« Kapitel B 16 Beschreibung des Oberamts Hall Kapitel B 18 »
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17. Gemeinde Steinbach,
bestehend aus 3 Parcellen und 1068 Einwohnern.
a. Steinbach, früher Steinwag, katholisches Pfarrdorf mit Marktgerechtigkeit und 989 Einwohnern, worunter 190 Evang. und 90 Juden. Hiebei sind die 158 evang. und 18 kath. Einwohner des zugehörigen Schlosses Comburg mitgerechnet. Steinbach ist ohne Gemeinderecht und Gemeinde-Eigenthum, da Comburg sich Alles daselbst angeeignet hatte. Der Ort liegt 1/2 Stunde südlich von Hall, mit diesem durch die sogen. Haalsteige verbunden, zunächst am Kocher, und ist Sitz des königl. Forstamtes, das uneigentlich von früher her noch Comburg genannt wird, sowie eines Amtsnotars und eines königl. Revierförsters. Den Zehenten und die Gefälle bezieht wegen | des Stiftes Comburg der Staat. Seit 1817 ist an den letzten für 11.716 fl. 7 kr. abgelöst worden.

Steinbach ist noch mit 4 Thoren versehen und war früher gegen Außen wohl verwahrt, da die Besitzungen der Schenken v. Limpurg und nachher der Stadt Hall bis hart an die Thore gereicht haben. Dasselbe ist fast ganz um den Hügel, worauf Comburg steht, herum gebaut, und wird durch den Waschbach, der hier in den Kocher fällt, bewässert. Die Baulast an dem Kochersteeg und an den Kocherufermauern, sowie an dem Waschbach, worüber ein 1842 erbauter Steeg führt, hat der Staat. Der Ort hat die wenigsten Geburten; sein Aussehen verräth alsbald, daß seine Einwohner nicht wohlhabend sind. Der Rindviehstand ist hier am Unbeträchtlichsten. (S. o. S. 75.) Zu Steinbach ist eine 1717 erbaute Kirche, zum heiligen Johannes dem Täufer, ein Pfarrhaus, das dem Staat gehörige Forstamtsgebäude und eine Schule, ein Hospital und ein Armenhaus. An der Kirche hat die Kirchenpflege die Baulast, an dem Pfarrhaus der Staat; das Schulhaus, in welchem zugleich das Rathslokal ist, hat die Gemeinde 1821 um 10.000 fl. vom Staat erkauft. Dieses große massive Gebäude war eine von Dekan Wilhelm Ulrich von Guttenberg gestiftete comburgische Convertitenanstalt. Die neue Synagoge, ein kleines solides Gebäude, ist Eigenthum der israelitischen Kirchengemeinde. Die Einwohner sind zum größten Theil arm, wiewohl es auch an thätigen Gewerbsleuten nicht fehlt. Es sind allermeist Maurer und Zimmerleute. Lehengüter waren, mit Ausnahme des Fronhofes, nie vorhanden, wohl aber 60 bis 80 sehr kleine Soldgüter, die Comburg gehörten.

Der Ort hat drei Schildwirthschaften mit Brauereien, zwei Mahl- und eine Säg-Mühle. Auch hat er, wie schon bemerkt, Marktgerechtigkeit; wahrscheinlich von St. Egidien her (s. unten S. 254). Alle öffentliche Lasten hatte früher das Ritterstift Comburg, dem Steinbach mit Mann und Maus gehörte, zu tragen; durch Vertrag von 1824 ist aber der gewöhnliche Gemeindeaufwand und die sonstigen öffentlichen Bedürfnisse von der Staats-Finanzverwaltung auf die sehr arme Gemeinde, welcher nun die Gemeindeschadensumlagen sehr wehe thun, übergegangen. – Das Patronatrecht steht von Comburg her der Krone zu. Zum Pfarrsprengel gehören die katholischen Antheile von Hessenthal, Thüngenthal und Ottenbach und die Katholiken in 12 umliegenden Orten. Die Evangelischen sind nach Hall, namentlich die Invaliden in Comburg nach Unter-Limpurg, eingepfarrt. Die Synagoge, an welcher ein Vorsänger steht, gehört in | den Rabbinatsbezirk Braunsbach. Neben dem Schullehrer stand früher und noch 1819 durch Stiftung des Dekans von Ostein ein Präzeptor. „Der ersame Herr, Herr Syfried Eckhart, zu dieser Zeit Schulmeister zu Kamberg,“ wird schon 1402 genannt. Noch jetzt hat der Pfarrvikar täglich eine Stunde Unterricht in der lateinischen Sprache zu ertheilen. Im Jahr 1822 wurde eine Industrieschule errichtet, in welcher überdieß 40 ärmere Kinder täglich je 11/2 Pfund Brod erhalten. Auch die Juden haben hier eine Schule mit einem Lehrer. Der Kirchhof der Christen liegt von jenem der Juden abgesondert, an dem Fußwege nach Hall und hat eine Kapelle.

Der von Dekan Erasmus Neustetter 1590 gestiftete Hospital zu Steinbach hat ein Kapital von einigen 40.000 fl.; die Ansprüche an denselben sind aber so stark, daß er stets gegen ein Deficit zu kämpfen hat. Das Armenhaus ist in Klein-Comburg auf einer südlichen Anhöhe von Steinbach und westlich von Comburg gelegen, in dem unten zu erwähnenden ehemaligen Franziskanerkloster St. Egidien oder Gilgen zu Nieder-Comburg oder Klein-Comburg, mit 14 vormaligen Zellen, eingerichtet, und wurde durch die Stiftungspflege 1821 von dem Staat zu diesem Zwecke um 1700 fl. angekauft. Unter den Gebäulichkeiten daselbst zeichnet sich eine 1108 im byzantinischen Styl erbaute Kirche in Kreuzesform, mit je vier ungeheuer massigen Säulen, aus, die aber nicht mehr zum gottesdienstlichen Gebrauch dient. Auch das Altargemälde aus der Zeit von 1630 bis 1660 ist gut. Neben diesen ehemaligen Klostergebäuden und in demselben Hofraum befinden sich noch die dem Staat gehörige Wohnung des königl. Revierförsters, in welchem früher das Forstamt war, nebst Ökonomiegebäuden.

