« Kapitel A 5 Beschreibung des Oberamts Canstatt Kapitel A 7 »
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VI. Nahrungsstand.


1. Vermögen.

Der Geldwerth des hier in Betracht kommenden Vermögens, dessen Bestand und Vertheilung in den angehängten Tabellen näher nachgewiesen ist, beträgt, nach dem früher bezeichneten Maßstab berechnet,

1. von dem Grundeigenthum 4.898.763 fl. 20 kr.
2. von Gebäuden 2.750.169 fl. 20 kr.
3. von dem Vieh 226.250 fl. 20 kr.
7.875.182 fl. 40 kr.
Hievon ist|
a. steuerfrey.
1. Grundeigenthum 97.693 fl. 40 kr.
2. Gebäude 232.000 fl. 20 kr.
329.693 fl. 40 kr.
b. steuerpflichtig.
1. Grundeigenthum 4.801.069 fl. 40 kr.
2. Gebäude 2.518.169 fl. 20 kr.
7.319.239 fl. 20 kr.

Es verhält sich also das steuerfreye Vermögen zu dem steuerpflichtigen = 1:222/10, oder es beträgt das steuerfreye Vermögen 1/23 des Ganzen. Wird zu dem steuerpflichtigen Vermögen der Viehstand gerechnet, so erhält man die Summe 7.545.389 fl., und es kommen somit auf 1 Einwohner mit Einrechnung des Viehes 339 fl., ohne Einrechnung desselben 328 fl. Vergleiche damit Beschreibung des Oberamts Urach, S. 57.

Der Wohlstand der einzelnen Orte und Einwohner ist zwar durch die vergangenen schweren Zeiten tief angegriffen worden, seit etlichen Jahren hat er sich aber wieder zusehends gehoben. In mehreren Orten, z. B. in Canstatt, Felbach, Uhlbach etc. gibt es sehr vermögliche Leute; minder gut steht es zwar in Roracker, Rotenberg, Mühlhausen, Unter-Türkheim, Zatzenhausen: Nahrungslosigkeit findet jedoch nirgends statt. Die Fruchtbarkeit des Bodens, der Fleiß und die Betriebsamkeit der Einwohner lassen Keinen darben. Weinbau und Obstzucht sind die Hauptnahrungsquellen der Einwohner, der größte Theil der Orte besteht entweder ganz oder der Mehrzahl der Einwohner nach, in Weingärtner-Orten; reine Bauernorte sind nur Schmieden, Schanbach und Lobenroth. Der Oberamtsbezirk liefert den Beweis, welche Kräfte in der Hand des fleißigen Arbeiters und in einem gut angebauten Boden liegen; denn so außerordentlich stark auch die Bevölkerung des Bezirks ist, so nährt doch der Boden nicht nur alle, sondern es wird sogar der größte Theil der Erzeugnisse: Wein, Obst, Küchengewächse, Butter, Milch, Geflügel etc. nach Außen verkauft. Dabey kommt dem Bezirke denn freylich auch die Nähe der Hauptstadt| und die damit verbundene Leichtigkeit des Absatzes, so wie die überall auch außer dem Bereiche der Landwirthschaft sich darbietende Gelegenheit zum Erwerb in hohem Grade zu statten. Durch ihren Fleiß und die Fertigkeit in Handarbeiten erhalten auch Viele bey größeren Unternehmungen, z. B. Straßen-Anlagen, Grabarbeiten, vorzugsweise Verdienst.

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2. Wirthschaft.
A. Landbau.
a. Gewinnung von Mineralien.

Steinbrüche, und zwar Sandsteinbrüche von ziemlicher Bedeutung befinden sich auf der Feuerbacher und Canstatter Heide, ferner zu Rotenberg, Felbach etc. Kalksteine werden hauptsächlich zu Canstatt zum Brennen und zu Pflastersteinen gebrochen. Tuffsteinbrüche befinden sich ebendaselbst am Sulzerain hin und neuerlich zu Unter-Türkheim, so wie auf der linken Seite des Neckars, zu Münster. Die Tuffsteine werden in neuerer Zeit immer häufiger benutzt, und wegen ihrer Dauer, Leichtigkeit und Trockenheit in Stuttgart und anderwärts zum Bauwesen gebraucht. Bedeutende Gypsbrüche haben Canstatt und Unter-Türkheim, von wo aus der Gyps in große Entfernungen, sowohl aufwärts als auf dem Neckar abwärts abgeht.

Auch die Farbenerden in den Tuffsteinlagern bey Canstatt bleiben nicht unbenutzt; der Lehm findet in den Ziegelhütten und bey Bauwesen seine Anwendung, zu Hafnergeschirr ist er dagegen nur in geringem Grade geeignet. Es gibt daher auch in dem ganzen Oberamt nur zwey Hafner, und zwar zu Canstatt, und selbst diese brennen nur selten selbst. Der Mergel wird fleißig in den Weinbergen benutzt. Kies und Sand, den der Neckar im Überfluß liefert, wird zum Straßen- und Hochbauwesen unausgesetzt geholt, Feg- und Streusand wird hauptsächlich zu Felbach gewonnen. Im Ganzen begreift die von Steinbrüchen eingenommene Fläche 205/8 M., die der Sand-, Mergel- und Lehm-Gruben 35/8 M.

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b. Pflanzenbau.

