« Kapitel B 36 Beschreibung des Oberamts Calw Kapitel B 38 »
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Stammheim,
Gemeinde II. Kl., Pfarrdorf mit Dicke, Hof, Waldeck, Haus, Ölenderleshäusle, Haus und 2 Mühlen, 1209 Einw. – Ev. Pfarrei.


Auf der hügeligen Muschelkalk-Hochebene östlich von dem Nagoldthal liegt in einem nicht tief eingefurchten wiesenreichen Thälchen der in die Länge gebaute, ziemlich regelmäßig angelegte ansehnliche Ort, dessen größerer Theil an dem südlich geneigten Thalabhang und im Thale selbst eine geschützte Lage hat, während eine kleinere Häusergruppe an den gegen Norden geneigten Thalabhang hingebaut ist. Ein weiteres Thälchen, das Winkelthal genannt, zieht von Süden her und vereinigt sich unterhalb des Dorfs mit dem ersteren; in beiden Thälchen fließen kleine Bäche, von denen der Schlittenbach etwa 1/4 Stunde nordöstlich vom Ort im Schönenbrunnen entspringt und durch den Ort fließt, während der andere 1/8 Stunde südlich vom Dorf in 2 Quellen (Engelsbrunnen und Lindenbrunnen) entspringt und sich im untern Theil des Dorfs mit dem Schlittenbach vereinigt, der nur 500 Schritte von Stammheim eine Mühle mit zwei Mahlgängen und einem Gerbgang und etwas weiter unten eine Gyps- und Ölmühle in Bewegung setzt; unterhalb dieser Ölmühle | wurde im Jahr 1843 eine weitere Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang erbaut. Im Ort selbst wird eine Öl- und Gypsmühle von dem Schönbrunnenbach getrieben. In der nächsten Umgebung von Stammheim erheben sich mehrere scharf markirte Hügel, von denen man freundliche Aussichten genießt, wie der gegen Norden gelegene Galgenberg, im Südosten die hohe Nille, gegen Südwesten der kuppelförmige Hügel „Doma“ [1] u. s. w.

Die Gebäude des Dorfs sind zum Theil ansehnliche, meist aus Holz erbaute Baurenwohnungen, von denen mehrere steinerne Unterstöcke haben; die Ortsstraßen sind gut erhalten und größtentheils mit Kandeln versehen. Auch die Düngerstätten haben, wenigstens an den Hauptstraßen, eine zweckmäßige Einrichtung.

An der nördlichen Seite des Dorfs liegt die im Jahr 1790 namhaft erweiterte und durchaus erneuerte Pfarrkirche, deren Unterhaltung der Stiftungspflege mit Unterstützung der Gemeinde obliegt. Das Gebäude ist in den modernen Rundbogenstyl geändert, und hat keinen architektonischen Werth. Der monströse, in seinen untern Theilen massive Thurm geht in ein Achteck über, dem ein schlankes Zeltdach aufgesetzt ist; auf demselben hängen drei Glocken mit folgenden Inschriften, und zwar die größte: Osanna heis ich, in unserer Frawen Er levt ich, Bernhart Lachamann gos mich 1505; die mittlere: In sant Lux, s. Marx, s. Johannes, s. Matheus Er gos mich Bastian Sidler von Eßlingen 1524. Die kleinste, wohl die älteste, enthält weder Schrift noch Zeichen.

Der im Jahr 1856 erweiterte, theilweise ummauerte Begräbnißplatz lehnt sich im Norden an die Kirche.

Das Pfarrhaus, welches nach einer über dem Eingang angebrachten Jahreszahl 1605 erbaut wurde und von dem Staat unterhalten wird, bildet mit seinen Nebengebäuden, Hofraum und Gärten einen angenehmen Pfarrsitz.

Das ansehnliche Schulhaus wurde 1780 zunächst der Kirche an der Hauptstraße erbaut; es enthält zwei geräumige Schulzimmer und die Wohnungen des Schulmeisters und seines Gehilfen.

Das im Jahr 1757 erbaute und 1844 erneuerte ansehnliche Rathhaus mit Thürmchen und Glocke auf dem First, steht beinahe mitten im Dorf.