Die Geschichte von Steinbach fällt ganz mit jener von Comburg zusammen, indem ohne allen Zweifel das Dorf unter den ersten Schenkungen der Kloster begriffen war. Im Jahr 1283 verzichtete Schenk Walther v. Limpurg auf seine Rechte, welche er zu Steinbach hatte zu Gunsten des Klosters Comburg und 1265 verglich er sich mit letzterem wegen der hiesigen Mühle.

Die Kirche zu Steinbach scheint eine der ersten Kirchen in hiesiger Gegend gewesen zu seyn; wie sie denn auch die Mutterkirche von St. Michael zu Hall war (s. o. S. 169). 1276 ist Volnandus de Rote plebanus in Steinbach (Wibel a. a. O. II. S. 87). Bei Abtretung der Jakobskirche in Hall an die dortigen Mönche 1236 sagt der Abt von Comburg, sein Kloster habe die Kirche Steinwag sammt dem Patronat durch Schenkung erhalten, und aus den | päpstlichen Bestätigungsbullen erhellt deutlich, daß es die drei Stifter Comburgs waren, welche das Patronat der Kirche „beati Johannis Baptiste in Steinwage“ und jenes „beate Marie Magdalene in Künselsawe“ Comburg geschenkt hatten. Somit ist die Kirche älter als das Kloster Comburg, sie wurde aber schon 1286 demselben incorporirt und von da durch ständige Vicarien versehen. Bis 1803 hatte Comburg das Patronat.

Auf dem Felsen, auf welchem die Kirche steht, soll eine Burg gestanden haben, welche der Sitz der Edeln v. Steinwag war, die wahrscheinlich Dienstleute der Herren von Comburg gewesen sind. Ein Hermann von Steinwag war 1267 Bürger in Hall; ein Conradus de Steinbach apud pontem ist 1293 Zeuge, und noch 1376 kommt ein Hermann von Steinpach vor.

Zu Steinbach gehört das ganz nahe, nordöstlich gelegene, vormalige Ritterstift Comburg, [1] früher Kamberg genannt, das auf einem freien, aus dem Kocherthal sich erhebenden, mäßig hohen Bergkegel liegt und mit seinen festen Ringmauern, imposanten Thürmen, malerischen Baumgruppen und Alleen und fruchtbaren Bergseiten ein ungemein freundliches Bild darstellt. Comburg ist jetzt der Sitz des königl. Ehren-Invalidencorps und führt, als vormalige Residenz königlicher Prinzen, noch die Benennung eines königl. Schlosses. Dasselbe wird aus etwa zwölf ganz massiven, innerhalb der Ringmauern stehenden Stiftsgebäuden, worunter die Obervogtei, die alte und neue Dechanei etc. gebildet, welche der k. Kriegsverwaltung für das Invalidencorps eingeräumt sind. Einige andere Gebäude gehören gleichfalls dem Staate, in deren einem die mit dem Forstamt verbundene Holzsamen-Ausklenganstalt sich befindet. Ebenfalls Eigenthum des Staates sind nachfolgende Gebäude: die durchaus von guten Steinen bis unter das mit Schiefer gedeckte Dach erbaute Stiftskirche zum heil. Nicolaus. Sie wurde 1707 bis 1715 von würzburger Künstlern zwar im sogenannten Zopfstyle erbaut, ist aber prachtvoll und in imposanten Verhältnissen ausgeführt und namentlich durch die reichen Verzierungen der Säulen ausgezeichnet. Nur die drei, bis zum Knopfe steinernen Kirchthürme, welche noch von der ersten Klosterkirche herrühren, sind von höherem Alter und lassen schließen, daß die letztere eine Säulenbasilika gewesen. Die Thürme sind viereckig bis zu der sich ins Achteck umsetzenden stumpfen, steinernen | Pyramide. Sie wurden ums Jahr 1080 bis 1140 erbaut, sind aber bereits mit einzelnen Spitzfenstern versehen. In denselben hängen neun harmonisch klingende Glocken. Die Kirche hat eine Orgel mit 22 Registern, 2 Oratorien und 2 Haupt- und 4 Neben-Altäre. In dem großartig schönen Chor ist eine halberhabene Arbeit in Alabaster bemerkenswerth, deren Köpfe gut gearbeitet sind, die Kreuzesabnahme vorstellend, von Veit v. Eltershofen in die Josephskapelle gestiftet. Sehr merkwürdig ist der schöne einst an Gold und Edelsteinen reiche Hauptaltar in byzantinischer Arbeit, mit schönen Bildern in getriebener Arbeit und mit Emaille (abgebildet bei Boisserée Denkmale der Baukunst am Niederrhein). Er wurde von dem dritten Abt Hartwig errichtet und steht über dem Grabe der Stifter des Klosters. Rüdiger, der achte Abt, ließ die Gebeine der Grafen Burkhard und Heinrich, der Stifter, sowie des Wignand v. Castell und des Abtes Hartwig ausgraben und in einem steinernen Sarg unter diesem Altar beisetzen. Als Abt Ernfried II. 1468 das Grab öffnen ließ, fand man die Gebeine der Stifter in einem, die des Wignand in einem andern und die des Abtes Hartwig in einem dritten ledernen Sacke, daneben vier bleierne Tafeln, worauf in lateinischer Schrift die Todestage der Verstorbenen verzeichnet waren. Über dem Hauptaltar hängt ein von Abt Hartwig gestifteter, reich vergoldeter Kronleuchter mit 12 Thürmchen und 12 Brustbildern. Er wurde 1570 renovirt und mit einer lateinischen Umschrift versehen. Die rings herum laufenden schönen Arabesken mögen noch aus den ältesten Zeiten herrühren. Die Kirche ist der Gemeinde Steinbach zum sonn- und fest-täglichen Gebrauch eingeräumt, indeß die wenig geräumige Dorfkirche nur noch zum werktäglichen Gottesdienst bestimmt ist. An die Kirche stößt der verfallene Kreuzgang mit der Josephscapelle und die an diese angebaute Schenkencapelle, das vormalige Erbbegräbniß der Schenken von Limpurg. Mit Ausnahme einiger Statuen und Grabsteine der Schenken, die kaum noch lesbar sind, ist in der letztern nichts mehr vorhanden. (S. Prescher a. a. O. I. 155, 160, 178). Zwischen der Kirche und der neuen Dechanei steht ein räthselhaftes steinernes Gebäude, durch welches man auf den Kirchhof gelangt. Es diente einst zum Archiv und zur Schatzkammer; ob es aber ursprünglich ein Baptisterium oder ein Oratorium gewesen, ist noch unentschieden. Es ist sechseckig, romanischen Styls, stammt wohl aus der Mitte des 12. Jahrhunderts und ruht auf einer prachtvollen Säule. Die innere Wand zeigt Heiligenbilder, aus dem 15. Jahrhundert. (S. Kunstblatt zum Morgenblatt, 1843. S. 218.) Von gleichem Alter ist die Begräbnißcapelle und der innere Thorbau. Der letztere ist | ein um so interessanteres Baudenkmal, als romanische Reste nichtkirchlicher Architektur so äußerst selten sind. Namentlich ist der kleine Thurm auf diesem Gebäude von den schönsten Verhältnissen. (Kunstblatt a. a. O. und Jahresbericht des wirt. Alterthumsvereins, 1844, wo auch eine Abbildung durch Hrn. Prof. v. Mauch).

