – je in 10 Minuten 9 Ctr. in einer Tonne, – mit eisernen Walzen zermalmt, in der Kunstmühle mit 4 Gängen gleich wie die Früchte gemahlen (innerhalb 8 Stunden 400 Ctr.), und dann in Fässer und Säcke verpackt in Handel gebracht. Die in der Grube in Sinkwerken durch Auflösung mit süßem Wasser erzeugte gesättigte Soole wird durch ein Druckwerk zu Tage gefördert und in einer 3 Stunden langen Soolenleitung mit 4 Zoll Gefäll auf 100 Längenschuh auf die königl. Saline bei Hall geleitet und daselbst versotten. Ein schöner Treppenschacht ist 1845 am Tage des Geburtsfestes Sr. Maj. des Königs vollendet worden. Die Saline Wilhelmsglück beschäftigt immer viele, zunächst einem hier wohnenden Bergwerksinspektor untergebene, den nächstgelegenen Dörfern angehörige Arbeiter; die Zahl derselben hat am 30. Juni 1846 94 betragen. Seit dem Beginne dieses Werkes sind über 3 Millionen Centner Steinsalz zu Tage gefördert worden; sein Reichthum ist aber noch so groß, daß das bereits aufgeschlossene Feld zu Befriedigung des Landes in den nächsten zweihundert Jahren hinreicht. Näheres s. oben bei Hall S. 12, 25 u. f.


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