« Kapitel B 29 Beschreibung des Oberamts Calw Kapitel B 31 »
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Ostelsheim,
Gemeinde III. Kl. Pfarrdorf mit 749 Einw., wor. 1 Kath. – Evang. Pfarrei; Kath. nach Dätzingen eingepfarrt.


Am westlichen Ende des Bezirks hat der Ort in einem ziemlich namhaften Muschelkalkthal, das 1/4 Stunde westlich von Ostelsheim beginnt und über Dätzingen in das Würmthal zieht, eine gesunde und geschützte Lage. Die von Böblingen herkommende Landstraße führt durch den nördlichen Theil des Dorfs nach der 21/4 Stunden westlich gelegenen Oberamtsstadt; eine Vicinalstraße führt nach dem 3/4 Stunden nördlich gelegenen Weil d. Stadt, eine weitere Vicinalstraße lenkt von der Landstraße ab nach Schaffhausen und überdieß ist eine Vicinalstraße nach Gechingen angelegt. Durch den Ort fließt der Altbach, welcher 1/4 Stunde westlich vom Dorf entspringt und sich bei der Dätzinger Mühle mit der Würm vereinigt; er treibt am westlichen Ende des Orts eine Mühle mit 2 Mahlgängen und einem Gerbgang und 1/8 Stunde unterhalb des Dorfs eine Mühle mit einem Gang und einer Hanfreibe, die übrigens nur periodisch in Bewegung ist. Gutes Trinkwasser liefern 2 laufende und 16 Pumpbrunnen das ganze Jahr hindurch in Fülle; von mehreren auf der Markung befindlichen Quellen ist der sogen. Dohlbrunnen die bedeutendste, welche den Ursprung des Altbachs bildet. Auch einige periodisch fließende Quellen (Hungerbrunnen), wie der Geigersbrunnen, der Brunnen unter den Scheibengärten etc. sind vorhanden. Etwa 1/8 Stunde nordwestlich vom Ort entspringt im Thal der sogen. Gesundbrunnen, der besonders gutes Wasser führt und zuweilen von Kranken besucht wird.

| Der unregelmäßig angelegte Ort liegt theils in der Thalebene, theils an dem nördlichen Abhange gegen dieselbe; die aus Holz erbauten, häufig mit steinernen Unterstöcken versehenen mit Ziegelplatten gedeckten Wohnungen lagern sich an den gut unterhaltenen, größtentheils gekandelten Ortsstraßen und tragen das ächte Gepräge der Ländlichkeit.

Die etwas erhöht gelegene Pfarrkirche, welche von der Stiftungspflege unterhalten wird, war bis zum Jahr 1812 mit dem Begräbnißplatz umgeben, der zu jener Zeit an das südöstliche Ende des Orts verlegt wurde; die feste Ringmauer des ehemaligen Kirchhofs ist im Jahr 1847 vollends abgetragen worden. Die ursprünglich im germanischen Styl erbaute, theilweise stylwidrig veränderte Kirche, hat spitzbogige Eingänge und spitzbogige Fenster, deren Füllungen auf der südlichen Seite der Kirche noch erhalten sind. Der viereckige, in seinen unteren Theilen noch alte Thurm, reicht mit seinem Zeltdach kaum über den First des Langhauses; auf demselben hängen 3 Glocken, von denen die größte 1813, die kleinste 1814 von Heinrich Kurz in Stuttgart umgegossen wurden. Auf der mittleren stehen in sehr alten Majuskeln die 4 Evangelistennamen. Das Innere der Kirche ist geräumig, hell und mit ziemlich guten Ölgemälden an den Emporen geziert; das untere Stockwerk des Thurms vertritt die Stelle des Chors, von dem ein Eingang in die Sacristei führt; ob derselben ist in Stein gearbeitet das Schweistuch der heil. Veronika mit dem Württ. Wappen und der Jahrszahl 1488 angebracht. Letztere gibt ohne Zweifel die Zeit der Erbauung des gegenwärtigen Langhauses an.

Das ansehnliche, im Jahr 1855 erneuerte Pfarrhaus liegt angenehm und frei in der Nähe der Kirche und bildet mit seinen Nebengebäuden, Hofraum und 2 Gärtchen einen wohlgeschlossenen Pfarrhof; die Unterhaltung desselben hat der Staat zu besorgen.

Das Rathhaus, in dessen unteren Stockwerk 2 geräumige Lehrzimmer für die Volksschule eingerichtet sind, ist schon ziemlich alt; die beiden an der Schule angestellten Lehrer, ein Schulmeister und ein Lehrgehilfe, bewohnen ein besonderes, ganz in der Nähe gelegenes Gebäude, das die Gemeinde im Jahr 1812 erbauen ließ. Eine Industrieschule besteht seit 1854.

Überdieß sind von öffentlichen Gebäuden noch ein Waschhaus, ein Schafhaus und 2 Armenhäuser vorhanden.