Ein zweistockiges Backhaus mit 3 Öfen wurde im Jahr 1839 mit einem Gemeindeaufwand von 2600 fl. erbaut; auch sind Gemeindewaschhäuser vorhanden.

| Eine Zehntscheuer hat im Jahr 1847 die Gemeinde vom Staat um 1000 fl. erkauft und zu einer Schafscheuer eingerichtet.

Am westlichen Ende des Orts, an der Straße nach Calw, steht das im Jahr 1852/53 massiv erbaute freundliche Forsthaus, das der Förster des Reviers Stammheim bewohnt.

Unfern des Försterhauses befindet sich ein ansehnliches Gebäude, das im Jahr 1827 für die auf Veranlassung des damaligen Ortspfarrers v. Handel errichtete Kinderrettungs-Anstalt mit Beiträgen von Privaten aus Calw und der Umgegend erbaut wurde. Diese wohlthätige Anstalt, welche durch Stiftungen und Geschenke allmälig einen Fonds von etwa 1200 fl. erhielt, beherbergt gegenwärtig 60 Kinder, die größtentheils nicht nur Kost, Kleidung und Wohnung, sondern auch geregelten Unterricht unentgeldlich erhalten. Von den im 14. Lebensjahre aus der Anstalt tretenden Kindern werden die Knaben bei irgend einem Gewerbe, und die Mädchen bei geordneten Familien untergebracht. Außer dem gewöhnlichen Schulunterricht erhalten die Zöglinge Anleitung in der Landwirthschaft auf den zu der Anstalt gehörigen 6 Morgen Äcker, 2 Morg. Gärten und 3 Morg. Wiesen; einzelne Knaben werden auch in Buchbinderarbeiten unterrichtet und arbeiten für die Vereinsbuchhandlung in Calw. Die Einnahmen der Anstalt betrugen im Jahr 1856 3259 fl. 14 kr. Die Ausgaben 3413 fl. 7 kr. Die Anstalt leitet ein Comité, an dessen Spitze Dr. v. Barth in Calw steht. Die öconomische Aufsicht steht unter der Wittwe des verst. Ortsgeistlichen v. Handel.

Am östlichen Ende des Orts steht die ehemalige, jetzt in eine Privatwohnung umgewandelte Burg [2]; von derselben sind außer dem rings herum führenden Burggraben, welcher früher mit Wasser gefüllt war, auch die festen, gegen 5′ dicken Ringmauern, mit Ausnahme der südöstlichen Seite, noch erhalten; an der Stelle der früheren Zugbrücke führt nun über den Burggraben eine steinerne Brücke zu dem spitzbogigen Eingang in den ehemaligen Burghof. Die Burg diente, nachdem sie aufgehört hatte, adeliger Sitz zu sein, dem Forstknecht (Förster) als Wohnung und wurde im Jahr 1765 von dem herzoglichen Kirchenrath an einen Bürger vom Ort um 7500 fl. verkauft.

Gutes, nie versiegendes Wasser liefern 9 laufende Brennen, von denen 7 aus dem sog. wagenden Brunnen, welcher 1/4 Stunde nördlich | vom Ort entspringt, gespeist werden, während die 2 weiteren, einer von dem Engelbrunnen und der andere aus dem Mäuswiesenbrunnen ihr Wasser erhalten. Westlich am Ort entspringt im Wiesenthal der Lindenbrunnen, dessen sehr gutes Wasser häufig von Kranken getrunken wird; überdieß sind 2 Wetten im Ort angelegt. Früher bestanden 2 Weiher, der eine oberhalb, der andere unterhalb des Orts, von denen jeder etwa 6 Morgen groß war.

Die im Allgemeinen wohl gewachsenen Einwohner sind geordnet, sehr fleißig und kirchlich gesinnt; etwa 1/10 bekennt sich zum strengen Pietismus. Außer dem Feldbau finden die Einwohner ihren Erwerb durch Taglohnarbeiten in dem nur 3/4 Stunden nordwestlich gelegenen Calw durch Holzmachen und Arbeiten in der nach Calw gehörigen Baumwollenspinnerei zu Tanneneck. Einzelne treiben einen kleinen Handel mit Morcheln, welche in den nahe gelegenen Waldungen häufig vorkommen; auch Kräutersammler wohnen im Ort. Die öconomischen Verhältnisse der Einwohner sind ziemlich gut; der begütertste Bürger besitzt etwa 44 Morg. Äcker und Wiesen, der Mittelbesitz beträgt 10 Morg. und die wenigst bemittelten sind immer noch im Besitz von 1–2 Morg. Felder.

