Textdaten
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Titel: Bernhard Baumeister
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aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 290
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1892
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[290] Bernhard Baumeister. Vierzig Jahre sind es am 7. Mai, seit Bernhard Baumeister, ein Liebling der Wiener unter der alten Garde des Burgtheaters, zum ersten Male auf den Brettern dieses Hauses auftrat. Vierzig Jahre – und es klingt heute fast unglaublich, was ehedem Baumeister für Dinge zugemuthet wurden, die seinem Wesen so fern als möglich lagen. Hatte er doch, als er über die Schwelle der Burg trat, den sentimentalen Brackenburg und alle lyrisch flötenden Liebhaber des alten Spielplans zu geben. Noch seltsamer aber war es, daß man mit Baumeister seinerzeit eine Art Musterknaben zu gewinnen dachte, der den hübschen und leichtsinnigen Fritz Devrient ersetzen sollte, welcher sich von seinen Wiener Gläubigern und vom Burgtheater ohne Abschied, aber mit einem stattlichen Vorschuß getrennt hatte. Unser Jubilar mag jetzt nicht ohne Rührung auf jene Zeit zurückblicken, da die aufkeimende Liebe der Wiener zu ihm sich in mehreren Ausgleichsfeldzügen gegen seine Gläubigerscharen bethätigte. Der Frack, welchen ihm der kürzlich verstorbene Burgschauspieler Arnsburg einst zu einer Gastrolle geliehen hatte, wurde dem Künstler, der sich an der Burg immer entschiedener in die Naturburschen- und Lebemännerrollen hineinwuchs, bald zu enge, und Baumeister, über dessen eigentliches Fach die Direktoren der reisenden Gesellschaft in Pommern, der er sich 1846 als achtzehnjähriger Jüngling angeschlossen, der Hoftheater von Schwerin, Hannover und Oldenburg, sowie des Stettiner Stadttheaters unklar gewesen, stand fortan über ein Menschenalter lang fest in den humoristischen Charakterrollen, in denen ihn wohl kein Zeitgenosse auf der deutschen Bühne erreicht hat.

Die Schlichtheit, die Wahrhaftigkeit des Tones, die ihn auszeichnete, befähigte ihn aber auch in der Folge zur Darstellung jener Väterrollen, wie Musikus Miller, Kriegsrath Dallner, in welcher die deutsche Bühne unleugbar sowohl der französischen als der englischen überlegen ist. In dieser Beziehung schließt er sich unmittelbar an die großen Meister in diesem Fache, an Schröder, Iffland, Esslair und Anschütz an. Einer der gründlichsten Kenner des deutschen Theaters, Emil Bürde, schrieb uns hierüber einmal: „Baumeister hat den Ton in der Kehle, nein, nicht in der Kehle, in der Brust, der uns alle die Empfindungen als echt erscheinen läßt, an deren Wahrheit wir in den Rollen dieses Faches unbedingt glauben müssen. Dieser Ton, den Baumeister so unnachahmlich zu gebrauchen versteht, der ihm so überzeugend aus dem Gemüth, dem Herzen kommt, wir bezeichnen ihn am richtigsten mit dem Worte ‚väterlich‘.“

Hierbei darf man allerdings nicht an Väter denken, wie Wallenstein, König Philipp und Lear, die vielmehr dem Heldenfache zuzuweisen sind, sondern an Rollen, die, wie der Klosterbruder in „Nathan dem Weisen“, am meisten den Ton und alle Eigenschaften erfordern, welche für das Fach der Väterrollen entscheidend sind. Als „Klosterbruder“ ohne seinesgleichen auf der deutschen Bühne, zählt Baumeister zu seinen vorzüglichsten Rollen heute den Götz von Berlichingen, den Musikus Miller und den Richter von Zalamea. Was er hier leistet, ist so sehr über jede Anfechtung erhaben und so großartig, daß wir ihm zu seinem Jubeltag nur wünschen, er möchte so selten als nur möglich zu anderen Rollen, wie derjenigen des Illo und ähnlichen, gezwungen werden, auf die ihn seine eigenste Natur einmal nicht hingewiesen hat.