« Kapitel B 12 Beschreibung des Oberamts Besigheim Kapitel B 14 »
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Kirchheim am Neckar,
Gemeinde II. Kl. mit 1705 Einw., worunter 2 Kathol. – Evang. Pfarrei; die Kath. sind nach Stockheim, Oberamts Brackenheim, eingepfarrt.
Das schon seit dem Jahr 1683 marktberechtigte Pfarrdorf Kirchheim liegt 5/4 Stunden nördlich von Besigheim auf der linken Seite des ganz nahe vorbeifließenden Neckars, gerade an einer Stelle, wo der steile Thalabhang sich von dem Fluß entfernt und in einem hufeisenförmigen Bogen an Hohenstein und Hofen vorüber ziehend, gleichsam eine weite Thalbucht bildet, welche ein äußerst fruchtbares Gelände einschließt und zur reizenden Lage des Orts viel beiträgt. Durch den sehr ansehnlichen, mit steinbeschlagenen, reinlichen Straßen versehenen Ort, fließt der hier in den Neckar einmündende Mühlbach; auf der linken Seite| desselben liegt der ältere, einem Städtchen gleichende Theil des Dorfs, welcher, mit Ausnahme der an der Landstraße stehenden Gebäude, ein länglichtes Viereck bildet, mit Graben und Mauern umgeben war und früher Städtchen hieß. An den größtentheils noch vorhandenen Mauern standen runde Thürme, welche bis auf zwei, von denen der eine an der nordwestlichen Ecke des ummauerten Ortstheiles, der andere (Diebsthurm) an der westlichen Seite desselben steht, abgegangen sind. Auch die Thore, sind im Laufe dieses Jahrhunderts abgebrochen worden und nur am südlichen Ende des auf der rechten Seite des Mühlbaches gelegenen Ortstheiles steht noch das sog. Staarengassen-Thor.

Die Pfarrkirche, ehemals zum h. Alexander (Suntheim, bei Oefele Rer. Boic. script. 2, 601. sagt: „darin ligt sand Alexander leibhaftig“), wurde im Laufe der Zeit bedeutend verändert und namentlich im Jahr 1739 gegen die Südseite so sehr erweitert, daß gegenwärtig die Grundfigur derselben ein gleichseitiges Viereck bildet. Der viereckige Thurm mit seinem hohen, spitzen, mit Schiefer gedeckten Zeltdache ist bis zu seinem dritten, erst später aus Holz aufgebauten Stockwerke, sehr alt und hat noch auf drei Seiten des zweiten Stockwerks gepaarte, durch Säulen getrennte Rundbogenfenster aus der früh-romanischen Periode; das untere am Thurme angebrachte Spitzbogenfenster mit schönen germanischen Füllungen in den Bogentheilen, scheint einer späteren Zeit anzugehören. Die auf dem Thurme hängenden Glocken sind sämmtlich im Jahr 1801 von G. G. Neubert in Ludwigsburg gegossen worden. Das Innere der Kirche ist flach getäfelt und durch alte, im Renaissancegeschmack gehaltene, fleißig gearbeitete Emporen, welche nach einer angebrachten Inschrift 1596 verfertigt wurden, sehr verdunkelt. An der nördlichen Innenseite steht ein aus Stein gefertigtes Grabdenkmal, das einen geharnischten Mann mit folgender Umschrift darstellt: Anno 1594 am Petri Paul Abendt starb der manhaft und erfahrne Conrad Braun gewesener Schultheiß alhier, dem Got gnad. Von dem Schiff der Kirche führt ein spitzbogiger Triumphbogen in das untere, mit einem Netzgewölbe versehene Stockwerk des Thurms, welches die Stelle des Chors vertritt, aber an der südwestlichen Ecke der Kirche steht, da diese nur gegen Süden erweitert wurde, was das ohnehin nicht gefällige Gebäude noch ungefälliger macht.