Ein Sohn des Kloster-Hirschauischen Amtspflegers ist allhier den 4. Juli 1731 geboren Balthasar Haug. Er studirte Theologie, wurde 1757 Pfarrer in Stotzingen, 1763 in Magstatt, 1766 Professor am Gymnasium und 1775 auch an der Karlsakademie in Stuttgart und starb am 3. Jan. 1792. Um die Verbreitung der schönen Literatur erwarb er sich durch Aufmunterung und um die Geschichte der Wissenschaften und Künste in Schwaben durch eine Reihe von Schriften Verdienste. Siehe (Joh. Jac. Heinr. Nast) zum Gedächtniß des Herrn Balthasar Haug. (Stuttgart 1792.) 4.

Die ausgedehnte, ziemlich unebene Markung hat im Allgemeinen einen ergiebigen, übrigens düngerbedürftigen Boden, welcher in der Richtung gegen Calw und gegen den Dickehof aus den Verwitterungen des rothen Schieferlettens mit günstiger Mengung von Lehm, an den Ausläufern der Hügel aus den Verwitterungen des Wellenmergels (kalt und etwas schwer) und an den Steilabfällen der Hügel, wie auf ihren Höhen aus kalkreichen Verwitterungen des Hauptmuschelkalks besteht. Auf der Markung befinden sich 3 im bunten Sandstein angelegte Steinbrüche, die gute Werksteine und zum Theil Platten liefern; Muschelkalksteinbrüche, für Straßenmaterial sind 4 vorhanden. Eine Lehmgrube ist angelegt, wie überhaupt der Diluviallehm stellenweise die oben angeführten Bodenarten in geringer Mächtigkeit überlagert.

| Die klimatischen Verhältnisse sind ziemlich günstig, nur schaden Frühlingsfröste und kalte Nebel nicht selten den Obstbäumen, und sogar, wie z. B. im Jahr 1857, den Waldungen; in Folge dieser Verhältnisse werden daher nur späte Mostsorten und Zwetschgen gepflanzt, welch letztere sehr gerne gedeihen. Hagelschlag kommt sehr selten vor, indem der 1/2 Stunde südlich vom Ort gelegene Domaberg eine Wetterscheide bildet. Das Thal, in welchem Stammheim liegt, ist nur gegen Westen, gegen das Nagoldthal, geöffnet und daher die Luft nicht ganz gesund, indem dieselbe einerseits von den Nord- und Ostwinden nicht gehörig gereinigt wird, andererseits die Nebel, welche sich gerne über den Schwarzwald und namentlich in dem nahen Nagoldthale lagern, nicht selten bis zu dem Ort herandringen und dort wegen vorliegenden Bergen nicht weiter können. Diese klimatischen Verhältnisse mögen theilweise die Ursache von den häufig auftretenden Schleimfiebern und Frieselkrankheiten sein.

Die Landwirthschaft wird im Allgemeinen gut und mit vielem Fleiß betrieben; verbesserte Ackergeräthe, wie der Brabanterpflug, die Walze etc. haben günstigen Eingang gefunden und zur Besserung des Bodens werden außer den gewöhnlichen Düngungsmitteln hauptsächlich die Jauche und der Gyps in Anwendung gebracht.

Im Dreifeldersystem baut man vorzugsweise Dinkel und Hafer, und in der Brache werden Kartoffeln, Futterkräuter, auch Ackerbohnen, Kohlraben, Kraut, Angersen, Reps, Flachs, Hanf und in neuerer Zeit etwas Taback gepflanzt; Esparsette kommt häufig zum Anbau. Früher wurde am südlichen Abhang des Galgenbergs, im sog. Weingarten, auch Weinbau getrieben.

Bei einer Aussaat von 8 Sri. Dinkel und 5 Sri. Hafer liefert in günstigen Jahren der Morgen 7–10 Schfl. Dinkel und 5 bis 7 Schfl. Hafer. Die Preise eines Morgens Acker bewegen sich von 40–550 fl. und die der Wiesen 200–800 fl. Über den eigenen Verbrauch an Getreide werden etwa 300 Schfl. Dinkel und 80 Schfl. Hafer jährlich nach Calw verkauft.