1) Zustand des Feldbaus im Allgemeinen.

a. Über Größe und Verhältnisse des Bodens und seine verschiedene Nutzungsarten gibt die Tab. II. nähere Auskunft. Diejenige Grundfläche, die in dem Steuerprovisorium zu 29.570 M. angenommen worden ist, beträgt nach der definitiven Vermessung 2002 M. mehr. Es wird wenige so vollständig angebaute Bezirke geben, wie den des Oberamts Canstatt. Das ungebaute Land verhält sich hier, ohne Einrechnung der Waldungen, wie 1:332/10. Die gegenseitige Verhältnisse der verschiedenen Bauarten unter sich sind folgende:

Gärten und Länder 1,0 auf 100 M. im Ganzen 04,9.
Wiesen 3,2 auf 100 M. im Ganzen 15,2.
Weinberge 3,5 auf 100 M. im Ganzen 16,8.
Waldungen 3,6 auf 100 M. im Ganzen 17,1.
Äcker 9,2 auf 100 M. im Ganzen 43,7.

Der Rest von 23/10 M. kommt auf Weiden. Im Durchschnitt kommen auf 1 Menschen 11/2 M. gebautes und ungebautes Land. Im Einzelnen steigt dieses Verhältniß von 7/10 bis auf 53/10, s. die Tabelle. Auf 1 Stück Rindvieh kommen 52/10 M. Land, gebautes aber 38/10 M., auf 1 Pferd 908/10 und gebaut 691/2 M.

b. Die Eigenthumsrechte sind ungetheilt; Falllehen gibt es keine und die Erblehen haben mit wenigen Ausnahmen die Natur von Zinsgütern angenommen.

Die Vertheilung des Bodens ist, wie sich bey der Bevölkerung erwarten läßt, groß; zusammenhängende größere Güter gibt es außer den drey Hofgütern, Viesenhausen, Thennhof und Schafhof zu Rommelshausen, nicht. Im Ganzen ist das Grundeigenthum in 69.226 Parzellen vertheilt, so daß im Durchschnitt auf ein Güterstück nicht viel über 1/3 M. kommt. Die größte Vertheilung findet, wie unsere Tabelle zeigt, in Felbach statt.

c. Anbau. Von der Natur durch Boden und Klima begünstigt, ist die Cultur durch den Fleiß und die| Betriebsamkeit auf einen Grad gesteigert, wie man sie selten finden wird. Am höchsten steht sie, was den Ackerbau betrifft, zu Felbach; die übrigen Culturzweige sind überall so ziemlich auf gleich hohem Grade. Nirgends werden auch die Düngungsmittel besser zurathgehalten, als hier; von der Mistjauche geht selten etwas verloren. Dagegen sind die Dungstätten noch nicht überall zweckmäßig angelegt. Auch Gyps und Mergel werden fleißig angewendet.

Das Fortschreiten der Cultur hat sich neuerlich insbesondere auch in der Anschaffung von bessern Ackerwerkzeugen gezeigt. Der flammändische Pflug hat sich fast überall verbreitet. Die Bespannung des Pflugs besteht, Canstatt ausgenommen, weniger in Pferden als in Ochsen und Kühen, letztere werden überhaupt sehr häufig zum Zuge gebraucht. Eine Bespannung von zwey Zugthieren ist in der Regel hinreichend.

d. Werth und Ertrag. Die Güterpreise sind zwar seit dem Anfang dieses Jahrhunderts, wie überall, stark gesunken, nachdem sie durch die Preise der Erzeugnisse in den vorangegangenen Jahren und durch andere Umstände, auf eine unnatürliche Höhe gestiegen waren, sie haben sich aber in der letzten Zeit, und besonders seit Einführung des neuen Pfandgesetzes wieder bedeutend gehoben. Im Durchschnitt gilt dermalen

gut gering
1 Morgen Weinberg 800 fl. 300 fl.
1 Morgen Acker 450 fl. 200 fl.
1 Morgen Wiesen 600 fl. 300 fl.

Am geringsten sind die Güterpreise in Schanbach und Lobenroth, wo 1 M. Acker und ebenso 1 M. Wiesen 120 bis 160 fl. gilt, dann in Mühlhausen, wo 1 M. Weinberg 40 bis 460 fl., Acker 80 bis 250 fl., Wiesen 120 bis 320 fl. gilt. Dagegen steigen die Preise von 1 M. Weinberg in Felbach bis 2000 fl., in Unter-Türkheim und Uhlbach 1200–1500 fl., in Canstatt bis 1000 fl., und von 1 M. Wiese in Felbach bis 900 fl., von Baumwiesen in Hedelfingen, Uhlbach, Stetten bis 1000 fl.

| Der Reinertrag von 1 Morgen Land beträgt, ohne Zehenten und Gülten, nach der Cataster-Schätzung 6 fl. 59 kr., somit und nach Maßgabe der frühern Berechnungen der Kapitalwerth 139 fl. 40 kr., und zwar von
Weinbergen 11 fl. 41 kr. 233 fl. 40 kr.
Gras- und Baumgärten 11 fl. 02 kr. 220 fl. 40 kr.
Wiesen 9 fl. 26 kr. 188 fl. 40 kr.
Küchengärten und Länder 8 fl. 13 kr. 164 fl. 20 kr.
Äckern 6 fl. 20 kr. 126 fl. 40 kr.
Wald 1 fl. 39 kr. 33 fl. 20 kr.

Das den Reinertrag darstellende Grund-Cataster beläuft sich auf 202.165 fl. Rechnet man dazu nach gleichem Maßstab das Staatseigenthum, die Zehenten und Gülten, und den Betrag der Fläche, um welche das Grundeigenthum bey der Vermessung größer erfunden worden ist, als es bey dem Steuerprovisorium angenommen wurde, so stellt sich ein Reinertrag von 249.808 fl. heraus.

