« Kapitel B 10 Beschreibung des Oberamts Canstatt Kapitel B 12 »
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11. Rotenberg,


ein evang. Kirchdorf auf der Höhe über dem Neckarthale, 11/2 St. von Canstatt, mit 595 Einwohnern, C.A. Canstatt, F.A. Schorndorf. Die Zehenten und zwar den Weinzehenten hat der Staat zu beziehen, andere Zehenten kommen nicht vor, dagegen wird aus den Wiesen s. g. Forstzehenten gereicht. Der Weinzehente gehörte ehemals dem Stift Constanz und theilweise dem Kloster Zwiefalten und den von Rechberg. Würtemberg hatte nur den Novalzehenten kraft Herzogl. Mandats v. J. 1553. Die Grundgefälle betragen 13 fl. 13 kr. in Geld, wovon der Gemeindepflege 11 fl. 21 kr. und der Stiftungspflege des Orts 1 fl. 12 kr. gehören; ferner 10 E. 14 I. 81/2 M. Bodenwein, wovon der Freyherr v. Thumb zu Boihingen 5 E. 8 I., der Staat 2 E. 11 I. 7 M., das Übrige die Ortspflegen und das Spital Eßlingen zu beziehen haben. Von den auf der alten Untertürkheimer Markung gelegenen Weinbergen hat der Ort noch seinen Antheil an dem bey Untertürkheim bemerkten Betwein zu leisten.

Rotenberg hat eine ganz ausgezeichnete Lage auf einem schmalen Gebirgsgrate, der die vorspringende Kuppe, worauf| die griechische Kapelle steht, mit dem Bergzuge verbindet, und auf beiden Seiten steil abfällt. Seiner hohen Lage ungeachtet fehlt es dem Orte doch nicht an Quellwasser. Ob man Rotenberg oder Rothenberg schreiben, und den Namen also von Roden, rotten, oder von der Farbe des Bodens ableiten soll, ist zweifelhaft, die ältere und wahrscheinlich die richtigere Schreibart ist die erstere; Schmid leitet ihn in seinem Schwäb. Wörterbuch von Roth in der Bedeutung als Fluß ab. Der Ort hat eine Kirche und ein Rath- und Schulhaus. Die Kirche wurde 1755 neu erbaut. Sie ist Filialkirche von der Pfarrey Uhlbach, es werden aber alle Casualien und Sonn- und Festtags-Predigten darin gehalten, sie hat auch ihre eigene Stiftungspflege und ihr eigenes Begräbniß. Die Schule wird von dem Schulmeister zu Uhlbach durch einen Provisor versehen. Eine Industrie-Schule besteht seit 1823, durch Königliche Stiftung, im Nähen, Stricken etc.; an dem Unterricht dürfen auch die Kinder von Uhlbach Theil nehmen, s. u.

Die Einwohner sind ein fleißiges und gutartiges Volk, in deren Sitten und Charakter die Gebirgsnatur sich ausdrückt. Sie leben vom Weinbau, Obstzucht und dem Vieh. Die Weinberge liefern zum Theil ein ganz vorzügliches Gewächs. Äcker hat der Ort, außer einigen Morgen Neubrüchen, gar keine. Der Grasboden besteht in Baumgütern an steilen Abhängen. Die Markung ist, wie die Tabelle zeigt, verhältnißmäßig die kleinste im Oberamte. Übrigens besitzen die Rotenberger auch noch Weinberge auf Untertürkheimer Markung. Hinter dem Dorfe befindet sich ein Steinbruch von den vorzüglichsten Werksteinen, der dem Bau der griechischen Kapelle, die großentheils davon aufgeführt ist, sehr zu statten kam, außerdem aber der Lage wegen wenig Benutzung findet.

Eine große Unterstützung für den Ort ist, bey seinen beschränkten Verhältnissen, die von S. M. dem jetzt regierenden König aus Veranlassung der Erbauung der griechischen Capelle am 9. Januar – dem Todestag der| verewigten Königin Catharina – 1823 gemachte Stiftung. Sie besteht in 4000 fl., von deren jährlichen Zinsen höchster Entschließung gemäß 1) der jeweilige Schulprovisor 30 fl. Zulage genießt, die Heiligenpflege 100 fl. erhält, und 3) auf eine Industrie-Schule 70 fl. verwendet werden.