Die Wiesen, von denen etwa die Hälfte wässerbar ist, liefern im Durchschnitt 20–25 Ctr. Heu und 10 Ctr. Öhmd per Morg.

Die Obstzucht ist ausgedehnt und erlaubt in guten Jahren einen namhaften Verkauf an Zwetschgen; das Kernobst wird für den eigenen Bedarf gemostet und gedörrt.

Die Gemeinde ist im Besitz von 820 Morgen mit Laub- und Nadelholz bestockte Waldungen, die im Durchschnitt jährlich 450 Kl. und 10.000 St. Wellen ertragen. Hievon erhält jeder Bürger ein Kl. und 50 St. Wellen; der Rest wird verkauft und sichert der Gemeindekasse | eine jährliche Einnahme von 3000 fl. Überdieß ruht auf etwa 3/4 der Gebäude das Recht, unentgeldlich Bauholz aus den Staatswaldungen, jedoch nur in so weit, als es die Erhaltung der Gebäude betrifft, zu beziehen. Weitere Weide- und Beholzungsrechte sind im Jahr 1830 den 13. Sept. durch Abtretung von 730 Morg. Wald abgelöst worden.

Die Rindviehzucht ist sehr bedeutend und bildet eine namhafte Erwerbsquelle der Einwohner, indem nicht nur ein beträchtlicher Handel mit Vieh auf benachbarten Märkten getrieben, sondern auch viel Milch und Butter nach Calw abgesetzt wird; der Milchhandel trägt jährlich über 560 fl. ein. Es wird hauptsächlich eine tüchtige Landrace, die früher mit Simmenthaler gekreuzt wurde, gezüchtet; zur Nachzucht sind 4 Landfarren aufgestellt, welche ein Bürger Namens der Gemeinde gegen eine Entschädigung von 200 fl. jährlich hält.

Die Schafweide, auf der 400–500 Stück Bastarde laufen, ist an einen Schäfer für 650 fl. verpachtet; überdieß trägt die Pferchnutzung der Gemeinde etwa 400 fl. ein.

Die Schweinezucht ist unbedeutend, dagegen werden viele Landferkel von Außen aufgekauft, gemästet und theils verkauft, theils für den eigenen Bedarf geschlachtet.

Die Gewerbe beschränken sich auf die gewöhnlichen Handwerker, Krämer etc.

Durch den Ort führt die Landstraße von Calw nach Herrenberg; überdieß bestehen Vicinalstraßen nach Gechingen, Deckenpfronn, Gültlingen, Holzbronn, auf den Dickehof und in das Nagoldthal und weiter nach Teinach, Neubulach etc.

Der Gemeindehaushalt ist geordnet, so daß eine Gemeindeschadensumlage nicht nöthig wird; s. Tab. III.

Das Wappen des Orts ist ein Baumstamm, der von einem Abtstab gekreuzt wird.

Der Name Stammheim kommt her von Stamm (-Stock), also Wohnung in der Nähe der Wurzelstöcke gefällter Bäume.

Einen großen Theil des Ortes nebst der Kirche stiftete schon im Anfang des 9. Jahrhunderts Graf Erlafried von Calw zum Widem des Klosters Hirschau, bei dessen erneuerter Stiftung im J. 1075 „Stammheim“ wieder genannt wird (Wirt. Urk.Buch 1, 279), wie es denn auch im 11. Jahrh. unter den Orten, wo dieses Kloster Erwerbungen machte, öfters vorkommt (Cod. Hirs. 28b. 42a. 51a. 55a. 56b.).

Die Ortsadelichen waren Calwer Dienstmannen; im 12. Jahrhundert | machen sich Udilo und Wichard durch ihre Wohlthaten gegen das Kloster Hirschau bekannt (Cod. Hirs. 29b. 37a., wofern es gewiß kein anderes Stammheim ist). Sie erloschen frühe.

Später kam Stammheim größtentheils an die Herren von Waldeck, wohl auch als Calwisches Lehen, und nach und nach erwarb das Kloster Hirschau den ganzen Ort.

Auch die Pfalzgrafen von Tübingen, Böblinger Linie, zeitweilige Rechtsnachfolger der Grafen von Calw in dieser Gegend (VII, 1) machten sich hier durch Käufe und Verkäufe bemerklich.