Die im Allgemeinen gesunden, ziemlich wohlgewachsenen Einwohner, verbinden mit vielem Fleiß eine große Sparsamkeit und finden ihren Haupterwerb in Feldbau und Viehzucht; viele suchen | sich in dem nahe gelegenen Weil d. Stadt durch Taglohnarbeiten ihr Auskommen zu sichern. Die Vermögensumstände gehören zu den mittelmäßigen, indem keine besonders Reiche, übrigens auch wenig eigentlich Verarmte im Ort sich befinden, sondern der sogen. Mittelstand der häufigste ist. Der reichste Bürger besitzt 50 Morgen Güter, der häufigste und mittlere Besitz beträgt etwa 18–20 Morgen, nur wenige haben gar keinen Grundbesitz und Gemeindeunterstützung erhalten dermalen 3 Personen. Die meisten Grundstücke sind 1/2 bis 1 Morgen groß.

Allhier ist als Sohn des Pfarrers den 19. Dezember 1771 geboren Gottlieb Wilhelm Hoffmann, der Gründer und vieljährige Vorstand der Kornthaler Gemeinde. Er starb zu Kornthal den 29. Januar 1846. (Schwäb. Chronik v. 4. u. 6. Febr. 1846.)

Die mittelgroße, meist unebene Markung hat im Allgemeinen einen fruchtbaren Boden, der größtentheils aus den Verwitterungen des Hauptmuschelkalks und der Anhydritgruppe besteht, während nur im östlichsten Theil der Markung magere Verwitterungen des Wellenmergels und Wellendolomits erscheinen; auf den Anhöhen sind zuweilen muldenförmige Vertiefungen mit fruchtbarem Lehm ausgefüllt. Im Altbachthal haben sich sehr fruchtbare Alluvialbodenarten abgelagert. Mehrere Muschelkalksteinbrüche, aus denen Straßenmaterial gewonnen wird, sind vorhanden.

Die klimatischen Verhältnisse sind günstig und erlauben eine ausgedehnte Obstzucht; Frühlingsfröste kommen nicht häufig vor.

Die Landwirthschaft wird mit allgemeiner Anwendung von verbesserten Ackergeräthen (Suppinger Pflug, Walze etc.) umsichtig betrieben und den Feldern durch fleißige Düngung (Stalldünger, Gülle, ziemlich Gyps) kräftig nachgeholfen. In dreizelglicher Bewirthschaftung mit zur Hälfte angeblümter Brache baut man vorzugsweise Dinkel, Hafer, Gerste und Einkorn; in der Brache werden wegen der nicht ausgedehnten Wiesen vorzugsweise Futterkräuter (Luzerne, dreibl. Klee und Esparsette), Kartoffeln, Ackerbohnen, Angersen, Kohlraben, weiße Rüben, ziemlich Hanf und nur wenig Reps gebaut.

Auf den Morgen sät man 8 Sri. Dinkel, 4 Sri. Hafer, 2 Sri. Gerste und 4 Sri. Einkorn und erntet durchschnittlich 8–14 Schffl. Dinkel, 5–8 Schffl. Hafer, 3–4 Schffl. Gerste und 6–8 Schffl. Einkorn. Die Preise der Äcker bewegen sich von 70–500 fl. per Morgen. Über den eigenen Verbrauch werden jährlich etwa 1000 Schffl. Dinkel, 300 Schffl. Hafer und 200 Schffl. Gerste nach Calw abgesetzt.

Der nicht ausgedehnte Wiesenbau, dem durchaus Wässerung | zukommt, liefert per Morgen durchschnittlich 25 Centner Heu und 12 Centner Öhmd. Die Wiesenpreise steigern sich von 500–700 fl. per Morgen.

Die Obstzucht, welche sich hauptsächlich mit Mostsorten (Luiken, Knausbirnen, Ofterdingerinnen, Palmischbirnen) und mit Zwetschgen beschäftigt, erlaubt in günstigen Jahren einen namhaften Verkauf nach Außen. Die Jungstämme bezieht man von Merklingen und von Händlern aus Hattenhofen, Eßlingen etc. Weinbau wurde früher an dem Weilberg und in den sogen. Weingärten getrieben.

Die Pferdezucht ist unbedeutend, dagegen der Rindviehstand ziemlich namhaft; man züchtet vorzugsweise eine rothe Landrace, welche durch 3 Farren, worunter einer von Simmenthaler Race, verbessert wird; die Haltung der Farren besorgt ein Bürger, Namens der Gemeinde, gegen eine Entschädigung von 160 fl. Auf benachbarten Märkten wird lebhaft mit Vieh gehandelt.

Auf der Brach- und Stoppelweide laufen etwa 400 Stück Bastardschafe, welche theils einigen Bürgern und dem Ortsschäfer, theils Auswärtigen gehören. Der Schafweidepacht und der Pferch sichert der Gemeindekasse eine jährliche Einnahme von etwa 700 fl. Die Wolle findet ihren Absatz in Calw und Weil d. Stadt.

Die Schweinezucht ist nicht unbedeutend und wird neuerlich durch einen englischen Eber verbessert; es werden übrigens mehr Ferkel von Außen aufgekauft als im Ort gezüchtet. Gemästete Schweine kommen ziemlich viel zum Verkauf.