Die Geschichte des Örtchens steht in genauem Zusammenhang mit der alten Stammburg Würtemberg, welche dabey gestanden hatte. Es ist zwar auffallend, daß Schloß und Dorf zweyerley Namen führten: aber man hat deßwegen nicht nöthig, das letztere für älter zu halten. Offenbar war das Dorf blos ein Anhang und sein Ursprung blos eine Wirkung von dem Schloße. Die Häuser mögen „auf dem Rotenberg“ genannt worden seyn, wie die weiter unten liegenden „im Uhlbach“ genannt wurden, während der Berg, auf welchem das Schloß stand, der Würtemberg, vielleicht „der Wirthin Berg“ hieß. Ursprünglich hatte Rotenberg auch keine eigene Markung, sondern diese entstand erst durch Waldausrodungen, durch Erwerbung von Schloßgütern, und durch theilweise Absonderung von der Markung von Unter-Türkheim, womit Rotenberg ehemals verbunden war. Auf eine weitere Verbindung weist außer dem gemeinschaftlichen Burg- oder Betwein auch das oben angeführte Lagerbuch hin, wonach „der Weiler Rotenberg mit allen Gedingen und Sachen in das Gericht zu Unter-Türkheim“ gehörte.

Als unmittelbare Angehörige des Schloßes Würtemberg und seiner Herren, genossen die Rotenberger ehemals bedeutende Freyheiten, namentlich Freyheit von Steuern, von Umgeld und andern Abgaben und vom Kriegsdienste. Sie hatten dagegen das Schloß zu bewachen und bildeten in gewisser Art die stehende Besatzung desselben, wie sie denn bis auf diese Stunde die Feuer-Lärm-Kanone, welche sonst auf dem Schloße stand, und nun unter der Capelle steht, zu bedienen und alle Nacht (zwey Mann vor und zwey Mann nach Mitternacht) Wache zu halten haben. Diese Freyheiten und Verbindlichkeiten hatten die Rotenberger von den ältesten Zeiten her. Sie wurden bestätigt durch den| s. g. Gnadenbrief des Grafen Ulrich, gegeben am Donnerstag nach St. Johannis d. T. 1478, dessen wesentlicher Inhalt folgender ist:

„Nachdem bisher die Unsern zum Rotenberg, bey unserem Schloß Würtemberg gelegen, in Ansehung des harten Sitzes, damit sie an demselben End für Andern der Unsern beladen sind, von unsern Altvordern löblich Gedächtniß mit etlichen Freyheiten begnadigt worden seyn, die sie auch bis auf Uns hergebracht haben, ohne Eintrag männiglich: also haben wir angesehen ihr merklich Notturft und das getreue Darlegen, so wir bishero in unsern Kriegs-Geschäften von ihnen, als unsern gehorsamen Armen Leuth gespürt haben, und bestätigen nun etc.

1) Daß die obengenannten unser Armen Leuth, und ihre Nachkommen nicht schuldig seyn sollen zu geben weder Fastnacht-Hennen, Umgeld, Landschaden, Vogthaber oder Hauptrecht, sondern derselben und aller andern Dienst, die Landschaft berührend, es wäre an Rayßen (Kriegszügen) uß und in dem Landt, oder andere, und auch ob in die Vogtey zu Cantstatt Geld geschlagen werde, sie zu leihen zu geben frey seyn sollen. Doch wäre Sach, daß sich über kurz oder lang begebe, daß wir, unsere Erben und Nachkommen in unserem Land ein gemein Schatzung gegen die Unsern fürnehmen würden, den zwanzigsten oder zehenten Pfenning zu geben, darin sollen sie sich auch nicht widern, sondern deßhalb nit minder schuldig und verbunden seyn, dann wie andere der Unsern.

