« Kapitel B 10 Beschreibung des Oberamts Balingen Kapitel B 12 »
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11. Geislingen,


Pfarrdorf, Gem. II. Klasse, mit Waldhof, mit 1659 Einw., worunter 25 Evang., welche nach Ostdorf eingepfarrt sind, und 2 Isr.
Geislingen liegt auf den Platten des untersten Liaskalks in einer Mulde des Riedbachthals, das beiderseits von den nordöstlichen Ausläufern des kleinen Heubergs, mit herrlicher Aussicht auf die Alb von der Achalm bis zum Lemberg und ihr Vorland, eingefaßt ist. Der Ort selbst ist weitläufig, freundlich und reinlich, z. Th. mit stattlichen, doch auch mit bescheidenen Häusern. Seine Hauptzierde ist neben dem Schloß (s. u.) die ansehnliche an der Straße von Balingen frei und etwas erhöht liegende Kirche zu St. Ulrich nebst Pfarrhof. Umgeben vom alten Kirchhof (der neue s. u.) erhebt sie sich mit hohem oben ins Achteck übergehenden zeltdachgedeckten Westthurm, dessen Fenster z. Th. noch gothisches Maßwerk zeigen, breitem Langhaus und schlankem gothischem aus dem Achteck konstruirten Chor, an den sich auf der Nordseite eine gothische Sakristei anschließt. Das Innere, in welches der Haupteingang durch den Thurm führt, ist höchst ansprechend; das Langhaus flachgedeckt, der Chor aber | mit prächtigem Netzgewölbe, das auf Consolen von Engelsfiguren ruht, welche die Jahrszahl 1860 tragen, während in zwei östlichen Feldern die Zahl 1499 und 2 Wappen: zwei geästete Querbalken, Bubenhofen, ein Horn, wahrscheinlich Bach, zu sehen sind. Von den drei Schlußsteinen zeigt der vorderste die Schrift: Pio Nono Joseph. Episc., der zweite einen Bischof mit Fisch (St. Ulrich), der dritte Maria mit dem Kinde. Der Hochaltar in neugothischer Schnitzarbeit mit schönem Crucifixus, ebenso blattwerkgezierte Chor- und Beichtstühle. Auch die Kanzel und der Taufstein in gleichem Stile. Dieselben wurden gefertigt von dem Bildhauer Josef Ländle aus Unterdeufstetten; der Hochaltar kostete 1500, die Chor- und Beichtstühle 650, die Kanzel 675 fl. Am Stuhlwerk scheinen die prächtigen Laubgewinde aus spätgothischer Zeit zu stammen und hier wieder verwendet worden zu sein. Die Kirche ist reich an Denkmälern. An der Südseite vier Grabplatten, darüber ein Wandkenotaph. Die erste von den Platten (l. o.) gehört einem Priester (mit Kelch) und hat die Inschrift: Hic jacet sacertos magnus et parvus, magnus quia Christophorus magnus aetate quia 80 annorum magnus sacerdotio quia jubiläus 55 et parochus 10 annorum magnus virtute quia verus Israelita simplex et rectus parvus tamen et humilis fuit enim verus Franciscus VIVat Deo breywIsCh hIC VsqVe In aeternUM (= 1729).

Die zweite (l. u.) mit Kreuz und mehreren Wappen, darunter dem stotzingischen (Tragkorb): a. d. 1617. 17. Apr. ist in Gott seligklich entschlafen die wohledle Jungfraw Elisabetha von Stotzingen, deren Seelen Gott mit Gnaden pflegen wolle. Amen.

Die dritte (m.) zeigt in schönem Hochrelief eine betende Frau mit dem Westerstetten’schen und dem Stotzingischen Wappen: a. d. … auff Sonntag Reminiscere den 10. Tag Martii starb die edel und tugendsam Fraw Barbara Westersteten geborne von Stotzingen der Sell Got genedig sey. Amen.

Die vierte (r.) stellt einen Ritter vor und hat 6 Wappen, worunter das Stotzingische und Reischachische, sowie ein Horn, eines mit Wecken, eines mit 3 Rosen (?); die Figur gleichfalls schön, wie das beschlägförmige Ornament: a. d. 1570 den 6. Tag Dez. starb der edel und fest Hans von Stotzingen zu Geißlingen Dotterhausen und Dellmissingen. a. d. 1575 den 10. Tag Junii starb die edel und tugendsame Fraw Anna von Stotzingen geb. Hörnin seine ehliche … Ihre Leib hie liegen begraben | dieselbe woll Gott in seim Schirm haben durch Ihesum Christ ihre Sünd verzeyhen und ein frewlich Irstendt verleyhen.