Im Chor befinden sich 2 aus Stein gearbeitete Grabdenkmale der Herren von Urbach (O.A. Schorndorf), von denen eines einen geharnischten Ritter, auf einem Hunde stehend, vorstellt und folgende Umschrift trägt: „Anno dom. .... d. 12. Tag Mai starb der edel und vest Pancratius Aurbach dem Got gnad amen;“ das andere enthält das Urbach’sche Wappen und die Umschrift: „Anno dom. 1591 d. 2. Oct.| verschit der edel und vest Wolfgang Ludwig von Aurbach etc.“ Die Unterhaltung der Kirche und des am nordwestlichen Ende des Orts gelegenen Begräbnißplatzes liegt der Stiftungspflege ob.

Das in der Nähe der Kirche gelegene Pfarrhaus, welches früher das Staabsamthaus[1] war, wurde 1816 dem Pfarrer zur Wohnung eingeräumt und wird von der Hofkammer, deren Eigenthum es seit 1811 ist, im Bau unterhalten; über dem Eingang zu dem, einen Garten und Ökonomiegebäude einschließenden Pfarrhof ist die Jahreszahl 1603 angebracht. Das Schulhaus mit Lehrerwohnung, welches die Gemeinde im Jahr 1839 mit einem Kostenaufwand von 1500 fl. verbessern ließ, ist in gutem Zustande, aber zu klein, daher auch in dem Rathhause eine Schulstube eingerichtet werden mußte. Das an einer Ecke der Hauptstraße frei gelegene, ansehnliche Rathhaus mit Thürmchen, Glocken und Uhr, wurde 1805 neu erbaut. Im Ort befinden sich 3 geräumige Gemeinde-Keltern mit je 2 Bäumen, auch 2 im Jahr 1825 erbaute Gemeinde-Backhäuser.

Gutes Trinkwasser liefern 12 Pumpbrunnen; außer diesen ist noch ein laufender Brunnen vorhanden, der übrigens nur als Viehtränke benützt wird. Der Mühlbach läuft durch den Ort und mündet unterhalb desselben in den nahe vorbeifließenden Neckar; beide treten bei schnellem Schneeabgang und starken Regengüssen aus und richten sowohl im Ort als auf den Feldern nicht selten Schaden an.

Die körperlich kräftigen Einwohner sind sehr fleißig und mäßig; ihre Vermögensumstände sind geordnet und den Unbemittelten fehlt es nicht an Gelegenheit, sich durch Taglohnarbeiten Verdienst zu verschaffen. Wein- und Feldbau sichern den fleißigen Bürgern bei der durchaus sehr dankbaren Markung immer ein anständiges Auskommen.

Allhier wurde geboren Konrad Müller, genannt Braun, Probst zu Einsiedel im Schönbuch († 1552), bekannt durch seine Stiftung für Studien- und andere Zwecke (Klunzinger, Zabergau 2, 196).

Die Luft ist im Allgemeinen gesund und mild, übrigens in der Nähe des Neckars häufig etwas feucht, daher auch der tiefer gelegene Theil des Orts der Gesundheit weniger zuträglich ist, als der höhere. Schädliche Frühlingsfröste sind nicht häufig; Hagelschlag kommt sehr selten vor, indem der Stromberg und besonders dessen Vorsprung, der Michelsberg, eine Wetterscheide bildet.

Die ziemlich ausgedehnte Markung, deren östliche Grenze von dem Neckar gebildet wird, ist mit Ausnahme der steilen Gehänge gegen den| Neckar und gegen die Thalbucht meist flachwellig und hat einen durchaus fruchtbaren, ziemlich tiefgründigen, leichten Lehmboden, den theils der Hauptmuschelkalk, theils die Lettenkohlengruppe unterlagern, welch letztere nicht selten gegen die oberen Abhänge hin Einfluß auf die Oberfläche äußert; der sog. Leerenberg besteht aus einem leichten, mit Gerölle vermischten Lehmboden.

Der Zustand der Landwirthschaft ist sehr gut, wozu die äußerst günstigen klimatischen- und Bodenverhältnisse, besonders seit der umsichtigen Einwirkung des gegenwärtigen Ortsvorstehers Häcker, welcher seit einer Reihe von Jahren zugleich Vorstand des landwirthschaftlichen Bezirksvereins ist, viel beigetragen hat. Die Düngerstätten sind meist zweckmäßig angelegt; zur Besserung des Bodens werden außer dem gewöhnlichen Stalldünger noch die sorgfältig benützte Jauche, der Pferch, Gyps, Asche etc. in Anwendung gebracht. Die Brabanter Pflüge sind noch nicht allgemein, doch scheinen sie nach und nach den deutschen Wendepflug zu verdrängen.

