« Kapitel B 25 Beschreibung des Oberamts Biberach Kapitel B 27 »
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26. Gemeinde Mittelbiberach,
bestehend aus 7 Parzellen und 966 Einwohnern.

1) Mittelbiberach, kathol. Pfarrdorf mit einem gutsherrlichen Schloß und 553 Einwohnern, 3/4 Stunde westlich von Biberach, an der Straße nach Buchau, C. A. und F. A. Ochsenhausen, Sitz eines grundherrschaftlichen Rentamts. Grundherr: Freiherr v. Ulm-Erbach-Mittelbiberach. Der Fürst v. Taxis besitzt einen falllehenbaren Bauernhof, der jedoch der Ortsherrschaft ehemals vogtbar war, und jetzt noch grundzins- und frohnpflichtig ist. Den großen Zehenten bezieht der Spital Biberach, den kleinen Heu- und Blut-Zehenten die Pfarrei. Das Patronat-Recht, das früher Biberachisch war, ist jetzt königlich. Mittelbiberach ist ein Rittergut, wovon sich außer seinen Besitzern auch noch die Familie v. Schad schreibt, weil sie es in alten Zeiten besessen hat. Die Herrschaft war vormals dem Rittercanton Donau einverleibt. Zu der Herrschaft gehören Mittelbiberach, Oberdorf, Reuti, Rindenmoos, Schönebuch und Zweifelsberg – nebst Dautenmühle, Ölhaus und Ziegelhütte, mit Fall- und Erb-Lehenrechten, Zinsen, Schafweide-Gerechtigkeit, Fischereirecht und dem Patronatrecht der Pfarrei Reuti und der Schloßcaplanei zu Mittelbiberach, sodann ein eigenthümliches Hofgut zu Mittelbiberach, bestehend aus 221/2 Morg. Gärten, 733/4 Morg. Wiesen, 1713/8 Morg. Acker, 8645/8 Morg. Waldungen, 14 Morg. Torftheile und 182 Morg. Weiher, und das eigene Hofgut Zweifelsberg; der Ertrag des Guts ist in dem Matrikel zu 6500 fl. angegeben. Das Gut war früher mit niedern Gerichten Reichs-Mannlehen und ist jetzt königliches Lehen, mit Ausnahme von Zweifelsberg, das Allodium ist. Den Blutbann hatte, wieder mit Ausnahme von Zweifelsberg, die östreichische Landvogtei Schwaben. Die ganze Herrschaft liegt in der ehemaligen freien Pürs.

Mittelbiberach liegt in einem Kessel, von Anhöhen umgeben und vom Rothbach durchflossen; etwas höher liegt die| Kirche, sowie das Schloß mit den zugehörigen Gebäuden. Von seiner Lage an der Mitte des Bachs, der ehemals die Biberach hieß, hat es ohne Zweifel auch seinen Namen, s. Biberach. Das Schloß ist ein geräumiges, alterthümliches Gebäude, das früher mit Wällen, Gräben und Mauern umgeben war, und eine eigene Schloßcapelle hat. Die Pfarrkirche wurde 1600 neu gebaut; die Baulast derselben und des Pfarrhauses liegt auf dem Spital Biberach als Groß-Zehentherrn. Eine große Feldcapelle zu Sct. Maria, welche auf der Markung von Mittelbiberach stand, ist in neueren Zeiten abgebrochen worden. Außer der Pfarrstelle besteht noch eine eigene Schloßcaplanei, wovon die Gutsherrschaft das Patronat, dagegen auch die Baulast der Capelle und die Besoldung des Caplans hat. Der Pfarrsprengel umfaßt jetzt gerade den Schultheißerei- oder Gemeinde-Bezirk, ehemals aber gehörten auch Reuti dazu. Die Pfarrei ist alt, die Schloßcaplanei wurde erst im vorigen Jahrhundert gestiftet. Der Ort hat Schule und Schulhaus, eine Schildwirthschaft, eine Bierbrauerei und eine Mahlmühle, auch sonst viele Gewerbsleute, hauptsächlich Weber, Maurer und Zimmerleute, welche in dem benachbarten Biberach Beschäftigung finden. Das Gemeinde-Eigenthum ist als sogenannte Gemeinde-Gerechtigkeit vertheilt, und die Nutzung mit dem Lehen verbunden. An den Gemeinde-Gerechtigkeiten hatte die Herrschaft früher selbst 5 Theile, 3 für sich, 1 Namens des Beamten und 1 Namens des Schloßcaplans. Diese 5 Theile trat sie 1811 und 1812 an ihre Lehensleute und Besitzer der übrigen Gemeinheits-Gerechtigkeiten ab, wogegen ihr 381/4 Jauchert Wald und einige Jauchert Weide, Torfboden etc., die bisher in die Gemeinschaft gehört hatten, als Eigenthum überlassen wurden. Die Personal-Leibeigenschaft wurde in der Herrschaft schon 1772 aufgehoben. Nur die Manumissions-Gebühren wurden noch bis 1818 und ein sogenannter Hochzeittrunk (2 Maas Wein und 4 Pfund Brod von jeder Hochzeit) bezogen. Bemerkenswerth ist, daß sämmtliche Orte der alten Herrschaft, nämlich Mittelbiberach mit Schönebuch, Oberdorf, Reuti und Rindenmoos| in einer Markgenossenschaft standen und Eine Gemeinde, eine sogenannte Märkerschaft bildeten, in der der Ertrag aus den gemeinschaftlichen Gemeindegütern nach der Zahl der Realgemeinde-Berechtigten (133) getheilt wurde. Erst in den Jahren 1809–1811 wurde unter commissarischer Leitung diese große Gemeinde oder sogenannte Märkerschaft aufgehoben, jedem Orte nach Verhältniß das Seine zugewiesen, und nach diesem die Markung jedes einzelnen Orts ausgeschieden.