2) Zu Erkanntniß obgemeldter Gnade sollen sie unser Schloß Würtemberg sammt den Wächtern, so zur Zeit daselbst sind, helfen in Kriegsläufen bewachen, und auch, so oft sich begebe, daß man in solchen Kriegsläufen oder andern abgesagten Feindschaften die Sturm läuten würde, demselben unserem Schloß für Andern zulaufen. Wenn sich aber begeben, daß sich ein gemein Landkrieg erhebt, dadurch wir ihnen und Andern der Unsern gebieten würden, zu flehnen, so sollen sie sich von Stund an in unser Schloß Würtemberg mit ihren Leibern und Gütern thun, und darin zu End aus desselben Kriegs bleiben, und daraus nit kommen, dann mit Erlaubniß unsers Burgvogts.“ Sie sollen auch schuldig seyn, den Weg zum Schloß nach Notturft zu bessern. Sie sollen auch Niemand zu ihnen ziehen lassen, er bringe denn glaublich Schein, daß ihm wie andern Bidermann zu trauen, u. s. w.

Diese Freyheiten und Dienstpflichten wurden gegenseitig erneuert durch Brief und Revers vom 26. Februar 1655; „dieweil nun aber,“ heißt es in dem Herzogl. Briefe, „die| Zeiten sich dergestalt geändert haben, daß viele Sachen nicht mehr in dem alten Stand gelassen werden können:“ so sollen die von Rotenberg künftig statt der bisher zu der Vogtey Canstatt gereichten jährlichen Steuer von 14 fl. 17 kr. geben jährlich 50 fl. auf Martini. Dagegen aber soll der 20te oder 10te Schatzungspfenning nachgelassen seyn.“ Dabey blieb es denn auch bis auf die neuern Zeiten; nun aber wurden 1806 die Steuerfreyheit und die Militär-Dienst-Freyheit und dann 1819 auch die Umgelds-Freyheit aufgehoben, und es blieb jetzt der Gemeinde nur die Jagd-Frohn-Freyheit und die, gleichwohl von der Amtskörperschaft neuerlich angefochtene, Befreyung von den Amtsvergleichungs- d. h. von Einquartirungs-Kosten. Dagegen behielt sie die Last des Wachdienstes und der Bedienung der Lärmkanone. Dieser Verlust ging natürlich der Gemeinde lange nach, und er ist zum Theil Ursache, daß die Einwohner sowohl, als die Gemeinde-Körperschaft sich neuerlich nicht in den besten Umständen befinden.

An den Zehenten und Gefällen hatten ehemals auch das Domkapitel Constanz von den alten Patronats-Verhältnissen her und das Kloster Zwiefalten, und durch Belehnung auch die von Rechberg, und die von Thumb besitzen, wie oben gezeigt ist, noch jetzt einen Theil der Wein-Gefälle. Zwiefalten hatte auch eigenthümliche Güter (s. Unter-Türkheim): 1340 überließ das Kloster den Bürgern zu R. gegen einen jährlichen ewigen Zins seinen Wald, Münchholz genannt, auf dem Berge Buchberg, mit dem Vorbehalt, das zu des Klosters Weinbergen und Gütern nöthige Holz hauen zu dürfen.

Eine besondere Merkwürdigkeit von Rotenberg ist:

Die griechische Kapelle, die auf dem oben erwähnten Berghügel bey dem Dorfe steht, und die Ruhestätte der verewigten Königin Catharina enthält. Sie wird gemeiniglich die „Kapelle auf dem rothen Berg" genannt, würde aber richtiger „die Kapelle auf Würtemberg" genannt, da sehr wahrscheinlich nicht blos das Schloß, sondern auch| der Berg selber Würtemberg hießen. Die Kapelle wurde von des Königs Majestät 1820 bis 1824 erbaut; der Grundstein wurde am 29. Mai 1820 von dem König gelegt; (s. Würt. Jahrbücher 1821. S. 185 und folg.) Am 5. Juni 1824 wurde der fürstl. Leichnam aus der Gruft zu Stuttgart in die Kapelle versetzt. Baumeister und Bauführer waren der Königl. Hofbaumeister Salucci und der Bau-Inspektor Schmolz. Der schöne und sehenswerthe Tempel bildet eine Rotunde, auf der Spitze des Berges. Er ist mit einer hohen Kuppel bedeckt und hat drey Porticus mit Inschriften aus der heiligen Schrift. Auf der vierten geschlossenen Seite gegen Osten steht folgende Hauptinschrift:

Seiner vollendeten
ewig geliebten Gemahlin
Catharina Pawlowna
Großfürstin von Rußland
hat
diese Ruhestätte erbaut
Wilhelm
König von Würtemberg
im Jahre 1824.