Im Dreifeldersystem mit angeblümter Brache baut man die gewöhnlichen Getreidearten und von diesen besonders viel Dinkel, dagegen nur sehr wenig Weizen; ferner Kartoffeln, Welschkorn und wegen das nicht hinreichenden Wiesenwachses sehr viel Angersen und Futterkräuter. Der Anbau von Hülsenfrüchten nimmt in neuerer Zeit ab. Von Handelsgewächsen zieht man hauptsächlich viel Mohn, Hanf für den eigenen Bedarf, nur wenig Reps und selten Flachs, obgleich letzterer bei einer zweckmäßigen Behandlung sehr gut gedeihen würde. Kraut (Spitzkohl), das in etwas feuchten Jahrgängen vortrefflich geräth, wird in geringer Ausdehnung, meist in neuen Weinberganlagen gepflanzt. Nach der Ernte, die um 14 Tage früher als in Stuttgart eintritt, werden die Felder noch mit Rüben angesät. Auf den Morgen rechnet man Aussaat: 6 Sri. Dinkel, 3 Sri. Haber, 31/2 Sri. Gerste, 2 Sri. Roggen, 5 Sri. Einkorn und 3 Sri. Weizen; der durchschnittliche Ertrag eines Morgens beläuft sich auf 6–8 Scheffel Dinkel, in günstigen Jahrgängen 10 bis 12 Scheffel, 5 Scheff. Haber, 3 Scheff. Gerste, 21/2 Scheff. Roggen, 4 Scheff. Einkorn und 3 Scheff. Weizen. Der geringste Preis eines Morgens Acker beträgt 140 fl., der mittlere 240 fl. und der höchste 540 fl. Der Absatz der Früchte, besonders des Dinkels, geschieht durch Verkauf im Ort an Stuttgarter und Ludwigsburger Bäcker, oder nach Heilbronn; Welschkorn wird zum Theil nach Heilbronn verkauft und mit Mohn macht man nicht unbedeutende Geschäfte nach Außen.

Die Wiesen, welche meist bewässert werden können, sind zweimähdig, und ertragen im Durchschnitt pr. Morgen 25–30 Ctr. und 10–12 Ctr. Öhmd; ihre Preise bewegen sich von 200–500 fl. pr. Morgen.

| Der Weinbau, welcher sich hauptsächlich mit Trollingern, rothen und weißen Elblingen, Sylvanern und Gutedeln beschäftigt, bildet eine Haupterwerbsquelle der Einwohner; er wird in großer Ausdehnung meist an den steilen Abhängen der Markung auf einem schweren Boden (sogenanntem Schlaisboden) betrieben und liefert ein sehr gutes, rothes, auf das Lager sich eignendes Erzeugniß, das in den Jahren 1846 um 40 bis 66–72 fl., 1847, 1848, 1849 um 16–36 fl. und 1850 um 10–16 fl., pr. Eimer verkauft wurde. Der höchste Ertrag eines Morgens beträgt sechs Eimer. Auf den Morgen pflanzt man etwa 2500 Stöcke und bezieht dieselben über den Winter. Die Weinberge, von denen die hinter der Kirche und in dem Kappelesberg die gesuchtesten sind, kosten pr. Morgen 300–1200 fl.

Die Obstzucht ist ziemlich namhaft und liefert gewöhnlich im zweiten Jahre einen reichlichen Ertrag; es werden meist Mostsorten, übrigens auch feineres Kernobst gezogen, welches, wie auch sehr viel Kirschen und Zwetschgen an Händler und nach Außen verkauft wird. Baumschulen sind keine vorhanden, sondern es zieht beinahe jeder Güterbesitzende die jungen Stämme für sein eigenes Bedürfniß in den Weinbergen nach.

Die Brach- und Stoppelweiden werden gegen ein Pachtgeld von 250 fl. von dem Ortsschäfer, welcher etwa 300 Stück Bastardschafe auf der Markung laufen läßt, benützt.