2. Einzelne Culturen.

a) Ackerbau. Das Oberamt enthält 13.903 M. Ackerfeld, darunter 3237/8 M. mit Bäumen besetzt. Von dieser Ackerfläche sind 2463/8 M. Staats-Eigenthum, s. Tab. II. Die gewöhnliche Bewirthschaftung ist die der Dreyfelderwirthschaft, in den Weinbergorten, welche ganz wenig Ackerfeld haben, findet ein willkührlicher Bau statt: im Ganzen belauft sich das willkührlich gebaute Feld auf 9863/8 M., Wechselfelder gibt es keine. Von dem Brachfeld werden im Ganzen wohl 2/3 angebaut, in dem Cataster ist jedoch nur 1/2 aufgenommen. In einzelnen Orten kommt das Ganze zum Anbau; die meiste Brach haben Schmieden, Oeffingen, Mühlhausen und Zatzenhausen.

Die Erzeugnisse des Ackerbaues sind die gewöhnlichen: Dinkel, Haber, Gerste, etwas Roggen, mehr Weizen und Einkorn, dagegen Hülsenfrüchte wenig, doch ziemlich Ackerbohnen; Welschkorn in den Weinberg-Orten in Menge; von Ölgewächsen Räps, hauptsächlich Winterräps und Mohn. Ein Hopfengarten von 1/2 M.| ist zu Stetten angelegt. Flachs wenig, etwas mehr noch Hanf. Von Hackgewächsen, außer den Kartoffeln, viele Kohlraben, hauptsächlich aber Runkelrüben, besonders zu Felbach, wo man sie schöner, als irgendwo findet. Futterkräuter, hauptsächlich dreyblätteriger Klee, werden überall, theils im Brachfeld, theils in Vorlehen gebaut.

Die Aussaat und der Ertrag sind so ziemlich die gleichen, wie sie bey dem Oberamt Urach von den Thalorten angegeben sind.

Der jährliche Reinertrag des steuerbaren Ackerfeldes beträgt nach dem Cataster 80.575 fl. 25 kr.

b) Gartenbau. Die Fläche

der Gemüße- und Blumengärten beträgt 712/8 M.
die der Gras- und Baumgärten 5767/8 M.
und die der Länder 5242/8 M.
dazu kommen noch 231/8 M.
Lustgärten zu Stetten, Canstatt und Mühlhausen, und der K. Park Rosenstein mit 3207/8 M. Kunstgärtnerey als Erwerbszweig wird in dem Bezirke nur wenig betrieben. Dagegen wird die Küchengärtnerey nicht nur in Gärten, sondern auch in den Ländern, Weinbergen und Äckern mit vieler Betriebsamkeit nicht nur für den eigenen Bedarf, sondern hauptsächlich auch für den Verkauf betrieben, so daß dieser Bau für viele Dörfer einen nicht unbedeutenden Erwerbszweig ausmacht, der den Weingärtnern besonders in Jahren, wo der Wein mißräth, sehr zu statten kommt. Selbst die Pflanzung von Blumen ist Gegenstand des Erwerbs. Schön angelegte Gärten findet man nicht nur zu Canstatt, sondern auch in manchen Dörfern.

Der Reinertrag der steuerbaren Gärten und Länder ist in dem Cataster zu 11.917 fl. 17 kr. geschätzt.

c) Wiesenbau. Der Flächenraum der Wiesen beträgt 48361/4 M., wovon 991/4 M. Staatseigenthum sind. Zu dem Ackerfeld verhalten sich die Wiesen wie 1:3. Es kommen aber noch die Grasgärten dazu. Von der obigen Fläche sind 29626/8 M. mit Bäumen besetzt und 652/8 M.| Holzwiesen. Die Wiesen sind meist gut, die im Thal gelegenen können zum Theil bewässert werden; die Wässerungs-Anstalten im Neckarthale sind jedoch schon lange durch den häufigen Wechsel des Flußbetts in Zerfall gerathen.

d) Weinbau. Die Weinberge belaufen sich, mit Ausnahme von 21/4 M., die zu andern Culturen verwendet sind, auf 53601/2 M., davon gehören 2 M. dem Staat, 403/4 M. der K. Hofkammer und 31/4 M. der Gutsherrschaft in Mühlhausen. Mit Ausnahme von Schanbach und Lobenroth haben sämmtliche Gemeinden Weinberge, Schmieden jedoch, wie die Tabelle zeigt, nur etliche Morgen. Sie liegen fast alle an mehr oder minder steilen Berghängen, selten so, daß sie keine Mauern bedürfen; nur hier und da findet man sie auch als eigentliche Weingärten auf der Ebene gelegen, z. B. zu Hedelfingen, wo eine große Strecke in dem Neckarthale liegt. Das Erzeugniß ist größtentheils von vorzüglicher Güte. Als besonders ausgezeichnete Weine waren immer bekannt: der Uhlbacher, Felbacher Lämmeler, das Stettener Brodwasser, die Canstatter Zuckerlen; diese gehören zu den Besten des Landes. Einen großen Ruf hatte ehemals auch der Mühlhauser rothe Wein, und was man jetzt kaum mehr glauben möchte, der rothe Wein von Wangen. Herzog Christoph verehrte 1559 dem Erzherzog Karl von Östreich 4 Faß Wein von Wangen, Felbach etc., und Herzog Friedrich I. thut 1597 dem Herzog Heinrich Julius von Braunschweig „zwey Faß rothen Claretweins uff Burgundi Artt zugerichtet freuntlich verehren,“ aus Weinbergen „allbenehest bey Stuttgarten“ und zwar, wie man weiß, zu Wangen. S. Würt. Jahrb. 1827 S. 198 u. f. Darum singt auch Eberhard Cellius i. J. 1603:

Was sag’ ich von dem lieben Wein,
Will nur anzeigen fünf allein.
O Wangmer edler Rebensaft
O Hebbacher, was gibst du für Kraft!