Capellen waren in älteren Zeiten noch mehrere vorhanden: die zum heil. Bartholomäus war die älteste; die zu St. Michael auf dem innern Thorbau, die Erhardscapelle, die Mariencapelle u. a. werden 1329 bis 1520 genannt.

In den vorerwähnten 12 Gebäuden ist das etlich und dreißig Mann zählende anwesende Ehren-Invalidencorps untergebracht; die Wohnung des Commandanten steht außerhalb der Ringmauern. Für die Kinder der Invaliden besteht eine eigene Garnisonsschule. Nach seiner Säcularisation diente Comburg einige Zeit zur Residenz des Prinzen Paul von Württemberg und seiner Gemahlin, die ihm hier am 21. Februar 1808 den Prinzen Friedrich Königl. Hoheit gebar. Zu Ende des J. 1816 wurde das königl. Ehren-Invalidencorps von Stuttgart hierher verlegt. Daß hier früher der Sitz eines Stabsamtes und Cameralamtes war s. oben S. 112.

Auf dem Berge, wo nun Comburg, stand einst eine Burg mit einer Colonie von Hintersaßen und Dienstleuten. Sie hieß von dem nahen Fluß „Kochenburg“ (nach einer Urkunde von 1080 „oppidum Cochenburg“) woraus später durch Zusammenziehung Camberg und Comburg entstand. Hier saß ein reichbegütertes, mächtiges Dynastengeschlecht, das ohne Zweifel von den Kochergaugrafen abstammte und sich bald Grafen von Comburg und bald Grafen von Rothenburg an der Tauber schrieb (Bensen hist. Unters. über Rothenburg S. 56. Pfaff in den württ. Jahrb. 1844, I. 171. Stälin a. a. O. I. 571. 591. II. 412 etc.) Der Erste dieses Geschlechtes, welcher urkundlich genannt wird, ist Graf Burkhard von Comburg, 1037 als Schirmherr des Stiftes Oehringen bezeichnet (Wibel a. a. O. II. 10). Widemann will wissen, daß schon ums Jahr 890 ein Graf Richard dieses Geschlechtes von einem andern Geschlechte die Burg, die bis dahin vom Bisthum Augsburg zu Lehen gegangen sey, erworben, von diesem Verbande frei gemacht und neu aufgebaut habe. Im J. 1078 finden wir aber vier Brüder dieses Hauses, wahrscheinlich Söhne eines zweiten Grafen Richard, [2] nämlich Burkhard, | Rugger, Heinrich und Emehard, Grafen von Rothenburg. Emehard starb 1104 als Bischof von Würzburg; von seinen Brüdern aber erzählen die Chroniken, daß sie auf Comburg ein wüstes Junggesellenleben geführt und die gräfliche Burg einem Raubschloß ähnlich gewesen sey. Nun habe sich begeben, daß Graf Burkhard unter der Eiche bei der St. Bartholomäuscapelle neben dem Schlosse Comburg, welche die Benediktiner zu St. Jakob in Hall abwechslungsweise zu versehen hatten, einen Traum hatte, in welchem er das Schloß in eine Kirche verwandelt sah; auch wollten Landleute von Hessenthal, die in der Christnacht die Messe in ihrer Pfarrkirche zu Steinbach hören wollten, auf Comburg einen großen Schimmer von Wachskerzen erblickt haben. Darüber gingen die drei Brüder in sich; sie beschlossen, um das Gesicht der Gläubigen in Erfüllung zu bringen, Burg und Städtchen abzubrechen und ein Kloster dahin zu bauen, und würden den Entschluß auch sogleich ausgeführt haben, wenn sie nicht von König Heinrich IV. zu einem Heerzuge nach Sachsen aufgeboten worden wären. Als er aber heim kam, nahm Burkhard etliche Mönche aus St. Jakob zu sich und legte selbst das Ordenskleid an; er fing 1079 mit dem Bau des Klosters und der Kirche an und entledigte sich des Hofgesindes, das sich hierüber lustig machte, mit Gewalt. Nach zwölf Jahren war der Bau vollendet. Soweit die Chronik des comb. Domherrn Schenk von Schenkenstein. Der Stiftungsbrief ist vom J. 1090 (abgedruckt in Gudeni Cod. dipl. I. Nro. 16). Hienach nahm am 21. December 1089 Bischof Emehard von Würzburg die Einweihung vor, welcher die drei Grafen, Geta, die Gemahlin des Grafen Heinrich und viele andere Grafen und Edle anwohnten. Das Kloster sollte Benediktinerordens und auf Burkhards ausdrücklichen Willen dem Erzbischof von Mainz unmittelbar untergeben seyn. Dafür sollte es jährlich eine Bischofsmütze und zwei Corporale auf den Altar des heil. Martin nach Mainz geben. Die Stiftung geschah „in honore S. genetricis Marie et S. Nicolai in monte qui Kamberg nominatur,... ad quod ipsum locum cum omnibus nunc in presentiarum illuc collatis justitiis et pertinentiis prediorum et mancipiorum seu quarumcumque rerum ex toto (sc. Graf Burkhard) super altare S. Nicolai libera manu sua et fratrum suorum, comitis scilicet Ruggeri et Henrici, tradidit Deo et S. Nicolao in proprietatem.“ Erzbischof Emehard stiftete Zehentrechte zu Bretzingen etc. und zwei Weinberge mit Höfen in Rüdesheim und Lorsch. Er starb wie erwähnt 1104. Rugger vermachte dem Kloster sein Besitzthum zu Edelfingen und trat eine Fahrt ins gelobte Land an, wo er unvermählt starb. Burkhard, der noch 1096 lebte, starb als Mönch in Comburg. Heinrich war einer | der ersten Schirmvögte des Klosters, starb aber ebenfalls 1108 kinderlos. So fielen die reichen, bei Hall und bei Rothenburg an d. T. gelegenen, Besitzungen dieses Geschlechtes an das verwandte Haus der Hohenstaufen.