Auf der Markung liegen etwa 58 Morgen schlecht bestockte Niederwaldungen, welche mit Ausnahme einiger Morgen Privatwaldungen, Eigenthum der Gemeinde sind und bei einem 15jährigen Umtriebe jährlich 2300 Stück Wellen abwerfen. Das Holzerzeugniß wird, mit Vorbehalt des Bedarfs des Rathhauses und der Schulen, um etwa 50 bis 60 fl. jährlich verkauft, welche in die Gemeindekasse fließen.

Was die Viehzucht betrifft, so werden wenig Pferde gezogen, dagegen ist die Rindviehzucht im Allgemeinen in gutem Zustande, doch nicht so bedeutend, daß sie als besondere Erwerbsquelle betrachtet werden darf. Eine kräftige Neckarrace wird durch 3 Farren gezüchtet, welche nebst einem Eber ein Ortsbürger unterhält, wofür ihm von der Gemeinde jährlich 300 fl. und die Nutznießung von 5/4 Morgen Acker zukommt.

Die Schafzucht, mit der sich hauptsächlich der Pachtschäfer beschäftigt, ist nicht unbeträchtlich; die Überwinterung geschieht im Ort; sowohl Schafe als Wolle werden auf dem Markt zu Heilbronn verkauft.

Die Zucht der Schweine ist von der Art, daß nur wenig Ferkel auswärts aufgekauft werden dürfen, dagegen ziemlich viel gemästete Schweine zum Verkauf kommen.

Die Zucht des Geflügels beschränkt sich auf das eigene Bedürfniß; an Bienen sind 38 Stöcke vorhanden. Die Fischerei in dem Neckar ist| gegen eine geringe an die Gemeinde zu entrichtende Abgabe einem Bürger überlassen.

Von den Gewerben sind außer drei Schildwirthschaften und zwei Kaufleuten noch zwei Mühlen zu nennen, von denen eine mit vier Mahlgängen und einem Gerbgang am Neckar; die andere, sog. Bach-Mühle, westlich vom Ort am Mühlbach liegt; letztere ist oberschlächtig und hat zwei Mahlgänge nebst einem Gerbgang. Die übrigen Gewerbe dienen nur den örtlichen Bedürfnissen.

Der Ort hat seit 1683 das Recht, jedes Jahr, am 21. April, einen Roß-, Vieh- und Krämermarkt abzuhalten, der übrigens nur als Krämermarkt von einigem Belang ist.

Neben der Volksschule, an deren Abtheilungen ein Schulmeister, ein Unterlehrer und ein Lehrgehilfe unterrichten, besteht seit 1841 eine Industrieschule.

In der Nähe des Orts befindet sich eine Lehmgrube und an der Landstraße nach Besigheim eine Kies- und Sandgrube.

Der Ort liegt an der frequenten Stuttgart-Heilbronner Landstraße und zugleich an der Eisenbahn, deren nächster Bahnhof nur 10 Minuten südlich vom Dorf entfernt ist.[2] Eine weitere Staatsstraße von Bönnigheim nach Lauffen führt über die Markung, auch gehen Vicinalstraßen nach Meimsheim, Hohenstein und an die in der Nähe des Bahnhofs errichtete Neckar-Fähre, welche mit Nachen und Wagenschiff versehen ist. Neben diesen reichlichen Verkehrsmitteln, welche den Ort nach allen Richtungen nicht nur mit der nächsten Umgebung, sondern auch mit ferne gelegenen Gegenden in Verbindung setzen, besteht noch die Wasserstraße des Neckars, welche in jüngster Zeit besonders für die Schifffahrt durch Erbauung einer Schleuße sehr verbessert worden ist (s. hierüber oben S. 117). Die Flöße passiren noch die alte, früher auch für die Schiffe benützte Floßgasse am rechten Neckarufer. Der Leinpfad, welcher früher streckenweise an dem rechten Ufer hinlief, ist in Verbindung mit dem Schleußenbau ganz auf das linke Flußufer verlegt worden.

