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2. Aichschieß

mit Krummhardt, Gesammt-Einwohner 434 evang.

a) Aichschieß, Pfarrdorf mit 267 evang. Einwohnern 13/4 geom. St. ostnordöstlich von Eßlingen, liegt auf der Höhe des Schurwalds, doch schon auf der Abdachung zur Rems, fast von allen Seiten in geringer Entfernung von Wald umgeben. Die Luft ist rein, scharf und merklich kühler als in den benachbarten Thälern des Neckars und der Rems. Der kleine Ort ist unregelmäßig gebaut und hat kein sonderliches Ansehen; übrigens unterscheidet sich die Bauart von der in den holzarmen Thalorten durch größere Geräumigkeit der Häuser. Die Pfarrkirche ist nach der am Chor befindlichen Jahrzahl zu schließen, 1454 erbaut worden, und hat 1843 eine Ausbesserung und nebst dem Thurm ein etwas gefälligeres Aussehen erhalten. Die Baulast trägt observanzmäßig zu 2/3 die Commun, zu 1/3 die Stiftungspflege.[1] Man schließt auf einen sehr alten Ursprung der Pfarrei, da sie im Verhältniß zur geringen Seelenzahl ansehnlich, namentlich durch ein bedeutendes Widdumgut, dotirt ist, welches fast den zehnten Theil von dem alten Ackerfeld der Gemeinde ausmacht. Anstatt des bisherigen Begräbnißplatzes um die Kirche ist jetzt ein neuer außerhalb des Ortes angelegt worden. Das Pfarrhaus, dessen Baulast dem Staat obliegt, ist 1843 ausgebessert worden. Das Gemeinderathslokal und die Schule (mit einem Lehrer) befinden sich in einem Gebäude. Eine Schul- und Armenstiftung von 400 fl. ist mit dem ganz unbedeutenden Heiligen combinirt.

Die Einwohner, ein gesunder und frischer Schlag, sind in sittlicher Beziehung den bessern Gemeinden beizuzählen, wiewohl die alte Einfachheit der Schurwälder den Einflüssen der neueren Zeit auch hier zu weichen begonnen hat.[2] Die Vermögensumstände sind nur mittelmäßig, und scheinen sich gegen früher veringert zu| haben. Übrigens ist die Gemeinde im Besitz guter Waldungen (Aichschieß 334, Krummhardt 112 Morgen) aus welchen namhafte bürgerliche Nutzungen gereicht werden können. Feldbau und besonders Viehzucht sind die Hauptnahrungsquellen. Die Gesammtmarkung ist der vielen und engen Thaleinschnitten wegen größtentheils sehr uneben; der Boden, ein leichter, sandiger, gewöhnlich nicht tiefer Lehmboden, ist nicht unfruchtbar, steht jedoch den Thalgegenden sehr nach, zumal auf den ebeneren Feldern, wo der lettige Untergrund Nässe erzeugt. Dinkel, Gerste und Haber, und in der vollständig angepflanzten Brache Flachs (von sehr feiner Qualität) und Kartoffeln werden vorzugsweise gebaut. Die Ackerpreise sind 150–300–400 fl. per Morgen. Das Wiesenareal ist – was selten vorkommt – um 1/3 ausgedehnter als die Ackerfläche, da die vielen Thalabhänge zum Getreidebau sich weniger eignen. Der Ertrag dieser bergigen Wiesen, besonders des zweiten Schnitts, ist zum Theil sehr gering; die Durchschnittspreise sind 60–150–500 fl. Die Obstzucht ist sehr im Emporkommen; die Mostsorten, darunter namentlich die Luikenäpfel, gedeihen gut, und die Bäume, besonders die Birnbäume, erreichen eine seltene Größe. Der Viehstand ist verhältnißmäßig ziemlich zahlreich, und verbessert sich durch Nachzucht von Simmenthaler Race. Der Verkauf von Vieh geschieht auf den nächsten Jahrmärkten. – Von Gewerbetreibenden sind nur die Lohnweber zu nennen, deren es in Aichschieß 12, in Krummhardt 15 giebt. Schildwirthschaft ist eine vorhanden.

Den Großzehnten bezieht der Staat, und zwar a) von Aichschieß (von 1838/55) jährlich Dinkel 28 Sch. 1 Sri., Gerste 13 Sch., Haber 2 Sch. 3 Sri., Stroh 1 F. Aus dem Widdumgut Dinkel 4 Sch. 5 Sri., Haber 2 Sch. 7 Sri., Gerste 3 Sri. Surrog. 2 fl. 53 kr. Neubruch Z. 110 fl. 45 kr. – b) von Krummhardt (von 1838/55) jährl. Dinkel 20 Sch., Haber 4 Sch. 1 Sri., Gerste 7 Sch. 3 Sri., Stroh 1 F. Surrog. 1 fl. 26 kr. Neubr. jährl. 2 fl. 48 kr. Der kleine und Heuzehnte in Aichschieß gehört der Pfarrei; in Krummhardt steht der kleine Zehent der Pfarrei Aichelberg, im Übrigen dem Staat zu, und ist 1839/55 verpachtet gegen jährl. 77 fl. 12. kr., der Heuzehent ist abgelöst. An Grundabgaben bezieht der Staat in Aichschieß 24 fl. 3. kr. und in Krummhardt 14 fl. 54 kr. Geld und 5 Sch. 7 Sri. 11/2 V. Haber.