Das Kloster, dessen erste Bewohner aus St. Jakob in Hall kamen, wurde reich begabt. Zunächst mit der Herrschaft Comburg nebst Neuenburg und Gütern zu Thüngenthal, Otterbach, Reinsberg etc. Dazu gab Graf Heinrich nicht nur seinen Antheil an derselben, sondern auch zwei Höfe in Gebsattel bei Rothenburg mit einigen Weilern, sowie Fischach, Güter zu Sulzdorf, Winzenweiler, Markertshofen und Thalheim. Gleich Anfangs schenkte Ritter Albert v. Bielrieth die Hälfte von Bielrieth und Cröffelbach, die Mühle zu Hohenstadt (Neunbronn), Güter zu Geifertshofen, Gebenweiler, Treuerzen, Regenhersweiler (Reippersberg?), Wendeneich (Übrigshausen) und Altenwinnenden, Ministerialen zu Ramsbach und Leibeigene. Er übergab dem heil. Nicolaus seinen Rittergürtel und trat als Mönch ein. Bald nach der Einweihung des Klosters trat auch Wignand von Castell bei Mainz in dasselbe. Beim Abbruch seines Hauses hatte er nämlich einen großen Schatz gefunden, den er und seine Gattin nicht behalten mochten. Mit demselben kauften sie viele Güter und Wignand brachte ins Kloster mit: 60 Mrg. Weinberge und andere Güter in Castell, Ingelfingen, Igersheim, Gaisbach, Laurach, Thüngenthal, Haßfelden, Tullau, Widdern, Nesselstadt, Allmerspann, Wüstenau, Zimmern, Creglingen etc. Um dieselbe Zeit schenkte Graf Engelhard v. Lobenhausen dem Kloster die Klause Mistlau. Über mehrere kleinere Schenkungen gibt die Ortsbeschreibung Aufschluß. In die ersten Zeiten des Klosters fallen auch noch die Schenkungen von Schloß und Kirche Stein am Kocher bei Künzelsau, durch Mechtild von Meerwolt, und von der Burg Nußbaum an der Jagst durch die Ritter Marquard von Nußbaum. Aus beiden wurden sogenannte Exposituren oder Propsteien gemacht. Die Präposituren Stein und Nußbaum werden noch 1457 genannt.

Hinsichtlich der Privilegien und Rechte Comburgs ist zu erwähnen, daß die Mönche, vermöge des Stiftungsbriefes, der von allen Päpsten bestätigt wurde, das Recht der freien Wahl sowohl ihres Abtes, als auch ihres Schirmvogtes und die Entlassung des letzteren hatten. Auch soll der Abt von der Heeresfolge (in expeditionem ire) und von dem Besuche der Land- und Gerichts-Tage befreit seyn. Das erste noch im Staatsarchiv verwahrte weltliche Privilegium ist vom 13. Aug. 1138 von König Conrad III. Dieser nahm auf die Bitten seiner Gemahlin Gertrud (von Sulzbach) das Kloster in seinen besondern Schutz und sprach es von den | Anforderungen aller andern Herren frei, ausgenommen die hergebrachten Rechte des Bischofs von Würzburg, auch bestätigte er die Wahl eines Afterschirmvogtes. Kaiser Rudolph bestätigte 1273 diese Rechte gleichfalls, und ihm folgten hierin fast alle deutschen Kaiser. Obgleich Comburg dem Erzbischof von Mainz unmittelbar untergeben war, so hatte doch der Bischof von Würzburg das Ordinariat bei demselben, und ein Streit über die Investitur des Abtes zwischen Mainz und Würzburg wurde 1216 durch den Papst zu Gunsten Würzburgs entschieden. Daher förderten auch die Bischöfe von Würzburg das Beste Comburgs bei jeder Gelegenheit. Nach Obigem stand das Kloster, wenigstens im Mittelalter, unmittelbar unter den Kaisern (König Carl nennt es 1359 „Unseres und des Reiches Kloster“) und seine Bemühungen um die Reichsstandschaft gingen auch um die Mitte des 15. Jahrhunderts in Erfüllung. Denn auf dem Reichstage im J. 1467 wurde es mit einem Mann zu Fuß und einem Mann zu Roß gegen die Türken, angelegt; nach der Erhebung zum Stift leistete es, 1521, 3 Mann zu Fuß, ein Mann zu Roß und 30 fl. Kammergerichtskosten.