Das Kenotaph stattlich in Form eines Triumphthors; auf den wappengeschmückten Pilastern je eine Urne; oben ein Todtenkopf, innen das Stauffenberg’sche Wappen, worauf der herzogliche Hut mit 2 Fackeln besteckt ist, über denen ein Spruchband schwebt. Inschrift: Joannes Guilelmus L. B. Schenck de Stauffenberg dominus in Geisslingen Baissingen Risstissen et Horn S. R. I. Eques eminentissimi electoris Moguntini Consiliarius intimus natus a. 1652 die 24. decembris Senatus a. 1726 die 16. nov. hanc dynastiam cum tota sua massa haereditaria vigore testamenti perpetuo fidei commisso gravavit.

Nordseite: drei Grabsteine.

1. mit betender Jungfrau: a. 1591 auf 8. Monatstag April zwischen 8 und 9 Uhren Vorm. starb die edel und tugentsam Jungkfraw Katharina Riuhlerin von Meldeckh Ires Alters set Jar welcher Selen Got der allmechtig gnedig und barmherzig sein welle. Amen.

2. mit betendem Kinde und Stotzinger Wappen: a. 1604 den 27. Juli starb das edel und tugendsam Jungfreurli Maria Margret geb. von Stotzingen zu Geißlingen irs Alters 12 Wochen der Gott gnedig und barmherzig sein welle.

3. Wappen: ein schreitender Löwe. anno MDCXXVIII den XVII Tag Julii ist in Gott seliglich entschlaffen der woledel und gestrenge Herr Hauptmann Karl von Hohenberg zu Geißlingen Pfandtsinhaber beeder Fleckhen Holtz und Bubensheim sre dht Erzherzogen Leopoldi zu Österreich und der Stadt und Herrschaft Oberndorff Obervogt gewesen, deme sambt allen Christgläubigen der allmächtige Gott eine fröliche Auferstehung gnedig verleyhen wolle. Amen.

Im Herrenstuhl hängen mehrere gemalte hölzerne Todtentafeln:

1. a. 1640 den 20. Sept. starb der woledel geborne und gestrenge Herr Hippolitus von Stotzingen zu Dellmessingen Geißlingen und Bronnhaupten, Hauptmann, dessen Sele Gott gnädig sein wölle.

2. a. d. 1616 d. 27. Dez. starb der woledel u. gestrenge Hans Sigmund von Stotzingen zu Geißlingen, dem Gott genedig.

3. ebenso: 1570 Hans von Stotzingen.

| 4. a. d. 1588 Tag Allerheiligen starb der edel und fest Karol von Sirgensteyn zu Monweiler[ER 1] d. G. g. Wappen: ein mit einem Adler belegter Rechtsbalken.

Der Thurm enthält drei Glocken; die größte mit den Namen der vier Evangelisten in Minuskeln und der Jahreszahl 1475; die mittlere mit: S. L. Marce. Matthei. Lucce. et. Joanne. orate. pro. nobis. Joannes. Wagner. Inspector. in. Geisslingen (17. Jahrh.); die dritte von Kurtz in Reutlingen 1810.

Südlich von Kirche und Pfarrhaus, welche von der Stiftung zu unterhalten, liegt schön und frei das Stauffenbergische Schloß. Es verräth noch die Anlage eines ächten Wasserschlosses: außen umher ein gemauerter Graben, der einen quadratischen an den vier Ecken einst durch je einen Rundthurm gefaßten Vorgarten umschließt, dann wieder ein breiter gemauerter im Viereck umher laufender Graben, der wie der äußere mit Wasser gefüllt werden konnte und in dem das eigentliche Schloß sich erhebt. Über den ersten ringsum laufenden balustradengekrönten gemauerten Graben tritt man in den Vorgarten, der rechts und links mit je einem auf dem Rumpfe eines der Rundthürme stehenden Pavillon geschmückt ist, wovon einer eine Laube, der andere gemauert ein Polygon mit hohen Fenstern bildet, dessen Inneres vordem mit Fayencefliesen in braun und blau (wohl holländischer oder französischer Arbeit) ausgekleidet war, von denen noch starke Reste erhalten: kleine Platten mit biblischen Darstellungen, ziemlich roh; dagegen schöne Ornamente, namentlich zwei gut erhaltene Kandelaber auf Eckpfeilern. Das Schloß, zu dem man auf einer über dem inneren auch von einer Balustrade bekrönten Graben gebauten steinernen Brücke gelangt, ist stattlich, dreistockig mit abgestuftem Walmendach und läuft nach hinten in zwei Flügel aus. Seine architektonische Hauptzierde ein schönes Rundthor mit dorischer Umrahmung: Seitenpilastern, Triglyphenfries, wappentragender Attika und der Jahrszahl 1783; der schönste landschaftliche Schmuck im hintern ausgedehnten, feinere Obstsorten beherbergenden Garten zu beiden Seiten sind 2 herrliche Linden, nach der Tradition 430 Jahre alt, je 90 Fuß hoch mit 80–90 Fuß Kronenweite, 10–11 Fuß Stammdurchmesser über dem Stumpen. Das Innere ist einfach modern; unten rechts sind noch alte Gelasse, worunter eine Kapelle aus Backsteinen mit Stuck im Frührenaissancestil, ein kubischer Raum mit Pilastern und Blendarkaden, runden Lichtöffnungen, flacher Decke, gegen Ost eine kleine Empore mit zwei Kreuzgewölben, | gegen West eine (verstellte) Apsis. Der kleine Raum erscheint einer Restauration würdig. Die Jahreszahl über dem rundbogigen Eingang ist leider verhauen (15…) Rechts beim Hereinkommen in den Hof erblickt man noch einen alten spitzbogigen Eingang, der in einen schmalen gewölbten niedrigen Raum führt.