Am frühesten findet man hier das Kloster Adelberg begütert, welches 1248 der Stadt Eßlingen für die erhaltenen Steuer- und andern Freiheiten das Eigenthum des Waldes zu Aichschieß überläßt (Eßl. Arch. vergl. Besold p. 109). Der Eßlinger Bürger Rüdiger Kürn war hier und in Krummhardt mit 60 M. Wald und einigen Gülten und Zinsen begütert, welche ihm die Stadt ums Jahr 1320| für 80 fl. abkauft. Württemberg kam 1366 in den Besitz des Orts durch Tausch mit Heinrich Rorbeck, Bürger in Schorndorf, der alle seine Güter, Gülten und Rechte daselbst gegen die Hälfte des Dorfes Schnaith an die Grafen Eberhard und Ulrich überließ. Der Krieg Württembergs mit Eßlingen 1449 wurde auch für Aichschieß verderblich, indem die Eßlinger im Oktober den Ort in Asche legten. Mit dieser Stadt war überhaupt das Verhältniß vielfältig ein feindseliges, indem der Gemeinde Aichschieß in dem genannten ehemals Adelbergschen Wald ausgedehnte Rechte auf Nutzholz, Dürrholzsammeln, Laubholen, Waiden etc. zustanden, welche die Stadt in eben dem Grade zu beschränken bemüht war, als sie von den Aichschießern zum Nachtheil der Waldungen oft mit Übertreibung ausgeübt wurden. Nachdem ein langer Rechtsstreit durch den sogenannten großen Vertrag vom 9. Mai 1590 ausgeglichen worden war (Pfaff S. 881), entstanden bald wieder neue Differenzen, und erst durch einen Vergleich vom J. 1809 wurden diese Verhältnisse festgestellt.

b) Krummhardt, Weiler mit 167 evang. Einwohnern, eine kleine halbe Stunde nördlich von Aichschieß, hoch gelegen mit eigner Markung, von welcher dasselbe, wie von der Aichschießer gilt. In bürgerlicher Beziehung ist der Ort ein Subfilial von Schanbach (das ehemals eine Pfarrkirche hatte) und gehört mit diesem zur Pfarrei Aichelberg, Oberamts Schorndorf. Schule und Begräbnißplatz sind in Schanbach. Eine kleine, kapellenartige Kirche ist Eigenthum der Parzellar-Gemeinde. Zu Anfang des Jahres 1450 hatte Krummhardt das Schicksal von den Eßlingern geplündert und zum Theil verbrannt zu werden.

Auf hiesiger Markung besitzt die k. Hofkammer eine ansehnliche Waldung (3814/8 M. Laub-, 165/8 M. Nadelwald), die 1664 nebst Gefällen in Krummhardt von den Liebensteinischen Erben mit ihrem Antheil an Stetten an Württemberg verkauft, und 1807 durch Tausch hofkammerlich wurde. Der Namen Eglisweiler, welchen dieser Walddistrikt führt, scheint auf einen abgegangen Ort zu deuten. Einen Walddistrikt von 60 M. kaufte 1428 die Stadt Eßlingen von Heinrich Syden für 60 fl.

Der jetzige Gemeindebezirk sammt Baach, Schanbach und Oberroth (jetzt Lobenroth) machte in frühern Zeiten einen Stab des Oberamts Schorndorf aus, und hieß „das Krummhardter Ämtlein“ Landbuch v. J. 1624. In der Folge bildete Aichschieß mit Krummhardt und Baach ein Stabgericht unter Vorsitz des Amtmanns von Schnaith. Durch das Gesetz von 6. Juli 1842 wurde die Gemeinde Aichschieß von dem Amtsverband mit dem entlegenen Schorndorf getrennt, und dem Ober- und Cameralamt| Eßlingen zugetheilt. Nur die Parzelle Baach blieb in der alten Verbindung und schloß sich der Gemeinde Schnaith an. In kirchlicher Beziehung, wonach Aichschieß dem Decanat Schorndorf untergeordnet ist (vor der Reformation dem Landcap. Eßlingen) hat sich bis jetzt nichts geändert.

Noch ist zu erwähnen, daß in Aichschieß das Schurwaldgericht gehalten wurde, worüber das Nähere in der Beschreibung des Oberamts Schorndorf vorkommen wird.


  1. Nach einer Nachricht in einem Kirchenbuch ist ums Jahr 1649 Thurm und Kirche „von einem Donnerwetter übel zugerichtet worden.“ Den auf Aichschieß treffenden Antheil an einem von Stadt und Amt Schorndorf bei Conrad Widerhod, Commandanten von Hohentwiel „gemachten Anlehen“ verwendete die Gemeinde im Betrag von 20 fl. auf die Reparation.
  2. Die eigenthümliche Volkstracht auf diesem Gebirgsstriche verschwindet immer mehr und wird sich bald ganz verloren haben. Die Männer trugen Brusttücher mit zwei Reihen Borten am Hals, Beinkleider mit drei Reihen Knöpfen, und Schuhe mit Lappen; die Weiber hohe Hauben, Mieder mit Vorstecker, schwarze Wiflingsröcke und Lappenschuhe mit hohen Absätzen.


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