Heinrich von dieser Linie verkaufte dem mehrgenannten Kloster den 22. Juni 1327 eine Hellergilt im Dorfe und in der Mark St. (Besold Doc. 559) und den 10. Dec. 1333 seinen Theil an Mark und Dorf St. mit Leuten, Gütern etc., wie er ihn von den Kindern Konrads des Stadelherrn von Waldeck erworben hatte. Seine Bruderssöhne, die Grafen Götz und Wilhelm, verkauften den 23. April 1328 ebendahin um 112 Pfd. Heller die Vogtei zu St., 10 Malter Dinkel, welche ihnen aus dem Vogtrecht über den „Münchhof“ zu Stammheim zufloßen, überhaupt ihre hiesigen Leute und Güter, alles durch ihren Vater, den Stadelherrn von Waldeck, abgekaufte Besitzungen; Wilhelm erklärte den 5. Febr. 1344 für sich und seine Nachkommen eben diesem Kloster, daß er in der Mark Stammheim nichts mehr zu schaffen haben solle, weder mit Leuten noch mit Gütern, und daß er auf alle Ansprüche daran verzichte (Schmid Pfalzgr. v. Tübingen Urk. 136).

Bedeutende Erwerbungen machte im Jahr 1342 das mehr erwähnte Kloster Hirschau. Es erkaufte damals von dem Grafen Ulrich von Württemberg die 10 fl., welche die Einwohner von Stammheim ihm als Inhaber der halben Grafschaft Calw alljährlich zahlen mußten, mit all seinem Recht an diesem Ort. Von Konrad dem Stadelherrn von Waldeck erwarb es seinen Theil an Stammheim, Burg und Dorf um 1000 Pfd. Heller, von dessen Bruder Heinrich alle seine hiesigen Güter um 300 Pfd. Von Anna von Niefern, Hermanns des Distelfinken von Waldeck Tochter, Wittib, erkaufte es ihren Hof zu Stammheim, genannt Distelfinkenhof, für 14 Pfund. So wurde das Dorf des Abts von Hirschau „recht eigen, Leute und Gut“ (Urk. v. 1362 Besold. Doc. 569).

Die hiesige Kirche zum hl. Martin wurde den 25. Juni 1326 durch den Bischof Emich von Speier dem Kloster Hirschau incorporirt und Bischof Gerhard von Speier bestätigte den 19. Sept. 1351 diese Einverleibung.

| Mit ebendiesem Kloster kam das Dorf sammt dem Pfarrsatz durch die Reformation an Württemberg.

Nahe am Ort, auf den sogen. Mühläckern, an welche sich die Sage knüpft, daß hier eine Stadt gestanden sei, stieß man schon öfters auf Grundmauern etc.; viele römische Ziegel, Reste von Estrichböden, Fragmente römischer Gefässe, welche hier noch getroffen werden, bekunden hinlänglich eine hier abgegangene römische Niederlassung.

Auf dem höchsten Punkte des von dem Ort südwestlich gelegenen Domabergs, von dem man eine sehr anziehende Aussicht genießt, befindet sich ein kreisrunder Steinhügel.

Etwa 1/8 Stunde nordwestlich vom Ort, an der Stelle, wo der Fußweg nach Calw von der Landstraße abgeht, stehen 3 steinerne Kreuze, auf denen je eine Pflugschaar eingemeiselt ist; es waren ursprünglich 4 Kreuze und lagerbüchlich, wie auch im Munde des Volks, wird die Stelle bei den 4 Kreuzen genannt. An dieselben knüpfen sich verschiedene Volkssagen, z. B. hier seien sich 2 Brautpaare begegnet und in Raufhändel gerathen, so daß alle 4 auf dem Platze todt gefunden wurden etc.; die allgemeinste Sage ist aber, daß hier 4 Männer wegen einer Pflugschar gestritten und sich getödtet haben. In der Nähe des Orts stehen 2 weitere Kreuze, von denen eines ein sehr altes Wappen (im liegenden Schild und auf dem Stechhelm je ein Vogelkopf) enthält.

Auf dem 1/4 Stunde nordwestlich von Stammheim gelegenen Flurdistrikt „Höfle“ befindet sich eine viereckige Steinumwallung, von der jede Seite 90′ lang ist; daselbst genießt man eine schöne Aussicht in das Nagoldthal.