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Die Schirmvogtei stand, wie schon erwähnt, bei dem Kaiser, unbeschadet des Wahlrechtes eines Untervogtes. [3] Als erste Schirmvögte treffen wir 1096 den Grafen Rugger und 1107 den Grafen Heinrich von Comburg; kurz zuvor oder hernach aber einen Engelhard von Lobenhausen, der selbst Mönch in Comburg wurde und mit seinem Bruder Ludwig vor der großen Kirchthüre daselbst begraben liegt. Von der Freiheit, seine Untervögte zu wählen, machte Comburg mehrmals Gebrauch. Im Jahr 1156 war der jüngste Sohn König Conrads III., Herzog Friedrich, als Herzog von Franken und – im Besitze der Güter der Stifter – Rotenburgicus zugenannt, dessen Schutzherr; der Schutz blieb auch noch einige | Zeit nachher bei den Hohenstaufen. Im Jahr 1236 hatte aber Comburg denselben der Stadt Hall übertragen. Wie jedoch König Conrad IV. den Schutz über Hall den Schenken von Limpurg verpfändet hatte, so versetzte er auch um die Mitte dieses Jahrhunderts die Vogtei über Comburg an Schenk Conrad. Vergebens beklagte sich das Kloster lange über Beschädigungen durch denselben, bis endlich Walther 1270 verzichtete (Prescher a. a. O. I. 151). Im J. 1317 überträgt König Ludwig den Schirm dem Erzbischof von Mainz; 1318 ist wieder Hall Vogt; 1333 aber überträgt König Ludwig den Schirm dem Kraft von Hohenlohe (Hanselmann a. a. O. I. 96). Weil sich jedoch dieser mit Comburg über das Schloß Nagelsberg stritt, so übertrug der Kaiser schon 1335 den Schirm seinem Landvogte Heinrich von Dürrenwang (Menken a. a. O. S. 425); allein bereits 1349 ist wieder die Stadt Hall im Besitze. Von da bis 1479 übte diese den Schirm ununterbrochen aus. Nun aber klagte Comburg über ungenügenden Schutz und übertrug dem Bischof von Würzburg den Schirm, was König Friedrich 1485, der Gegenvorstellungen Halls ungeachtet, bestätigte. In demselben Jahre jedoch übertrug der Bischof mit kaiserlicher Genehmigung den Schutz als ein Aftermannlehen den Schenken von Limpurg, die dagegen dem Bischof vier bei Würzburg gelegene Dörfer lehenbar machten. Die Schenken (je der Älteste) blieben auch im Besitze; wenige Stunden nach dem Tode des letzten Limpurg, des Schenken Vollrath zu Ober-Sontheim, am 19. August 1713, nahm aber Würzburg den Schirm wieder an sich, um ihn nicht wieder zu vergeben, sondern ihn künftig selbst auszuüben.

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So sehr sich nun auch im Anfang die Gläubigen beeifert hatten, „den Mönchen den Tisch zu decken,“ so fing doch schon zu Ende des 12. Jahrhunderts diese so reiche Quelle an zu stocken. Die Schenkungen hörten fast ganz auf, schlechter Haushalt im Innern, Beeinträchtigungen von Außen und der mit dem häufigen Wechsel der Schirmvögte verbundene besondere Aufwand brachte das so reich dotirte Kloster schon um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts dahin, daß es kaum mehr bestehen konnte. Im J. 1319 gaben sogar Prior und Convent dem Abte Vollmacht, so gut er könne für das Kloster zu sorgen, und verließen dasselbe, um in andern Klöstern ein Unterkommen zu suchen. In der Urkunde sagen sie selbst, daß sie 3500 bis 3700 Pfd. Heller Schulden hätten, während ihre Einkünfte nur 120 Pfd. betrügen. Bald darauf, als die Mönche sich wieder gesammelt hatten, schlug 1324 das freundschaftliche Verhältniß zu Hall in einen offenbaren Krieg um, in welchem der Abt Conrad (v. Münkheim) selbst den Harnisch anlegte, um sein Heil im Kampfe zu versuchen. Er wurde aber, schwer verwundet, | von den Hallern gefangen und ins Gefängniß geschleppt und erst auf Verwendung des Erzbischofes von Mainz – der Bischof von Würzburg hatte die Stadt in den Bann gethan – unter der Bedingung eines Schadenersatzes an Hall, frei gelassen. Die Klagen Comburgs über Beeinträchtigungen durch Bischöfe und Prälaten sowohl, als durch Fürsten, Grafen, Freiherrn, Edle und Bürger dauerten fort. Es wurde namentlich 1350 von seinen Nachbarn unbarmherzig ausgeplündert und insbesondere durch die nahen Schenken von Limpurg hart mitgenommen, so daß sich Kaiser Carl an Georgi 1359 gemüßigt sah, solches den Schenken Albrecht und Conrad bei Strafe zu untersagen. Im J. 1423 gestattete der Bischof von Würzburg, einen Theil der Mönche in andere Klöster zu versenden, „in quibus,“ wie er sagt – „religio melius, quam in vestro monasterio observatur, ut ibidem informationem recipere valeant ad instituendum se et alios in disciplina regulari.“ Aus einem päpstlichen Breve von 1427 (bei Menken a. a. O. 397) erhellt, daß dem Kloster in jenen stürmischen Zeiten Alles, was zur Leibesnothdurft gehört, nebst Reliquien, Kirchenbüchern und Urkunden entfremdet worden war. Dasselbe suchte sich zwar durch Incorporation mehrerer Kirchen zu helfen; allein es fruchtete wenig. Durch die Noth gedrungen mußten die Propsteien Nußbaum und Stein, sowie die bedeutenden Gefälle um Mainz veräußert und 1483 mehrere Güter und Rechte in und um Künzelsau an Hohenlohe verkauft werden. Von noch größerem Umfange waren aber die Güter und Rechte, welche Comburg 1521 in unserem Bezirke um die damals sehr bedeutende Summe von 12.000 fl. an die Stadt Hall zu veräußern genöthigt war. Der Reformation widersetzte sich Comburg mit allen Kräften; es mußte sie aber um so mehr aufbieten, als 1552 selbst der Pfarrer von Steinbach sich für die neue Lehre erklärt hatte. Gleichwohl waren die Kräfte des Stiftes zu schwach, als im dreißigjährigen Kriege, 1631 der schwedische Oberst Scaralytzgi dieselbe mit Gewalt einzuführen kam; denn alle Katholiken entflohen und die Stiftsherrn konnten erst 1634 nach der Niederlage der Schweden bei Nördlingen zurückkehren.

Was die innere Einrichtung des Klosters betrifft, so finden wir im 13. Jahrhundert außer dem Abte, einen Prior, einen Custos, einen Camerarius, einen Cantor und 10 bis 12 Mönche. Schon von Anfang an war eine große Anzahl derselben von Adel. Abt Conrad von Entsee aber machte 1215 das Statut, daß fortan auf ewige Zeiten kein Mönch angenommen werden solle, der nicht von Vater und Mutter her von Adel sey.