Die Gemeinde hat ein bedeutendes Stiftungs-Vermögen, es besitzt

die Kirchenpflege 1.003 fl.  
die Rosenkranz-Bruderschaft 7.578 fl.
die Baptist v. Ulm’sche fromme Stiftung 39.540 fl.
dessen Feldcapellen-Stiftung 1.921 fl.
die Magdalena Mayer’sche Pfarrei-Stiftung 14.711 fl.
Der Besitz des Dorfs und der Herrschaft Mittelbiberach war ehemals getheilt; die Grundherrschaft hatte zum größten Theil das Stift Buchau, dem auch das Patronatrecht gehörte. Die meisten Lehenhöfe führten daher auch den Namen „Cornelier-Güter“, s. Buchau. Sie sollen schon von der Gräfin Adelinde gestiftet worden seyn. Die Vogtei, wie es scheint ehemals Reichsvogtei, mit den hochobrigkeitlichen Rechten war, so weit die Nachrichten gehen, im Besitze der Herren v. Stein. Im Jahr 1351 verkaufte das Stift Buchau den Kirchensatz zu Mittelbiberach mit dem Maierhof zu Reuthin um 300 Pfund Heller an den Spital Biberach, dem die Kirche noch in demselben Jahre von dem Bischof und durch Bulle vom 7. Juni 1409 auch von dem Pabst Martin II. incorporirt wurde. Im Jahr 1699 verkaufte das Stift die Cornelier-Güter an die Ortsherrschaft. Einige Laienzehenten kaufte der Spital 1356 und 1357 von den v. Melibronn. Im Jahr 1399 verkaufte Berchtold v. Stein, Ritter, zu Marchthal gesessen, an Itel v. Andelfingen die Herrschaft, oder, wie sie fortwährend genannt wurde, die Vogtei Mittelbiberach, das Dorf, die Weiler Oberdorf, Reuti und Rindenmoos (Zweifelsberg gehörte damals noch nicht dazu) um 1500 Pfund Heller. Im Jahr 1440 verkaufte Jos v. Andelfingen dieselben Güter wieder um| 3400 Pfund Heller an Jakob Schad. Als dieser 1498 zu Mittelbiberach starb, ohne männliche Erben zu hinterlassen, verkaufte seine Wittwe Barbara, geb. v. Brandenburg, die Besitzung um 2000 fl. an das Stift Buchau.[1] Auf Betrieb des Neffen des verstorbenen Jakob Schad, des Dr. Hanns Schad, Kaiserlichen Rathes, wurde dieser Kauf von Kaiser Maximilian I. aufgehoben, und der Sohn des Dr. Schad, Johann v. Schad, welcher die natürliche Tochter des Kaisers, Ottilia Langin v. Wellenburg, zur Gattin hatte, kam in den Besitz der Herrschaft. Nach dem Tode des Bernhard Schad, Herrn von Mittelbiberach, Warthausen und Ober-Sulmetingen im Jahr 1600 gingen die Güter auf seine zwei Töchter, Dorothea und Euphrosine, über. Dorothea heirathete den Freiherrn Hanns Heinrich v. Neuhausen, und Euphrosine den Freiherrn Hanns Ludwig v. Ulm, Beide ihre Vormünder, die den 6. August 1604 mit Mittelbiberach belehnt wurden. Neuhausen starb 1620, und nach dem Tode seiner Wittwe Dorothea, 1648, kam die ganze Herrschaft Mittelbiberach mit Ober-Sulmetingen an die v. Ulm. Nach dem Tode des Domcapitularen und fürstlich Eichstädtischen Geheimen-Raths und Regierungs-Präsidenten Johann Baptist v. Ulm in Eichstädt 1814 ging die Herrschaft an die Familie Ulm-Erbach über. Im Jahr 1796 beim Rückzug der Franzosen unter Moreau wurden Mittelbiberach und die zugehörigen Orte geplündert (am 2. October), namentlich auch die Kirche aller silbernen Gefäße und anderer Geräthschaften beraubt.