Der zur Gemeinde gehörige Dickehof liegt mit ausgezeichnet schöner Aussicht in das Nagoldthal 1/2 Stunde südwestlich von dem Mutterort. Dieser mit 260 Morgen Gütern verbundene Hof und der Hof Waldeck, beides ehemals Kloster-Hirschauische Meiereien, wurden im Jahr 1827 um 26.000 fl. von Bergrath Georgii in Calw dem Staat abgekauft, und seit dieser Zeit in landwirthschaftlicher Beziehung namhaft verbessert. Die ansehnlichen Gebäude sind ebenfalls in neuerer Zeit erbaut worden. Die natürlichen Verhältnisse sind etwas geringer, als die des Mutterorts und in Folge dieser auch der Ertrag der Felder nicht ganz so reichlich.

In trockenen Jahrgängen fehlt zuweilen das Wasser, so daß dasselbe in dem 1/4 Stunde entfernten Baiersbacher Thal geholt werden muß.

| Etwa 1/8 Stunde westlich von dem Dickehof liegen in dem Walde die letzten Reste des sogen. Dickener Schlosses, bestehend in den Grundmauern eines viereckigen Thurms, die 5′ dick und theilweise noch 10′ hoch sind; der Thurm selbst hatte 16′ im Licht. Vor dem Thurm befindet sich ein kleiner Raum, der vermuthlich auch überbaut war. Im Rücken des Thurms, an der von Natur zugänglichen Seite, war die Burg mittelst eines tiefen Grabens befestigt. Einige, in neuerer Zeit hier vorgenommene Nachgrabungen haben Pfeilspitzen, Münzen, becherartige, rohe Gefässe, einen Morgenstern, einen Schlüssel etc. zu Tage gefördert.

Der andere zur Gemeinde gehörige Hof Waldeck liegt 3/4 Stunden südwestlich von dem Mutterort in dem Nagoldthale am Fuß eines Bergvorsprungs, dessen Scheitel die malerischen Ruinen der Burg Waldeck zieren.

Der aus einem ansehnlichen Wohngebäude und einer großen Scheune bestehende, ummauerte Hof, nebst 30 Mrg. Güter, wurde im Jahr 1856 von Alfons Georgii (Sohn des obigen Bergraths) an Jakob Friedrich Stälin und Söhne in Calw um 8000 fl. verkauft; von den übrigen zum Hof gehörigen Gütern, welche durchgängig aus Wiesen bestehen, behielt Georgii 38 Morgen, und etwa die gleiche Zahl verkaufte er an Privaten. Zunächst an dem Hof ist eine hölzerne Brücke über die Nagold angelegt, über welche die Landstraße (Wilhelmsstraße) von Calw nach Nagold führt. Der Hof hat keinen Brunnen und das Trinkwasser wird auf dem jenseitigen Ufer der Nagold geholt.

In dem Hofraum wurde in neuerer Zeit ein alter verschütteter Gang aufgedeckt und in demselben eine eiserne Platte gefunden, auf der die Mutter Gottes mit dem Kinde und die Apostel Petrus und Paulus nebst germanischen Ornamenten in Hautrelief schön dargestellt sind. Der Eigenthümer des Hofs hat diese Platte an einer Terrasse einmauern lassen.