Am 5. December 1488 ging der lang gehegte Wunsch der Mönche, das Kloster in ein weltliches Chorherrnstift oder in | ein Ritterstift zu verwandeln, in Erfüllung (Prescher a. a. O. I. 205). Dasselbe sollte unter einem Propst, einen Dekan, einen Scholaster, einen Cantor, einen Custos, 10 Domherrn, die alle edeln Geschlechts, sowie zwei solche, die Doktoren der heil. Schrift oder der Rechte seyen, und einige Chorvicarien haben. Die Propstei wurde jedoch bald nicht mehr besetzt, und in jüngerer Zeit fanden sich außer dem Dechanten nur 8 Domherrn, dagegen aber 12 Chorvicarien. Die Afterschirmvögte hatten das Recht, in den päpstlichen Monaten alle Dignitäten und Pfründen, die Propstei aber das ganze Jahr hindurch zu verleihen.

Die etwas lückenhafte Reihe der Äbte ist folgende:

1) Hemmo, starb in Lorch; 2) Günther oder Adelram, wird 1096 genannt; 3) Hartwig, machte bedeutende Schenkungen, trug viel zur Aufnahme des Klosters bei und umgab dasselbe mit einer Ringmauer. 4) Adalbert oder Albert, wird 1145 und 1156 genannt; 5) Gernold oder Germann, starb 1158 als postulirter Abt von Fulda; 6) Engelhard, Leo genannt, wurde bei St. Jakob in Hall, wo er Conventual gewesen, begraben; 7) Werner, wie so eben; 8) Rüdiger, aus dem haller Geschlechte der Sulmeister; 9) Wolfram oder Volkhard, starb in Nußbaum und wurde dort begraben; 10) Walther oder Werner, wurde im Kloster Murrhardt beerdigt (nach Andern Berthold von Michelfeld, 1213 gestorben); 11) Conrad I. von Entsee; 12) Conrad II. von Entsee 1215, veranlaßte das Statut, daß nur Edle aufgenommen wurden; 13) Eberhard Philipp von Eltershofen, starb 1230; 14) Emerich von Bebenburg; 15) Heinrich von Scheffau oder Münkheim, starb 1241; 16) Berthold von Michelfeld (s. zuvor; nach Andern Berthold von Hohenstein); 17) Siegfried von Morstein (nach Andern von 1265 bis 1315); 18) Heinrich Berler von Tullau, welcher sich von Brötzingen schrieb, kommt 1256 vor; 19) Burkhard Senft, Beringer Sulmeister genannt, starb im Kloster Murrhard; 20) Conrad von Anhausen, starb 1273; 21) Wolfram von Bielrieth; 22) Conrad von Münkheim, regierte 41 Jahre und starb 1365 (nach Andern zuvor noch ein Conrad, der 1318 resignirte); 23) Heinrich Sieder, starb 1353 oder 1375; 24) Seyfried II. von Morstein, 1351, nach Andern Rudolph von Güntershofen oder von Münkheim, starb 1377 oder 1380; 25) Erkinger Veldner, starb 1399 oder 1401; 26) Ernfrid I. von Vellberg, starb 1421; 27) Gottfried von Stetten starb 1451; 28) Ernfried II. von Vellberg, starb 1476; 29) Andreas von Triftshausen, starb 1485; 30) Hildebrand von Crailsheim. Er war gegen das Vorhaben der Mönche, das Kloster in ein Stift zu verwandeln; als er daher einst von Würzburg heimritt, ließen | ihn diese nicht wieder in das Kloster ein. Er zog deßwegen nach Hall in das Haus seiner Schwester, die Hans von Morstein zum Ehemanne hatte, und starb daselbst in großer Bekümmerniß; 31) Seyfried vom Holz war der letzte Abt und erste Propst, er starb 1504.

Der letzte Propst und Dechant war Johann Gottfried Franz Lothar von Greifenklau; er überlebte die Säcularisation des Stiftes und starb 1805.

Die Mönche und Chorherrn Comburgs führten, wie wir hier theilweise sahen, eben kein exemplarisches Leben; sie trieben sich auf Jagden und in Fehden herum und machten sich mit der Welt lustig, versäumten den Dienst des Altares und die klösterliche Obedienz und hielten nicht viel auf gute Ökonomie. Von großen Verdiensten um Kunst und Wissenschaft kann daher die Rede nicht seyn. Bloß die Bibliothek ist zu erwähnen, welche der Dechant Erasmus Neustetter (gestorben 1594) mit mehreren Kunstschätzen in Österreich angekauft hatte und wegen ihrer Handschriften und Incunabeln höchst werthvoll war. (S. Gräter’s Bragur, VIII. 224 etc.)

Das Wappen des Klosters und Stiftes bestand in jenem, das seine Stifter geführt hatten: in einem goldenen Löwenkopfe, in dessen Mund ein goldener Sparren, im blauen Felde; auf dem Helm eine weiße Taube mit ausgebreiteten Flügeln. Die Besitzungen Comburgs, welche in älteren Zeiten noch viel bedeutender waren, bestanden um’s Jahr 1700 in dem Amt Gebsattel, im Rothenburgischen an d. T., in den Lehengütern zu Ingersheim, Enslingen und Reinsberg, bis 1641, 1647 und 1651 an die Senfte v. Sulburg, v. Crailsheim und Schletz verliehen; ferner in den Vasallen- und Ritter-Mannlehen Michelbach an der Lücke, womit die Grafen von Schwarzenberg, dem Horderholz ob Klingen, womit die Grafen von Hatzfeld; Antheil an dem Schloß Bardenau in Künzelsau, womit die Stadt Hall; der Obermühle zu Jagstheim, womit die von Ellrichshausen; Antheil an Nagelsberg, Morsbach und Künzelsau, womit die von Stetten, und den Zehenten zu Rottenweiler im Anspach’schen, womit die Drechsel von Dinkelsbühl belehnt waren. Sodann besaß Comburg 295 Erblehen oder Erbbestandgüter und über 136 derselben die Vogtei. Die Dörfer Steinbach, Hausen an der Roth und Groß-Allmerspann besaß es ganz; ferner in 70 Orten Zehentrechte und in mehreren Patronatrechte, sowie 30.000 Morgen Waldungen. – Die Criminalgerichtsbarkeit stand Comburg nirgends zu; Limpurg aber sprach sie als Afterschirmvogt noch bis 1713 in Comburg und Steinbach an; damals fiel sie aber an Würzburg. Auch seine Reichsunmittelbarkeit (s. oben) hatte es eingebüßt, | indem Würzburg sich seit 1541 in den Bezug nicht nur der jährlichen Beeden und Schatzungen in den comburgischen Orten, sondern auch der Reichssteuer von denselben zu setzen gewußt hatte. Von jener Zeit an stand Comburg unter der Hoheit Würzburgs und wurde auch von Würzburg auf den Reichs- und Kreis-Tagen vertreten, bis es wie S. 110 bemerkt mit 3709 Einwohnern der Krone Württemberg als Entschädigung zufiel und am 1. Okt. und 24. Nov. 1802 in Besitz genommen ward. Schulden brachte das Stift selbst keine mit.