Die Ökonomiegebäude liegen zerstreut. Eine stattliche Maierei in Holzbau mitten im Dorf am Bach trägt die Inschrift: Johann Wilhelm Freiherr von Stauffenberg Herr zu Geißlingen, Baissingen, Rißtissen, Nunnenhorn, churf. mainz. u. bamberg. geh. Rath resp. Oberstallmeister und Pfleger 1708.

Der Gemeinde gehören das Rathhaus von 1823, das stattliche 1835 erbaute Schulhaus mit 4 Lehrzimmern und den Wohnungen eines ständigen und eines unständigen Lehrers, indeß die zwei weiteren Schullehrer eine Gemeindewohnung in der Nähe der Kirche haben. Auch ein Wasch- und Backhaus ist vorhanden.

Das Wasser ist ziemlich gut, Mangel kommt zuweilen vor, wo dann Feldbrunnen, deren es eine ziemliche Anzahl hat, eintreten. Ein Brunnen hat einen schwefligen Beigeschmack; 3 laufende, 15 Pump- und gegen 60 Schöpfbrunnen sind vorhanden. Größere Leitungen fehlen.

Die Staatsstraße Balingen–Rosenfeld berührt den Ort. Vizinalstraßen nach Ostdorf, Erzingen, Isingen, Dautmergen und Leidringen. 6 steinerne und 2 hölzerne Brücken nebst einer Anzahl Stege sind theils von der Gemeinde, theils von der Gutsherrschaft und Privaten zu unterhalten.

Die kräftigen – 7 über 80 Jahre – fleißigen und kirchlichen Einwohner sind in mittelmäßigen Vermögensverhältnissen. Der Vermöglichste besitzt etwa 47 Morgen, der Mittelmann 8 Morgen, der Ärmere 1 Morgen Güter. Etwa 250 Morgen hat man auf Nachbarmarkungen. Von Bedeutung ist das Gewerbe: Orgelbau, Bauhandwerke, besonders aber Schusterei, welche von 7 Fabrikanten geleitet wird, indeß 12 Schuhmacher die Märkte beziehen. Das weibliche Geschlecht treibt Schuhnähen und -stoppen, Handschuhnähen, Sticken. Ferner besteht eine Ziegelei, eine Ölmühle mit Göppel, 13 Wirthschaften, worunter 2 Bierbrauereien, 7 Krämer. Industrie- und Zeichenschule wird gehalten.

Die große, von Nordosten nach Südwesten lang gestreckte Markung geht von den Keuperschichten am unteren Mildersbach durch den ganzen Lias und erreicht am kleinen Heuberg noch | die diesem aufgelagerte Opalinusthonplatte; der Boden ist schwer, meist tiefgründig, z. Th. naß (es bestanden früher mehrere Weiher), im ganzen kaum mittelfruchtbar. Einige Kalksteine werden gebrochen, Lehm und Sand gegraben.