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Es war dieß Wein von Clevner-Trauben, der noch vor 50 Jahren in Wangen häufig gebaut, so theuer als der| Uhlbacher bezahlt und vielfältig als Burgunder verkauft wurde. Dasselbe war auch mit dem rothen Mühlhäuser der Fall. In späterer Zeit ist die Güte der Weine sehr herabgekommen, die Kriegszeiten und zahllose Truppendurchmärsche ließen mehr auf die Menge als auf die Güte abheben, weil auch der geringe Wein einen sehr hohen Preis galt.

Die Verbesserung des Weinbaus ließ sich in voriger Zeit der Geh. Rath Bilfinger, ein geborner Canstatter, sehr angelegen seyn. Er verschrieb Reben aus allen Weltgegenden, aus Frankreich, Italien, Spanien und Ungarn, selbst aus Griechenland, und legte seine eigene Weinberge zu Canstatt damit an, brachte aber dadurch auch manchen untauglichen Samen ins Land, und trug unschuldiger Weise zur Vermehrung verschiedenartiger Sorten in einem und demselben Weinberge bey, wodurch die Güte und der Charakter des Neckarweins auch sonst verdorben wurde. In neueren Zeiten haben sich die Centralstelle des landwirthschaftlichen Vereins und die Weinverbesserungs-Gesellschaft um die Verbesserung des Weinbaus sehr verdient gemacht. Jene legte mit dem glücklichsten Erfolge den Versuchsweinberg in Unter-Türkheim mit Rißlingreben, so wie neuerlich einen Weinberg zu Mühlhausen mit Clevnern an, und letztere, die Weinverbesserungs-Gesellschaft, übernahm den Unter-Türkheimer Weinberg, und fuhr fort, durch Lehre und Beyspiel, besonders auch in der Behandlung des Weinerzeugnisses, zu wirken. Nicht weniger vortheilhaft hat die K. Hofkammer durch das in ihren Weinbergen zu Unter-Türkheim gegebene Beyspiel auf die Verbesserung des Weinbaues gewirkt.

Der Ertrag aus den diesseitigen Weinbergen kann im Durchschnitt auf anderthalb Eimer vom Morgen geschätzt werden; 4 Eimer sind schon ein sehr reichlicher Ertrag; in außerordentlichen Jahrgängen wurden übrigens theilweise auch schon 8 bis 10 Eimer gelesen. Die Preise des Weins sind nach der Qualität und den Jahrgängen sehr verschieden, vergleichungsweise aber immer so hoch, als in irgend einer Gegend des Landes. Das Rißlinggewächs wurde mit in den| letzten Jahren, freylich auch wegen der Seltenheit, 105 bis 141 fl. bezahlt, während die besten andern Weine der Gegend 50 bis 66 fl. galten.

Der Rohertrag der steuerbaren Weinberge ist nach dem Cataster zu 164.622 fl. 37 kr. geschätzt.

Es verdient bemerkt zu werden, daß hiernach der Geldwerth des Rohertrags von 1 M. Weinberg in dem Oberamt Urach um mehrere Gulden höher ist, als in dem Oberamte Canstatt.

e) Obstzucht. Die mehr oder weniger mit Obstbäumen besetzte Fläche beträgt 3870 Morgen. Es sind insbesondere die Wiesen an den nördlichen Bergabhängen damit besetzt, die deswegen das Aussehen von Waldungen haben. Nur in wenigen Orten, hauptsächlich in Schmiden und Oeffingen, ist die Obstzucht unbedeutend, für alle andere ist sie ein wichtiger Nahrungszweig. Sowohl Kernobst, als Steinobst ist in den mannichfaltigsten Sorten vorhanden, auch an Nußbäumen fehlt es nicht; auf der Canstatter Heide findet man sehr schöne Bäume von edlen Castanien und hier und da sieht man auch einen Mandelbaum. Die Orte Uhlbach und Stetten zeichnen sich insbesondere durch vortreffliche Kirschen aus. Die Veredlung ist überhaupt auf einen hohen Grad gebracht. Selbst die Straßen sind mit Bäumen von den edelsten Obstarten besetzt. Ordentliche Baumschulen gibt es nicht; die Weingärtner sind zugleich Baumgärtner und erziehen die jungen Bäume selbst. Der Ertrag der Obstzucht ist unter den Schätzungen des Bodenertrags der Grundstücke begriffen, im Durchschnitt wird man ihn immer der Hälfte des Weinertrags gleich achten dürfen.

f) Der Waldbau. Die Waldfläche ist nicht unbedeutend, besonders für eine Gegend, wie die von Canstatt, aber der Ertrag ist gering. Jene beträgt 5431 Morgen, und verhält sich also zu der übrigen Bodenfläche, wie 1:44/10, zu der ganzen Bodenfläche wie 1:52/10, es besteht demnach fast der fünfte Theil des Landes in Waldungen, in dem Oberamte Blaubeuren ist es der dritte, in Urach etwas| weniger, als der dritte. Vergl. Oberamt Rottenburg S. 74. Von der obigen Waldfläche sind nach unserer Tabelle 46141/2 Morgen Laubwaldungen, 166 Morgen Nadelhölzer, 6273/8 Morgen gemischte Waldungen und 231/8 Morgen ganz unbestockt; nach den forstamtlichen Notizen aber würden die Nadelholz- und gemischten Waldungen 1813 Morgen, und die Laubwaldungen dagegen um diesen Mehrbetrag weniger ausmachen. Von obiger Waldfläche gehören dem Staat 8233/8 Morgen, der K. Hofkammer 10875/8, der Grundherrschaft in Mühlhausen 516/8 Morgen, den Gemeinden 31321/4 Morgen, den Stiftungen (Spital Stuttgart) 1071/4 Morgen, und den Privaten 2286/8 Morgen. Die meisten Waldungen liegen in dem Bezirke der Orte Schanbach, Lobenroth und Stetten, sodann Roracker und Sillenbuch; die beyden erstern gehören zu dem Schurwalde. Was die Bewirthschaftung betrifft, so theilen wir darüber folgende Darstellung des Herrn Oberforstraths v. Jäger mit.