Westlich von dem Hof erhebt sich ein steiler, bewaldeter Bergausläufer, um den die Nagold in einem großen Bogen fließt und der nur von der westlichen Seite von Natur leicht zugänglich ist. Auf diesem schmalen Bergscheitel, der sich gegen seine Spitze etwas verbreitert, stehen die ansehnlichen Ruinen der Stammburg der Truchseßen von Waldeck, welche aus dem dichten Walde hervorragend, der Gegend einen besondern Schmuck verleihen. Die Burg war außerordentlich fest und namentlich auf der von Natur zugänglichen Seite in hohem Grade vertheidigt. Kommt man von dieser Seite (Westen) her, so gelangt man bald an einen durch den Felsen gebrochenen | Graben (das sogen. Geigerles Lotterbett); daselbst ist in den Felsen eine spitzbogige Nische eingehauen, in der ursprünglich ein Heiligenbild stand. In der Richtung gegen Osten folgt bald ein zweiter Graben und jenseits desselben haben sich von den ehemaligen Vorwerken noch einige Mauern und die Grundreste eines Thurms erhalten; es folgt nun ein dritter und endlich ein vierter Graben, auf dessen jenseitigem Rande ein sogen. Mantel stand, der theilweise noch erhalten ist. Von hier gelangt man zu dem fünften Graben und über denselben in die eigentliche Burg, die mit einer im Bogen gestellten 4′ dicken, mit Schußscharten versehenen Mauer beginnt, durch welche ein Thor in einen kleinen Vorhof führt und auf deren nördlicher Ecke ein rundes Thürmchen steht. Innerhalb dieser Mauer befinden sich großartige, zum Theil noch gegen 40′ hohe Mauern der ehemaligen Schloßgebäude, aus denen sich übrigens kein klares Bild von ihrer ursprünglichen Beschaffenheit und Bestimmung mehr entwerfen läßt. Nur ein viereckiger Thurm an der südlichen Seite ist noch ziemlich gut erhalten. Östlich von dem Schlosse lief abermals ein Graben, der einzelne gegen Osten angelegte, nur wenig noch erhaltene Vorwerke von der Hauptburg trennte. Sämmtliche Gräben laufen quer über den Bergrücken von einer Steilwand zu der andern. Die Umgebung der Ruine ist wild verwachsen und war kaum zugänglich, bis im Jahr 1854 der Waldschütze Gaus von Neu-Bulach und in neuester Zeit der Oberförster Niethammer in Wildberg den Zugang zu dieser ehrwürdigen Ruine durch zweckmäßig und sinnreich angelegte Wege bequem machten.

Auf der Waldecker Markung, gegenüber von Kentheim, ist dermalen im Bau begriffen eine Baumwollspinnerei für 10–12.000 Spindeln, welche die Besitzer der Spinnerei Tanneneck, J. F. Stälin und Söhne in Calw, errichten lassen.

Die ehemalige Veste Waldeck (von mehreren gleichnamigen Burgen wohl zu unterscheiden) war das Stammhaus der Edlen von Waldeck, der Waldecker-Familie der Stadelherrn, Waldvögte, Truchseße, ursprünglich gräflich Calwischer, später gräflich Ebersteinischer, beziehungsweise pfalzgräflich Tübingischer Dienstmannen und Lehensleute; sie hatten übrigens mehrere Burgen in der Gegend, namentlich das oben erwähnte Dickener Schloß, von denen nur noch die zu Waldeck selbst als Ruine besteht.

Ein Ortwin von Waldeck und sein gleichnamiger Sohn erscheinen um 1140 (Cod. Hirsaug. 50b), Conrad von Waldeck 1152 (Schannat Episc. Wormat. 2, 76), Alberte von Waldeck 1167. 1207 (Wirt. Urk. Buch 2, 155, 363), Albert und Volmar, Gebrüder 1252 | (Kuen Collectio 2b, 71), Ortwin von Waldeck und sein Bruder Konrad 1255 (Schmid Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 45). Es sind dieß neben den später auftauchenden Namen Reinhard, Heinrich, Wolfgang, später Tristan, die beliebtesten Taufnamen der Familie geblieben (vgl. auch Schmid Pfalzgr. v. Tüb. 496).

Nach dem Abgang der Hohenstaufen trotzten die Besitzer Waldeck’s dem Landfrieden, wie solchen K. Rudolph verkündigte, wurden deshalb von dem Grafen Albrecht von Hohenberg (dem Schwager K. Rudolphs) als Landfriedensrichter im Jahr 1279 belagert, endlich im November 1284 wurden von K. Rudolph selbst nach fast zweimonatlicher Belagerung die fünf Vesten der Herren von Waldeck erstürmt und zerstört, worauf obiger Graf Albrecht selbst eine neue Burg errichtete (Stälin Wirt. Gesch. 3, 37. 51).

Ein Zweig dieser Herren, in welchem die Namen Diemo und Reinhard erscheinen, war am Ende des 13. und am Anfang des 14. Jahrhunderts auf der Veste Neuenbürg angesessen (Crusius Annal. Suev. 3, 224. Mone Zeitschr. 1, 478. 2, 481. Stälin Wirt. Gesch. 3, 115). Sonst hatten sie Güter und Rechte in Stammheim, Gechingen, Altburg, nach welchem Sitz sich gleichfalls eine Linie der Truchseßen von Waldeck nannte, Dätzingen (O.A. Böblingen) und Nußdorf (O.A. Vaihingen). „Von Heimerdingen“ (O.A. Leonberg) nannte sich Georg Truchseß von Waldeck, am Schlusse des 15. Jahrhunderts Deutschordenscomthur in Winnenden.