Das Innere der Kapelle ist edel und einfach. Das Licht fällt von oben durch die Kuppel herein. In 4 Nischen stehen die vier Evangelisten in cararischem Marmor etwas über Lebensgröße: Johannes, von Dannecker, Lukas, von Wagner unter Thorwaldsons Leitung, Marcus, von Zwerger, und Matthäus, von Leeb, beyde nach Thorwaldsons Entwurfe ausgeführt. In tiefer stiller Gruft, zu der eine verschloßene Treppe hinabführt, ruhen die irdischen Überreste der unvergeßlichen Fürstin, in einem schönen, in Italien gearbeiteten Sarkophage. Zwey griechische Geistliche, ein Priester und ein Sänger, deren Wohnhaus nicht weit von der Kapelle erbaut ist, versehen den üblichen Gottesdienst in der Kapelle.

Der Ernst der Betrachtungen, wozu diese feyerliche Stätte einladet, wird freundlich gemildert und erheitert durch den Anblick der Natur, den man bey dem Austritt aus der| Kapelle, von deren Stufen aus, genießt. Der Punkt, auf dem die Kapelle steht, ist unstreitig einer der schönsten des Landes, mitten in der herrlichsten und üppigsten Landschaft gewährt er eine ebenso reizende als ausgedehnte Aussicht, welche nur nach NO. durch den höhern Bergzug beschränkt ist, gegen Südost und Süden aber fast die ganze Kette des Alpgebirgs beherrscht, und gegen Westen und Norden weit über den Schwarzwald und abwärts bis über den Odenwald hin sich erstreckt. Die Höhe des Berges am Fuße der Kapelle beträgt 1275 P. F. über dem Meere und 606′ über dem Thale.

Auf dem Platze der Kapelle stand vormals

das Stammschloß Würtemberg.

Woher der Name des Schlosses und Berges rühre, mag hier billig um so mehr unerörtert bleiben, als bis jetzt alle darüber angestellten Untersuchungen immer auf bloße Vermuthungen hinausgelaufen sind. Die wahrscheinlichste Ableitung ist die von Wirth oder Wirthin (Herr oder Frau), ehemals auch häufig Würt, Würtin geschrieben[1]. Auch über die Schreibart des Namens läßt sich eben, weil seine Bedeutung ungewiß ist, und weil die Urkunden, wie bey andern Namen, alle mögliche Schreibarten enthalten, nicht rechten, nur so viel mag bemerkt werden, daß die erst in neuern Zeiten wieder aufgekommene Schreibart Württemberg (mit tt) die unhaltbarste ist. Vergl. Würt. Jahrb. 1819, S. 227 u. ff.

Die Zeit der Erbauung des Schlosses ist unbekannt. Aber ein merkwürdiges Denkmal des Alterthums beweist, daß es schon im eilften Jahrhundert gestanden hatte. Dieses Denkmal, das älteste von Würtemberg, besteht in einem Steine, der, gleichwohl zerbrochen, sich mit folgender| Inschrift über einer Thüre in dem Schlosse befunden hatte, und jetzt in der Kapelle eingemauert ist:

Anno Dominice Incarn (ationis) Mille LXXIII Indic VI. VII. Idus Feb(ruarii) Ded(icata) hec Cap(ella) Ab Adelb(erto) Wor Mens(is) EcE (Ecclesiae) Epo (Episcopo) In H(onorem) S. (Nicolai?)

Zu Deutsch:

Im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1083 den 7. Februar ist diese Kapelle von Adelbert Bischof zu Worms eingeweiht worden, zu Ehren des h. (Nicolaus).