Die Laubwaldungen sind, außer etwa 100 M. Hochwaldungen (hofkammerl. im Revier Stetten), Niederwaldungen mit Oberholz (Mittelwaldungen), wo die Eiche seltener, Roth- und Weiß-Buche vorherrschend mit Birken, Aspen, Erlen, etwas Arlsbeer und Vogelbeer, Linden, Salen, Haseln und andere gemeinen Sträuchern gemischt vorkommen. Das Unterholz besteht großen Theils aus alten kümmernden Eichen, Buchen, Aspen etc., Stumpen- und Wurzel-Ausschlägen, und ist nicht selten kaum zum vierten Theil bestockt. Das Eichen-Oberholz hat meistens ein storriges Aussehen, langschäftige Bau- und Werk-Holzstämme von Eichen und Buchen sind sehr selten. Der Nachwuchs, von der Stärke der Naben-Eiche bis zum Reidel, fehlt beynahe ganz, und die vorhandenen Stämme sind noch überdieß meistens Stumpen-Ausschläge.

Die mit Nadel- und Laubholz gemischten Waldungen sind mit Forchen vorherrschend, zum Theil auch mit Fichten, theils rein, theils vermischt, horstweise bestockt, unter welchen alte storrige Eichen, selten Buchen,| etwas mehr Birken, Aspen etc., und hier und da dergleichen Stock- und Wurzel-Ausschläge gemischt vorkommen. Das Nadelholz ist erst seit den letzten 20 Jahren allmählig in den von dem Unterholz entblösten Laubwaldungen durch künstlichen Anbau erzogen worden. Ältere Forchenbestände sind nur hier und da, und von unbedeutender Zahl vorhanden. Bey den Nadelholz-Culturen ist zu bedauren, daß der Erfolg, besonders in den Gemeinde-Waldungen, hauptsächlich weil der Boden zu den Saaten nicht gehörig vorbereitet wurde, nur sehr mittelmäßig ausgefallen ist, und daß die Nachbesserungen unterblieben sind. Nicht selten ist beynahe die Hälfte des Bodens noch unbestockt, und das Nadelholz nur horstweise geschlossen.

Nach den neueren forstamtlichen Nutzungs-Planen beziehen nachstehende Gemeinden aus ihren Waldungen folgenden jährlichen Holzertrag vom Ober- und Unterholz:

Felbach aus 691 M. nur 70 Klafter und 4000 W.
Stetten aus 790 M. nur 40 Klafter und 2000 W.
Rommelshausen aus 319 M. nur 25 Klafter und 0800 W.
Hedelfingen aus 134 M. nur 12 Klafter und 1100 W.
Roracker aus 162 M. nur 14 Klafter und 0500 W.
Wangen aus 139 M. nur 04 Klafter und 0300 W.
Diese Gemeinden beziehen demnach aus 2325 Morgen nur 165 Klafter und 8700 Wellen jährlich, oder wenn 200 Wellen einer Klafter gleich gerechnet werden, nur 2081/2 Klafter, mithin im Durchschnitt per Morgen nur 1/11 Klafter bei einem 20 bis 30jährigen Umtrieb, demnach kaum 1/3 dessen, was gut bestockte Mittelwaldungen und kaum 1/5 dessen, was bey 70jährigem Umtrieb gut bestockte Forchen-Waldungen sonst ertragen. In demselben ungünstigen Verhältnisse steht auch bey den übrigen Gemeinde-Waldungen der jährliche Holzertrag zu der Größe der Morgenzahl. Die staats- und grundherrschaftlichen Waldungen sind zwar theilweise in besserem Zustande, jedoch nur theilweise. Die Verödung und schlechte Bestockung der Laubwaldungen, besonders der Gemeinde-Waldungen rührt auch hauptsächlich von dem Eingehen und Absterben der alten Stumpen des Unterholzes, das| neben der Überhauung des Oberholzes allmählig eine zu lichte Bestockung herbeyführte, wodurch der Boden noch überdieß durch Beraubung aller Bedeckung und Besserung durch das Streu- und Laubrechen für die Holz-Vegetation so sehr sich verschlechterte, daß auch die von einer natürlichen Besaamung aufgekeimten Holzpflanzen nicht mehr gedeihen, und schon nach einigen Jahren wieder absterben. Es liegen zwar etwa 3/4 von den Waldungen an hohen, jedoch nicht sehr steilen Abhängen, und nur etwa 1/4 hat eine ebene Lage, und der Boden besteht aus einem Sandmergel, der den weißen und grauen Keuper-Sandstein zur Unterlage hat, mit Ausnahme der auf Oeffinger Markung in der Nähe des Neckarthals liegenden Staatswaldungen, wovon der größere Theil eine ebene Lage und einen guten Lehmboden und zur Unterlage Muschelkalk hat. Es ist aber auch der magere Mergelboden bey den ganz milden klimatischen Verhältnissen, wenn er von der harten, unfruchtbaren Kruste, welche durch das vieljährige Berauben aller Laub- und anderer Bedeckung entstand, befreit, und durch den mehrjährigen Anbau mit Hackfrüchten das Eindringen des Regen- und Schneewassers und atmosphärischer Stoffe empfänglich gemacht wird, für die Holzkultur ganz günstig, besonders wenn in Bälde für eine volle Bestockung gesorgt, das Austrocknen des Bodens verhindert, und die Humusbildung dadurch mehr begünstigt wird. Neben den Vortheilen einer solchen Boden-Vorbereitung für das Gelingen der zur Emporbringung dieser verödeten Waldungen unerläßlichen künstlichen Culturen ist aber auch noch der weitere große Gewinn in Betracht zu ziehen, daß an Stumpen und Wurzelholz für den gegenwärtigen und nächst künftigen Holzbedarf das zwey- und dreyfache weiter gewonnen wird, als die Holzschläge in den nächsten Nutzungs-Perioden gewähren, und daß durch eine temporäre Benutzung des Bodens zum Anbau von Hack- und Halmfrüchten wenigstens dem ärmern Theil der Gemeinde-Glieder weitere Subsistenzmittel verschafft werden, auch kann eine Verpachtung solcher Plätze leicht so viel an Pachtzinsen abwerfen, daß die| Kosten zum Anschaffen der nöthigen Holzsaamen davon bestritten werden können.