Die Gemeinde besitzt etwa 10 Morgen Güter im sog. Bürgle, welche ihr jährlich 56 fl. Pachtgeld abwerfen; ferner 39 Morgen Wasen und Kiesboden am Neckar, die um 43 fl. jährlich verpachtet sind. Über den Haushalt der Gemeinde und der Stiftungspflege s. Tabelle III. Ein besonderer Fonds, der Zeit im Betrag von 8200 fl., ist von dem o. S. 237 genannten Probst des Stifts Einsiedel Namens Conrad Müller (genannt Braun), gestiftet, dessen Eltern Peter Müller und Margaretha| geb. Braun von Kirchheim a. N. gebürtig waren. Das von anfänglichen 1000 fl., welche zuerst der Oberaufsicht des akademischen Senats in Tübingen anvertraut und von diesem 1554 dem Magistrat in Kirchheim zur Administration übergeben wurden, auf die vorgedachte Summe angewachsene Kapital hat die Bestimmung, daß von den jährlichen Zinsen ein studirender Jüngling aus der Familie des Stifters oder doch eines Kirchheimer Bürgers Sohn die Hälfte, die andere Hälfte aber unbemittelte Verwandte des Stifters oder Ortsarme von Kirchheim erhalten sollen. Auch sind einige Schulstiftungen vorhanden, von deren Zinsen für unbemittelte Kinder Schulgelder bezahlt und Bücher angeschafft werden.

Die Zehentrechte auf der Markung waren sehr getheilt und sind in Folge des Gesetzes von 1849 sämmtlich abgelöst.

An dem großen und Weinzehenten participirten die Hofdomänenkammer 7/36, die Fürsten von Löwenstein-Wertheim 25/72, Löwenstein-Freudenberg 13/72. Die Ortspfarrei bezog einen Antheil am kleinen und Heuzehenten, ebenso die Meßnerstelle, auch die Gemeinde hatte Antheil am Heuzehenten. Überdieß hatte die Gemeinde aus Widdumgütern und die Meßnerei ebenfalls noch aus besonderen Gütern Zehenten zu beziehen.

Das Zehentablösungskapital beträgt

für das Hofcameralamt Lauffen 29.509 fl. 38 kr.
für das Löwensteinische Rentamt Abstatt 11.935 fl. 55 kr.
für das Löwensteinische Rentamt Löwenstein 5292 fl. 47 kr.
für die Ortspfarrei 11.100 fl. 0– kr.
für die Meßnerei 6039 fl. 16 kr.
für die Gemeindepflege 1381 fl. 36 kr.
zusammen 65.254 fl. 12 kr.

An sonstigen grundherrlichen Gefällen hatte das Hofcameralamt Lauffen Geld-, Frucht- und Weingülten, so wie Landachtfrüchte und Erbwein zu beziehen, welche Abgaben gleich den Gefällen der Stiftungspflegen Bönnigheim, Heilbronn und der Ortsheiligenpflege nach den neueren Gesetzen ebenfalls abgelöst sind.

Das Wappen ist eine Kirche mit zwei Thürmen und rothem Dache in weißem Felde.

Etwa 3/4 Stunden nordwestlich vom Ort an der Vicinalstraße nach Meimsheim, welche auf eine römische Heerstraße gegründet ist, befinden sich im Gemeindewald „Bürgle“ namhafte Grundmauern römischer Gebäude, in deren Schutt eine Menge römischer Ziegel, Fragmente von Heizröhren u. s. w. gefunden wurden. Auf dem sog. Leerenberg, 1/4 St.| südwestlich von Kirchheim, ist man vor 6 Jahren auf Gebäudereste und auf einen Estrichboden gestoßen, was ebenfalls einen abgegangenen römischen Wohnplatz bekundet.

Kirchheim gehörte ursprünglich zum Reichsgut; am 25. Dez. 1003, unter welchem Datum der Ort zum ersten Male in einer erhaltenen gleichzeitigen Urkunde genannt wird, übergab K. Heinrich II. dem Bischof Heinrich von Würzburg Behufs der Bewidmung des Nonnenklosters in Lauffen ein Gut in Kirchheim (praedium … in villa Kirihcheim super ripam fluvii Neccar jacente) im Zabergau in der Grafschaft Adalberts gelegen (Wirt. Urk.-Buch 1, 240). Auch das Kloster Fulda war hier begütert, vielleicht schon in Carolingischer Zeit durch die Mildthätigkeit eines Grafen Kunibrecht, dessen Schenkung übrigens erst durch einen im 12. Jahrhundert gemachten Urkundenauszug bekannt ist (Trad. Fuldens., herausg. v. Dronke, S. 22). Das Kloster Odenheim erhielt im J. 1161 hiesige Besitzungen durch K. Friedrich I. bestätigt (Wirt. Urk.-Buch 2, 135).