Die Landwirthschaft leidet unter dem Mangel an Feldwegen. Auch läßt man die meiste Jauche in den Ortsbach laufen. Pflüge sind Brabanter und Wendepflüge. Von der Gutsherrschaft wird Zehn-, von den Privaten Dreifelderwirthschaft mit hälftigem Einbau der Brache getrieben. Von Brachgewächsen baut man besonders Kartoffeln, Klee, Wickhaber, auch etwas Reps, wenig Hanf. Von Getreide herrscht Dinkel und Haber vor, von Futterkräutern Klee und Esper. Von 9 Sri. Dinkel auf den Morgen erntet man 5 Schfl., von 4 Sri. Gerste 3 Schfl., von 5 Sri. Haber 4 Schfl., von 4 Sri. Weizen 3 Schfl., von 6 Sri. Einkorn 4 Schfl. Der Fruchtertrag deckt den eigenen Bedarf nicht. Der Wiesenbau ist ziemlich ausgedehnt, das Erzeugnis meist gut, die Wiesen zweimähdig, 4 Morgen etwa mit Bewässerung. Man rechnet 20 Ctr. Heu, 10 Ctr. Öhmd auf den Morgen. Es wird noch Futter zugekauft. Die Obstzucht, für welche in den letzten Jahrzehnten durch Bepflanzung der Allmanden ziemlich viel geschah, leidet unter dem rauhen Klima, sie ist nicht im Zunehmen; spätere Sorten gerathen besser. Die Gemeinde, die Gutsherrschaft und eine Aktiengesellschaft besitzen je eine Baumschule. Ein Baumwart ist aufgestellt. Das Obst dient zum Mosten, Dörren und Brennen; verkauft wird wenig.

Die Gemeinde besitzt 572 Morgen Nadelwald, welche derzeit 1250 Festmeter und 20.000 Wellen abwerfen, die in der Hauptsache unter die Bürger vertheilt werden. Weiden sind es 115 Morgen von geringer Beschaffenheit; sie werden mit einheimischen Schafen befahren und ertragen 535 M. Pacht, 430 für Pferchnutzung. Das Weiderecht hat zu 1/3 die Gemeinde, zu 2/3 die Gutsherrschaft. Die Allmanden sind größtentheils in Stücken zu 61/2 Viertel an die Bürger vertheilt und tragen der Gemeinde 1040 M. Zins. 14 Morgen Wiesen dienen der Farrenhaltung.

Der Grundbesitz der Freiherrlich Schenk von Stauffenberg’schen Gutsherrschaft beträgt in Geislingen selbst 147, auf dem Waldhof 104 Hektar Güter nebst 108 Hektar Waldungen.

Pferdezucht und -haltung ist unbedeutend; die Rindviehzucht ordentlich. Die Gemeinde hält 4 Simmenthaler Farren, Stallfütterung ist allgemein.

| Die Schafzucht (englisch Bastard) ist in der Hand der Gutswirthschaft; sie läßt im Sommer in Geislingen und Waldhof etwa 800 Stück laufen. Die Wolle kommt nach Kirchheim; die Schafe werden an inländische Schafhalter verkauft.

Die Schweinezucht ist nicht bedeutend, die Ferkel (halbenglisch) kommen meist von außen. Dagegen ist die Mastung zum Verkauf bedeutend. Ziegen- und Geflügelzucht gering, Bienenzucht im Abnehmen.

Eine Viertelstunde östlich vom Ort an der Hauptstraße gegen Balingen liegt auf der „Warte“ die Heiligenkreuzkapelle mit dem jetzigen Gottesacker; ein stattlicher Bau im Rundbogenstil, von schlanken Verhältnissen, mit einem Dachreiter geschmückt. Das Innere gar freundlich, mit eigenem, durch einen Triumphbogen abgetheilten Chor, der ein Gemälde, die Krönung Mariä, mit den Bildern der Stifter, des Generals Gr. Schütz und seiner Gemahlin Anna Elisabeth von Hohenberg, nebst der Nachricht von der 1665 erfolgten Herstellung des durch den Krieg ruinirten Gebäudes, enthält. In der Nähe an der Straße ein ganz rundes Stationskapellchen.

Geislingen besitzt reiche Stiftungen; so vor allem die Kirchenfabrik Acker, Wiese und Waldungen nebst 60.000 M. Kapitalien. Die Güter stammen ohne Zweifel von der Familie Bubenhofen, die Kapitalien von der Rosenkranz- und Zechbruderschaft, sowie von Jahrtagsstiftungen; außerdem bestehen gegen 7000 M. Armenstiftungen.

Parzelle: Waldhof, Stauffenbergisches Gut, im südwestlichen Winkel der Markung eine starke Stunde vom Ort gelegen.

Nach dem Orte,[1] dessen Namen früher Gisilingen geschrieben wurde und auf den Eigennamen Gisilo zurückzuführen ist, hieß sich eine adelige Familie, welche auf einer Burg mitten im Orte, jetzt einer unbebauten Stelle, saß. Es sind von ihr übrigens nur wenige Mitglieder bekannt, vorausgesetzt daß die betreffenden | Personen überhaupt unserem Geislingen und nicht Geißlingen bad. BA. Waldshut zuzuweisen sind, was nicht immer unzweifelhaft ist. Es sind dies: Hugo de Giselingin Zeuge des Grafen Egino von Urach ums J. 1188 (Fürstenb. Urkb. 1, 71); Berchtoldus dictus de Giselingen desgl. den 12. März 1279 zu Herrenzimmern des Straßburger Stiftsherrn Konrad von Wartenberg (Gerbert, Hist. Nigr. Silv. 3, 194); Konrad von Giselingen, Geislingen, den 26. März 1308 desgl. zu Rottweil Wernhers von Zimmern (Zimmer. Chron. 1, 177), derselbe den 6. Mai 1309 als früherer Inhaber eines Hofes zu Baisingen (OA. Horb) genannt.