Es ist unter solchen Verhältnissen jedoch nicht zu zweifeln, daß es der Thätigkeit und der Energie des jetzigen Oberbeamten auch hier, wie in seinem vorigen Bezirke, gelingen werde, die Gemeinden von den großen Vortheilen der oben bemerkten Benutzungs- und Culturweise einer so bedeutenden Waldfläche zu überzeugen, und sie zu bestimmen, daß sie ohne längeren Zeit-Verlust alle erforderlichen Maßregeln ergreifen werden, um sich bald möglichst in den Genuß jener als unfehlbar erprobten Vortheile zu setzen[1].

Die Waldpreise des Holzes sind von Buchenholz 12 fl. 50 kr., von Eichenholz 9 fl. 30 kr. Über die Jagd s. u.

g) Weidewirthschaft. Der Flächenraum von Weiden beträgt 4063/4 Morgen, der von Öden 3641/2 Morgen. Von jenen sind 71/4 Morgen mit Obstbäumen, 973/8 Morgen mit Holz (Weidenbäumen) bewachsen. Die Rindviehweiden sind überall aufgehoben und die noch vorhandene Weidefläche macht einen Theil der Schafweide aus. Die Zahl der Schafe, welche auf der Weide laufen, ist in dem Cataster zu 3600 Stück aufgenommen; sie ist klein, aber für die Culturverhältnisse übrig groß genug. Die meisten Schafe kommen auf die Orte Canstatt, Unter-Türkheim und Schmiden; wenig oder gar keine Schafe haben: Hedelfingen, Roracker, Rotenberg, Sillenbuch, Stetten, Uhlbach und Wangen. Der ganze Weide-Ertrag lauft in dem Cataster mit 1358 fl. 36 kr. Der wirkliche Pachtertrag belauft sich auf 3540 fl., wozu der Pförch-Ertrag mit 2785 fl. kommt. Den höchsten Ertrag hat Canstatt mit 1356 fl. Weidepacht und 900 fl. Pförchertrag, nach ihm kommt Mühlhausen mit 390 und 140 fl. Das Eigenthumsrecht der Schafweiden besitzen überall die Gemeinden, mit Ausnahme von Zatzenhausen, wo es die K. Hofkammer hat.

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c. Viehzucht.

Pferdezucht. In Beziehung auf Pferdezucht ist das Oberamt verhältnißmäßig eines der geringsten, wie dieß auch bey seinen Culturverhältnissen nicht anders zu erwarten ist. Die Anzahl der Pferde ist 368. Von dieser Zahl hat die Stadt Canstatt beynahe 2/3, sechs Orte, darunter selbst Schanbach und Lobenroth, haben gar keine Pferde, s. die Tabelle III.

Die Rindviehzucht ist dagegen desto bedeutender – 592 Ochsen und Stiere, 4878 Kühe und 1205 Stück Schmalvieh. Verhältnißmäßig hat das Oberamt nach dem O.A. Eßlingen den stärksten Rindviehstand, besonders in Melkvieh. Vergl. die Tabelle über den Viehstand des Königreichs vom Jahre 1830 in den Würt. Jahrbüchern 1830 S. 226. Die meisten Ochsen haben Schmiden, Rommelshausen, Felbach und Mühlhausen. Das Verhältniß des Standes zu dem der Bevölkerung und dem Flächenraum ist in den Tabellen ausgeworfen. Das Rindvieh ist meist von vorzüglicher Beschaffenheit, ausgezeichnet schön besonders in der Stadt Canstatt. Die Stallfütterung, die sorgfältige Pflege und das Streben nach Verbesserung des Schlags haben hier schon seit längerer Zeit ihre Früchte getragen. Die gewöhnlichsten Arten sind außer dem einheimischen rothbraunen Schlage und andern durch Kreuzung erzielten Arten, die Schweizer und Algäuer. Zur Veredlung der Rindviehzucht haben schon die Maiereyen des Herzogs Karl in Hohenheim, noch mehr aber in neuerer Zeit die Viehhaltungen S. M. des Königs und dessen freygebige Unterstützung, so wie das landwirthschaftliche Fest beygetragen. Die Stallfütterung ist überall eingeführt. Die Zucht beschränkt sich auf den eigenen Bedarf. Die Mastung ist unerheblich. Eine Käserey befindet sich in Felbach. Von den nächst gelegenen Orten wird ein großer Theil der Milch nach Stuttgart verkauft. Daß die Kühe häufig auch zum Anspann gebraucht werden, ist bereits bemerkt worden.

Schafe. 4048 Stück, darunter 2565 Merinos, 1453| Bastarde und nur 4 Stück Landschafe. Der größere Theil davon kommt auf Canstatt, s. die Tabelle.

Schweine 1659, aber die Zahl der Zuchtschweine ist gering, die Zucht verträgt sich auch schwer mit den übrigen Verhältnissen. Die meisten Schweine haben Felbach, Rommelshausen und Stetten.