Vermuthlich fällt die Erbauung des Schlosses in dieselbe Zeit; einige Jahre nachher, ums Jahr 1090, tritt auch der Name Würtemberg erstmals in der Geschichte mit Conrad von Würtemberg, oder Cuonradus de Wirtineberc, hervor, der als Zeuge in dem Bempflinger Vergleich zwischen dem Grafen Werner von Grüningen und seinen Oheimen, den Grafen von Achalm, so wie nachher noch in andern Urkunden, erscheint. Eine getreue Nachbildung des Denkmals, wie es sich zeigte, als es noch in dem alten Schloßhofe stand, ist der angeschlossenen Oberamts-Karte beygefügt. Von der Kapelle, welche eingeweiht worden ist, war in unsern Zeiten auf dem Schlosse nichts mehr zu sehen, der Raum, zu welchem die Thüre führte, war in einen Stall verwandelt. Daß aber eine Schloßkapelle, und zwar eine dem h. Nikolaus geweihte Kapelle vorhanden war, beweist, wenn je daran gezweifelt werden wollte, eine Urkunde vom Jahr 1291, wonach die Gräfin Adelheid zu Sigmaringen mit Einwilligung ihres Oheims, des Grafen Eberhards von Würtemberg, 6 M. Weinberg im Goldberg (zu Unter-Türkheim) verkauft und dieselben von dem Gefälle befreyt, „so jährlich daraus gangen ist sant nyclausen zu Würtenberg." Auch wird in spätern Lagerbüchern noch „die Kaplaneypfründ uff dem Schloß Würtemberg“ aufgeführt gefunden.

Als Sitz der gefürchteten Grafen von Würtemberg war bey den Fehden und Kriegen, in die sie immer verwickelt| waren, das Schloß vornehmlich den feindlichen Angriffen ausgesetzt; es wurde daher auch öfters zerstört. Dieß geschah namentlich in den Jahren 1127, 1207. 1292, 1311, 1360 und 1519. Im Jahre 1127 fiel es in dem Kampfe der Hohenstaufen gegen den K. Lothar; 1207 soll es von den Welfen, 1292 (nach Steinhofer II. S. 195: 1294) von K. Adolph zerstört worden seyn, und 1311 oder 1312 wurde es in dem Kriege des K. Heinrich von Luxenburg gegen den Grafen Eberhard v. W. zu Grunde gerichtet. Im letztern Kriege hatte sich die feindliche Macht – die Herzoge von Teck, die Grafen von Tübingen, Aichelberg und Vaihingen mit den Eßlingern – vor die Burg gelegt. Graf Eberhard fiel auf ihr Lager herab, verlor aber den Sieg, weil die Seinigen sich zu frühe auf die Beute geworfen hatten, und das Schloß wurde nun erobert und gänzlich zerstört. Vergl. Sattler Gr. I. S. 68 etc. Von dieser Zeit an hörte die Burg auch auf, Residenz der Grafen zu seyn, Eberhard verlegte seinen Sitz 1320 nach Stuttgart. Gleichwohl wurde das Schloß als eine in damaligen Zeiten wichtige Veste in gutem Stande erhalten, und als sich Graf Eberhard 1361 mit seinem Bruder Ulrich verglich und ihm unter Anderem auch die Veste Würtemberg überließ, machte er ihm die Bedingung, daß er dieselbe in baulichem Wesen zu erhalten habe. Sattler Gr. I. S. 180. Das Jahr vorher, 1360, soll die Burg in dem Kriege, womit Kaiser Karl IV. den Grafen Eberhard v. Würtemberg heimsuchte, zerstört worden seyn. Die letzte Verwüstung erfuhr die Burg 1519 bey der Vertreibung des Herzogs Ulrich durch den Schwäbischen Bund. Nach seiner Rückkehr im Jahr 1534 wurde sie von dem Herzog wieder hergestellt, und von ihm rührten die Gebäude her, deren Reste noch in der letztvergangenen Zeit zu sehen waren. Am 2. Jan. 1547, in dem Schmalkaldischen Kriege, ließ der Herzog von Alba das Schloß besetzen, und während des 30jährigen Kriegs, 1638, bemächtigten sich die Kaiserlichen desselben; aber außerdem, daß Letztere das Thor verbrannten, und den| Weinvorrath aus den Kellern wegführten, blieb das Schloß ohne wesentliche Beschädigung.