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Seit dem 14. Jahrhundert erscheint die bubenhofische Familie hier angesessen und wohl überhaupt, wie später, im Besitze des Orts. Im Jahre 1342 ordnete Wernher von B. um seines und seiner Vorderen Seelenheils willen dem Kloster Rottenmünster 10 Schill. jährlich auf den Weißen Sonntag aus der Bernhards-Brüel genannten Wiese dahier (Dokumentenbuch des Klosters Rottenmünster im St.A. – der nach diesem Eintrag folgende: „ein Briefle, so obige 10 Schill. betrifft, benebens das man darumb ain Jahrtag halten soll, weilen er in Rottenmünster begraben, besiegelt der von Bubenhofen, 1306“, ließe diesen Besitz, wenn das Jahr richtig angegeben ist, noch einige Jahrzehente älter erscheinen, doch gehört die Urkunde wohl eher in die 60er Jahre). Marquard von B. zu Geislingen kommt den 24. Mai 1370 als Bürge des Ritters Volz von Neuneck genannt Spiser zu Neckarburg vor (Hohenzoller. Mittheilungen 11, 128). Im 15. Jahrhundert bekam Wolf von B. zur Anlage eines Sees „zu Gysingen unter dem Dorf“ von den Grafen Ludwig (II.) und Ulrich (V.) von Württemberg verschiedene Äcker und Wiesen überlassen und stellte deshalb den 5. Dezember 1426 einen Revers aus, daß auch er den Grafen, wenn sie unterhalb seines Sees einen weiteren anlegen wollten, förderlich sein werde; derselbe oder ein gleichnamiges jüngeres Glied der Familie vermachte für den Fall, daß er ohne Leibeserben abgehen sollte, Burg und Dorf Gislingen, das Schloß Falkenstein an der Donau, die Dörfer Dotternhausen, Roßwangen, Heinstetten und Weyler, seinen Antheil am Dorfe Dürrwangen und alles sein anderes Vermögen an seine Vettern die Gebrüder Hans und Konrad von B., ein Vermächtnis, welches am 29. April 1454 die Bestätigung Seitens K. Friedrichs IV. (III.) erhielt (Chmel, Reg. Friderici III. 321) und in Wirksamkeit trat, denn am 2. April 1464 | verwies Hans von B. seine Gattin, Ottilie von Bach, mit ihren 3000 fl. Beweisung und Heimsteuer und 500 fl. Morgengabe auf Schloß und Dorf Gislingen, das Dorf Dotternhausen und das Haus zu Rottweil, worauf Ottilie den 6. Okt. d. J. mit diesen Besitzungen auf 5 Jahre von der Stadt Rottweil in das Bürgerrecht aufgenommen ward. Allein im Beginn des 16. Jahrh. gerieth Wolf von Bubenhofen in schwere Schulden, seine Schwäger und Vetter Wendel von Hailfingen zu Pfäffingen und Hans von Weitingen zu Heimburg (bei Grosselfingen hohenz. OA. Hechingen), welche sich vielfach für ihn verbürgt hatten, mußten stark für ihn bezahlen, weshalb durch das Rottweiler Hofgericht die Acht über Wolf ausgesprochen und die genannten beiden in seine Güter eingewiesen wurden. Hierauf verglichen sie sich mit ihm am 20. Oktober 1526 in der Weise, daß Wolf ihnen gegenüber auf alle seine Güter, nemlich: „Schloß und Dorf Geißlingen samt dem Kirchensatz, Hinleihung der Pfründen, Brunhoupten den Hof und aller fahrender Habe, auch der 2000 fl. Hauptguts und 100 fl. Gült davon auf dem Fürstenthum Württemberg und auf dem Amt Urach, auch das Haus zu Balingen und die 2 Häuser zu Rotweil, samt denselben Zinsen, Gärten und Gütern, auch den Erbfall von Mattheus von Bubenhofen, meinem Vettern sel. Thumbtechan zu Costenz, mit allen und jeden Obrigkeiten, Herrlichkeiten und Gerechtigkeiten, Zehenten, Renten, Zinsen, Gülten, Gefällen, Nutzungen und Gütern, es sei Lehen oder Eigens, und den Zehenten zu Dormettingen“ u. s. w. verzichtet, wogegen sie ihm ein jährliches Leibgeding von 70 fl. Rh. und 250 fl. baar entrichteten und die Bezahlung aller Gülten und laufenden Schulden übernahmen. Bereits den 26. Oktober 1527 trat Hans von Weitingen an des Hailfingers Vetter und Erben Sebastian Gültlingen zu Pfäffingen die bubenhofischen Güter in der Weise ab, daß Gültlingen „Geyßlingen das Schloß und Dorf mit samt den Weihern, Dotternhausen, Roßwangen, beide Dörfer, und Dürrwangen das halbe Dorf, Brunhopten den Hof, ein Lehen von Wilhelm Truchseßen, den Zehenten von Geyßlingen, der von dem Constanzer Bischof zu Lehen rührt, mit samt Bubenhofen der Lehenschaft und Zugehörd, die Mahl- und Sägmühle zu Ballingen, die 100 fl. Gült auf dem Fürstenthum Württemberg, die Gülten zu Rotweil und auf dem Land so zu denselben Häusern und Gülten gehören, auch die beiden Häuser zu Rotweil und ihr jeglichs Obrigkeiten, Herrlichkeiten, Lehenschaften, geistlich und weltlich mit allen Rechten und Eingehörungen, | wie es Wolf von Bubenhofen und nach ihm Wendel von Hailfingen sel. und Hans von Weitingen innegehabt, besessen, genützt und genossen, als sein eigen Gut innehaben, brauchen, nutzen und nießen, dafür aber alle Renten, Zinsen, Gülten und Schulden, woher die rühren mögen, ablegen, ausrichten und bezahlen“ solle. Nur die auf den Tag des Vertragsabschlusses nicht angezeigten Gülten sollten von beiden gemeinschaftlich getragen werden und wegen solcher kam es in der Folge zwischen beiden zu einem vor dem Rottweiler Stadtgericht und in der Appellationsinstanz vor dem Reichskammergericht verhandelten Prozesse (St.A.). Bald darauf (nach Gabelkovers Collectaneen 4, 1387b. noch im Jahre 1527) verkaufte Gültlingen Schloß und Dorf Geislingen, das Dorf Roßwangen [desgleichen wohl Dotternhausen und halb Dürrwangen], den Hof Bronnhaupten samt der Mahl- und Sägmühle zu Balingen um 4000 fl. an Hans von Stotzingen aus der bekannten oberschwäbischen Familie, welcher sich schon im J. 1528 „zu Geyselingen“ nennt (Hohenzoller. Mittheil. 8, 96 ff.).[2]