Die Ziegenzucht ist nicht ausgedehnt und die Zucht des Geflügels liefert viel Eier nach Calw auf den Markt. Die Bienenzucht ist nicht von Belang.

Außer den Gewerben für die örtlichen Bedürfnisse sind 2 Schildwirthschaften, ein Kaufmann, 2 Krämer und 2 Zündhölzchenfabriken im Ort.

Die Gemeinde besitzt neben 11.000 fl. Kapitalien 700 Morgen Waldungen, aus denen jeder Bürger jährlich 1/2 Klafter und 50 St. Wellen erhält und überdieß der Gemeindekasse vom Erlös für Eichen, Rinde etc. jährlich etwa 300 fl. zufließen; Gemeindeschaden wird nicht umgelegt, auch ist eine Stiftung, die jährlich für 17 fl. den Armen Brod reicht, vorhanden. (Über Gemeinde- und Stiftungsvermögen s. Tabelle III.).

Etwa 1/4 Stunde nordwestlich vom Ort auf der sogen. Hub ist man im Jahr 1846 bei Anlage der neuen Staatsstraße auf einen rund ausgemauerten Brunnen gestoßen, in dessen Nähe Spuren von Grundmauern und römische Ziegel sich finden. Ein alter, theilweise noch | vermarkter Weg, der sogen. Pfaffenweg, zieht über diese Stelle von Norden nach Süden an der Markungsgrenze zwischen Ostelsheim und Alt-Hengstett fort und soll nach der Sage von dem abgegangenen Ort Thalcker nach Rottenburg geführt haben.

Eine von Aidlingen herkommende Römerstraße (Hochsträß) führt 1/8 Stunde südlich am Ort vorüber nach Alt-Hengstett, und eine weitere römische Straße (Schelmenweg, Heerstraße) zog von Weil der Stadt über Ostelsheim nach der oben angeführten Niederlassung und weiter gegen Stammheim.

An der Mühle und am südlichen Ende des Orts wurde je ein Grab aufgedeckt, in dem neben dem Skelett ein kurzes, einschneidiges Schwert (sogen. Sachs) lag.

In einem, gegenwärtig dem Johannes Gehring gehörigen Hause, welches den Namen Frühmeßhaus führt, haben sich in einer Kammer noch alte Wandgemälde erhalten, von denen das eine die Kreuzabnahme, das andere Christus unter dem Kreuze stehend, zu beiden Seiten Engel mit den Marterwerkzeugen darstellt.

Die früheste Schreibweise des Orts ist Ostolfsheim; der Name ist vom Mannsnamen Ostolf (Förstemann Altdeutsches Namenbuch 1, 185) abzuleiten.

Ursprünglich den Grafen von Calw gehörend, kam der Ort theils an den Calwer Nebenzweig, die Grafen von Vaihingen, theils an die Pfalzgrafen von Tübingen (vgl. VII, 1).

Den hiesigen Ortsadel kennt man aus der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts durch seine Wohlthätigkeit gegen das Kloster Hirschau; Hugo, Burkhard und Ludwig von Ostelsheim beschenkten damals dieses Kloster (Cod. Hirs. 39a, 43b), welches auch später noch hiesige Erwerbungen machte und namentlich auch die Mühle besaß.

Als Oberlehensherrn der Ortsvogtei erscheinen nach der Mitte des 13. Jahrhunderts die Grafen von Vaihingen; Lehensträger waren damals Balsan und Friedrich, Gebrüder von Dätzingen, bis den 6. Dezember 1282 Graf Konrad von Vaihingen diese Herrlichkeit an die Johanniter-Commende Dätzingen verkaufte (St. A.). Andere Besitzungen stunden unter der Dienstherrschaft der Tübinger Grafen und Pfalzgrafen; als Söler von Ehningen, Dienstmann Graf Gottfrieds von Tübingen-Böblingen, an ebendieselbe Commende hiesige Güter verkaufte, gab hiezu unter dem 13. Dezember 1284 der genannte Graf seine Zustimmung (Schmid Pfalzgr. v. Tüb. Urk. 123).

An Württemberg scheint Ostelsheim um dieselbe Zeit wie Böblingen, um 1357, gekommen zu sein.

Bald darauf, seit 1379, erscheinen die Herren von Kröwelsau | als Besitzer eines Hofes, welchen sie von Württemberg zu Lehen trugen, aber 1427 Gerhard von Kröwelsau geeignet erhielt, doch so, daß die Bewohner Württembergs Leibeigene bleiben sollten.

An hiesiger Kirche bestund um 1400 eine Leutpriesterstelle und eine Frühmesserei.

Den Kirchensatz und die Kirche übergab Pfaff Hans Sölr von Richtenberg Kirchherr zu Holzgerlingen den 23. Juli 1439 an die Grafen Ludwig und Ulrich von Württemberg. Bald darauf gelangte dieser Besitz an das Stift Herrenberg, welches die genannten Grafen von Württemberg um diese Zeit stifteten, wohl durch die Mildthätigkeit eben dieser Grafen. Am 12. April 1443 ließ sich das Stift, welches auch den hiesigen Widumhof erwarb, die Kirche einverleiben.

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