2) Dautenmühle, eine oberhalb Zweifelsberg an dem Rothbach gelegene Mahlmühle mit 6 Einwohnern, s. o.

3) Ölhaus, eine ebenfalls am Rothbach gelegene Ölmühle mit 2 Einwohnern. Beide Mühlen gehören zu Zweifelsberg.

4) Oberdorf, kathol. Weiler mit 328 Einwohnern, Filial von Mittelbiberach. Die Lehengefälle bezieht die Grundherrschaft, den großen Zehenten die Kirchenpflege Biberach, den kleinen die Pfarrei. Die übrigen Verhältnisse sind wie in Mittelbiberach. Der Ort liegt nur 1/8 Stunde von Mittelbiberach, weiter oben| am Bach, und bildet in gewisser Art den obern Theil davon, woher auch wohl der Name rührt. Es ist eine Schildwirthschaft im Orte.

5) Schönebuch, 2 Häuser mit 17 Einwohnern, 1/2 Stunde südlich von Mittelbiberach, wozu sie gehören. Lehen-, Zehent- und übrige Verhältnisse wie in Oberdorf.

6) Ziegelhaus, eine zu Mittelbiberach gehörige Ziegelhütte mit 5 Einwohnern.

7) Zweifelsberg, kathol. Weiler, 1/4 Stunde oberhalb Mittelbiberach, mit 55 Einwohnern, Filial von Mittelbiberach, Grundeigenthum der Gutsherrschaft Mittelbiberach, den Zehenten hat der Spital Biberach zu beziehen. Zweifelsberg hatte ein ziemlich ansehnliches Schloß; im Jahr 1783 wurden aber die zwei obern Stockwerke davon abgenommen und das Übrige zu einer Pächters-Wohnung eingerichtet. Der Ort hatte ehemals seine eigenen Edelleute und bildete mit Zugehör ein eigenes adeliges Besitzthum. 1229 lebte Pilgram v. Zweifelsberg, 1238 Hermann v. Zweifelsberg. Im Jahr 1513 waren die Felber, Patricier in Biberach, im Besitz von Zweifelsberg. Von diesen kam das Gut 1585 an die v. Brandenburg, von diesen an die v. Freyberg, welche es den 10. Januar 1628 an Euphrosine v. Ulm, geb. Schad (s. o.) verkauften, wodurch es mit der Herrschaft Mittelbiberach verbunden wurde.[2] Bis 1783 stand das Gut in eigener Verwaltung, seitdem ist es in vier Abtheilungen in Zeitpacht gegeben. Zu Zweifelsberg gehören, wie oben schon bemerkt worden, die Dautenmühle und Ölhaus. Neben dem vormaligen Schloß auf einer Anhöhe steht eine kleine Capelle; sie wurde 1833 renovirt, die Baulast ruht auf der Grundherrschaft.


  1. Nach einer andern Angabe hatte Jakob Schad schon 1495 den Kauf geschlossen.
  2. Nach einer andern Aufzeichnung wäre es schon 1594 für 20.500 fl. an die v. Ulm gekommen. Den Blutbann über Zweifelsberg hatte das Kloster Schussenried von der Landvogtei zu Lehen.