Ziegen sind mehr nicht, als 181 in dem Oberamte, die meisten hat Münster; in ältern Zeiten muß ihre Zahl viel größer gewesen seyn, da sie als eine feindliche Macht in den Kriegen mit Eßlingen gegenseitig zur Verwüstung der Weinberge gebraucht wurden.

Esel – 0.

Geflügel, Gänse, Enten, Hühner etc. werden gar häufig gezogen, erstere besonders in Canstatt.

Die Bienenzucht ist von mittlerem Umfange, die Zahl der Stöcke belauft sich im Ganzen auf 522.

d. Jagd und Fischerey.

Der Wildstand ist unbedeutend, Edelwild kommt selten und zwar nur als Wechselwild vor; Rehwild ist nur wenig vorhanden, Damwild und Schwarzwild fehlt ganz, den Haupt-Ertrag gewährt die niedere Jagd, jedoch sind auch Hasen und Hühner nach Verhältniß der großen Feldflächen nur in sehr beschränkter Zahl vorhanden.

Die gewöhnlichen Raubthiere finden sich auch hier, seltene kommen nicht vor.

Das Jagdrecht steht theils der Krone zu, theils der K. Hofdomainen Kammer. Beyde Jagddistrikte sind jedoch zur K. Hofjagd gezogen, und stehen unter der Administration des K. Hofjägermeister-Amts. In Mühlhausen hat der Gutsherr die Jagd. Die Unterthanen sind, mit Ausnahme einiger Gemeinden, welche frohnfrey sind, zu gemessenen Hand- und Fuhr-Frohnen verpflichtet; es wird aber in neueren Zeiten nur selten Gebrauch davon gemacht. Die Gemeinde Hedelfingen hat in einem Theile der Waldungen von Weil ein Recht auf Leseholz, Laubsammeln und Viehweide, wovon jedoch letztere durch Vergleich aufgehoben ist. Bey dem geringen| Wildstand kommt nur selten, und zwar nur unbedeutender und unvermeidlicher Wildschaden vor. Wilddiebereyen geschehen nur bey Hasen – weniger durch Schießen als durch Stellung von Dräthen.

Die Fischerey beschränkt sich auf den Neckar. Das Fischrecht darin besitzt mit Ausnahme von Mühlhausen, wo es gutsherrschaftlich ist, die königl. Finanzkammer, zu Münster ist es jedoch neuerlich verkauft worden, zu Canstatt ist es ein uraltes Erblehen, an den übrigen Orten ist es verpachtet. Das Oberamt hat 15 Fischer, und zwar 5 mit 1 Gehülfen zu Canstatt, (2 zu Berg), 1 zu Hofen, 1 zu Mühlhausen, 2 zu Münster und je 2 zu Ober- und Unter-Türkheim. Die Fischgattungen sind oben schon genannt.

B. Kunst- und Gewerbs-Fleiß.
a. Haupt-Gewerbe.

Fabriken. Die auf Canstatter Markung zu Berg gelegenen Fabriken abgerechnet, hat das Oberamt

2 mechanische Baumwollenspinnereyen und Türkischrothfärbereyen zu Canstatt,
l Türkischrothfärberey ebendaselbst,
1 Tuchmanufactur ebendaselbst,
1 Seidenfelbelfabrik ebendaselbst,
1 Tabacksfabrik ebendaselbst,
1 Tabacks- und Cichorien-Fabrik zu Oeffingen,
2 Strohhutfabriken zu Rommelshausen und Stetten;

dazu kommen

3 Apotheken, 2 zu Canstatt, wovon die eine zugleich als chemische Fabrik betrachtet werden kann, und 1 zu Stetten;
1 Essigsiederey zu Canstatt.
1 Käserey befindet sich zu Felbach, Farbenerden werden zu Hofen bereitet, ebendaselbst Federkiele und Strohsessel, erstere auch und Werkwatt zu Oeffingen. Zu Canstatt befinden sich auch 2 Buchdrucker, ein geschickter Orgelmacher und 2 Instrumentenmacher, zu Oeffingen ein Lithograph. Von den gewöhnlichen Gewerben sind am stärksten besetzt: die der Maurer zu Hofen und Oeffingen, der Leinweber zu Schanbach und Schmiden und der| Strumpfweber zu Canstatt. Im Ganzen gibt es keinen Ort, der nicht mehrere Handwerker hätte, den Weiler Lobenroth ausgenommen, der außer 6 Leinwebern keinen Gewerbsmann hat.

Eine Übersicht sämmtlicher Gewerbe gibt folgende Liste.