Vom Reiche gingen das hiesige Schultheißenamt, der Kirchensatz und die Einkünfte früher als Pfand an die Markgrafen von Baden über; Agnes, Wittwe des im J. 1291 gestorbenen Markgrafen Hermann, verschrieb am 21. Oct. 1294 auf ihre Gerechtsame und Güter in Kirchheim 40 Mark Silbers der Tochter eines ihrer Diener bei der Verehelichung mit Heinrich von Niefern. Ein jüngerer Markgraf Hermann beschenkte im J. 1300 die St. Reginswindis-Pfründe in Lauffen mit 6 Malter Korn aus dem Fronhof und Markgraf Rudolf den 27. Mai 1362 das Kloster Maulbronn, welches schon im J. 1314 hiesige Güter von einer Beguine erhalten hatte, mit dem Kirchensatze, worauf diesem Kloster noch im J. 1362 die Kirche incorporirt wurde; hienach kam ein Maulbronnischer Pfleger hieher. Eine Gebühr (cathedraticura), welche der Probst des Stiftes Wimpfen von der Kirche zu beziehen hatte, wurde im J. 1439 von dem Abt von Maulbronn abgelöst.

Auch verschiedene Edelleute hatten allhier Besitzungen. Die v. Gemmingen z. B. um 1350, die von Gomaringen (Anselm von Gomaringen wurde im J. 1344 von Württemberg mit dem hiesigen Laienzehenten belehnt; Sattler, Grafen Thl. 4. Beil. S. 268. Ausg. von 1777), die von Blankenstein um 1360, die von Urbach (Johanns v. Urbach Wittwe verkaufte den 27. April 1367 dem Kloster Schönthal für 260 Pf. Heller ihren halben Hof), die von Sachsenheim 1471. Hauptsächlich sind hier zu nennen die Hofwarte von Kirchheim, welche sich auch Hofwarte aus dem Kirchheimer Thal (uzzer Kirchheimer Tal. 1326. Schoepfl. Hist. Zar. Bad. 5, 396) schrieben. Sie besaßen einen bedeutenden Antheil an Lauffen (s. dort); Albrecht der Hofwart, ein Ritter, wurde 1326| von dem Markgrafen Friedrich von Baden mit dem Dorfe Münzesheim (Bad. Amt Bretten) belehnt (Schoepfl. a. a. O.) und hatte 1330 bis 1338 die Reichsvogtei über das Kloster Odenheim und die demselben zugehörigen Dörfer als Pfandschaft von K. Ludwig inne. Im J. 1361 und folg. erscheinen Erkinger Hofwart und darauf dessen Nachkommen als Theilhaber an dem Ganerbiat Neufels (O. A. Oehringen, Württ. Jahrb. 1837, S. 167, Würdtwein, Nov. subs. 7, 369); den 4. Mai 1411 verkaufte Rafan Hofwart von Kirchheim an Württemberg Möttlingen, einen Hof zu Dürrenzimmern und Güter zu Leonbronn (Steinhofer 2, 613). Hans Hofwart von Kirchheim war im J. 1511 unter denen, welche Herzog Ulrich zum Empfang seiner Braut Sabina vorausschickte (Heyd, Ulrich 1, 149).