Der Beschreibung nach muß das Schloß in ältern Zeiten, so lang es noch Residenz war, sehr schön und fest gewesen seyn, nach der Zerstörung i. J. 1312 aber war es, wie ausdrücklich bemerkt wird, nie mehr in seiner vorigen Schönheit wieder hergestellt worden, und was auf unsere Zeiten gekommen ist, war in keiner Beziehung von Bedeutung. Doch war das Schloß noch mit einer dreyfachen Mauer und mit tiefen Gräben umgeben; eine Treppe von mehr als 200 Stufen führte von dem Dorf zu einem Seitenthörchen, über welchem der Burgvogt in einem besondern Gebäude seinen Sitz hatte. In dem innersten und dem am höchsten gelegenen Raume standen die eigentlichen Schloßgebäude mit einem Hofe. Sie zeichneten sich aber weder durch Alterthümlichkeit noch auf andere Weise aus, waren auch durchaus unbewohnbar. Am meisten erinnerte noch an die alten Ritterzeiten der tiefer gegen Süden liegende Haupteingang, dessen Anlage, so wie die Grundmauern des Schlosses, noch aus alten Zeiten herstammen mochten. Wie man wissen will, soll die verewigte Königin Catharina einst den Wunsch geäußert haben, auf dem schönen Punkte des Schlosses Würtemberg ihre Ruhestätte zu erhalten, und dieser Wunsch soll die Veranlassung zu der Erbauung der Kapelle auf dem Berge gegeben haben. Es wurden zu dem Ende im Jahr 1819 die noch vorhandenen Überreste abgebrochen, und dem Berge selbst wurde für seine neue Bestimmung eine etwas veränderte Form gegeben. Ein schönes Bild hat man noch von dem Schlosse, „das Stammschloß Würtemberg,“ von Seyffer in Kupfer gestochen. Eine nicht minder schöne Ansicht von der Kapelle hängt in dem K. Landhaus Rosenstein von Steinkopf in Öl gemalt und neuerlich von Heinzmann lithographirt.

Eine Stunde (nicht 1/2) von Rotenberg, auf dem Waldrücken hinter dem Dorfe in der Richtung nach Stetten erbebt sich der bewaldete Kernberg oder Kernenberg,| der höchste Punkt der Gegend, s. S. 23. Auf demselben sollen vor nicht gar langer Zeit noch die Spuren von einer Burg gefunden worden seyn, auch findet man noch jetzt Reste von Schutt und Mauerwerk darauf, und auf Gewölbe deutet auch der Name des Bergs hin; denn Kern hieß ehemals, und heißt noch jetzt in der Volkssprache, Keller. Auch führt noch ein dabey gelegener Hügel und der umliegende Waldbezirk den Namen „Beyburg, Byburg,“ (bey der Burg) S. 23.

Man möchte fast glauben, daß auf dem Kernberg einst die Hauptburg des Würtembergischen Dynastenstammes gestanden habe, ehe noch Würtemberg erbaut und zum Sitze gewählt war, und die Ableitung des Namens Würtemberg von „der Wirthin Berg“ gewinnt dadurch noch mehr an Wahrscheinlichkeit, als durch die Beyziehung von Beutelsbach. Ohne Zweifel von dem oben S. 27 bemerkten Waldverkaufe her, gehört der Kernberg selbst zu der Markung Felbach.


  1. 1354 verkaufen Hug der Nallinger, Richter zu Eßlingen, und seine „eheliche Würtin“ Güter, s. Canstatt; in demselben Jahre vermachen Alt Besemer und seine „eheliche Würtin" Güter an das St. Clara-Kloster zu Eßlingen, s. Zatzenhausen: 1324 Anna von Dizingen, Reinhards v. Altenburg „ehel. Würtene“ etc., s. S. 135.
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