Südwestwärts von Comburg, auf der halben Höhe des Gebirges, welches der Kocher auf der rechten Seite beschränkt, stand das Nonnenkloster St. Egidien, oder St. Gilgen, auch Klein-Comburg genannt (s. o. S. 243). Dasselbe wurde bald nach Einweihung des gegenüberliegenden Mönchsklosters von Graf Heinrich v. Comburg und dem mainzer Bürger Wignand gebaut und 1102 eingeweiht. Sowohl die Gattin des Erstern, als die des Letztern, Adelheid, nahmen hier den Schleier. Noch 1265 wurde bei dem Kloster ein besuchter Markt gehalten, wie denn Schenk Walter in dem gedachten Jahr verspricht „forum annuale ad S. Egidium“ an einen andern Ort nicht zu verlegen. Allein schon 1283 finden wir einen „Herrn Bertold Propst zu St. Egidien,“ und 1345 einen „Walterus prepositus seu Capellanus coenobii S. Egidii in minori Camberg, ad dictum monasterium“ (Comburg) „immediate spectantis,“ woraus folgt, daß das Kloster eingegangen und von Comburg incorporirt, jedoch noch besonders verwaltet worden war. Wann das nachmalige Franziskanerkloster hier eingerichtet worden, ist unbekannt. Es bestand bis 1803.

b. Einkorn, Weiler mit 12 Einwohnern, worunter 3 Kath., bestehend aus der Wohnung eines königl. Waldschützen und dessen Ökonomiegebäuden, und den Ruinen einer 1710 an der Stelle der alten erbauten comburgischen Wallfahrtskirche zu den 14 Nothhelfern, welche am 6. Mai 1814 durch Blitz entzündet, abbrannte, und bis 1803 von den Franziskanermönchen von Klein-Comburg versehen worden ist. Auf dieselbe ist jetzt auf Rechnung der Amts-Corporation eine Hochwache gebaut, welche von einem Wächter bewohnt wird, der zugleich bestimmt ist, die Fremden zu bedienen, welche den, auf gleiche Rechnung aufgestellten Tubus benützen wollen, um die herrliche Aussicht von diesem 1570 pariser Fuß hohen und steilen Berge (s. oben S. 18), welche sich über das hallische, limpurgische und hohenlohensche Gebiet, nach Hohenstaufen, Rechberg, Ellwangen und Kapfenburg, und weithin gegen Franken ausdehnt, zu genießen. Eine daselbst aufgestellte Allarmkanone ist bestimmt, Feuersignal zu geben. – In der Nähe ist ein 2 M. großer See.

| An den Einkorn knüpfen sich einige Volkssagen, die uns Hr. Pfarrer Cleß mitgetheilt hat. Die erste ist jene vom Rehberger oder Rechberger.

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Derselbe ist der Rübezahl des hallischen Landes, obschon nicht in dem wohlthätigen und hülfreichen Sinn, in welchem sich der Geist des Riesengebirges kund gibt. Rehberger ist der neckische Spuck-, Irr- und Polter-Geist, der die Spätlinge, die mit etwas zu voller Ladung heimkehren, die Händler, welche ein nicht ganz moralisches Profitchen im Gurt, oder ein dergleichen Projekt im Kopfe durch die Nacht tragen, die menschlichen Kater, die „um die Feuerleitern streichen,“ die Fuhrleute, welche, um die bei Tag in den Wirthshäusern versäumte Zeit hereinzubringen, nächtlicher Weile ihr armes Gespann bergauf plagen, irre führt. Bald leuchtet er als eine Feuersbrunst in einer benachbarten Ortschaft und lacht unbändig, wenn die Gefoppten den brennenden Weiler unversehrt und in tiefster Ruhe finden; bald schreit er kläglich um Hülfe, und scheint sehr befriedigt, wenn die zu Hülfeeilenden in eine Pfütze plumpen; bald knarrt und ächzt er als überladener Wagen mit Peitschengeklatsch und Fluchen eine Steige hinauf, und ist plötzlich stille, wenn die, welche Beistand leisten wollen, ihr eigenes Fuhrwerk in einen Graben absetzen; bald humpelt er als ein müder, gebückter Wanderer mit einem Wesen, als wünsche er die Gesellschaft des Nachschreitenden, auf einem Fußpfade voraus, und ist jählings verschwunden, wenn dieser von einem herabhängenden Baumast einen Schlag vor den Schädel erhält, oder seine Beine gen Himmel kehrt; bald tanzt er als ein Licht voraus, und verlischt, wenn die Leute nach einigen Stunden genau wieder an den Ort anlangen, von wannen sie ausgegangen sind. Sein Gebiet ist die ganze Gegend, welche vom Kocher- und Bühler-Fluß umschlossen wird, also vorzugsweise die sogenannte thüngenthaler Ebene bis Ober-Sontheim, und das Fischerthal, sein eigentlicher Sitz aber der Einkorn, der sich zu den oben beschriebenen Operationen dadurch besonders eignet, daß sich dieser Berg sammt seinen Ausläufern als einziger Höhepunkt mitten in der Ebene erhebt, und somit auch bei Nacht, zumal wenn der Spuck ein feuriger ist, weithin sichtbar wird. Überdieß führt die Landstraße, von Hall nach Ellwangen, welche die einzige Communikationslinie zwischen dem östlichen und westlichen Theil des Oberamts bildet, über die nordöstliche Abdachung des Einkorns, und ist somit durch ihre Frequenz ein auserlesener Schauplatz für Rehbergers Thätigkeit. Die Sage meldet, Rehberger sey der Befehlshaber eines Fähnleins Haller gewesen, das er im Kriege, wahrscheinlich im Städtekrieg, entweder zum Feinde übergeführt, oder zur Niedermetzelung | in die Hände gespielt habe, und dabei selbst umgekommen sey. Seitdem sey er verdammt in dieser Gegend, entweder weil sie seine Heimath, oder der Schauplatz seiner Verrätherei war, ruhelos sich und Andern zur Geißel umherzuspucken. Wahrscheinlich steht diese Sage in Verbindung mit einer Fehde, welche die Haller (nach Crusius 61, 1. S. 313) gegen das Jahr 1444 oder 1449 nach Widemann mit den Herren v. Rechberg führten, und in der sie ihnen zwei Schlösser zerstörten und den umhergelegenen Wald umhieben. Als sie sich hierauf in einiger Unordnung und mit allzuweiter Vorausschickung der Reiterei, beutebeladen gegen Gmünd zurückzogen, that einer der Herrn von Rechberg, im Bund mit dem Grafen von Württemberg, einen Ausfall aus dem Schloß Rechberg, machte 54 Hallische nieder und führte deren 68 sammt der wieder gewonnenen Beute als Gefangene nach Göppingen.