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In der stotzingischen Familie blieb Geislingen über ein Jahrhundert und zwar als Eigenthum, denn nur der Blutbann ging vom Kaiser zu Lehen und stammt der älteste noch vorhandene kaiserliche Lehenbrief über denselben vom Jahre 1540. Den 18. April 1598 theilten Hans Jakobs von Stotzingen vier Söhne ihr gesammtes väterliches Erbe (Aktivvermögen angeschlagen zu 124.319 fl. 24 kr. 5 Hllr., hievon Passiva 45.550 fl. 19 kr. 5 Hllr., Rest 78.769 fl. 5 kr., daher jeder ein Viertel mit 19.692 fl. 16 kr. 1 Hllr.) vermöge eines sehr umfangreichen Theilungsinstruments, welches über die damaligen Rechtsverhältnisse des Guts, des Orts, der Unterthanen, insbesondere mit Rücksicht auf diese Theilung die umfassendsten Normen enthält (Auszug im St.A.). Es erhielt hienach der erste Sohn Hans Jakob das Gut Beuron (hohenzoller. OA. Sigmaringen) angeschlagen zu 19.692 fl. 16 kr. 1 Hllr., der zweite Hans Ulrich das adelige Gut Bronnhaupten, angeschlagen zu 24.025 fl., der dritte Hans Sigmund den sog. neuen Burgstall zu Geislingen mit Zugehör angeschlagen zu 38.301 fl. 4 kr. 2 Hllr., wozu der Inhaber des Schlosses Geislingen, da in dieser Hälfte noch kein adeliger Sitz war, zur Erbauung eines solchen 2000 fl. zu zahlen schuldig war (späterer thurn- und taxis’scher Theil), | der vierte Hans Reinhard „das Schloß und Burggesäß Gaißlingen mit all seinem ummauerten Einfang, auch zugehörigen Häusern, Scheuern, Städeln, Stallungen und Kornkästen samt dem großen Baumgarten daran und drei Fischgruben und gehen um das Schloß zwei Wassergräben“, angeschlagen zu 42.301 fl. 4 kr. 2 Hllr., darunter das Schloß für sich zu 4000 fl. (späterer vogelmayer’scher Theil). Was jeder der Brüder über seinen Erbtheil erhielt, mußte durch Übernahme von Schulden ausgeglichen werden. Hans Sigmund von Stotzingen vererbte seinen Theil auf sein einziges Kind Maria Jakobäa, Gemahlin Karls von Hohenberg, so daß der Sohn aus dieser Ehe, Karl Sigmund von Hohenberg, österreichischer Obervogt zu Oberndorf, im Jahre 1650 mit dem Blutbann über die Hälfte belehnt wurde. Der Hans-Reinhardische Theil dagegen kam an den zweiten Bruder Hans Ulrich und nach dessen Tode an seine Gläubiger, in deren Namen Dr. Wagner zur genannten Zeit mit dem Blutbann über diese Hälfte belehnt wurde. Eine hohenbergische Erbtochter Anna Elisabeth brachte die erste Hälfte an ihren Gemahl den General Georg Schütz von Pürschütz, welcher als derjenige Gläubiger des Hans-Ulrichschen Nachlasses, der die vornehmsten und ältesten Schuldposten erhandelt, vermöge des Rottenburger Recesses vom 23./13. Januar 1666 auch die andere Hälfte Geislingens überlassen erhielt und so das Ganze wieder vereinigte. Allein als Kommandant von Freiburg im Breisgau verschuldete er am 16. Nov. 1677 die Übergabe der Festung und Stadt an den französischen Marschall Crequi, er wurde deshalb verurtheilt und alles sein Vermögen konfiszirt. Doch erhielten nach seinem Tode seine Witwe und seine sonstigen Erben gegen eine Geldzahlung das Gut wieder überlassen. Gegen eine Leibrente verzichtete gedachte Witwe am 21. August 1685 auf das Gut zu Gunsten ihrer beiden Schwiegersöhne Ferdinand Karl und Anton von Rost (aus einem Tyroler Geschlechte) Namens deren Ehefrauen Maria Anna Barbara und Jakobäa Felicitas von Rost, gebb. Schütz von Pürschütz. Im gleichen Vertrag theilten die Rost’schen Gebrüder das Gut in der Weise, daß Ferdinand Karl, Hauptmann der vorarlbergischen Herrschaften und Kommandant zu Bregenz, den Hans-Reinhardischen, oder stotzingenschen, Anton, kaiserlicher Regimentsrath und Pfleger zu Välß, den Hans-Sigmund’schen oder hohenbergischen Theil erhielt. Ferdinand Karl von Rost verkaufte seinen Antheil im J. 1694 an seinen Stiefschwiegersohn Adam André Vogelmayer | von Thierberg, Freiherrn zu Ferckhlechen, kaiserlichen Truchseßen und Keller zu Tyrol, Anton von Rost den seinigen den 5. Februar 1688 um 30.000 fl. an den Fürsten Maximilian von Hohenzollern-Sigmaringen, die Vormundschaft von dessen Kindern aber den 21. April 1692 denselben um 30.000 fl. an den kurbayerischen General Grafen Ignaz Lamoral von Thurn und Taxis.