Das Waldeckische Wappen waren in rothem Schilde zwei kreuzweis gelegte goldene Rechen mit drei Beutelständen als Helmzierde (Sattler Grafen 1, 146. Krieg von Hochfelden Gr. v. Eberstein 325).

Die am Ende des 13. Jahrhunderts sich sehr ausdehnenden Grafen von Hohenberg erwarben mit Wildberg auch Hoheitsrechte über Waldeck, welches den 2. September 1355 in der gräflich hohenbergischen Theilungsurkunde ausdrücklich aufgeführt wird (Mon. Zoll. 1 nr. 328). Diese hohenbergischen Hoheitsrechte in der Gegend kamen, wie bei Neu-Bulach erwähnt, 1364 an die Rheinpfalz, 1440 an Württemberg, welches schon am 1. August 1344 von Konrad dem Stadelherrn für sich und seine Rechtsnachfolger die Öffnungsrechte in dessen Burg und Veste Waldeck erhalten und 1417 einzelne Güter und Rechte erworben hatte (Steinhofer Wirt. Chron. 2, 653).

Ein Antheil an einer Veste Waldeck war in markgräflich badischen Händen; durch Entscheidung von 1390 wurde die Veste Waldeck, „die vormals von Alter bisher von der Grafschaft zum Neuen Eberstein zu Mannlehen gegangen ist“, dem Markgrafen Bernhard ausdrücklich zugesprochen, und zwar der halbe Theil des Schlosses | Waldeck und die Mannschaft von dem andern halben Theil desselben Schlosses Waldeck“ (Krieg von Hochfelden Grafen von Eberstein 392); von demselben Markgrafen wurden die Truchseßen von Waldeck im Jahr 1394 mit 1/2 Waldeck und Graf Friedrich von Zollern, der ältere, am 15. Jan. 1417 mit 1/4 an dem „Schlosse zu Waldeck in eins rechten Manlehens Wise“ belehnt (Mon. Zoll. 1 nr. 567). Der Zug dieser Truchsessen nach Baden zeigt sich auch darin, daß Wilhelm Truchseß d. j. unter dem Markgrafen Karl von Baden stritt, als er mit demselben den 30. Juni 1462 in pfälzische Gefangenschaft gerieth (Kremer Urk. zur Gesch. Kurf. Friedrichs v. d. Pfalz 277).

Im 15. Jahrhundert trug eine Burg Waldeck Arnold Horneck von Hornberg zu Lehen; von ihm kam sie halb an seinen Sohn Arnold, halb an seine Tochter, welche an einen Herrn von Illingen verheirathet war. Dem Sohn des letztern, Ludwig von Illingen, genannt von Eisingen, eignete Markgraf Christoph von Baden 1475 die Hälfte von Waldeck, welche dieser 1476 an das Kloster Hirschau für 1450 fl. veräußerte, worauf ebendieses Kloster 1480 auch von Arnold Horneck von Hornberg dessen Antheil für 2000 fl. erkaufte. Letzteres geschah mit Willen des Markgrafen Christoph von Baden; beim Verkauf im Jahr 1476 wurde von Seiten Badens die Öffnung vorbehalten; genannt werden das Schloß Waldeck ob Calw mit Burg, Burgstall, Graben, Dörfer, Weiler etc.

Im Jahr 1553 erlosch das Waldeckische Geschlecht mit Tristan, worauf die hiesigen württembergischen Lehen diesem Hause heimfielen [3].

Der weiter zur Gemeinde gehörige Wohnsitz Ölenderleshäusle, in den 1770er Jahren erbaut, liegt 3/4 Stunden nordwestlich vom Mutterorte im Nagoldthale an der Straße von Wildberg nach Calw. Das Haus gehörte früher einem Ölmüller, Andreas Winkler, daher der Name.


  1. Geschrieben: Thuma, Duma (1482), Thoma (1567).
  2. Abt Blasius von Hirschau hatte im Jahr 1491 in castello Stamheim novam domum bauen lassen. Trithem. ann. Hirsaug. 2, 545.
  3. An Waldeck knüpfen sich ein Paar Volkssagen, s. Müller Teinach 2. Aufl. S. 122.
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