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Die zweite Sage handelt vom „Jäger-Cuornle“ (Conrad). Jäger-Cuornle war vor nicht gar langer Zeit ein Forstknecht auf dem Einkorn, der hatte seine Seele dem Teufel verschrieben, dafür, daß er Alles treffe, was ihm vor den Schuß käme. So ward er der Tod alles Wildes, aber auch der Schrecken der Wildschützen, deren mehr als einer seinem Geschoß erlag. Er hielt zugleich eine Schenke auf dem Einkorn und hatte vielen Zuspruch von den benachbarten Ortschaften und von den angesehensten Einwohnern von Comburg, Steinbach und Hall; denn er war, obschon ein unheimlicher, doch ein wohlgebildeter interessanter Mann, von feinen Sitten, und das Unheimliche zieht bekanntlich auch an. Eines Tages nun gab er Tanz und Spiel in seinem Hause, zu dem sich viele und vornehme Gäste aus den obigen Orten einfanden. Als der Reigen im vollen Zuge war und der Einkorn von Geigen und Flöten wiederhallte, wurde Cuornle plötzlich hinausgerufen: es läge unter einer nahen Eiche ein prächtiger Edelhirsch, dem Verenden nahe. Cuornle ging und mit ihm einige Andere vom Handwerk. Am Platze angelangt fanden sie den Hirsch nicht, wohl aber den Boden und das Gebüsch umher zerstampft und zerwühlt. Nun hieß Cuornle die Andern zurückbleiben: er wolle den Hirsch, der sich nur ins Buschwerk zurückgezogen haben könne, allein suchen. Plötzlich hörten die Männer ein Ringen und ein ohrenzerreißendes Hülfsgeschrei und als sie herzueilten, fanden sie eine große Lache Blut, aber weder Hirsch noch Jäger-Cuornle mehr. Seine Zeit war um gewesen, und entweder hatte er sie ganz vergessen gehabt, oder seine Angst betäuben, oder den Teufel durch irgend eine List hinauszuziehen und um seine Seele zu betrügen gesucht; der aber weiß Zeit und Stunde besser, und gehet umher, wie ein | brüllender Löwe, zu suchen, wen er verschlinge. Seitdem jagt der Cuornle oft nächtlich durch den Forst und führt die benachbarten Jäger, welche Wilderer in ihm vermuthen, irre, mit manchen Bauern dagegen scheint er sich gut zu stehen, und ihre Büchsen zu laden und zu richten. Wie er sich mit Rehberger, der dasselbe Revier hat, verträgt, ist nicht anzugeben; es scheint aber, daß sie gute Kameradschaft halten, denn alle Geister, die den Menschen irre leiten, sind verschworen.

Noch ist der Teufelskanzel zu gedenken: in einem wilden Hügel in einem öden und abgelegenen Waldwinkel des Einkorns, zur Zeit ein Steinbruch. Es knüpft sich keine besondere Sage an diesen Ort, außer daß man in alten Zeiten oft von einem auf der Spitze des Hügels befindlich gewesenen runden Stein aus gotteslästerliche Predigten, die Niemand als der Teufel habe halten können, gehört habe. Der runde Stein ist verschwunden und seitdem hört man hier auch keine Predigten mehr.

c. Waschwiese, Weiler mit 67 Einw., worunter 56 Kath., aus einigen, auf der südöstlichen Seite von Steinbach hinter Comburg am Waschbach liegenden Gebäuden bestehend.


  1. Außer den angeführten Druckschriften hauptsächlich nach Originalurkunden und einem Codex aus dem Anfang des 12. Jahrhunderts im königl. Staatsarchive.
  2. Den Chroniken zu Folge hatte Graf Richard (nach Stälin der letzterwähnte) zwei Brüder: Emehard und Rugger. Emehard, nach andern Richard, habe die Pfarreien Reinsberg und Thüngenthal gestiftet, auch das neue Münster in Würzburg gebaut.
  3. Nach dem Stiftungsbriefe sollte der jeweilige Vogt an jedem Pfingstmontag einen Gerichtstag in Thüngenthal halten. „Pentecostes secunda feria placitum habeat in villa, que dicitur Dungenthal, et non in anno sepius, nisi ab abbate invitatus. In predicto autem placito ad seruitium ejus debet abbas maldrum frumenti pro faciendo panem et frisingum unum porcinum, et duos ovinos, et vinum, ceteraque ad hec sufficientia.“ Der Vogt selbst darf keinen Aftervogt setzen. Bei der Belehnung i. J. 1485 wurde dem Schirmvogt untersagt, den Klostergütern, Dörfern und Leuten „Herberge, Atzung, Lager oder Dienst“ aufzulegen; er solle nur eine „ziemliche Folge,“ Gerichtsbußen und Frevel und nur, wenn er Gericht halte, auch „ziemliche Atzung“ haben. Nicht lange hernach verglich sich Comburg mit den Schenken dahin, statt der Gerichtsbußen, Frevel und Atzung bei Gerichtstagen jährlich 40 Sch. Haber zu reichen, die 1568 auf 60 Sch. erhöht wurden.
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