Endlich kauften die Gebrüder Johann Wilhelm, Johann Werner, Johann Albrecht, Johann Franz und Johann Friedrich Schenk von Stauffenberg von dem Lautlinger Zweig der Wilfinger Linie dieses Hauses die Thurn- und Taxis’sche Hälfte am 20. August 1697 von dem Grafen Ignaz Lamoral um 30.000 fl., die Vogelmayer’sche am 24. April 1698 von dem genannten Vogelmayer um 34.000 fl. Der Blutbann wurde den Stauffenberg erstmals im Jahre 1701 verliehen und im Besitze dieser Familie verblieb das Rittergut wenigstens bis auf den heutigen Tag. Der stauffenbergische Besitz dahier überhaupt theilte jedoch die Geschicke des Lautlinger Besitzes (s. Lautlingen). Noch die österreichische Jurisdiktionstabelle vom J. 1804 bezeichnete in dem der Familie Stauffenberg eigenthümlich zustehenden Orte Landeshoheit, Gesetzgebungsrecht, Blutbann, niedere Gerichtsbarkeit als stauffenbergisch, den Zoll als laut Vertrags halb österreichisch, halb stauffenbergisch, Steuer- und Waffenrecht als dem Ritterkanton Neckar-Schwarzwald zustehend, allein im J. 1805 erhielt Württemberg die Landeshoheit. – Eine Übersicht der Gutsbestandtheile vom J. 1727 s. in dem S. 395 genannten Werke S. 187 ff.