Gleichwohl war Kirchheim der Hauptsache nach freies Reichsdorf. Da aber die benachbarten Edelleute hier häufig ihre Streitigkeiten ausmachten und in Kirchheim sich deshalb viel Zwietracht erhob, so fürchteten die Einwohner, es möchte ihnen noch größerer Schaden daraus erwachsen, und beschlossen deshalb, sich einen Schirmherrn zu suchen, und unterwarfen sich Württemberg (Reyscher, Statutarrechte 523). Dieß geschah um 1400, wenigstens erscheint im J. 1432 K. in Württ. Besitz (Steinhofer 2, 760). Der Ort kam nun zum Amte Brackenheim, behielt aber ein eigenes Malefizgericht und erhielt später Sitz und Stimme auf den Landtagen und verschiedene Freiheiten, welche ihm Graf Eberhard im J. 1477 bestätigte, als das Amt Brackenheim sie dem Dorfe verkümmern wollte und worüber im J. 1484 dieses Amt auch einen eigenen Revers ausstellte (Reyscher a. a. O. 520, 522). Diese Privilegien Kirchheims wurden, obwohl sich der Schirm nach und nach in „landesfürstliche Hoheit und Obrigkeit“ verwandelte, auch später erneuert und bestätigt (1504, 1523, 1538, 1552, 1582, das letzte Mal den 13. Juli 1798); sie befreiten namentlich von dem Stadt- und Landschaden, von den Landeszehrungen und dergl. Ebenso wurde dem Orte seine Kriminalgerichtsbarkeit (zum Gerichte gehörte auch Hohenstein) mit Einziehung der Frevel bestätigt (1488, 1562, 1567); das Hochgericht stand 1/2 Stunde nordöstlich von dem Orte auf dem sog. Hochfeld.[3]

Einzelne Ankäufe, welche Württemberg im 16. und 17. Jahrhundert hier machte, sind folgende: den 4. August 1574 erkaufte Herzog Ludwig von Bernhard von Liebenstein dessen Güter und Rechte für 840 fl. und 10 Morgen Waldes, am 14. Aug. desselben Jahres hiesige| Gefälle von Einwohnern zu Kirchheim und Gemmrigheim für 714 fl., im Jahr 1598 Herzog Friedrich von Hans Wilhelm von Urbach dessen Frucht- und Weinzehenten für 235 fl., und im J. 1613 Herzog Johann Friedrich von Melchior Ludwig von Neipperg dessen Weinzehenten und andere Gefälle für 1225 fl.

Im J. 1803 wurde in Kirchheim ein für sich bestehendes Stabsamt gebildet. In Folge der Souveränität K. Friedrichs ging der Ort seiner Privilegien verlustig; doch hatte er fortwährend die 30 fl. Schutzgeld zu bezahlen, welche erst in neuerer Zeit abgelöst wurden. Im J. 1807 kam er zum Oberamt Lauffen und später mit diesem an das O.A. Besigheim (s. d. allg. Theil). Durch die Organisation von 1819 wurde K. den Landstädten dritter Klasse zugezählt und der Ortsvorsteher Bürgermeister genannt, seit 1822 heißt er wieder Schultheiß (Klunzinger, Zabergäu 2, 192).

Was die hiesige Kirche betrifft, so wurde sie im J. 1099 von dem Speyrer Sprengel an den Wormser in Tausch abgetreten (Act. Theod. Palat. 4, 139).

Das Patronat- und Nominationsrecht hängt von königlicher Collatur ab. Die Gemeinde hat das Recht, die Meßnerstelle zu besetzen, kraft des oben erwähnten Freiheitsbriefes Graf Eberhards des Älteren von 1477.

In den Jahren 1567–1582 bestund hier eine Diakonatsstelle (Klunzinger a. a. O. 195); die Diakonen waren zugleich lateinische Präceptoren.

Im J. 1626 wüthete die Pest. Durch die Drangsale des 30jährigen Krieges schmolz die Einwohnerzahl dergestalt herab, daß im Jahr 1652 von 170 Bürgern nur 60 übrig waren.

Am 29–30. Okt. 1824 war das ganze Dorf überschwemmt.


  1. Das „Staabsamthaus“, jetzt Pfarrhaus, war früher die Wohnung des Kloster Maulbronn’schen Pflegers, welcher die Gefälle des Klosters hier einzuziehen hatte.
  2. Näheres über den etwa 1/8 Stunde nördlich vom Ort beginnenden Eisenbahn-Tunnel s. hienach unter Lauffen.
  3. Bruchstücke aus dem Dorfrechte zu Kirchheim, siehe bei Reyscher a. a. O. 528.


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