M. G.       M. G.
Barbierer 15 4 Kreidemacher 2
Baumwollenweber 2 3 Kübler 11 5
Band u. Bortenwirk. 2 Küfer 43 17
Beindreher 2 1 Kupferschmiede 3 1
Brodbäcker 59 31 Lakierer 1 1
Buchbinder 2 5 Leistschneider 1
Buchdrucker 2 3 Lithographen 1 1
Bürstenbinder 1 Lohnbrenner 33
Färber 2 1 Maurer 75 13
Feldmesser 12 Mechaniker 1
Fischer 13 Mehlhändler 4
Flaschner 1 1 Messerschmiede 2 1
Frachtfuhrleute 4 3 Metzger 63 13
Fährleute 2 Musiker 8 3
Gärtner 4 Nadler 1
Glaser 15 12 Näherinnen 9
Goldarbeiter 2 Nagelschmiede 7 6
Graveurs 2 Orgelmacher 1 1
Grobschmiede 8 4 Peruquiers 1
Gürtler 2 1 Pflästerer 3 2
Hafner 2 Rothgerber 4 2
Hammerschmiede 2 4 Säckler 12 7
Hauderer 9 5 Saifensieder 3 3
Holzdreher 3 1 Sailer 7 4
Holzmesser 17 1 Sattler 7 8
Hufschmiede 27 16 Schäfer 14 12
Hutmacher 3 Schiffer 3 6
Instrumentenmacher 2 2 Schlosser 12 8
Kammmacher 1 Schneider 86 38
Kartenmacher 1 Schreiner 47 29
Keßler 2 1 Schuhmacher 104 69
Kleinhändler 40 Schuhflicker 12 2
Kleinuhrmacher 1 1 Siebmacher 1 1
Knopfmacher 2 1 Steinbrecher 7
Korbmacher 1 Steinhauer 21 19
Kornmesser 3 Strohhutmacher 1
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M. G.       M. G.
Strumpfstricker 4 Wascherinnen 5
Strumpfweber 8 2 Weber, Handels 2 2
Tuchmacher 3 2 Weber, Kunden 83 33
Tüncher 2 2 Wendenmacher 1 1
Vergolder 1 Ziegler 6 12
Wagenspanner 4 Zuckerbäcker 3 1
Wagner 20 11 Zimmerleute 48 21

Im Ganzen belauft sich die Summe der Handwerker und gewerbmäßig getriebenen Beschäftigungen auf 1069 Meister und 460 Gehülfen.

Dazu kommen:

Getränkefabriken, 22, und zwar
a) 18 Branntwein-Brennereyen,
b) die obengenannte Essigsiederey und 2 kleine Brauereyen zu Oeffingen und Canstatt, sodann
Wirthschaften, 127, und zwar
a) Schildwirthschaften 38.
b) Schenkwirthschaften 89.
Mühlwerke 21, und zwar: Mahlmühlen 7, mit 28 Gängen, Ölmühlen 3, Gypsmühlen 8, Sägemühlen 1, Hanfreiben 2, wozu noch die Wasserkraft von drey Fabriken zu Canstatt kommt;
Ziegelhütten 4.
Keltern 28.
b. Nebengewerbe.

In Canstatt geben die Fabriken manche Neben-Beschäftigungen, zu Rommelshausen und Stetten die Strohhutfabriken, zu Felbach das Falzen und Heften von Druckschriften für die Stuttgarter Buchhandlungen; zu Unter-Türkheim wird auch das Brechen des Gypses, das Einsammeln von Senf, zu Felbach der Handel mit Streu- und Fegsand als Nebengeschäft betrieben. Gesponnen wird hauptsächlich nur für den eigenen Bedarf. Überhaupt ist der Betrieb von Nebenbeschäftigungen im Ganzen nicht besonders stark; dem Weingärtner bleibt auch weniger übrige Zeit als dem Bauer.

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C. Handel.
a. Mit Natur-Erzeugnissen.

Wein, Obst, Küchen- und Garten-Gewächse, Geflügel und andere kleinere Lebensbedürfnisse, sodann Schafwolle sind die Hauptgegenstände des unmittelbaren Handelsverkehrs. Der Wein wird, wie gewöhnlich, unter der Kelter verkauft, doch gibt es auch Weinhandlungen, namentlich zu Felbach. Das Obst, das großentheils grün verkauft wird, findet seinen Absatz nicht nur zu Stuttgart und in der Umgegend, sondern es wird auch in entfernten Gegenden und selbst bis nach Bayern getragen und geführt; s. Stetten. Die übrigen Lebensmittel finden ihren täglichen Absatz in Stuttgart, und der Victualienhandel macht einen eigenen, sehr erheblichen Nahrungszweig für manche Orte aus. Selbst Dinge, welche anderwärts werthlos wären, werden hier zu Geld gemacht, wie z. B. Levkoje, Nelken, Veilchen und andere Blumengewächse, welche in den umliegenden Dörfern sehr häufig gezogen werden. Auch die Felbacher Käse, die gebrannten Wasser von Wangen, die Farbenerden und die Federkiele von Hofen, Gyps, Tuffsteine, Sauerwasser, Senf etc. finden ihre auswärtigen Käufer. Dagegen werden Holz und Getreide kaum für das eigene Bedürfniß hinreichend erzeugt.

b. Mit Kunsterzeugnissen.

Die oben genannten Fabriken haben einen sehr ausgedehnten Absatz nicht nur im Inlande, sondern auch im nahen und entfernten Auslande. Die türkischrothen Garne gehen nach allen Theilen von Deutschland, nach Östreich und Italien, auch die Wollenwaaren haben sich Eingang im Auslande verschafft. Der Taback hat starken Absatz in die Schweiz und nach Bayern; auch kommen manche chemische Fabrikate von Canstatt in den auswärtigen Handel. Wichtig aber für die Stadt Canstatt ist insbesondere der Speditions- und Zwischen-Handel, s. h.

Die Zahl der Kaufleute in dem Oberamte ist 24 mit 13 Gehülfen, davon befinden sich 15 mit 12 Gehülfen| in der Stadt. Krämer und s. g. Kleinhändler zählt das Oberamt 40. Das Gewerbs-Cataster beträgt nach der neuesten Aufnahme vom Jahr 1829 im Ganzen 3737 fl. 28 kr., davon kommen auf
Handwerker und Kleinhändler 1069 mit 461 G. 1838 fl. 00 kr.
Kaufleute und Fabrikanten etc. 32 879 fl. 12 kr.
Wirthschaften 132 788 fl. 24 kr.
Getränke-Fabriken 22 10 fl. 58 kr.
Mühlen und 28 Keltern 44 220 fl. 54 kr.
3737 fl. 28 kr.

  1. Vortheile, die um so größer wären, wenn man fände, daß der Boden für die Wald-Cultur entbehrt werden könnte.
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