Unbedeutenderen oder vorübergehenden Besitz dahier betreffend kann noch folgendes hervorgehoben werden: Arnold von Thierberg verkaufte im J. 1331 an das Kloster Alpirsbach einen hiesigen Leibeigenen mit Frau und Kindern (Crusius 3, 226). – Die Gräfin Beatrix von Zollern, Klosterfrau zu Stetten, stiftete den 31. Mai 1380 für ihren Bruder Graf Friedrich einen Jahrtag in genanntem Kloster auch mit Zinsen aus einem Hofe zu Gislingen (Monum. Zolleran. 1, 236). Zehentantheile dahier verkauften die Gebrüder von Rosenfeld im J. 1511 an Herzog Ulrich von Württemberg (S. 294). – Der ganze große Fruchtzehnte ging schon im 16. Jahrhundert von dem Domstift Constanz zu Lehen (S. 397), mit bischöflicher Genehmigung verkaufte ihn der kurkölnische Hauptmann und Burgvogt zu Hirschberg Hans Jakob von Stotzingen den 10. Juli 1657 an den bereits genannten Karl Sigmund von Hohenberg; als dessen Familie zu erlöschen drohte, ließ sich Johann Wilhelm von Stauffenberg den 23. August 1726 ein Exspektanzdekret von Seite des Domstifts ertheilen, worauf nach dem wirklichen Abgang | der Hohenberger Familie im J. 1728 die Belehnung des Marquard Gottfried Schenk erfolgte und im laufenden Jahrhunderte die Krone Württemberg in das lehensherrliche Verhältnis des Constanzer Domstifts einrückte. – Den sog. Kesselwald verkaufte Graf Josef von Attems im Jahr 1780 an Anton Schenk.

Einige Jahre nach dem Bauernkriege klagte das Dominikanerinnenkloster Kirchberg (OA. Sulz) gegen die Gemeinde G. beim Hofgericht Rottweil auf 600 fl. Schadensersatz, weil es von Angehörigen derselben, sowie Dotternhausens, Roßwangens, Owingens und Stettens schwer geschädigt worden sei, und berief sich zur weiteren Begründung seiner Klage darauf, daß die Geislinger wegen dieser ihrer Theilnahme am Bauernkrieg von Hans von Weitingen gestraft worden seien; auch nahm das Gericht den Beweis der Klägerin als erbracht an.

Die Geschicke des Orts im 30jährigen Kriege sind bereits S. 235 dargestellt. Nach Röders öfters genanntem Lexikon von Schwaben zählte er 900 Seelen und befand sich hier dereinst ein Schwefelbad.

In kirchlicher Hinsicht war der Ort früher Filial von Ostdorf, allein in der Mitte des 15. Jahrhunderts wurde er von demselben getrennt und es vertauschte Graf Ulrich von Württemberg den Kirchensatz der in der Entstehung begriffenen Pfarrei Geislingen am 22. Oktober 1451 an Wolf von Bubenhofen gegen denjenigen zu Burgfelden. Der Ostdorfer Pfarrer Ulrich Wagner gab hiezu seine Einwilligung und genannter Wolf verglich sich mit ihm noch wegen einiger strittiger Punkte, nahm auch insbesondere allen Kosten und Schaden auf sich, „bis die Kirche zu Gislingen zu ainer Pfarre gemacht wird“ (Monum. Hohenb. 877). Aus dem bubenhofischen Besitz kam das Patronat der (im J. 1499 erbauten) St. Ulrichskirche in den der jeweiligen Eigenthümer der Ritterguts, daher es noch jetzt stauffenbergisch ist. – Im J. 1465 wird Konrad Örler, im J. 1511 Eberhard von Rosenfeld als hiesiger Kaplan genannt (S. 294) und in dem Theilungsinstrumente vom J. 1598 auch einer hiesigen h. Kreuzkapelle gedacht.

Eine hiesige Frauenklause kommt im J. 1433 zugleich mit der benachbarten Engstlatter vor (S. 368).


  1. Zur Geschichte der freiherrlich von stauffenbergischen Orte Geislingen, Lautlingen, Margrethausen, enthält vielfache Beiträge das Werk: „Die Schenken von Stauffenberg. Geschichtliche Nachrichten von diesem Geschlechte, nach Urkunden zusammengestellt von Friedrich Schenk Freiherrn von Stauffenberg 1864, ergänzt von Franz Schenk, Grafen von Stauffenberg 1876. Als Manuscript gedruckt. München 1876“. Zur Geschichte Geislingens s. besonders S. 121 ff.
  2. Die Zimmerische Chronik (2, 506) ist hier nicht ganz genau.

Errata

  1. S. 392 Z. 2 lies: Monweiler. Siehe Nachträge und Berichtigungen, Seite 544.
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